Fritz Mitthof — Konrad Stauner


Zwei Kassen in der römischen Armee
und die Rolle der signiferi


Ein neues Papyruszeugnis: P.Hamb. inv. 445 *

Tafel 23



Der Papyrus aus der Sammlung der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg, den wir im Folgenden erstmals publizieren, [1] enthält einen Privatbrief eines römischen Soldaten. Dieser diente, wie sich aus dem Inhalt erschließen lässt, zum Zeitpunkt der Abfassung des Textes alssignifer in einer Auxiliareinheit, die in Ägypten stationiert war. [2] Über den Adressaten bzw. die Adressatin ist aus dem Fragment zwar nichts Kon­kretes zu erfahren; [3] es dürfte sich aber in jedem Fall um eine Person handeln, die dem Schreiber nahestand und damit wie er selbst der sozialen Gruppe aktiver oder entlas­sener Soldaten und deren Familien angehörte, die in der ägyptischen Chora ansässig waren und Ländereien bewirtschafteten. [4]

Die herausragende Bedeutung des Textes liegt darin, dass durch ihn erstmals in aller Klarheit zwei Sachverhalte dokumentiert werden, über die sich bisher nur mutmaßen ließ, dass nämlich zum einen in der Finanzverwaltung der römischen Armee zwei unterschiedlich gespeiste „Kassen“ existierten, nämlich das „kaiserliche Konto“ (λόγος Καίσαρος = ratio Caesaris) und die deposita, und dass zum anderen die σημεαφόροι ( signiferi) auf beide Kassen Zugriff hatten. Wie die Bezeichnungen der beiden „Kassen“ zeigen, enthielt die eine die Mittel, die der Herrscher zur Finanzierung seiner Truppe bereitstellte, die andere hingegen die Spareinlagen der Soldaten.

Die bisherigen dokumentarischen Zeugnisse zum Finanzwesen der römischen Armee waren ungeachtet ihrer nicht geringen Anzahl für solch grundsätzliche Fragen nur bedingt aussagekräftig, weil sie sich erstens stets auf Einzelfälle beziehen und zweitens zumeist die Bezeichnung der Kasse, von der das jeweilige Dokument handelt, sowie den jeweils für die Kassenführung Verantwortlichen bzw. dessen Dienststellung nicht explizit anführen. [5] Selbst die einzige Quelle prinzipieller Natur, nämlich Vegetius, bot diesbezüglich nur ein unvollständiges Bild, insofern der spätantike Autor allein von der Verwaltung der deposita handelt. [6] Hinzu kommt schließlich, dass in den Dokumenten neben den signiferi auch andere Chargen in finanztechnischen Kontexten begegnen. [7]

Im vorliegenden Papyrus wird ein Schreiben des praefectus Aegypti an den praefectus der Einheit unseres Schreibers erwähnt, dessen Gegenstand die Prüfung des Geschäfts­gebarens der signiferi war, und zwar vermutlich in der gesamten Provinz (Z. 6–10). Offenbar stand der Verdacht im Raum, dass manche signiferi die ihnen anvertrauten Gelder zum eigenen Profit genutzt haben könnten. Bei Fehlverhalten drohte ihnen die Versetzung oder gar Degradierung. Der Schreiber kommentiert dies dem Adressaten gegenüber — nicht ohne indignierten Unterton — mit dem Hinweis, dass alle (signiferi der Einheit) ihre Kassen völlig korrekt führen würden.

Der Begriff Καίσαρος λόγος erscheint auch im Edikt despraefectus Aegypti Ti. Iulius Alexander aus dem Jahre 68. [8] Hinsichtlich der Frage, ob es sich dabei speziell um den fiscus Caesaris im Sinne der kaiserlichen Privatkasse handelt oder um den Provinzialfiskus Ägyptens, spricht sich M. Alpers in Anlehnung an U. Wilcken für erst­genannte Möglichkeit aus (den Provinzialfiskus sieht er imfiscus Alexandrinus). [9] Den Ausdruck Καίσαρος λόγος übersetzt Wilcken mit „Kaiserkasse“ und zählt ihn zu den „allgemeinere[n], umschreibende[n] Bezeichnungen für die Kassen“; mit Blick auf das oben genannte Edikt interpretiert er ihn als den „ἴδιος λόγος oder noch spezieller den οὐσιακὸς λόγος“, wobei er allerdings hinzufügt, dass der Begriff aufgrund seiner Offenheit ebenso gut auf die „Generalkasse, denfiscus“ bezogen werden könne. [10]

Eine weitere Erwähnung dieses Ausdrucks liegt möglicherweise vor in P.Oxy. XII 1434, Kol. I 16 (107–108): [λό]γου Καίσαρος; es handelt sich dabei um einen Bericht eines Komogrammateus, in dem es um Steuerermäßigungen und den Besitzerwechsel hinsichtlich eines Stücks Landes geht. Die Herausgeber lassen die Frage offen, ob es sich bei dem λόγος um den ἴδιος (oder oὐσιακὸς) λόγος oder um einen allgemeinen Ausdruck für fiscus wie κυριακὸς λόγος handelt, wobei sie auf das oben genannte Edikt verweisen, zu dem in OGIS 669, 398 Anm. 57 eine Gleichsetzung von Καίσαρος λόγος und κυριακὸς λόγος angemerkt wird. [11] Capponi betrachtet den λόγος Καίσαρος (in diesem Edikt) als „synonymous with kuriakos logos or idios logos or logos Kaisaros or patrimonium“. [12]

Aufgrund der semantischen Ambiguität des Ausdrucks λόγος Καίσαρος ist der Kon­text seiner Verwendung von entscheidender Bedeutung für seine Interpretation. Im vor­liegenden Dokument ist vom λόγος Καίσαρος als einer Kasse die Rede, aus der die signiferi wohl deshalb „schöpfen“ konnten, weil aus ihr (üblicherweise) Gelder für (Sold-)Zahlungen an die Soldaten bereitgestellt wurden und deshalb die signiferi einen wie auch immer gearteten direkten oder indirekten Zugang zu ihr hatten (Weiteres hierzu unten). Es stellt sich deshalb zunächst die Frage, welcher Kasse die Gelder für die Soldzahlungen entnommen wurden. Die wenigen einschlägigen Stellen in den lite­rarischen Quellen weisen darauf hin, dass die Provinzialheere mit Geldern finanziert wurden, die in den Provinzen für das aerarium populi Romani eingezogen wurden: So bemerkt Strabon mit Blick auf Britannien, dass sich die Eroberung der Insel für Rom nicht lohne, denn „die Zölle scheinen heute ja mehr einzubringen, als die Abgaben nach Abzug der Kosten für das zur Bewachung der Insel und zum Eintreiben der Abgaben erforderliche Militär beisteuern könnten“. [13] An anderer Stelle fügt er noch hinzu, dass die Kontrolle der Insel eine Legion und etwas Kavallerie erfordere, um den Tribut ein­zutreiben, und die Kosten für den Unterhalt der Armee den jetzt einfließenden Geldern gleichkämen. [14] Mócsy nimmt an, Strabon habe „die Aussichten der Eroberung Britan­niens aufgrund einer Bilanz von Einkünften und Heereskosten“ errechnet; er sieht daher das „Expansionsverbot“ des Augustus als Ausdruck der Überlegung, dass „die Kosten der ständigen Besatzung von den Einkünften des eroberten Landes gedeckt“ werden müssen.[15] Auch Appian führte noch um die Mitte des 2. Jh.s den mangelnden Ertrag als Grund dafür an, weswegen die Römer darauf verzichtet hätten, ganz Britannien in Besitz zu nehmen. Dies mag als Indiz dafür gelten, dass eine aus den Erträgen der jeweiligen Provinz sichergestellte Finanzierung der jeweiligen Provinzialarmee von Beginn der Kaiserzeit an ein angestrebtes Ziel kaiserlicher Finanzpolitik war. [16] Im Falle Ägyptens dürfte die Erreichung dieses Ziels prinzipiell kein Problem dargestellt haben, denn Ägypten wie auch die Asia erbrachten, wie Jones bemerkt, einen „substantial surplus over the costs of their own administration or the needs of the neighbouring provinces“.[17] In der Forschung nahm deshalb bereits Hirschfeld an, dass die Sold­zahlungen mit den Einnahmen aus den Provinzen finanziert wurden und es hierfür ursprünglich „in jeder kaiserlichen Provinz eine eigene Provinzialkasse“ gab, die den Namen „fiscus“ führte. [18] Auch in der neueren Forschung wird explizit die Meinung vertreten, dass die Provinzial­heere aus der Provinzialkasse bzw. dem Provinzialfiskus besoldet wurden. [19] Vor dem Hintergrund des oben zu den Quellen und der Forschung Gesagten ist im λόγος Καίσαρος unseres Papyrus’ wohl der Provinzialfiskus und weniger der fiscus Caesaris im Sinne der kaiserlichen Privatkasse zu sehen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die staatliche bzw. kaiserliche Finanzverwaltung über die Prinzipatszeit hinweg ver­schiedene Veränderungen erfuhr.[20] Es lässt sich deshalb nicht nachweisen, dass die Soldgelder stets ein und derselben Kasse entnommen wurden, und vermutlich war das auch nicht der Fall. [21] Unabhängig von der Frage, welche Kasse(n) in Ägypten die Gelder für Zahlungen an die Soldaten bereitstellte(n), stellt der vorlie­gende Fall des κοιλαίνειν ἀπὸ λόγου Καίσαρος eine Schädigung letztlich des Kaisers dar, da dieser als oberster Dienstherr die Gelder für die auf ihn vereidigten Soldaten gewährte. [22] Allein schon aus dieser Perspektive scheint es gerechtfertigt, vom λόγος Καίσαρος als der „Kaiserkasse“ zu sprechen. Da unser Schreiber offenkundig ein signifer war und damit zum Kreis der Verdächtigen gehörte, ist es sehr wahrscheinlich, dass er den im Ver­waltungsjargon üblichen Terminus technicus der geschädigten Kasse verwendete. Das ist auch deshalb anzunehmen, weil er den Inhalt des statthalterlichen Schreibens wiedergibt. Wir vermuten, dass in der lateinischen Vorlage ratio Caesaris stand. Das Wort ratio kann, in finanztechnischem Sinn gebraucht, einerseits für Rech­nung, Abrechnung, Geldgeschäft oder Konto stehen, dann wird es oft auch pluralisch ver­wendet (man denke an das Hofamt des a rationibus), andererseits für Rechenschafts­legung (in Verbindungen wie rationem reddere). [23]

