Bernhard Woytek


Hominem te memento!
Der mahnende Sklave im römischen Triumph und seine Ikonographie[1]

Tafeln 24–32



Kaum ein Ritual hat die Vorstellungen der Modernen von Prunk und Machtdemon­stration im Imperium Romanum so stark geprägt wie der Triumphzug. Daß hinter dem Triumphierenden im currus triumphalis ein Untergebener stand, der den Sieger während seiner Fahrt durch Rom zum Tempel des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus an seine Sterblichkeit erinnerte, beflügelt dabei die menschliche Phantasie seit jeher in besonderem Maße. Dieses Element wurde folglich zu „one of the emblematic trademarks of the triumph“[2] und ist fixer Bestandteil jeder modernen Darstellung des Rituals. Ein im deutschen Sprachraum verbreitetes Einführungswerk zum römischen Triumph sei hier beispielshalber auszugsweise zitiert: Der Feldherr war an seinem Ehrentag in „einen goldbestickten Ornat aus Tunika und Toga (tunica palmata, toga picta)“ gehüllt. „Auf dem Haupt trug der Triumphator den grünen Lorbeerkranz; einen Lorbeerzweig hielt er auch in der rechten Hand, während die Linke das elfenbeinerne Adlerszepter hielt. Um seinen Hals hing als Amulett eine Goldkapsel (bulla). Ein Staatssklave (servus publicus), also ein unfreier Angestellter der Verwaltung, hielt ihm zusätzlich einen großen, schweren Goldkranz über das Haupt, der in den Quellen corona triumphalis, jedoch auch corona Etrusca genannt wird. […] Es war die Aufgabe des Staatssklaven, dem Triumphator immer wieder zu sagen: respice post te, hominem te esse memento. Blick hinter Dich, erinnere Dich

daran, daß Du nur ein Mensch bist.[3]

Die auf diesen Sklaven bezüglichen Details des Triumphzuges — sowie daraus abgeleiteter pompae — erschließen sich uns primär aus den literarischen Quellen. Da die entsprechenden Informationen fast durchwegs en passant in anderen Zusammen­hängen gegeben werden, darum bruchstückhaft und teils recht weit versprengt sind, folgt hier die bisher fehlende Sammlung aller wesentlichen einschlägigen Testimo­nien in Originaltext und Übersetzung, in grobchronologischer Ordnung.[4]

1. Plinius (23/24‒79 n. Chr.), naturalis historia 28,39: quamquam religione tutatur et Fascinus, imperatorum quoque, non solum infantium custos, qui deus inter sacra Romana a Vestalibus colitur, et currus triumphantium, sub his pendens, defendit medicus invidiae, iubetque eosdem respicere (codd.: recipere) similis medicina linguae, ut sit exorata a tergo Fortuna gloriae carnifex.

Freilich behütet nach dem Aberglauben ebenso Fascinus, Schutzherr auch der Feldherren, nicht nur der Kinder, der als Gott im römischen Kult von den Vestalinnen verehrt wird. Er schützt die Wagen der Triumphatoren, unter denen er hängt,[5] als Heiler der Mißgunst, und ähnlich heißt die Triumphatoren das Heilmittel der Sprache sich umzublicken, damit in ihrem Rücken Fortuna, die Henkerin des Ruhms, besänftigt werde.

2. Plinius, naturalis historia 33,11: neque aliis uti mos fuit (sc. anulis) quam qui ex ea causa publice accepissent, volgoque sic triumphabant, et cum corona ex auro Etrusca sustineretur a tergo, anulus tamen in digito ferreus erat aeque triumphantis et servi prae se coronam sustinentis.

Andere Männer aber als diejenigen, die sie aus diesem Grunde [nämlich als Distinktion senatorischer Gesandter im Ausland] vom Staat empfangen hatten, trugen dem Herkommen nach keine Ringe, und gewöhnlich trug man sie auch beim Triumph. Und obwohl die corona Etrusca aus Gold von hinten über ihn gehalten wurde, war doch der Ring am Finger sowohl des Triumphators als auch des Sklaven, der den Kranz vor sich hielt, aus Eisen.

