Eine epigraphische „Werkstatt“ des 6. Jh. v. Chr. in Olympia?
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https://doi.org/10.25365/tyche-2020-35-13Schlagworte:
Alphabet, Bronze-Urkunden, bustrophedon, Elis, Olympia, SchriftAbstract
Während aus den früheren Grabungen in Olympia nur eine einzige bustrophedon
beschriebene Bronze-Urkunde zutage kam, wurden in den letzten 60 Jahren vier derartige Dokumente in Schrift und Dialekt der Eleer gefunden und publiziert. Diese vier stark fragmentierten Bustrophedon-Urkunden, die sich in die Zeit von ca. 600-525 v. Chr. datieren lassen, fallen durch z.T. ungewöhnliche Übereinstimmungen auf.
1) Alle runden Buchstaben (Theta, Omikron, Phi) zeigen denselben Durchmesser von 11 mm, was auf eine Normierung und längere Kontinuität dieser Schrift hinweist.
2) Die Buchstaben sind sich trotz unterschiedlicher Entstehungszeit sehr ähnlich.
3) Diese Urkundentexte sind alle auf ehemaligen - offenbar obsolet gewordenen - Bronzegeräten eingetragen: Beschlagbleche als Verwitterungsschutz, Kessel, Panzerschuppe einer Hoplitenrüstung.
4) Die vier Urkunden betreffen Zeus und olympische Kultfunktionäre, bewegen sich also in einem einheitlichen Themenkreis ohne Bezug auf Politik und Agonistik.
5) Drei der vier Urkundenbleche wurden verstreut im Umkreis der späteren Ostthermen gefunden, was auf einen möglichen topographischen Zusammenhang der drei Bronze-Bleche hinweist.
Die älteste elische Bronze-Urkunde (ca. 625-575 v. Chr.) wurde im Gebiet der Stadt Elis gefunden. Sie zeigt ein wesentlich anderes Schriftbild. Es stellt sich die Frage, ob die Schrift der Urkunde von Elis die Vorstufe für die Buchstabenformen der vier Bustrophedon Inschriften von Olympia bildete oder ob zwei unterschiedliche Schrifttraditionen vorliegen. Die Diskrepanz zwischen den Urkunden aus Olympia und der aus Elis einerseits und die Homogenität der vier Dokumente von Olympia andererseits sprechen für die Möglichkeit, dass es im 6. Jh. in Olympia eine Art epigraphische 'Werkstatt' für Bronze-Urkunden gab, die sich von der Schrifttradition in Elis deutlich unterschied.
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