Wie das κοιλαίνειν ἀπὸ λόγου Καίσαρος, von dem hier die Rede ist, konkret von­stattenging, ist dem Papyrus nicht zu entnehmen. In seinem Aufsatz zur Finanzliteralität hat Konrad Stauner eine Möglichkeit aufgezeigt: Das „Schöpfen“ aus dem λόγος Καίσαρος könnte im Rahmen der Soldanforderung geschehen sein, indem etwa die sig­niferi für die Truppe zu hohe Bedarfszahlen an den oder die Verwalter des λόγος Καίσαρος meldeten . Aus spätrömischer Zeit ist bekannt, dass mit Hilfe manipulierter Stammrollen , „die u.a. Namen von ‚Karteileichen‛ enthielten“ [24], einzelne Truppen­kontingente überhöhte Gütermengen bzw. Soldgelder bezogen. Eine Schädigung der kaiserlichen Kasse — nur unter umgekehrten Vorzeichen — kommt vermutlich in einem Papyrus aus dem späten dritten Jahrhundert zur Sprache: Falscher, für den kaiserlichen Fiskus schädigender Angaben machten sich nämlich der Stratege des Panopolites und die Dekaproten des Nomos schuldig.[25] Worin konkret die Schädigung lag, erwähnt der Prokurator der Unteren Thebais in seinem Schreiben nicht direkt. Er spricht von περιγραφή, Betrug [26], und gibt zu erkennen, dass dieser mit Hilfe einerseits der in seinem Büro eingereichten Monatsberichte und andererseits der durchgeführten zweiten „Ausmessung“ (ἐκμέτρησις) ans Tageslicht kam. Skeat, der Herausgeber des Papyrus, vermutet, dass die Dekaproten hinsichtlich der Naturalsteuer die zu melden­den landwirtschaftlichen Nutzflächen in betrügerischer Absicht als zu gering angege­ben und die Differenz zu den tatsächlich eingezogenen Mengen für sich behalten haben. Ein solches Verhalten war keineswegs eine Ausnahme, wie die eindringliche Ermah­nung des Strategen der Bezirke Themistes und Polemon an die Einzieher der Natural­steuer zeigt, in der er sie auffordert, wahrheitsgemäße Angaben zu den angebauten Früchten und den Anbauern bzw. Besitzern zu machen, damit die kaiserliche Kasse nicht betrogen werde: πρὸς τὸ μηδε〈μία〉ν ἐπιγραφὴ〈ν〉 τοῦ ἱερωτάτου ταμείου. [27] Eine vergleichbare Schädigung, dieses Mal nicht des kaiserlichen Fiskus, sondern der Steuer­pflichtigen, geht aus einem weiteren Schreiben des Prokurators hervor: Einige Ein­treiber (Praktoren) von Naturalsteuern für das Heer haben sich entgegen ihrem Auftrag statt der Fleischlieferungen ersatzweise Geld von den Abgabepflichtigen auszahlen lassen und dabei noch dazu nicht den kaiserlichen „Umrechnungskurs“, sondern einen für die Zahler deutlich schlechteren angesetzt und damit überhöhte Beträge kassiert; andere Praktoren wiederum haben beim Einzug von Gerste und Spreu nicht die offi­ziellen Maßeinheiten, sondern größere verwendet und so den Abgabepflichtigen erheb­lichen Schaden zugefügt. [28] Derlei Betrügereien mit falschen Angaben scheinen also keine Einzelfälle gewesen zu sein.

Liegt die Schädigung des kaiserlichen Fiskus im Falle der oben genannten Deka­proten in zu niedrig veranschlagten Einnahmemeldungen, so könnte sie im Falle unseres Papyrus in überhöhten Bedarfsmeldungen der signiferi gelegen haben. Demnach könnte man die Schädigung des kaiserlichen Fiskus durch die Dekaproten als passive bezeichnen, denn sie haben dem Fiskus nichts entwendet, sondern ihm Einnahmen vor­enthalten.[29] Das κοιλαίνειν der signiferi wäre demgegenüber eine aktive Form der Schädigung gewesen, da sie — vielleicht aus derselben avaritia heraus, die schon Plinius bei seinen Überprüfungen von Truppendokumentationen beklagte [30] — der Kaiser­kasse möglicherweise überhöhte Geldbeträge zum eigenen Vorteil entwendet ha­ben.

Was das κοιλαίνειν ἀπὸ δηποσίτων betrifft, so sind verschiedene Möglichkeiten denkbar[31]:Der eine oder andere signifer könnte Gelder aus den von ihm verwalteten deposita entwendet haben, beispielsweise um damit Darlehen gewinnbringend zu ge­währen (vgl. unten P.Mich.inv. 5923 ). Als Kassenverwalter hatten die signiferi den besten Überblick darüber, wieviel Bargeld über welche Zeiträume hinweg in den deposita „ruhte“, ohne dass es zu irgendwelchen Transaktionen (Ein- bzw. Auszah­lungen) kam. Diese „Ruhephasen“ hätten für stillschweigende Entnahme (und spätere Rückführung) von Kassengeldern zum Zwecke des zinsträchtigen Geldverleihs ver­mutlich relativ gefahrlos genutzt werden können, denn Fehlbestände in den Kassen hätten wohl nur durch einen Abgleich zwischen der Kassendokumentation und den Bar­beständen festgestellt werden können. Denkbar ist auch, dass bei den Soldabzügen überhöhte Gebühren für diverse Dienstleistungen angesetzt wurden. [32] Bei einer Rechenschaftslegung gegenüber den Soldaten könnte dies zunächst nicht aufgefallen sein, da möglicherweise allen Soldaten einer Einheit höhere Beträge berechnet wurden. Während die Entnahme von Geldern aus den deposita die Tat einzelner signiferi ge­wesen sein könnte, hätten überhöhte Abzüge ein Einvernehmen vermutlich unter allen signiferi einer Einheit vorausgesetzt, um den Betrug nicht sofort sichtbar werden zu lassen, was sicherlich der Fall gewesen wäre, wenn der eine signifer korrekte und sein Kollege falsche Abzüge berechnet hätte. Den Differenzbetrag zwischen den im Rahmen der Soldauszahlung angeforderten (möglicherweise korrekten) Geldern und den Beträgen, die nach Abzug der überhöhten Gebühren dann tatsächlich in die deposita eingezahlt wurden, hätten die signiferi für sich behalten können. Diese Vor­gehensweise hätte nicht einmal einer doppelten Buchführung bedurft, denn die trup­peninterne Kassendokumentation hätte mit durchweg höheren Abzugsbeträgen in sich stimmig sein können. Lediglich ein Abgleich zwischen den korrekten Berechnungs­sätzen (aus unabhängiger Quelle) und den überhöhten Sätzen in der Finanzdokumen­tation der Truppe hätte den Betrug wohl ans Licht gebracht.

Kontrollen der Buchführung militärischer Einheiten der römischen Armee sind belegt und stellten vermutlich einen Routinevorgang dar. So berichtet Plinius, dass er als Militärtribun vom syrischen Statthalter dazu entsandt wurde, die rationes auxiliarer Kavallerie- und Infanterieeinheiten zu überprüfen, und dabei zum Teil auf „abscheu­liche Habgier und ebensolche Nachlässigkeit“ gestoßen sei, aber zumindest in einem Fall auch auf „höchste Integrität und größte Sorgfalt“. [33] Dass unser Papyrus ein gene­relles Problem berührt, ist auch aus Vegetius’ Forderung zu ersehen,signiferi sollten in erster Linie zuverlässig und redlich ( fideles) sein.[34]

Die sprachliche Analyse des Textes macht es sehr wahrscheinlich, dass das Schreiben des praefectus Aegypti lateinisch abgefasst war. Auch sonst bewegte sich der Verfasser unseres Briefes in einem Milieu, das vom Latein als Leitsprache bestimmt war. Dies dürfte seine Ausdrucksweise bei der Beschreibung interner Vorgänge auf Griechisch beeinflusst haben. [35] Hiervon zeugt unter anderem der Gebrauch der Lehn­wörter δηπόσιτον und κολλήγας.

Ob der Papyrus einem bekannten Archiv bzw. Dossier [36] zuzuweisen ist, lässt sich nicht sicher klären. Der Text selbst liefert keine eindeutigen Indizien, und aussage­kräftige Aufzeichnungen zur Geschichte der Hamburger Sammlung liegen zu dieser Frage ebenfalls nicht vor. Dennoch ist mit der Möglichkeit durchaus zu rechnen, schon weil aus dem militärischen Milieu der römischen Zeit eine ganze Reihe von Dossiers bekannt ist. [37] Da es sich bei unserem Papyrus um einen Privatbrief handelt, wäre in jedem Fall davon auszugehen, dass er als solcher mit den Papieren nicht seines Ver­fassers, sondern Empfängers auf uns gekommen ist (wobei allerdings im Falle einer familiären Verbindung zwischen beiden Briefpartnern sich ihre Papiere letztlich zu einem einzigen Dossier vereinen können).

Ein erster denkbarer Kandidat wäre L. Iulius Serenus, der uns ausschließlich in einer Gruppe von Hamburger Papyri gegenübertritt. Serenus erreichte bis zu seiner Entlas­sung den Dienstgrad eines decurio, fungierte zeitweise als summus curator der in Alex­andrien stationierten ala veterana Gallica und zog sich nach seiner Entlassung auf seine Güter im Arsinoites zurück. [38] Sein Dossier fällt ins ausgehende 2. und frühe 3. Jh. (ca. 179–219), was nach dem Schriftbild zu urteilen sehr gut zur Zeitstellung unseres Briefs passen würde. Außerdem enthält das Dossier des Serenus neben Unterlagen der Militär­buchhaltung und Steuerquittungen auch einen Privatbrief. [39]

Eine zweite Möglichkeit bietet das Dossier des T. Flavius Antas, der ebenfalls nur in Hamburger Papyri erscheint und dessen Floruit in die zweite Hälfte des 2. Jh.s fällt. [40] Antas verfügte über Besitzungen im arsinoitischen Philadelpheia, einer Ortschaft mit einer besonders hohen Konzentration von Einwohnern aus dem militärischen Milieu, und seine Familie war dort ansässig. Sein Vater Heron, sein Bruder Capito und seine Frau Ptolema erscheinen als Briefpartner. Er besaß auch das Bürgerrecht von Antinoo­polis, was in diesen Kreisen nicht ungewöhnlich ist.[41] In welcher Einheit er diente und welchen Rang er bekleidete, bleibt unklar. Nach seiner Entlassung firmierte er schlicht als veteranus. Falls unser Brief diesem Dossier entstammen sollte, wäre sein Schreiber wohl mit Antas selbst zu identifizieren und der (oder die) Adressat(in) am ehesten mit einem Mitglied seiner Familie, das sich in diesem Moment in Philadelpheia aufhielt.

In Ermangelung genauerer Indizien müssen diese beiden möglichen Zuschrei­bungen für den Moment rein hypothetisch bleiben. Für die genauere Erörterung der in dieser Einleitung angesprochenen Punkte und weiterer Details sei auf den folgenden Zeilenkommentar verwiesen.

Der rechte und untere Originalrand des Papyrusblattes sind erhalten; oben ist es abgebrochen. Auf der linken Seite ist der Rand im oberen Abschnitt nur geringfügig beschädigt, ohne Text­verlust (Z. 3–13); weiter unten fehlt hingegen ein schmaler Streifen mit ca. 4–5 Buchstaben. Über das gesamte Blatt verteilt gibt es schadhafte Stellen, vor allem entlang der vertikalen Faltungen. Der maximale Textverlust an der Kopfseite ergibt sich aus der Standardhöhe einer Papyrusrolle von ca. 30–35 cm; das Fragment bietet somit in etwa die untere Hälfte des ursprünglichen Blattes oder weniger. Die Schrift verläuft auf dem Recto längs der Fasern. Das Verso ist angeblich leer.[42] Die hier zu erwartende Adresse muss sich also auf der verlorenen oberen Partie der Rückseite befunden haben. Das Schriftbild weist ins 2.–3. Jh., und zwar am ehesten in die zweite Hälfte des 2. oder die erste Hälfte des 3. Jhs. Hierzu passt, dass das Formular für den Schlussgruß in Z. 21–22 laut Parallelen ebenfalls diesem Zeitraum zuzuweisen ist (s. unten Komm.).

Der erhaltene Ausschnitt des Briefes hat folgenden Aufbau: In Z. 2–10 berichtet der Absen­der über ein Schreiben des Statthalters, das der Kommandant seiner Einheit am Vortag erhalten hatte. In Z. 10–14 lässt er seine persönliche Reaktion auf dieses Schreiben folgen. Hieran schließt sich ein Passus an, dessen Inhalt aufgrund der Beschädigungen nicht mehr erkennbar ist (Z. 14–19). Im letzten Abschnitt (Z. 20–23) folgen konventionelle Schlussgrüße. Die letzte Zeile bietet das Tagesdatum der Abfassung.