3. Arrian (um 85 ‒ nach 145 n. Chr.), dissertationes Epicteti 3,24,85: ἐὰν παιδίον σαυτοῦ καταφιλῇς, ἐὰν ἀδελφόν, ἐὰν φίλον, μηδέποτε ἐπιδῷς τὴν φαντασίαν εἰς ἅπαν μηδὲ τὴν διάχυσιν ἐάσῃς προελθεῖν ἐφ᾿ ὅσον αὐτὴ θέλει, ἀλλ᾿ ἀντίσπασον, κώλυσον, οἷον οἱ τοῖς θριαμβεύουσιν ἐφεστῶτες ὄπισθεν καὶ ὑπομιμνῄσκοντες, ὅτι ἄνθρωποί εἰσιν. Τοιοῦτόν τι καὶ σὺ ὑπομιμνῇσκε σεαυτόν, ὅτι θνητὸν φιλεῖς.

Wenn Du dein Kind küßt, deinen Bruder oder einen Freund, dann lasse deiner Vorstellung nie völlig freien Lauf und erlaube deiner Freude nicht auszuschweifen, so weit sie will, sondern halte sie zurück, gebiete ihr Einhalt, wie diejenigen, die hinter den Triumphatoren stehen und sie daran erinnern, daß sie Menschen sind. So rufe auch du dir ins Gedächtnis, daß du einen Sterblichen küßt.

4. Iuvenal (1./2. Jhdt. n. Chr.), satura 10,36‒42: quid si vidisset (sc. Democritus) praetorem curribus altis / extantem et medii sublimem pulvere circi / in tunica Iovis et pictae Sarrana ferentem / ex umeris aulaea togae magnaeque coronae / tantum orbem, quanto cervix non sufficit ulla? / quippe tenet sudans hanc publicus, et sibi consul / ne placeat, curru servus portatur eodem.

Was, wenn er (sc. Demokrit) den Praetor erst gesehen hätte, auf hohem Wagen stehend, aufragend mitten im Staub des Circus im Kleid Juppiters, tragend, von den Schultern herab, den wallenden tyrischen Bausch der toga picta und das gewaltige Rund des großen Kranzes, für den ein einziger Nacken nicht genug ist? Den Kranz hält ja schwitzend ein Staatssklave, und damit der Consul nicht selbstgefällig werde, fährt er mit auf demselben Wagen.

5. Tertullian (nach 150 ‒ um 220 n. Chr.), Apologeticus 33,4: Hominem se esse etiam triumphans in illo sublimissimo curru admonetur (sc. imperator); suggeritur enim ei a tergo: „respice post te! hominem te memento!“

Daß er ein Mensch ist, daran wird er (sc. der Kaiser) auch beim Triumph auf seinem hohen Wagen erinnert; zugerufen wird ihm nämlich vom Rücken her: „Schau hinter dich! Denk daran, daß du ein Mensch bist!“

6. Cassius Dio (um 163 ‒ nach 229 n. Chr.), Buch 6, bei Zonaras (11./12. Jhdt.) 7,21,9 (Bd. 1, p. 74 Boiss.): οἰκέτης μέντοι δημόσιος ἐπ᾿ αὐτοῦ παρωχεῖτο τοῦ ἅρματος, τὸν στέφανον τὸν τῶν λίθων τῶν χρυσοδέτων ὑπερανέχων αὐτοῦ, καὶ ἔλεγε πρὸς αὐτόν · “ὀπίσω βλέπε,” τὸ κατόπιν δηλαδὴ καὶ τὰ ἐφεξῆς προσκόπει τοῦ βίου, μήδ᾿ ὑπὸ τῶν παρόντων ἐπαρθῇς καὶ ὑπερφρονήσῃς.

Ein Staatssklave fuhr auf seinem Wagen mit, hielt über ihn den mit Steinen be­setzten Goldkranz und sagte zu ihm: „Schau zurück“, offenkundig also: Schaue auf das, was nachkommt, und auf das Folgende in deinem Leben, lasse dich nicht von den gegenwärtigen Umständen emportragen und sei nicht hochmütig.

7. Johannes Tzetzes (ca. 1110‒1180), epistula 97 (an Kaiser Manuel I. Komnenos, Reg. 1143‒1180), mit explizitem Hinweis auf Cassius Dio (Bd. 1, p. 74 Boiss.): οἰκέτης δὲ δημόσιος τοῦ ἅρματος ἑστὼς ὄπισθεν ἀνέχει τὸν στέφανον λέγων ἐκείνῳ πρὸς οὖς · βλέπε καὶ τὸ κατόπιν.

Ein Staatssklave steht hinten auf dem Wagen, hält den Kranz empor und sagt ihm ins Ohr: Schau auch auf das, was nachkommt.