„… dass am 21. Tag des gegenwärtigen Monats der Statthalter (sc.praefectus Aegypti), vir egregius, unserem praefectus (sc. cohortis oder alae) geschrieben hat betreffs der signiferi, dass derjenige von ihnen, der aus den deposita oder der ratio Caesaris etwas entnommen hat, seinen Posten räumen soll, derjenige hingegen, der nichts entnommen hat, auf seinem Posten verbleiben darf. Davon bin ich überzeugt, dass weder ich noch einer meiner Kollegen auch nur einen einzigen Obol ins Minus geraten sind, sondern bei allen der Kassen- / Kontostand ausgeglichen ist. Daher … der Diogenis und … ferner auch dem Gaius und dem Satrius … meiner … in Betrübnis versetzt. Ich grüße alle, die uns nahe stehen. Ich wünsche Euch Wohlergehen fürs ganze Leben. 22. Phamenoth.“

2–3 τ̣[ῇ μ]ι̣ᾷ̣ κ̣α̣ὶ̣ ε̣ἰ̣κ̣άδι | τοῦ ἐνεστῶτος μηνός: Der 21. Phamenoth = 17. März, wie sich aus Z. 23 ergibt.

3–4 κράτισ|τον ἡγεμόνα: Damit ist der praefectus Aegypti (ἔπαρχος Αἰγύπτου) gemeint; vgl. z.B. O.Krok. 47, 53–54 (109): τὰς δὲ ἐπιστολὰς ταύτας [τοῦ κρατί]στου ἡγεμόνος (Briefe des Statthalters [oder solche für ihn] sollten schnellstmöglich weiterbefördert werden); P.Brem. 5 (117–119): βενεφικιάριος … τοῦ κρατίστου ἡγεμόνος. Zu den diversen Bezeichnungsweisen des praefectus Aegypti in den Papyri s. G. Bastianini,Ἔπαρχος Αἰγύπτου nel formulario dei docu­menti da Augusto a Diocleziano, ANRW II 10.1 (1988) 581–597.

6 σημεαφόρων: Gemeint sind die signiferi. [43] Neben ihrer taktischen Aufgabe als Standarten­träger verwalteten sie die bei den Feldzeichen hinterlegten Gelder (deposita) der Soldaten ihrer Einheit, führten Aufzeichnungen über Ein- und Auszahlungen sowie über Abzüge vom Guthaben des einzelnen Soldaten und legten diesen gegenüber Rechenschaft ab. [44] Diese verantwortungs- und vertrauensvolle Aufgabe brachte es mit sich, dass an Charakter und Bildung dieser Männer besondere Anforderungen gestellt wurden: signiferi sollten nicht nur zuverlässig und redlich, sondern darüber hinaus auch versiert im Schreiben und Rechnen sein. [45]

Bemerkenswerterweise gab es bislang nur einen einzigen Beleg dafür, dass die signiferi dieser Kassentätigkeit tatsächlich nachgingen, nämlich eine Sammelquittung aus der Finanz­verwaltung dercohors I Lusitanorum.[46] Darin bestätigen sechssigniferi der sechs Zenturien um­fassenden Kohorte einem centurio derselben Einheit, von ihm Geldbeträge für die Einzahlung ins depositum der insgesamt 126 Rekruten aus der Provinz Asia empfangen zu haben.[47]

Ferner zeigt eine jüngst publizierte Empfangsbestätigung eines signifer, vermutlich der legio III Cyrenaica, dass unter Nerva ein Feldzeichenträger mehrere Darlehen möglicherweise in einer Höhe von insgesamt 3400 Drachmen ausgegeben und nunmehr offensichtlich einen höheren Teilbetrag zurückerhalten hatte. Die ausgestellte Bestätigung erklärt alle vorausgehenden Bestä­tigungen des Darlehensnehmers für null und nichtig.[48] Leider geht aus dem Dokument nicht her­vor, welche Kasse(n) für die Auszahlung des hohen Darlehens herangezogen wurde(n) und ob der signifer dafür eine Autorisation von höherer Stelle benötigte oder nach eigenem Ermessen handelte. Bemerkenswert ist jedenfalls, dass zu jener Zeit ein Darlehensbetrag von 3400 Drachmen (= 850 Denaren) rund den 2,8fachen Jahressold eines Legionärs ausmachte. [49]

Schließlich sei an dieser Stelle erwähnt, dass in Didymoi, das als befestigter Wachposten (praesidium) und Straßenstation in der östlichen Wüste Ägyptens diente, ein signifer als curator praesidii fungierte, und ein weiterer möglicherweise auch im praesidium von Krokodilô.[50] Ob sie an diesen praesidia auch (Soldaten-)Gelder verwalteten, ist nicht zu erkennen. Darüber hinaus sind weitere Aufgaben bekannt, mit denensigniferi betraut wurden. [51]

6–7 κοιλάναν|τα: Der ThGL 1676 s.v. κοιλαίνω übersetzt mit „cavare, exenterare, detrahere“; nach W. Pape, Handwörterbuch der Griechischen Sprache, Bd. 1 A – K, Braunschweig 1849, 1346, s.v. bedeutet das Verb im wörtlichen Sinne „hohl machen, aushöhlen“ und im übertragenen Sinne „leer machen, arm machen, matt sein“; vgl. LSJ9 966 s.v.: „make empty, make poor“. In den Papyri wird das Verb dagegen quasi ausschließlich im Sinn von „allow to lapse, of payments“ (LSJ9) bzw. „(mit Zahlungen) säumig sein, aussetzen“ (D. Hagedorn, Bemerkungen zu Urkunden, ZPE 86 [1991] 243–250, bes. 243) gebraucht; so auch WB I 810 s.v. („leer machen, wegfallen lassen“, „Zahlungen ausfallen lassen“). Belege sind etwa BGU 156,18 (1 v.Chr.); PSI IV 287, 16 (4 n.Chr.); O.Did. 333, 5–7 (entsorgt ca. 88–92): πράξο ( l. πράξω) σοι τὰς ἡμέρας ἃς ἐκοίλαινεν Ἰουλία; P.Athen. 15 (83–96; vgl. ZPE 106 [1995] 189): Pachtvertrag(?); SB XIV 11599 (155): Darlehen mit der Vereinbarung ratenweiser Rückzahlung; κοιλαίνειν wird hier verwendet im Sinne von: „(eine Tilgungsrate) ausfallen lassen“; P.Oxy. Hels. 43 (spätes 3. Jh.?): Anerkenntnis eines Darlehensvertrags (s. Hagedorn 1991, 243–244); PSI IV 287, 16–17 (377): Arbeits­vertrag(?); CPR V 14, 17–18 (475): Verkauf von Wein auf Kredit: οὐκ ἔξεσται κοιλαίνειν τὴν προθεσμίαν; P.Worp 30 (5.–6. Jh.): Darlehens- oder Kaufvertrag. Als Synonym ist offenbar ein­mal κοιλοποιέομαι bezeugt (BGU IV 1134, 13 [10 v.Chr.]; vgl. WB I 811). Man beachte auch das oftmals im selben Kontext verwendete Adverb ἀκοιλάντως (s. WB I 45: „keine Unter­brechung eintreten lassen, ohne Zahlungsausfall“).

Im vorliegenden Papyrus liegt, wie die Bemerkung unseres Schreibers im folgenden Satz zeigt, offenkundig die erstgenannte Bedeutung vor, wonach es um die unerlaubte Entnahme von Geldern aus den beiden erwähnten „Kassen“ ging. Die zweitgenannte Bedeutung wäre unver­ständlich, wenn der Vorwurf darin bestanden hätte, dass die signiferi ihren Zahlungspflichten nicht pünktlich nachgekommen waren. Für diese Deutung spricht auch, dass bei uns nicht eine Zahlungsfrist als Objekt zum Verb hinzutritt, sondern die Bezeichnung der Kassen. Wie die lateinische Vorlage im Schreiben des Statthalters für die Verbindung κοιλαίνειν ἀπό lautete, ist nicht sicher auszumachen. In den Glossaren wird das Verb besonders mit lat. cavo gleichgesetzt: CGL II 98,35: cavat κοιλαίνει; II 351,36: κοιλαίνω curvo cavo. Wir vermuten daher eine Wen­dung wie cavare ex/de. Zum Verb cavo s. ThLL III 654–655 s.v.

δηποσίτων: Im depositum wurde jener Betrag des einzelnen Soldaten hinterlegt, der bei einer Auszahlung des Solds von diesem verblieb, nachdem alle Gebühren für seit der vorausgehenden Auszahlung empfangene Ausrüstung, Verpflegung oder in Anspruch genommene Dienstleistun­gen, z.B. Reparaturen, oder ein ausgehändigter Barbetrag abgezogen worden waren. [52] In der Summe bildeten diese Restbeträge einen Teil des Guthabens der Soldaten. Daneben gab es noch zwei weitere Kassen für Soldatengelder: das viaticum, das, wie die Bezeichnung nahezulegen scheint, wohl Gelder für die Bestreitung von (dienstlichen) Reisen enthielt, und das sepositum, in dem möglicherweise angesparte Gelder aufbewahrt wurden, die der Soldat erst bei der Entlas­sung empfing. Mangels eindeutiger Quellen muss das aber bislang Spekulation bleiben.[53] Zum Schöpfen aus den deposita siehe die Ausführungen zum λόγος Καίσαρος in obiger Einleitung, zum Lehnwort δηπόσιτον Lex.Lat.Lehn. II 236–237 s.v. und H. Hofmann, Die lateinischen Wörter im Griechischen bis 600 n.Chr., Diss. Erlangen-Nürnberg 1989, 90–91 s.v.

7–8 λό|γου Καίσαρος: Zur Deutung s. oben Einleitung.

8 θεῖναι τὸν τόπον: θεῖναι aor. inf. a. von τίθημι. Der ThGL (VI, Kol. 9378 s. v. τίθημι vel τίθεμαι) führt u.a. aus: „cum nonnullis aliis accusativis […] partim hoc, partim illo verbo redditur“; vgl. Xen. hell. 2,4,12: θέσθαι τὰς ἀσπίδας (θέσθαι aor. inf. m.; Thrasybulos befahl den Seinigen, ihre Schilde abzustellen); hierzu gibt der ThGL (ibid., Kol. 9383) „deponere“ als latei­nische Wiedergabe des Verbs an. Neben dieser Verwendung mit lokalem Sinn findet sich auch eine figurative Verwendung: „πόλεμον τίθεσθαι“, die der ThGL (ibid., Kol. 9378) mit „bello absistere“ erklärt; vgl. Thuk. 1,82,6: πόλεμον … οὐ ῥᾴδιον εὐπρεπῶς θέσθαι: Es sei nicht leicht, einen (einzelnen zuliebe von allen aufgenommenen) Krieg schicklich zu beenden. Analog zu dieser mit medialem Infinitiv konstruierten Formulierung mit figurativer Bedeutung dürfte unser mit aktivem Infinitiv konstruierter Ausdruck besagen, dass diejenigen, die sich des κοιλαίνειν schuldig gemacht haben, ihren Posten (s. unten) niederlegen (müssen) bzw. — weniger aktiv formuliert — von ihrem Posten entfernt werden sollten, wie dies Caesar nach einer Schlappe gegen die Pompeianer 48 v.Chr. tat, als er einige signiferi mit entehrenden Strafen belegte und sie ihres Postens enthob: loco movit.[54] In unserem Fall könnte das κοιλαίνειν für die signiferi vergleichbare Konsequenzen nach sich gezogen haben. [55]

Mit τόπος ist offensichtlich der Posten bzw. die Dienststellung des jeweiligen signifer gemeint; vgl. P.Mich. VIII 466 (107): Der miles Iulius Apollinarius bittet seinen obersten Vor­gesetzten, den Statthalter und Legionskommandeur Claudius Severus, um einen Posten als librarius in dessen Statthalterbüro und erhält als Antwort: τόπος οὐ σχολάζ[ι] (Z. 28). τόπος meint hier offensichtlich einen Posten bzw. eine Dienststellung im Sinne einer Planstelle. Es scheint eine begrenzte Anzahl an Posten für librarii in seinem officium gegeben zu haben, und Severus konnte oder wollte diese nicht ad hoc erhöhen. Er gibt Iulius Apollinarius deshalb eine abschlägige Antwort, ernennt ihn jedoch ersatzweise zu einem librarius legionis [56] und stellt ihm eine Beförderung in Aussicht. Welcher lateinische Begriff entspricht dem griechischen τόπος? Soweit wir sehen, gibt es kein bilinguales Dokument, in dem einem τόπος im vorliegenden Sinne das lateinische Äquivalent gegenüberstünde. [57] Am ehesten kommen im militärischen Kontext statio und locus in Frage: Der Begriff statio kann sowohl im lokalen Sinne den (Wach-, Straßen-) Posten bezeichnen als auch im figurativen Sinne Amt, Dienststellung, Position bedeuten. So meint in letzterem Sinne statio imperatoria bzw. Augusta das kaiserliche Amt, die Position bzw. Stellung des Kaisers [58]. Weitaus häufiger jedoch wird statio im militärischen Kontext im räumli­chen Sinne gebraucht, v.a. in Verbindung mit verschiedenen Partizipien: exacta / expleta / emerita statione bedeutet, dass ein Soldat seinen Dienst (auf dem zugewiesenen [Wach-, Straßen-] Posten) abgeleistet hat[59] ; iterata statione, dass er ihn (am zugewiesenen Posten) erneut verrichtet hat[60]; in stationem succedere, dass er auf einen ebensolchen (als Ablösung) nachrückt[61];stationem habere, dass er die Leitung eines Postens innehat [62]. In einer Übersicht zur Dienstein­teilung in der legio III Cyrenaica sind Soldaten wiederholt zum Dienst an einer statio abkom­ mandiert, u.a. an der sta(tio) principi(i)s, womit wohl eine Wache bei den principia gemeint ist.[63] Insgesamt scheinen mit stationes aber eher auswärtige Posten gemeint zu sein, an die Soldaten abkommandiert wurden.