8. Johannes Tzetzes, chiliades 13,51‒53 (Nr. 461), aus Cassius Dio (Bd. 1, p. 74 Boiss.): καὶ πῶς ἐπὶ τοῦ ἅρματος δημόσιος οἰκέτης / ὄπισθεν τούτου ἵσταται τὸν στέφανον ἀνέχων, / καὶ λέγων τούτῳ πρὸς τὸ οὖς · καὶ τὸ κατόπιν βλέπε / πάντα τὸ ἐπιστόλιον ἔχει τὰ τῶν καιρίων.

Und wie der Staatssklave hinter diesem auf dem Wagen steht, den Kranz empor­haltend, und ihm ins Ohr sagt: Schau auch auf das, was nachkommt. All diese wichti­gen Dinge enthält der Brief.

9. Hieronymus (347‒420 n. Chr.), epistola 39,2 (Sp. 468): … in similitudinem triumphantium, quibus in curru retro comes adhaerebat per singulas acclamationes civium, dicens: hominem te esse memento.

… ähnlich wie Triumphatoren, die auf dem Wagen hinten einen ständigen Be­gleiter hatten, der bei den einzelnen Zurufen der Bürger sagte: „Denk daran, daß du ein Mensch bist.“

10. Isidor (um 560‒636 n. Chr.), Etymologiae 18,2,6: Quod vero a carnifice contingebantur (sc. triumphantes) , id esse indicium ut ad tantum fastigium evecti mediocritatis humanae commonerentur.

Was aber das betrifft, daß die Triumphatoren von einem Scharfrichter begleitet wurden, so sei das ein Zeichen dafür, daß die, die zu einer solchen Höhe aufgestiegen waren, an ihre menschliche Mittelmäßigkeit gemahnt wurden.

Wie ersichtlich stammen alle einschlägigen Passagen aus kaiserzeitlicher oder noch späterer Überlieferung. Kein einziger Text enthält die Gesamtheit der Informa­tionen, die einer modernen Standard-Rekonstruktion wie der eingangs zitierten zugrundeliegen, sondern diese beruht vielmehr auf einer Kombination mehrerer Stellen. Daß Isidor von Sevilla (Testimonium 10), der die Triumphatoren von einem Henker begleitet sein läßt, lediglich die äußerst ungewöhnlich bildhaft formulierte Plinius-Stelle über Fascinus (Testimonium 1) mißverstanden hat, ist längst erkannt.[6] Spezifisch als Staatssklaven identifiziert den Begleiter des Triumphators nur Cassius Dio (bei Zonaras, Testimonium 6, und Tzetzes, Testimonia 7‒8: jeweils οἰκέτης δημόσιος); Iuvenal (Testimonium 4) nennt ebenfalls einen publicus servus, jedoch beschreibt er keinen Triumphzug, sondern eine diesem stark angenäherte pompa circensis.[7] Für Plinius ist der Begleiter des Triumphators schlicht ein servus (Testimo­nium 2), für Hieronymus unspezifisch ein comes (Testimonium 9), in den anderen Passagen bleibt die Person unbezeichnet. Über ihre Ausstattung erfahren wir in den Textquellen nur, daß sie — gleich dem Triumphator — einen eisernen Fingerring trug (Testimonium 2): zweifellos ein magisches Symbol, das mit der bereits genannten bulla um den Hals des Triumphierenden zusammenzusehen ist, welche, wie der Fascinus unter dem currus, die invidia bannen sollte.[8] Etwa die Armbänder der Triumphatoren, von denen wir anderswo hören,[9] dienten offenkundig demselben Zweck.

Die faktische Aufgabe des auf dem Wagen mitfahrenden Sklaven war es, die große und schwere goldene corona triumphalis über das Haupt seines Vordermannes zu halten (vgl. dazu Testimonien 2, 4, 6‒8): daher der Schweiß, von dem Iuvenal spricht.[10] Außerdem kam es ihm zu, die sich aus dieser Aufgabe ergebende große körperliche Nähe zu dem Triumphator dazu zu nützen, ihm ein memento mori ins Ohr zu flüstern. Dieses sollte die unerhörte temporäre Erhöhung des Triumphierenden im Rahmen der Prozession relativieren — zu dessen Schutz vor Unheil, wie Plinius ganz dezidiert sagt (Testimonium 1).[11] Es handelt sich also im Grundsatz ebenfalls um eine magische Handlung, und nicht etwa primär um eine moralisierende Ermahnung.[12] Dieses Element fügt sich somit in hervorragender Weise zu dem ursprünglich kathar­tischen und apotropäischen Gesamtcharakter des Triumphs, den man rekonstruieren kann. [13]

Die ominösen Worte des Sklaven werden nicht in allen oben ausgeschriebenen Primärquellen genannt und sind meist unvollständig zitiert; in einem Falle (Testimo­nium 6) sind sie ausgedeutet. Es ist grundsätzlich unbedingt davon auszugehen, daß es sich um einen seit alter Zeit kanonisierten Spruch handelte. Dazu könnte die Ver­mutung von Erika Simon passen, wonach die Formel — laut dieser Deutung ein weiterer Beleg für die originäre Beziehung zwischen Apollo und dem römischen Triumph — in Rom schon früh unter dem Einfluß delphischer Ethik entstanden und als eine Art römischer Umschreibung des berühmten Gebotes zur Selbsterkenntnis „γνῶθι σεαυτόν“ zu verstehen sei.[14]

Die allem Anschein nach vollständige, auch in der Sekundärliteratur mehrheitlich rezipierte Fassung der Formel bietet überraschender Weise nur der im übrigen nicht ins Detail gehende Tertullian (Testimonium 5), der den Sklaven — wohlgemerkt a tergo — sagen läßt:Respice post te! Hominem te memento! Arrian (Testimonium 3: ὑπομιμνῄσκοντες, ὅτι ἄνθρωποί εἰσιν) sowie Hieronymus (Testimonium 9: hominem te esse memento) bewahren lediglich den zweiten Teil dieser Formel, wogegen Plinius (Testimonium 1: iubetque eosdem respicere) und die auf Cassius Dio basierende Tradition (Testimonia 6‒8) nur die Aufforderung überliefern, „zurückzublicken.“ Unter den Autoren der letzteren Gruppe erfolgt die ausführlichste Behandlung bei Zonaras, der das „Schau nach hinten!“ übertragen nimmt und erklärt, die Worte des Sklaven sollten den Triumphator bestimmen, im Moment höchsten Glücks auch an die folgende, ,nachkommende‘ Zeit seines Lebens zu denken (καὶ τὰ ἐφεξῆς προσκόπει τοῦ βίου) und nicht übermütig zu werden. Diese metaphorische Deutung entspricht jedoch sicherlich nicht dem ursprünglichen Sinn der Formel. Sie ist im Gegenteil ganz konkret zu nehmen: Der Triumphator wurde aufgefordert, zu dem unmittelbar hinter ihm stehenden und zu ihm sprechenden Sklaven zurückzublicken, also dem Menschen, der ihm von allen Teilnehmern der Prozession körperlich am nächsten war, um im Angesicht des Dieners seiner eigenen Menschlichkeit gewahr zu werden. [15] Der Umstand, daß der Triumphierende aus praktischen und wohl auch religiösen Gründen dieser Aufforderung während der Prozession kaum nachkommen konnte und vermutlich meist statuenartig starr nach vorne blickte, wie Thomas Köves-Zulauf festgehalten hat,[16] tut dabei nichts zur Sache. Der von Köves-Zulauf aus seiner Beobachtung entwickelten Hypothese, wonach das Respice post te! eine spätere Entstellung der ursprünglichen Formel sei, zu der es erst zwischen dem Ende des ersten und dem Ende des zweiten Jahrhunderts gekommen wäre, kann ich mich nicht anschließen.[17]

Angesichts der Vielzahl antiker bildlicher Darstellungen römischer Triumphzüge und verwandter pompae ist es nun zweifellos überaus bemerkenswert, daß der im Wagen mitfahrende Sklave kaum jemals abgebildet worden zu sein scheint — jeden­falls so selten, daß bis in jüngste Zeit sogar gelegentlich irrig von einem gänzlichen Fehlen einschlägiger Darstellungen ausgegangen wurde.[18] Die folgenden drei antiken Bildquellen für den Sklaven werden in der archäologischen Literatur genannt.[19]