Der Begriff locus, den der ThLL als lateinische Entsprechung zu τόπος angibt, bedeutet im lokalen Sinne Ort, Platz, Stelle und im figurativen Sinne Posten, Stand oder Rang (gradus dignitatis), den jemand z.B. im Staat einnimmt.[64] Zur Gleichsetzung s.a. CGL II 124, 17: locus τόπος; II 457, 20 und 558, 56: τόπος locus. Im Kontext des militärischen (Routine-)Dienstes ist locus mehrfach in Dokumenten aus der Truppenverwaltung belegt: So wird in mehreren renuntia aus Vindolanda an die Befehlszentrale zurückgemeldet, dass sich alle (Soldaten) samt Aus­rüstung auf den befohlenen Posten (loca) befinden. [65] Ein Wiener Papyrus listet Posten (loco & Ortsname im Genitiv) und wohl die Anzahl der abkommandierten Soldaten auf. [66] Meint locus in diesen Beispielen den Dienst- bzw. Einsatzort, so wird der Begriff in einem pridianum der Cohors I Augusta praetoria Lusitanorum equitata eher im Sinne einer Amtsstellung gebraucht, wenn gesagt wird, dass der Kohortenkommandant M. Iulius Silvanus seinen Dienst an der Stelle eines gewissen Allius Pudentillus aufgenommen hat.[67] Im Sinne von gradus dignitatis meint locus den militärischen Dienstgrad.[68]

Die Entfernung der signiferi von ihren Posten ist zweifelsohne als eine Strafe zu verstehen, die ihren Dienstgrad betraf; damit dürfte dem τόπος im vorliegenden Falle der lateinische locus entsprechen — analog zur obengenannten Amtsenthebung (loco movere) dersigniferi durch Caesar. [69] Wir vermuten, dass in der lateinischen Vorlage (dem Statthalterbrief) eine Wendung wie locum (de)ponere stand.

Eine gute Zusammenfassung zum römischen Militärrecht bieten C. E. Brand, Roman Military Law, Austin, London 1968 und J. H. Jung, Die Rechtsstellung der römischen Soldaten: Ihre Ent­wicklung von den Anfängen Roms bis auf Diokletian , ANRW II.14 (1982) 882–1013 (Militär­strafrecht 963–1008); zu den verschiedenen Formen von Delikten und Strafen s. bes. Brand (a.O.) 99–122. Ein neuerer Überblick über „Verstöße gegen die disciplina militaris“ ist bei G. Wesch-Klein, Soziale Aspekte des römischen Heerwesens in der Kaiserzeit (HABES 28), Stuttgart 1998, 147–156 zu finden. Die Unterschlagung von Geldern aus der Truppenkasse wird, soweit wir sehen, in den antiken Rechtsquellen nirgends explizit thematisiert und kommt daher in den genannten Werken nicht vor. Lediglich für den Fall, dass ein Soldat seine Kameraden beklaute, ist eine Strafe überliefert; solche Diebe wurden aus dem Dienst entlassen (Wesch-Klein [a.O.] 148).

9–10 μέ|νειν ἐν τ̣ο̣ῖ̣ς ἰδ̣ίοις τόποις: Der Ausdruck dürfte besagen, dass diejenigen signiferi, die sich kein κοιλαίνειν zu Schulden haben kommen lassen, auf ihrem Posten verbleiben durften. Vgl. Caes. civ . 2,41,6: in loco manere ordinesque servare (an Ort und Stelle bleiben und Reih und Glied wahren); Bell.Afr. 61: eques in loco permanere (die Kavallerie hielt die Stellung); Rhet. Her. 4,42,54: in eodem loco manemus. Gemeint ist hier der locus im figurativen Sinne als ein thematischer Punkt, bei dem man verbleibt. Ebenso gebraucht Ovid den Ausdruck in statione manebant (Ov. met. 1,626) „auf Posten bleiben“ im übertragenen Sinne: Von den hundert Augen des Argus schliefen gleichzeitig immer nur zwei; alle anderen „blieben auf Posten“, d.h. wach­sam. Zur Gleichsetzung s.a. CGL II 367, 49 und öfter: μένω maneo. In der lateinischen Vorlage (dem Statthalterbrief) hieß es also vermutlich in locis suis manere (vgl. bes. die soeben ange­führte Stelle in Rhet. Her.).

12 κ̣ο̣λ̣λ̣ηγ̣ῶ̣ν: Diese Stelle macht klar, dass der Schreiber ebenfalls signifer war. Das ω hat, wie es scheint, nicht zwei, sondern vier Wannen, vielleicht ein Versehen des Schreibers. Das lateinische Lehnwort κολλήγας (collega) erscheint in der papyrologischen Dokumentation der Kaiserzeit vielfach im militärischen Milieu, aber auch im zivilen Bereich: O.Bodl. II 2044, 7 (Pselkis, 2. Hälfte 2./Anf. 3. Jh.); O.Florida 3, 2 (Apoll. Magna, 2. Jh.); P.Babatha 14, 28 (Maoza, Arabia, 125); P.Lips. I 40, Kol. III 18 (Herm., vor 381?); P.Mich. III 220 (Ars., 296); P.Mich. VIII 466 (Bostra, Arabia, 107); P.Oxy. I 123, 14 (Oxy., 3.–4. Jh.); P.Oxy. X 1253, 17 (Oxy., 4. Jh.); P.Oxy. LV 3819, 13 (Oxy., Anf. 4. Jh.); P.Oxy. LVIII 3917, 4 (synkollegas; Herakl., frühes 2. Jh.); P.Worp 24, 10 (Herm. oder Panop., 4. Jh.); SB XX 14379, 28 u.ö. (synkollegas; Ars., 320); SB XXII 15560, 16 (Herk. unbek., 3.–4. Jh.). Zum Lehnwort κολλήγας s. Hofmann (wie oben Komm. zu Z. 6–7) 184.

13 παρὰ ὀ̣β̣ολ̣ὸν ἕνα̣ γεγονέναι: Das sieht nach einer sprichwörtlichen Redensart aus (ähnlich etwa wie im Deutschen: „auf Heller und Pfennig“), doch konnten wir weder literarisch noch dokumentarisch eine Parallele für diese Wendung finden.

ὀ̣β̣ολ̣όν: Das ο ist etwas größer als sonst in dieser Hand, im Duktus aber sehr ähnlich z.B. Z. 9: τόν. Die rechte Hälfte des Buchstabens ist weit nach unten gezogen, wie dies etwa auch für das θ in Z. 11: πείθομαι gilt. Das β ist gut an der ausgeprägten, quasi waagerechten Basislinie zu erkennen. Der linke Fuß des λ ist nach oben gezogen, ähnlich wie in Z. 19: λο̣ι̣̣πο̣[ύ]μ̣ενος.

14 ἀ̣[λλ]ά̣: Eine adversative Partikel ist vom Kontext her an dieser Stelle unbedingt zu er­warten. Erhalten sind zwei Oberlängen, die sich sehr gut als die Spitzen der Schlaufen zweier α deuten ließen und sich zudem genau in der richtigen Position befänden.

π̣λ̣ή̣ρ̣ε̣ι̣ς: Zur Lesung des η ist zu bemerken, dass die waagerechte Haste des Buchstabens in dieser Schreiberhand sehr weit links ansetzt (wie auch beim π). Vom folgenden ρ ist nur noch die nach rechts gewandte Spitze der weit nach unten gezogenen Unterlänge erkennbar, die den Kopf des darunter stehenden δ berührt (wobei die Tinte des ρ hier wesentlich blasser ist als die des δ). Dahinter lassen sich stark verblasste Linien erahnen, die der Verbindung ει im folgenden εἰσ̣ίν gleichen.

Das Wort πλήρης (indekl., auch in der Form πλῆρες oder in der Verbindung εἰς πλῆρες) er­scheint in den Papyri vielfach in Texten, die Zahlungen oder Lieferungen dokumentieren, beson­ders in Quittungen, und steht dort bevorzugt unmittelbar nach der Nennung des Betrags im Sinne von „vollständig“; vgl. WB II 318–320; man beachte auch das zugehörige Verb πληρόω („be­gleichen, bezahlen“). Gelegentlich wird πλήρης aber auch alleine stehend im Sinne von „Rech­nung glatt“ gebraucht (ebd. Sp. 320); sehr selten kommt es zudem, wie bei uns, direkt in Bezug auf Personen vor, dann offenbar in der Bedeutung „Kassen- / Kontostand ausgeglichen“. So wird etwa in einer Liste von Empfängern oder Lieferanten von Getreide (so die Deutung der Hrsg.) folgender Eintrag aufgeführt: Πακῦβις πλήρις (l . πλήρης) (O.Did. 90, 3 [entsorgt nach 88–92]).

15 Διογε[ν]ί̣δ̣ι̣: Die Verbindung δι ist hier ähnlich wie in Z. 22: διά geschrieben (und daher auch nicht zu verwechseln mit αι wie in Z. 13: γεγονέναι, da im Unterschied zu dieser Kombina­tion bei der vorliegenden links keine Anbindung zur oberen Schlaufe besteht, die dann nach rechts in ι übergeht). Der Frauenname Διογενίς ist in Ägypten fast ausschließlich im 2.–3. Jh. bezeugt, war in dieser Zeit aber recht geläufig.

16. Σ]α̣τ̣ρίῳ: Es ist ungewiss, ob der Platz für die hier vorgeschlagene Ergänzung ausreicht. Satrius ist eigentlich ein nomen gentile, wird in den Papyri der römischen Zeit gerade im Soldaten­milieu auch als Hauptname verwendet; s. etwa P.Stras. VI 531, 1 (Herk. unbek., 2. Hälfte 2. Jh.). Zu erwähnen ist, dass in P.Hamb. I 13 (Ars., 210) ein Satrius, Sohn des Capito, als Zahler erscheint. Vielleicht handelt es sich um einen Sohn des Bruders des Antas, was die Annahme einer Zugehörigkeit unseres Papyrus zu diesem Dossier weiter stützen würde (s. oben Einl.).

17 ]̣ ̣τ̣α̣ ̣π̣[ ̣] ̣ ̣ης: Am Ende vielleicht π̣[έ]μ̣ψ̣ης? Dann stünde fest, dass es sich nur um einen Adressaten handelte.

]ς̣ γ̣ρ̣α: Vom ς ist nur der weit nach rechts gezogene waagerechte Ausstrich erhalten, der bis oberhalb von γ̣ρ̣α verläuft; vgl. das Schluss-ς in Z. 3: ἐνεστῶτος und Z. 21: ἡ]μᾶς.

18 ]α̣ι̣πι ̣[ ̣ ] ̣α: Vielleicht κ]α̣ὶ̣ πίν̣[α]κ̣α?

ὅ̣τι: Das Omikron ähnelt dem ersten von ὀ̣β̣ολ̣όν in Z. 13.

ἀπ̣[ ̣ ]σ̣π̣ασ|[ : Offenbar eine Form des Verbs ἀποσπάω (ἀπ̣[ε]σ̣π̣ασ- oder ἀπ̣[ο]σ̣π̣ασ-). Der waagerechte Ausstrich des ersten σ nach rechts reicht bis zum zweiten α. Vielleicht ist der ganze Nebensatz wie folgt wiederherzustellen: ὅ̣τι ἀπ̣[ε]σ̣π̣άσ|[θη]ς̣ ἀ̣π̣᾽ ἐμο̣ῦ̣ λοιπο̣[ύ]μ̣ενος; vgl. den Privatbrief P.Köln IX 370, 2–3 (2. Jh.?): ἀφʼ ἧς μου ἀπεσπάσθης … („seit dem Tag, an dem Du von mir getrennt wurdest …“).

19 λοιπο̣[ύ]μ̣ενος (l. λυπ-): Die Vokalvertauschung υ > οι ist verbreitet, gerade auch bei diesem Verb. Andere Belege für das Partizip in Privatbriefen: SB IV 7354 (Herk. unbek., 2. Jh.), Z. 7: ἐποίησα δύο ἡμέρας λυπούμενος („verbrachte ich zwei Tage in Trauer“); P.Oxy. XIV 1680 (Oxy., spätes 3.–frühes 4. Jh.), Z. 5–6: σοι ἐδήλωσα λυπού|μενος ἐπὶ τῇ ἐν ἡμῖν σου ἀπουσίᾳ; SB XX 14987 (4.–5. Jh.?), Z. 19: μηδένος αὐτῶν λυπουμέ̣νου („niemand von ihnen ist betrübt“).

21–22 ἡ]μᾶς und ὑ]μ̣ᾶς: Ein solcher pluralischer Gebrauch der Pronomina am Ende eines Privatbriefes muss nicht unbedingt bedeuten, dass dieser mehrere Schreiber oder Adressaten hatte. Es gibt viele Beispiele, die zwar im Kopf jeweils nur eine Person als Schreiber oder Adres­sat nennen, in welchen der Schlussgruß aber kollektiv gefasst ist und deren gesamtes Umfeld einschließt. Dass es sich bei uns nur um einen einzigen Schreiber handelt, ergibt sich mit Sicher­heit aus dem Satz in Z. 10–14. Betreffs der nicht zweifelsfrei zu klärenden Frage nach der Zahl der Adressaten s. Z. 17 mit Komm.

ἐρ̣ρῶσ|[θαι ὑ]μ̣ᾶς εὔχομαι διὰ βί{ι}ου: Vgl. z.B. P.Hamb. I 90 (Herk. unbek., Mitte 3. Jh.), 19–20: ἐρρῶσ(θαί) σε εὔχο(μαι) διὰ βίου εὐτυχοῦντα; P.Hamb. I 104 (Herk. unbek., 2.–3. Jh.), o. Z.: ἐρρῶσθαί σε εὔχομαι διὰ βίου καὶ προκόπτοντα τὰ μεγάλα καὶ πλοῦντα τὰ μεγάλα; P.Heid. II 214 (3. Jh.), 44–45: ἐρρῶσθαί σε εὔχομαι διὰ βίο[υ]; P.Oxy. XIV 1664 (Oxy., ca. 200), 14–17: ἐρρῶσθαί σε εὔχομαι, κύριέ μου χρηστὲ καὶ εὐγενέστατε Ἀπίων, διὰ βίου εὖ διάγοντα μεθʼ ὧν ἡδέως διάγεις; P.Stras. IV 253 (Herk. unbek., 1. Hälfte 3. Jh.), 10–11: ἐρρῶσθαί σε [ε]ὔχομ(αι) κύριέ μου ἄδ[ελ]φε εὐτυχ(οῦντα) διὰ βίου; P.Warren 14 (Herk. unbek., 2. Jh.), 44–45: ἐρρῶσθαί σε εὐχόμεθ̣α̣ διὰ βίου; PSI XII 1247 Verso (Herk. unbek., 3. Jh.), 14–15: ἐρρῶσθαι ὑμᾶς [εὔχομ]α εὐτυχοῦντας διὰ βίου ἀ̣ε̣ί̣; PSI XII 1261 (Oxy., 212–217), 21–23: ἐρρῶσθαί σε εὔχομαι διὰ βίου εὐτυχοῦντα καὶ εὐδοξοῦντα.

23. [Φ]α̣μενὼθ κβ = 18. März. Die Zeile war vermutlich geringfügig eingerückt. Für die Ergänzung eines kurzen Wortes als Fortsetzung des Grußes aus Z. 23 (z.B. ἀεί wie im oben zitierten PSI XII 1247) ist am Zeilenanfang kein Platz.

 

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Fritz Mitthof
Institut für Alte Geschichte, Altertumskunde,
Papyrologie und Epigraphik
Universitätsring 1
1010 Wien, Österreich
fritz.mitthof@univie.ac.at

Konrad Stauner
Lehrgebiet Geschichte und Gegenwart Alteuropas
Historisches Institut der Fernuniversität
Universitätsstraße 33 (KSW)
58084 Hagen, Deutschland
Konrad.Stauner@fernuni-hagen.de

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Tafel 23


* Wir danken Hans-Walter Stork (Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg, Hand­schriftenabteilung) für die Erlaubnis zur Publikation des Papyrus und die Bereitstellung von Bild­material. — Abkürzungen in Auswahl: CBFIR = E. Schallmayer, K. Eibl, J. Ott, G. Preuß, E. Wittkopf, Der römische Weihebezirk von Osterburken I. Corpus der griechischen und latei­nischen Beneficiarier-Inschriften des Römischen Reiches , Stuttgart 1990. — CGL = G. Goetz (Hrsg.), Corpus Glossariorum Latinorum I–VII, Leipzig 1888–1923. — C.Gloss. Biling. II = J. Kramer, Glossaria bilingua altera, München 2001. — DSER = S. Daris, Documenti per la storia dell’esercito romano in Egitto (Pubblicazioni dell’Università Cattolica del Sacro Cuore, Contri­buti, Serie terza, Scienze storiche 9), Milano 1964. — Rom.Mil.Rec. = R. O. Fink, Roman Military Records on Papyrus (Philological Monographs of the American Philological Association 26), Cleveland, Ohio 1971.

[1] Der Papyrus wird bereits bei S. Zehetner, Der Signifer. Stellung und Aufgaben in der Kaiserzeitlichen Armee , Saarbrücken 2011, 105–106 (mit Abdruck einer vorläufigen Tran­skription der Z. 3–10, die F. Mitthof dem Autor zur Verfügung gestellt hatte) und, hierauf auf­bauend, bei K. Stauner, Finanzliteralität im Imperium Romanum am Beispiel der argentarii und signiferi . Dokumentationsexperten im zivilen und militärischen Finanzwesen (späte Republik – Prinzipatszeit) , Tyche 29 (2014) 193–253, bes. 234–236 behandelt.

[2] Zur Zusammensetzung und zu den Einheiten des ägyptischen Provinzialheeres unter dem Prinzipat s. F. Mitthof, Annona militaris. Die Heeresversorgung im spätantiken Ägypten. Ein Beitrag zur Verwaltungs- und Heeresgeschichte des Römischen Reiches im 3. bis 6. Jh. n. Chr ., 2 Bde., Firenze 2001, I 217–223.

[3] Es könnte sich theoretisch auch um mehrere Adressaten oder Adressatinnen gehandelt haben, doch ist dies wenig wahrscheinlich; zu dieser Frage s. unten Komm. zu Z. 17 und 21–22.

[4] Zu diesem Milieu siehe die beiden Studien von F. Mitthof, Soldaten und Veteranen in der Gesellschaft des römischen Ägypten (1.–2. Jh. n.Chr.) , in: G. Alföldy, B. Dobson, W. Eck (Hrsg.), Kaiser, Heer und Gesellschaft in der Römischen Kaiserzeit. Gedenkschrift für Eric Birley , Stuttgart 2000, 377–405 und P. Sänger, Veteranen unter den Severern und frühen Soldaten­kaisern: Die Dokumentensammlungen der Veteranen Aelius Sarapammon und Aelius Syrion , Stuttgart 2011.

[5] Der Großteil dieses Materials ist in Rom.Mil.Rec. zusammengestellt.

[6] Veg. mil. 2,20,7: Et ideo signiferi non solum fideles sed etiam litterati homines elige­bantur, qui et servare deposita et scirent singulis reddere rationem . Vgl. Stauner (wie Anm. 1) 228–229 sowie unten Komm. zu Z. 6.

[7] Hierzu zählen in der Prinzipatszeit der librarius, optio, (summus) curator sowie der curator fisci; für die spätere Kaiserzeit sind weitere Chargen belegt; vgl. Mitthof (wie Anm. 2)
I 165–167. Wir werden die Frage der Position des signifer in der militärischen Finanzverwaltung im Verhältnis zu den anderen Chargen in einem weiteren Aufsatz behandeln.

[8] CIG 4957 = OGIS 669 = E. M. Smallwood, Documents Illustrating the Principates of Gaius Claudius and Nero , Cambridge 1967, 113–118 Nr. 391 = B. Levick,The Government of the Roman Empire, London, New York 22000, 188–194 Nr. 172, Z. 18, 30.

[9] M. Alpers, Das nachrepublikanische Finanzsystem. Fiscus und Fisci in der frühen Kaiserzeit , Berlin, New York 1995, 284–285. Vgl. U. Wilcken (O.Wilck. I, S. 641–644), der mit Blick auf Ägypten im „kaiserlichen Fiscus“ den direkten „Rechtsnachfolger der alten Königs­kasse“ sieht, mit seiner „Hauptfiliale“, der „Generalkasse Aegyptens“, in Alexandria; diese Generalkasse hält er für identisch mit dem fiscus Alexandrinus. Davon „abgezweigt“ sieht er den ἴδιος λόγος und von diesem wiederum „abgetrennt“ den oὐσιακὸς λόγος bzw. die Patrimonial­kasse; Th. Mommsen (bei O. Hirschfeld, Die kaiserlichen Verwaltungsbeamten bis auf Dio­cletian, 2., neubearbeitete Aufl., Berlin 21905, 14–15 Anm. 2) wiederum vermutet im fiscus Alex­andrinus eine Kasse für eine Kopfsteuer, die Alexandria von jedem Nichtbürger erhoben habe.

[10] O.Wilck. I, S. 644–645. Zum οὐσιακὸς λόγος zuletzt L. E. Tacoma, Imperial Wealth in Roman Egypt, in: P. Erdkamp, K. Verboven, A. Zuiderhoek (Hrsg.), Ownership and Exploitation of Land and Natural Resources in the Roman World , Oxford 2015, 71–87, bes. 75, der die Ein­richtung der Kasse sieht „in the context of the blurring of boundaries between the emperor’s private property and state property: the idea of private ownership by the emperors was at odds with state requirements, if only because many state expenses were covered from private imperial funds“.

[11] Auch Wilcken (O.Wilck. I, S. 645) sieht im κυριακὸς λόγος aus OGIS 669, 18 den fiscus; Alpers (wie Anm. 9) 285 Anm. 988 hält hier eine Identität von κυριακὸς λόγος und Καίσαρος λόγος für „durchaus wahrscheinlich“. P. A. Brunt, ‘ The Fiscus’ and Its Development, JRS 56 (1966) 75–91, bes. 91 Anm. 109 hält diese und weitere (αἱ κυριακαὶ ψῆφοι, τὸ τῶν δημοσίων ὄνομα, ὁ φίσκος, ὁ δημόσιος λόγος) Bezeichnungen für „indistinguishable“.