Das älteste Zeugnis ist der silberne sogenannte Tiberius-Becher des Schatzfundes von Boscoreale, der in spätaugusteischer Zeit entstanden sein dürfte und heute im Louvre aufbewahrt wird. Er zeigt auf einer Seite eine Opferszene, auf der anderen aber die detailreiche Darstellung eines Triumphzuges, nämlich eines der Triumphe des Tiberius — nach der mich überzeugenden Argumentation Ann Kuttners war es wahrscheinlich der Triumphzug de Germanis des Jahres 7 v. Chr.[20] (Abb. 1‒2). Die Vermutung, daß es sich bei dem Relief des Prunkbechers um eine Kopie nach einem Staatsrelief der großen Kunst handelt, liegt nahe.[21] Man sieht hier hinter dem Trium­phator einen mit Tunica und einem wulstartig um die Hüfte geschlungenen Gewand bekleideten Mann, der sich von allen anderen Teilnehmern am Triumphzug dadurch unterscheidet, daß er unbekränzt ist. Er hält dem Tiberius von hinten die Rechte über den Kopf. Angesichts des Umstandes, daß er die große corona Etrusca auf dem Kopf des Tiberius gar nicht zu berühren scheint, sieht Bergmann hier zu Recht eine „etwas verunglückte Darstellung der Bekränzung des Triumphators“ durch den Staats­sklaven.[22]

Im Jahre 1987 veröffentlichte Luisa Musso ein 1967 in Palestrina entdecktes und im dortigen Museum befindliches, leider fragmentiertes Marmorrelief der hohen Kaiserzeit, das eine Prozession zeigt (Abb. 3): Ein in einer Quadriga nach rechts fahrender Mann trägt einen mächtigen edelsteinbesetzten Kranz, den ein hinter ihm im Wagen stehender, kleiner dargestellter Begleiter (in eine Tunica gekleidet) hält; Liktoren begleiten die Prozession. Die Erstherausgeberin identifizierte die Haupt­person der Darstellung, die sie als Triumphszene interpretierte, als Kaiser Traian und vermutete, das Relief könnte den postumen Parthertriumph dieses Herrschers im Jahre 117 n. Chr. abbilden.[23] Die Mehrzahl der späteren Bearbeiter akzeptierte Mussos Identifikation des Wagenfahrers als Traian und der Szene als pompa triumphalis. [24] So auch Nadia Agnoli, der wir die wichtige Entdeckung verdanken, daß das Relief Teil des Grabmals einer bedeutenden Persönlichkeit der traianischen Zeit gewesen sein muß, nämlich des Q. Fabius Postuminus, dessen an demselben Orte wie das Relief gefundene monumentale Inschrift CIL XIV, 2933 bereits seit 1840 bekannt ist.[25] Postuminus, der auch aus einigen weiteren Inschriften, einem provinzialen Münztyp und aus Plin. ep. 9,13,13 bekannt ist, war 96 n. Chr. Suffektconsul, ca. 102‒104legatus Augusti pro praetore in Moesia inferior und 112 Proconsul von Asia, bevor er während des traianischen Partherkriegspraefectus urbi wurde, was einen besonderen Vertrauensbeweis des abwesenden Kaisers darstellte. [26] Die Abbildung eines Triumphes im privaten Funeralkontext überrascht; Karl Strobel wollte sie erklären, indem er das Relief nicht mit dem postumen Parthertriumph, sondern mit dem zweiten Dakertriumph des Kaisers im Jahr 107 n. Chr. verband, bei dem Postuminus — der vielleicht im Stab des Kaisers an dem Dakerkrieg teilgenommen hatte — zweifellos persönlich anwesend war. [27]

Gegen die Deutung des Praenestiner Reliefs als Darstellung eines Traiantriumphes erhob jüngst jedoch Birgit Bergmann gewichtige Einwände. Sie wies darauf hin, daß der Mann in der Quadriga zwar in der Linken ein Szepter hält, in der rechten Hand aber keinen Lorbeerzweig, wie es für Triumphatoren laut Ausweis der literarischen wie auch der sicheren bildlichen Quellen üblich war,[28] sondern daß er die Rechte mit der offenen Handfläche nach oben vor den Körper hält. Weiters bemerkte Bergmann unter anderem, daß auf dem Relief außer der Hauptperson niemand einen Kranz trägt: Dies steht im Widerspruch zu der Aussage mehrerer Textquellen, daß alle Teilnehmer an einem Triumphzug bekränzt waren, [29] was ja auch durch die Triumphdarstellung des Tiberius-Bechers von Boscoreale und viele weitere Bildwerke bestätigt wird. Schließlich wies Bergmann auch darauf hin, daß die Physiognomie und die Frisur des ,Triumphators‘ zwar Ähnlichkeiten mit Traian erkennen lasse, aber keineswegs zu einer Identifikation des Dargestellten mit diesem zwinge, da es sich auch um eine bloße Angleichung an das Herrscherbildnis und somit um ein ,Zeitgesicht‘ handeln könnte. Sie schloß aus diesen und weiteren Beobachtungen, daß das Praenestiner Relief keinen kaiserlichen Triumphzug zeigt, sondern vielmehr eine Prozession, in deren Mittelpunkt der Grabinhaber Q. Fabius Postuminus stand — vielleicht einen processus consularis,[30] der sich ja aus dem Triumphzug entwickelt hatte. [31]