[12] L. Capponi, Priests in Augustan Egypt, in: J. H. Richardson, F. Santangelo (Hrsg.), Priests and State in the Roman World, Stuttgart 2011, 507–528, bes. 517 Anm. 63.

[13] Strab. 2,5,8 (Übers. Radt). Vgl. Cass. Dio 57,10,5: Der praefectus Aegypti Aemilius Rectus hatte einen höheren als den festgesetzten Betrag aus Ägypten nach Rom übersandt, wor­auf Tiberius ihm zurückschrieb, er wünsche, dass seine Schafe geschoren, nicht aber geschunden werden. Bei diesen nach Rom transferierten Geldern dürfte es sich um reguläre Steuergelder ( tributa) gehandelt haben (vgl. Suet. Tib. 32,2); M. Rostowzew, s. v. Fiscus, RE VI.2 (1909) 2385–2405, bes. 2397 spricht mit Bezug auf die genannte Stelle bei Cassius Dio davon, dass die „Überschüsse der zentralen alexandrinischen Kasse […] nach Rom abgeführt“ wurden. Vgl. Vell. 2,39,2: facta Aegypto stipendiaria, quantum pater eius Galliis, in aerarium reditus contulit ; Augustus machte Ägypten steuerpflichtig und überführte von dort Gelder ins aerarium in Rom; hierzu F. Millar, The Emperor in the Roman World, London 21992, 197; Alpers (wie Anm. 9) 27.

[14] Strab. 4,5,3. Der Zusammenhang zwischen Sold und Tribut kommt auch bei Tacitus zur Sprache: Tac. ann. 1,47,1: Galliarum opibus subnixus; hist. 4,26,1: inopia stipendii frumentique et simul dilectum tributaque Galliae aspernantes . Die Zuständigkeit des aerarium populi Romani geht auch aus Tac. ann. 5,8,1 hervor, wo es heißt, dass P. Vitellius angeklagt worden sei, weil er alspraefectus aerarii Saturni den Verschwörern gegen Tiberius militaris pecunia bereitgestellt habe. Den Zusammenhang zwischen Tribut und Zahlungen an die Soldaten sieht auch Ulpian für gegeben: stipendium a stipe appellatum est, quod per stipes, id est modica aera, colligatur. idem hoc etiam tributum appellari Pomponius ait. et sane appellatur ab intributione tributum vel ex eo quod militibus tribuatur (Dig. 50,16,27); vgl. M. A. Speidel, Heer und Herrschaft im römi­schen Reich der Hohen Kaiserzeit , Stuttgart 2009, 58.

[15] A. Mócsy, Zur Entstehung und Eigenart der Nordgrenzen Roms (Vorträge / Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften: Geisteswiss.; G 229), Opladen 1978 = A. Mócsy, Pannonien und das römische Heer. Ausgewählte Aufsätze (Mavors VII), Stuttgart 1992, 23–46, bes. 10–11 = 26–27; Tac. ann. 1,11,4. An anderer Stelle bezeichnet A. Mócsy, Die Expansions­frage im 1. und 2. Jh. und die Ertragsfähigkeit der Grenzprovinzen , Annales Universitatis Scientiarum Budapestiensis, Sectio Historica 5, 1963, 3–13 = A. Mócsy, Pannonien und das römische Heer. Ausgewählte Aufsätze (Mavors VII), Stuttgart 1992, 8–18, bes. 4 = 9 das consi­lium coercendi intra terminos imperii des Augustus als dessen „Endergebnis seiner letzten wirt­schaftlichen Erwägungen“.

[16] App. praef. 5. Hierzu Mócsy (wie Anm. 15 [1963, 7 = 1992, 12; 1978, 15 = 1992, 31]) 7 = 0; id. (wie Anm. 15) 15.

[17] A. H. M. Jones, The Aerarium and the Fiscus, JRS 40 (1950) 22–29, bes. 27.

[18] Hirschfeld (wie Anm. 9) 6. So auch Rostowzew (wie Anm. 13) 2400: „Von Anfang an lasten auf dem F[iscus] die Kosten der Unterhaltung und Besoldung des Heeres und der Flotte“, wobei er das Rechtssubjekt des Fiscus im Staat sieht (2402). Vgl. U. Wilcken, Zu den Impensae der Res gestae divi Augusti, in: Sitzungsberichte der Preuss. Akad. d. Wissenschaften, Phil.-hist. Kl. 1931, 37, Berlin 1931, 772–785, demzufolge Augustus in seinen Res gestae nur von Donativen an die Veteranen und „nicht auch von denen an das aktive Heer gezahlten“ spricht; den Grund hierfür sieht er darin, dass „die gesamten Unkosten für das aktive Heer auf den Fiskus fielen“ (782), wobei er unter Fiskus hier, Hirschfeld folgend, in der frühen Kaiserzeit „Staats­geld“ sieht, „das zur alleinigen Disposition des Kaisers stand, während es nach Mommsen Eigentum des Kaisers war“ (774).

[19] P. Herz, Die Arbeitsweise der staatlichen Finanzverwaltung in der Kaiserzeit , in: G. Urso (Hrsg.), Moneta, mercanti, banchieri. I precedenti greci e romani dell’Euro, Convegno cividale del Friuli, September 2002 , Mailand 2003, 167–186, bes. 178: „Besoldung und Ausrüstung der römischen Truppen […] waren nun einmal zentrale Betätigungsfelder des aerarium Saturni.“; id., Finances and Costs of the Roman Army, in: P. Erdkamp (Hrsg.), A Companion to the Roman Army, Malden, MA et al. 2007, 306–322, bes. 314: „the fiscus Gallicus […] was used for the salary and provision of the region’s army“. Mit Blick auf BGU 423 (2. Jh.), einen Brief, den der ägyptische Rekrut Apion nach seiner Ankunft in Misenum an seinen Vater in Karanis schrieb und in dem er ihm mitteilte, dass er als Reisegeld (viaticum) drei Goldstücke vom Kaiser emp­fangen habe, bemerkt Millar (wie Anm. 13) 201: „For the expenses of the army were surely borne in principle by the standing public revenues.“ D. Rathbone, The Imperial Finances, CAH X2 (1996) 309–323, 320: „It seems that, following republican practice, each province had a ‘fiscus’ […], a sort of branch office of the main state treasury (aerarium). […] It also had to pay out for expenses in that province: the salaries of the governor and […] the cash costs of the garrison if there was one“. P. Kehne, War- and Peacetime Logistics: Supplying Imperial Armies in East and West , in: P. Erdkamp (Hrsg.), A Companion to the Roman Army, Malden, MA et al. 2007, 320–338, bes. 330: „[…] the soldiers’ annual pay in money (stipendium), formerly given to them by the aerarium or the provincial fiscus [...].“ Nach Speidel (wie Anm. 14) 71 sollten „Einkünfte aus den regelmäßigen Steuern die Kosten für die Truppen nach Möglichkeit decken“.

[20] Siehe die Forschung in Anm. 21; zu geänderten Dokumentationsweisen in der Finanz­verwaltung der Truppen als Reflex weiterreichenderer Heeresreformen s. K. Stauner, Rationes ad milites pertinentes : Organisation und Funktion der Binnenadministration militärischer Ein­heiten in der Frühen und Hohen Kaiserzeit , in: A. Eich (Hrsg.), Die Verwaltung der kaiserzeit­lichen römischen Armee. Studien für Hartmut Wolff, Stuttgart 2010, 37–85 und dens. (wie Anm. 1).

[21] Vgl. Cassius Dio (53,22,3), der aus der Rückschau auf die Zeit des Augustus sich nicht imstande sieht, zwischen öffentlichen und kaiserlichen Geldern zu unterscheiden: οὐ γὰρ δύναμαι διακρῖναι τοὺς θησαυροὺς αὐτῶν ; und er fährt fort, es sei auch gar nicht seine Absicht zu be­richten, ob bei dieser oder jener Gelegenheit der jeweilige Princeps öffentliche Gelder verwendet oder eigene gegeben habe, da oftmals beides zusammen geschehen sei (53,22,4); vgl. Tacitus, der in ann. 6,2,1 den Eindruck erweckt, die Unterscheidung zwischen aerarium und fiscus für Augenwischerei zu halten; s. a. ann. 6,17,1. Nach Mommsen (StR II.2, 998 Anm. 1) sind später (d.h. im Gegensatz zur frühen Kaiserzeit) fiscus und aerarium faktisch zusammengefallen. Zur Thematik s. Brunt (wie Anm. 11); Millar (wie Anm. 13) 189–201; Alpers (wie Anm. 9); vgl. D. Rathbone, Egypt, Augustus and Roman taxation, Cahiers du Centre Gustave Glotz 4 (1993) 81–112, bes. 100: „[…] fiscus began to supplant aerarium as the term used in both official and private writings to denote the central financial institution of the Roman state.“ Ebenso R. Duncan-Jones, Money and government in the Roman Empire, Cambridge 1994, 43; L. Capogrossi Colognesi, Law and Power in the Making of the Roman Commonwealth, Cambridge 2014, 275; siehe auch Tacoma (wie Anm. 10). Die Schwierigkeiten einer Systematik nach modernen Vor­stellungen verdeutlicht M. Corbier, Coinage and taxation: the stateʼs point of view, A.D. 193–227 , CAH XII2 (2005) 327–392, bes. 361 mit Blick auf die Steuererhebung: „However, to discuss taxation in the modern sense of the word probably means projecting onto the levies carried out in different geographical regions under Roman rule a logic, a consistency and an overall view that never existed in practice or in the minds of contemporaries. This would explain that the uncertainties resulting from the disparate nature of the evidence are often made even less clear by the vagueness of ancient terminology […].“ Zum Status und zur Verwaltung von Ägypten bemerkt Rostowzew (wie Anm. 13) 2395 generell: „So scharf aber wie in Rom hat man in Ägypten zwischen Privatgut der Kaiser und Staatsgut, Privat- und Staatsverwaltung nicht geschieden […]. Es existieren zwar private kaiserliche οὐσίαι einerseits und οὐσίαι des ἱερὸν ταμιεῖον anderer­seits, aber trotzdem bilden beide einen Bestandteil des λόγος οὐσιακός.“ Bzgl. einer Entnahme von für Soldaten bestimmten Geldern aus verschiedenen Kassen siehe den pragmatischen Ansatz, den Herz (wie Anm. 19) 172 zur Frage aufzeigt, woher das Geld genommen wurde, das zur Auszahlung der Entlassungsgelder an die Veteranen benötigt wurde, die in den wirtschaftlich und damit auch in pekuniärer Hinsicht eher ertragsschwächeren Grenzprovinzen stationiert waren. Ihm zufolge „nahm man das notwendige Geld aus den Beständen der Kassen, in denen man es vor Ort finden konnte, d.h. aus dem Topf der allgemeinen Steuereinnahmen oder aus den Kassen der lokalen Domänenverwaltung bzw. der Zollver­waltung. Die Empfangsquittungen, die die Veteranen für die donativa unterzeichnen mußten, wurden zusammen mit dem aktuellen Kassenstand nach Rom übermittelt, wo die zentrale Kassenverwaltung der vicesima wesentlich leichter das in den Provinzen entstandene Defizit mit den Zentralstellen der anderen Kassen aus­gleichen konnte.“ Siehe auch sein Modell ibid., 173 Abb. 2. Ähnlich auch Jones (wie Anm. 17) 26, der zur Bestreitung kaiserlicher Ausgaben in den Provinzen bemerkt, dass die Kaiser „drew upon the ‘fisci’ and publicani of their own and neighbouring provinces.“

[22] HA Alex. 52,3; hierzu Stauner (wie Anm. 20) 74–75.

[23] Zur Gleichsetzung s. auch CGL II 169, 6: ratio λόγος ἀναλογία ψῆφος; II 495, 28: ratio λόγος; V 368, 27:logus graece ratio. Beleg für ratio Caesaris nostri: AE 2001, 2083 (Hadrian).

[24] Mitthof (wie Anm. 2) I 274. Anforderung von Sold für Karteileichen: A. Demandt,Die Spätantike. Römische Geschichte von Diocletian bis Justinian 284–565 n. Chr., München 2007, 324. Hiervon gibt Themistios ein eindrückliches Bild, or. 8,115d–116a: „Und keiner der als Sol­dat Eingeschriebenen ist heute betrügerischerweise in die Liste eingetragen“ (καὶ νῦν οὐδεὶς τῶν στρατεύεσθαι λεγομένων ψευδῶς τοὔνομα ἐπιγέγραπται). […] „Bisher war in den Heerlisten bloß eine Liste eindrucksvoller Bezeichnungen“ (καὶ τέως μὲν ὀνομάτων ἦν σεμνῶν ἀριθμὸς ἐν τοῖς καταλόγοις), „nun aber ist der Hoplit in der Tat Hoplit […]“; s. a. or. 10,136b (Übers.: Themistios. Staatsreden. Übersetzung, Einführung und Erläuterungen von Hartmut Leppin und Werner Portmann , Stuttgart 1998). Zur Korruptionsthematik in der spätrömischen Heeresver­sorgung s. Mitthof (wie Anm. 2) I 273–288. Vgl. Caes. civ. 3,59–60: In Caesars Reiterei dienten zwei allobrogische Brüder, die den Sold ihrer Reiter unterschlugen ( stipendiumque equitum frau­dabant); die Reiter beschwerten sich bei Caesar und behaupteten, die beiden gäben ihre (der Reiter) Anzahl falsch an, um den Sold für sich zu behalten ( falsum ab iis equitum numerum deferri, quorum stipendium averterent ). Caesar wies die Brüder unter sechs Augen zurecht, weil sie mit dem Sold ihrer Reiter Geschäfte machten (quaestui equites haberent). Allerdings lässt sich der Quelle nicht entnehmen, dass hierbei irgendwelche gefälschten Dokumente mit im Spiel waren.

[25] P.Panop.Beatty 2, 68–70.

[26] LSJ9, s. v. περιγραφή V: „circumvention, fraud“.

[27] P.Tebt. II 288, 8–9 (226); im Kommentar zu Zeile 8 heißt es: „Apparently the writer uses ἐπιγραφή in the sense of περιγραφή“.

[28] P.Panop.Beatty 2, 230–233: μὴ τοῖς τεταγμένοις μέτρο[ις] κεχρημένους ἀλλὰ μείζοσιν, καὶ βλάβην οὐκ ὀλίγην τοῖς κ[τήτορσι] παρεχομένους (233). Diese Art der Übervorteilung Abgabenpflichtiger ist auch schon für die ptolemaiische Zeit belegt: P.Tebt. I 5, 85–92 (118 v.Chr.): Sitologoi und antigrapheis werden beschuldigt, gelegentlich größere als die korrekten Maße zu verwenden und damit die Abgabenpflichtigen zu schädigen. Die Tatsache, dass von allen königlichen Verfügungen in diesem Papyrus allein der Verstoß gegen die Anordnung zum Gebrauch korrekter Maße mit der Todesstrafe belegt wurde, zeigt, welche Bedeutung staatlicher­seits der Einhaltung dieser Anordnung beigemessen wurde.

[29] Um eine vergleichbare Schädigung des Fiskus (Unterschlagung von Zolleinnahmen) geht es auch in P.Amh. II 77 = W.Chr. 277 (139): Dabei handelt es sich um die Eingabe des Priesters Pabus aus dem Dorf Soknopaiu Nesos, der zugleich in der Zollstation des Dorfes als ἀραβοτοξότης, eine Art Zollpolizist (F. Mitthof, Betrügerische Zollbeamte und der procurator usiacus. Bemerkungen zu P.Amh. II 77 , ZPE 159 (2007) 256–260, bes. 256), fungierte. Er be­schuldigt den Verwalter der Zollstation (ἐπιτηρητής), schon im vierten Jahr in Folge den Fiskus (φίσκος, Z. 6) hintergangen zu haben, und legt zur Untermauerung seiner Behauptung eine Ab­schrift des Registers der Zollstation vor. In Zeile 16 wird der Fiskus spezifisch als κυριακὸς λόγος bezeichnet wird, womit vermutlich der fiscus Caesaris gemeint ist; vgl. Anm. 11. Mitthof (a.O. 260 Anm. 24) lässt es offen, ob es sich hier um die „Staatskasse insgesamt oder aber nur die Patrimonialkasse“ handelt. Zum Zollwesen und zu Zollstationen (stationes) s. jetzt P. Kritzinger, F. Schleicher, T. Stickler (Hrsg.), Studien zum römischen Zollwesen, Duisburg 2015, darin zu P.Amh. II 77 auf S. 4, 30 und v.a. 124 m. Anm. 56.

[30] S. unten Anm. 33.

[31] Vgl. die beispielhaft aufgezeigten Möglichkeiten bei Stauner (wie Anm. 1) 235–236.

[32] Je nach dem, aus welcher Zeit der Papyrus stammt, kommen dafür Abzüge etwa für Proviant und Material (P.Masada 722 = ChLA XLVI 1365 [72 od. 75]; Rom.Mil.Rec. 68 = ChLA XLVIII 7, S. 10–11 [81]; s. unten Anm. 52) oder für nicht näher bestimmbare Leistungen ( collatio: ChLA X 410, passim [193–196]; ChLA XI 495,4: contulit pu[b]l(ico) [vor 193/nach 211]; sub­latio: ChLA XI 473,4 [2./3. Jh.]; ChLA X 446,4 [3. Jh.]) in Frage.

[33] Plin. epist. 7,31,2: ego iussus a legato consulari rationes alarum et cohortium excutere, ut magnam quorundam foedamque avaritiam, neglegentiam parem, ita huius summam integri­tatem, sollicitam diligentiam inveni . Vgl. Arr. per. p. E. 6,2; HA Alex. 21,6: rationes […] recenseret. Zu Truppeninspektionen s. Stauner (wie Anm. 20) 70–75. Auch der vorliegende Papyrus hatte zweifelsohne eine Überprüfung der Buchführung zur Folge.

[34] Zur Stelle s. oben Anm. 6.

[35] Zur Diglossie Griechisch – Latein im militärischen Milieu des römischen Ägypten s.
J. N. Adams, Bilingualism and the Latin Language, Cambridge 2003, 527–641, bes. 601–608, sowie das Resümee auf 760–761.

[36] Zur Begrifflichkeit s. A. Jördens, Papyri und private Archive. Ein Diskussionsbeitrag zur papyrologischen Terminologie , in: E. Cantarella, G. Thür (Hrsg.), Symposion 1997. Vorträge zur griechischen und hellenistischen Rechtsgeschichte (Altafiumara, 8.–14. 9. 1997) , Köln et al. 2001, 253–268.

[37] Zu solchen Dossiers aus dem Milieu römischer Soldaten im allgemeinen s. Mitthof (wie Anm. 4), bes. 393–404.

[38] Vgl. die Laufbahn des C. Iulius Dexter, der vom eques über die Posten eines curator turmae und eines armorum custos bis zum signifer turmae aufstieg (CIL VIII 2094; hierzu Stauner [wie Anm. 20] 77–78).

[39] Das Dossier besteht aus folgenden Texten: P.Hamb. I 39 = DSER 40 = Rom.Mil.Rec. 76 (Quittungsbuch; vgl. Mitthof [wie Anm. 2] I 166–167 und II 313–314 Nr. 7); P.Hamb. I 40–53 (Steuerquittungen); P.Hamb. I 54 (Privatbrief). Letzterer stammt allerdings, wie es scheint, von einer anderen Hand als der unsrige; man beachte vor allem das Verso (Abb.: P.Hamb. I, Tafel XIV).

[40] Urkunden: P.Hamb. I 71 (149); 102 (138–161); Steuerquittungen: P.Hamb. I 80 (198 oder 227); 83 (156?); Briefe: P.Hamb. I 86 (2. Jh.); 88 (Mitte 2. Jh.); 89 (2. /3. Jh.); indirekte Erwähnungen in Texten, die nicht zum Dossier gehören (Personenlisten): BGU VII 1620 (Philadelpheia, Ars.; 1. Hälfte 2. Jh.; Capito und Antas?); P.Yale III 137, 109 (Philadelpheia, Ars.; 216–217; Erben des Antas).

[41] Hierzu s. Mitthof (wie Anm. 4) 390.

[42] Eine Autopsie der Versoseite war leider nicht möglich, und es existiert auch kein Bild­material.

[43] Zur Gleichsetzung der beiden Begriffe s. folgende Einträge in Glossaren: CGL III 27, 45: σημειοφορος signifer; III 208, 18: sioforos signifer; III 298, 29: σημιαφόροι signifere; III 352, 53:signiferi σημειοφόροι; III 395, 39:sennofore signifi[ca]re; III 418, 35:signiferi semiaforoe; V 482, 10:signifer qui signum portat simiophorus; V 513, 51: signifer simiophorus; C.Gloss. Biling. II 6, 40: [σ]ημιαφοροι σιγνιφερει. Die griechische Form erscheint jetzt erstmals auch in einem lateinischen Dokument aus Ägypten, nämlich O.Did. 334, 4 (ca. 88–96): semiaphorus. — Zu den signa bzw. signiferi zuletzt K. Töpfer, Signa Militaria. Die römischen Feldzeichen in der Republik und im Prinzipat (RGZM 91), Mainz 2011, mit einer Zusammenstellung von signiferi in den verschiedenen Truppengattungen, S. 434–447; Zehetner (wie Anm. 1); Stauner (wie Anm. 1); M. Junkelmann, Die Legionen des Augustus, München 152015, passim; zur religiösen Funk­tion der signa E. L. Wheeler, Shock And Awe: Battles Of The Gods In Roman Imperial Warfare, Part I , in: C. Wolff (Hrsg.), L’armée romaine et la religion sous le Haut-Empire romain. Actes du quatrième Congrès de Lyon (26–28 octobre 2006) , Paris 2009, 225–267, v.a. 246–267.

[44] Die Deponierung der Gelder bei den Feldzeichen mag der Grund dafür sein, dass den signiferi deren Verwaltung übertragen wurde (Suet. Dom. 7,3: ad signa deponi; Veg. mil. 2,20,4: apud signa depositos); vgl. Rom.Mil.Rec. 70, Kol. II 2 (193–193):lorictitis in dep(osito) (u.ö.); ChLA XVIII 663 (193–196): loricem [in dep(osito)]. Bei den Feldzeichen wurden zudem Abschriften wichtiger Dokumente ausgehängt, so der Senatsbeschlussde Cn. Pisone patre: in hibernis cuiusq(ue) legionis at(!) signa figeretur (AE 1996, 885, Z. 172; nach W. Eck, Das s.c. de Cn. Pisone patre und seine Publication in der Baetica, Cahiers du Centre Gustave Glotz 4 (1993) 189–208, bes. 202 auf Bronze oder vielleicht auch auf tabulae albatae); oder die Bronze­tafel von Brigetio: aput(!) signa (AE 1937, 232, Z. 31 [311]).

[45] S. oben Anm. 6.

[46] PSI IX 1063 = DSER 33 = Rom.Mil.Rec. 74 (117); M. Pucci Ben Zeev, Diaspora Judaism in Turmoil, 116/117 CE: Ancient Sources and Modern Insights , Leuven, Dudley, MA 2005, 41–44 (mit älterer Literatur), 177.

[47] Stellvertretend für alle Quittungen sei die 4. Hand angeführt: Γ. Δομίτιος Ῥοῦφος σημεαφόρος […] ἔλαβον παρὰ σοῦ δηνάρια […] ὑπὲρ δηποσίτου [τ]ιρώνων Ἀσιανῶν […] (Kol. II 9–12); zum Papyrus s. O. Stoll, «Medicus centurio» (PSI 1063). Ein Sanitätsoffizier mit takti­schem Kommando? Probleme, Hypothesen, Lösungen , JRGM 30 (2003) 329–354.