Diese Vermutung läßt sich durch ein zusätzliches typologisches Argument unter­mauern. In der kaiserlichen Münzprägung erscheint nämlich ab Antoninus Pius ge­legentlich die Abbildung einer Quadriga, deren Insasse lediglich in der Linken ein Adlerszepter hält, die leere Rechte aber mit der Handfläche nach oben ausstreckt (vgl. Abb. 4): Dabei handelt es sich um Darstellungen eines kaiserlichen processus consularis. [32] Wie nicht zuletzt auch die von Richard Delbrueck veröffentlichten severischen Schildpattreliefs zeigen, auf denen der Herausgeber Abbildungen des processus consularis des Geta im Jahre 208 n. Chr. erkannt hat, [33] konnten Gestik und Attribut (in) der rechten Hand des Wagenfahrers also offenkundig ein typologisches Unterscheidungsmerkmal zwischen dem Triumphzug und dem Consularaufzug sein. Während der Triumphator stets den Lorbeerzweig hielt, streckte der Consul oft die leere Hand nach vor.[34] Das Relief aus Praeneste belegt also mit hoher Wahr­schein­lichkeit die Präsenz eines Sklaven als Kranzhalter bei einem nicht-kaiserlichen pro­cessus consularis des Jahres 96 n. Chr.

Der dritte und letzte in der archäologischen Literatur zitierte Beleg für die Präsenz eines Sklaven als Kranzhalter stammt eindeutig nicht aus triumphalem Zusammen­hang. Es handelt sich um das heute verlorene sogenannte Zirkusrelief Maffei aus der Prinzipatsperiode, das lediglich in frühneuzeitlichen Bildzeugnissen überliefert ist, nämlich auf einem Stich von Étienne Dupérac (†1604) sowie einer Zeichnung im Codex Vaticanus Latinus 3439 aus dem 16. Jhdt. (Abb. 5, Ausschnitt; die obere Ver­sion ist der Stich).[35] Wir sehen eine Darstellung des Circus maximus, die von einer detaillierten Wiedergabe der zahlreichen Monumente auf der spina beherrscht wird. Am rechten Rand des fragmentierten Reliefs fährt ein Mann mit Gerte (?) in der Rechten in einer biga nach rechts; ein hinter ihm im Wagen stehender, kleiner darge­stellter Mann in der Tunica hält ihm einen Kranz über den Kopf. Es handelt sich bei dem Fahrer nach übereinstimmender Interpretation der modernen Bearbeiter um den Spielgeber, der rechts von einer jubelnden Menge begrüßt wird;[36] die pompa circensis selbst fehlt in der Darstellung eigenartiger Weise.

Der Tiberius-Becher aus dem Schatz von Boscoreale ist somit von den drei be­sprochenen Bildwerken das einzige, das einen Staatssklaven im Rahmen der Dar­stellung eines Triumphzuges abbildet. Angesichts der hohen Gesamtzahl von Bildern von Triumphzügen oder Triumphalquadrigen in der römischen Kunst ist das im höchsten Maße merkwürdig. Mit Ausnahme des beschriebenen Silberbechers zeigen die Bildzeugnisse den Triumphator sämtlich entweder allein in der Quadriga, oder Victoria nimmt den Platz des Sklaven hinter dem Feldherrn ein und bekränzt diesen. Das bekannteste Beispiel für letztere Variante in der großen Kunst ist wohl das Triumphatorrelief des Titusbogens in Rom.[37] Ein an die Sterblichkeit gemahnender menschlicher Begleiter des Triumphierenden, der diesen vor Überheblichkeit be­wahren und vor invidia schützen sollte, wurde also in der Staatskunst oft durch die Siegesgöttin ersetzt, was den Triumphator in ikonographischer Hinsicht noch zu­sätzlich erhöhte.