[48] P.Mich.inv. 5923 (96/97), publiziert von S. Lash, A. Verhoogt, Receipt of a signifer (P.Mich.inv. 5923), ZPE 193 (2015) 223–225.

[49] Zu den Soldbeträgen zuletzt M. A. Speidel, Roman army pay scales revisited: responses and answers, in: M. Reddé (Hrsg.), De l’or pour les braves! Soldes, armées et circulation moné­taire dans le monde romain. Actes de la table ronde organisée par l’UMR 8210 (AnHiMa) à l’Institut national d’histoire de l’art (12–13 septembre 2013) , Paris 2014, 53–62, v.a. 56; der Jahressold eines Legionärs lag damals bei 300 Denaren (= 1200 Drachmen).

[50] O.Did. 187 (entsorgt ca. 115–120); O.Krok. 47, Kol. I 1–2 (109); vgl. H. Cuvigny, Le système routier du désert Oriental égyptien sous le Haut Empire à la lumière des ostraca trouvés en fouille , in: J. France, J. Nelis-Clément (Hrsg.), La statio. Archéologie d’un lieu de pouvoir dans l’Empire romain , Paris 2014, 247–358, 248.

[51] So fungierten signiferi etwa als agentes cura(m) macelli (CIL VIII 18224 = AE 1891, 4 = ILS 2415 [Commodus]; Y. Le Bohec, La Troisième Légion Auguste, Paris 1989, 133 mit Anm. 106; nach S. J. de Laet, Portorium. Étude sur lʼorganisation douanière chez les romains, surtout a lʼépoque de Haut-Empire , Bruges 1949, 266 waren diese signiferi befasst mit dem „marché […] et plus spécialement de l’importation des denrées destinées au ravitaillement des troupes“; ebenso J. France, Administration and Taxation in the Tariff of Zraia (Numidia) , in: Kritzinger et al. (wie Anm. 29), 111–140, 124: „supervising the ‚military market‘ and the health of the soldiers“); als „kanonischer Teil“ der Fahnenwache (z.B. Rom.Mil.Rec. 50, Kol. I 8–9 [239]), nicht zuletzt „wegen ihrer Funktion in der Verwaltung der bei den Fahnen gelagerten Gelder“, so O. Stoll, Die Fahnenwache in der römischen Armee, ZPE 108 (1995) 107–118, bes. 117; als Einkäufer waffentechnischer Materialien (Stud. Pal. XXII 92; Neuedition: P.Freib. IV, S. 61 [194]); als Abholer von Geldern bzw. Nahrungsmitteln (P.Panop.Beatty 2, 180–196; 245–249; 285–290 [300]). Soweit wir sehen, sind dies die einzigen Belege dafür, dass signiferi (mit einem centurio) entsandt wurden, um Gelder für die Soldaten ihrer Einheit in Empfang zu nehmen; zu den angeführten Beispielen insgesamt s. Stauner (wie Anm. 1) 241 mit Anm. 204.

[52] Hierzu ausführlich Stauner (wie Anm. 20) 56–65.

[53] Stauner (wie Anm. 20) 56–57.

[54] Caes. civ. 3,74: nonnullos signiferos ignominia notavit ac loco movit.

[55] Dig. 49,16,3,1 (Modestinus 4 de poena): Poenae militum huiuscemodi sunt: castigatio, pecuniaria multa, munerum indictio, militiae mutatio, gradus deiectio, ignominiosa missio. nam in metallum aut in opus metalli non dabuntur nec torquentur . Wie eine Herabstufung (militiae mutatio) sieht die Versetzung zweier Soldaten aus der legio II Traiana in die cohors I Augusta praetoria Lusitanorum equitata aus (Rom.Mil.Rec. 64, Kol. II 13–21 [151 bzw. 148]). Ob es aber tatsächlich eine Degradierung war, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen.

[56] Vgl. Veg. mil. 2,19: In den Legionen gab es mehrere Dienststellen (scholae), die lese- und schreibkundige Soldaten (litterati milites) benötigten, weswegen bei der Musterung der Rekruten auch speziell nach Schreib- und Rechenkenntnissen bzw. Erfahrung darin gefragt wurde ( notarum peritia, calculandi computandique usus eligitur). Auf Legionsebene war es also für Claudius Severus kein Problem, Iulius Apollinarius kurzerhand einen Posten als librarius zu geben. War hierfür möglicherweise eine (chronische) personelle Unterbesetzung in den Schreib­stuben der Grund dafür? K. Stauner, Das offizielle Schriftwesen des römischen Heeres von Augustus bis Gallienus (27 v.Chr.–268 n.Chr.). Eine Untersuchung zu Struktur, Funktion und Bedeutung der offiziellen militärischen Verwaltungsdokumentation und zu deren Schreibern , Bonn 2004, 15–16, 156, 162.

[57] Auch bei H. J. Mason 1974, Greek Terms for Roman Institutions. A Lexicon and Analysis , Toronto 1974, 93 s.v. τόπος findet sich nichts Passendes.

[58] Figurativ: HA Comm. 1,8: iam in his artifex, quae stationis imperatoriae non erant, ut calices fingeret, saltaret, cantaret, sibilaret ; HA Alb. 2,3: … ut sibi parent stationis Augustae procurationem. Lokal: Suet. Aug. 24: centuriones statione deserta […]puniit; Dig. 49,16,3,5 (Modestinus): qui stationis munus relinquit, plus quam emansor est; CIL VIII 2532 Ab = 18042 Ab: diversae stationes vos distinent; nach J.-F. Berthet, J.-M. Lassère, Y. Le Bohec, C. Wolff, Les inscriptions: établissement du texte, in: Y. Le Bohec (Hrsg.), Les discours d’Hadrien à l’armée d’Afrique, Exercitatio, Paris 2003, 79–114, bes. 83 handelt es sich um „‹garnisons› détachées du camp principal, ‹postes de garde›, ‹centres de contrôle›“; vgl. Le Bohec (wie Anm. 51) 112, 186; zu Hadrians Ansprache an die Truppen in Afrika: Y. Le Bohec (Hrsg.), Les discours d’Hadrien à l’armée d’Afrique, Exercitatio, Paris 2003; M. P. Speidel, Emperor Hadrian’s speeches to the African Army – a new Text , Mainz 2006. Zum Bedeutungsspektrum von statio s.a. J. Ott, Die Beneficiarier. Untersuchungen zu ihrer Stellung innerhalb der Rangordnung des römischen Heeres und zu ihrer Funktion , Stuttgart 1995, 85–86 mit Beispielen. Vgl. P. Mich. VIII 472, 11–13: rogo, domine, digner[i]s mihi rescribere ubi constas [ut i]bi te possi[m inv]enire c[el]er[iu]s . Das Verb constare wird hier im Sinne von „stationiert sein“ gebraucht („deign to write me where you are stationed“, P.Mich. VIII, S. 43). Zu statio s. zuletzt France, Nelis-Clément (wie Anm. 50), zu statio/stationarii in der Prinzipatszeit/späten Kaiserzeit J. Nelis-Clément, M. F. Petraccia in: Y. Le Bohec (Hrsg.) The Encyclopedia of the Roman Army I–III, Malden, MA 2015, 925–927.

[59] CIL VIII 17628 = 10717 = CBFIR 755 (Numidia, Vazaivi, severisch):b(ene)f(iciarius) co(n)s(ularis) […] cum suis exacta sta(tione); CIL VIII 17634 = 10723 = CBFIR 752 (Numidia, Vazaivi; 2.–3. Jh.): b(ene)f(iciarius) [et] exceptores [ex]pleta statione cum suis omnibus ; AE 1974, 446 = CBFIR 63 (Germania inf.; Köln; 177–192):b(ene)f(iciarius) co(n)s(ularis) […] emerita statione{m}. Vgl. AE 1911, 121 = AE 1996, 1647 (Aegyptus, Koptos [Al-Muwayh]): feci stationi(!) me(n)ses quinque. CIL XIV 4526 = AE 1889, 129 (Ostia; Angehörige der vigiles): stationem [fe]cimus(?) principi(i)s dieru(m) XXX.

[60] CIL XIII 11989 = CBFIR 80 (Germania inf., Nettersheim; 2.–3. Jh.). Weitere Belege für die verschiedenen Ausdrücke mit statio bei Ott (wie Anm. 58) 196 s. v. statio; siehe v.a. 86; CBFIR, S. 817 s.v. statio.

[61] Caes. Gall. 4,32; 5,15; 6,37–38.

[62] Ott (wie Anm. 58) 35, 86. Vgl. P.Ital.1.18–19 A–B = ChLA XXII 718 (Anfang 7. Jh.), 59–60: + Ego Theodosius, v(ir) h(onestus), tabell(io) urb(is) Rom(ae), habens stationem in por­ticum de Subora („öffentlicher Schreiber in der Stadt Rom […], der ich in der Säulenhalle an der Subura […] meinen Stand habe“ [P.Ital. 1, p. 343]); Rom.Mil.Rec. 58 Kol. II 14: stationem a[g]ens– nach A. von Premerstein, Die Buchführung einer ägyptischen Legionsabteilung, Klio 3 (1903) 1–46, bes. 35 „wahrscheinlich der Kommandant eines ständigen Wachdetachements in der Nähe des Lagers“.

[63] Rom.Mil.Rec. 9, 5h, 27h, und weitere Einteilungen zu statio-Diensten. Nach Premerstein (wie Anm. 62) 42–43 bezeichnen (zur Zeit des Papyrus [90–96]) innerhalb des Standlagers stationes solche Wachposten, die sich an wichtigen Punkten befinden und Tag und Nacht besetzt sind.

[64] ThLL 7.2.1576, Z. 35, 60; vgl. 1588, Z. 38.

[65] Tab.Vindol. III 574 (ca. 100–105), 4–5: omnes ad loca qui debunt et inpedimenta; vgl. 575 (ca. 100–105), 577 (ca. 90–100).

[66] P.Vindob. L 4 = Rom.Mil.Rec. 11 bis = ChLA XLIII 1244 (Ende 3. Jh.); vgl. O.Bu Njem 95 (253–259), 3–4: in locum qui dicitur Secedi varias misi teseras(!); s.a. O.Bu Njem 94 (253–259); 147 (253–260).

[67] Rom.Mil.Rec. 64 Kol. II 8–10: militare coepit […] loco Alli(i) Pudentilli. Im Sinne von „anstelle von“, „als Ersatz für“ (auch) in: Rom.Mil.Rec. 89 4, Kol. I 6:q[uoru]m in loco a[l]i[o]s dedi; O.Florida 30 (126–200), 5: misi loco Longini; Caes.Gall. 8,54,3:in eius locum tertiam decimam legionem in Italiammittit; Liv. 29,24,13: in locum eorum subiecit, quos secum ex Italia adduxerat.

[68] Caes. civ. 1,46,4: Q. Fulginius ex primo hastato legionis XIIII, qui propter eximiam virtutem ex inferioribus ordinibus in eum locum pervenerat . — In ILS 9097 = AE 1902, 10 um­schreibt die Wendung qui ad uberiorem locum se transtulerint offenbar die Tatsache der Beför­derung; vgl. A. von Domaszewski, Die Rangordnung des Römischen Heeres (2. durchge­sehene Auflage, mit Einführung, Berichtigungen und Nachträgen von B. Dobson), Köln 21967, 44 Anm. 4.

[69] Die Tatsache, dass die Caesar-Passage und unser Papyrus zeitlich vermutlich weit aus­einanderliegen, dürfte — angesichts der in militärischen Verwaltungsdokumenten konstatier­baren Stabilität in der Verwendung militärischer Termini — unserer Vermutung keinen Abbruch tun, dass locus der richtige lateinische Begriff für unseren τόπος ist.