Das a priori rätselhafte, annähernd völlige Fehlen des Sklaven in der römischen Triumphbildtradition und die Wahl seiner göttlichen Stellvertreterin beschäftigt die Wissenschaft seit geraumer Zeit. Der radikale Versuch von Konrad Kraft, das Auf­treten der Victoria in der römischen Kunst von der Präsenz des Sklaven in der Realität römischer Triumphzüge zu entkoppeln und sie nicht als ikonographischen Ersatz des servus publicus zu begreifen, sondern als Produkt griechischer Bildtraditionen,[38] wurde von Tonio Hölscher als gescheitert erwiesen. [39] Dieser bestätigte im Gegenteil, daß sehr wohl eine bewußte Ersetzung vorliegt, und es gelang ihm auch, diese über­zeugend in Grundtendenzen der römischen Kunst einzuordnen. Eine tatsächlich handelnde Person wurde durch eine göttliche Personifikation ersetzt, an die Stelle einer konkreten Abbildung trat somit eine symbolische Darstellung. Mit der Ab­bildung der Victoria als Teilnehmerin am Triumphzug wurde ein Aspekt des Rituals, nämlich der der Siegesfeier, zusätzlich unterstrichen.[40] Dieser Vorgang impliziert eine beachtliche Abstraktion, die Hölscher jedoch auch anderweitig als für die römische Repräsentationskunst ab der späten Republik charakteristisch erwiesen hat.[41]

Die „Sublimierung der konkreten Gestalt […] zu einer allegorischen Figur“[42] drängte sich im konkreten Fall für Werke der Staatskunst offenkundig deshalb auf, weil das unmittelbare physische Nebeneinander des erhabenen Triumphators und des sudans publicus servus, um Iuvenals Worte aufzunehmen (vgl. oben Testimonium 4), vielfach als irritierend empfunden wurde. Andreas Alföldi hat sehr zu Recht „die Verachtung des Sklavenstandes“ für die Eliminierung des Staatssklaven aus der Szene verantwortlich gemacht. [43]

Warum in Staatsreliefs die Wahl der allegorischen Figur zum Sklavenersatz auf Victoria fiel, bedarf in semantischer Perspektive kaum einer weiteren Begründung. Es sei jedoch angeführt, daß Flavius Josephus für den jüdischen Triumph des Vespasian und des Titus berichtet, nach den herausragenden Beutestücken aus Jerusalem seien mehrere Goldelfenbein-Statuen der Victoria im Triumphzug mitgetragen worden. [44] Wenn das allgemeine Praxis beim Triumph war, mag dies auch die Wahl der ,Ersatz-Ikonographie‘ für den Sklaven mit angeregt haben. Die bildliche Assoziierung des Triumphators mit der Victoria wurde von den Römern der Kaiserzeit jedenfalls bis in die früheste Periode ihres Staates rückprojiziert. Plutarch schildert nämlich in seiner Romulus-Biographie, wie der Stadtgründer nach der Eroberung von Cameria in Latium als Beute unter anderem ein bronzenes Viergespann nach Rom brachte, es im Heiligtum des Vulkan aufstellte und um seine eigene Statue ergänzte, die ihn von der Victoria bekränzt zeigte.[45] Daß diese Überlieferung ahistorisch sein muß, versteht sich von selbst.

Was die numismatische Dokumentation zum römischen Triumph betrifft, so zeigt deren Analyse, daß die ikonographische Zusammenstellung von einem menschlichen Triumphator und der Siegesgöttin dort auf das erste vorchristliche Jahrhundert zurückgeht. Die früheste Darstellung eines historischen Triumphs im republi­kanischen Münzbild überhaupt, nämlich die aus Anlaß der Feier seiner Siege über die Kimbern und Teutonen im Jahre 101 v. Chr. erfolgte Abbildung des Marius in der Triumphalquadriga auf RRC 326/1 (Abb. 6), kommt noch ohne Siegesgöttin aus, doch bereits die ,Triumphalprägungen‘ sowohl des Sulla (RRC 367/4 in Abb. 7) als auch des Pompeius (RRC 402/1b in Abb. 8) zeigen eine über den Pferden der Quadriga fliegende Victoria. Ikonographisches Vorbild dieser Komposition sind natürlich die berühmten sizilischen Prägungen der klassischen Zeit mit einer im Wettrennen sieg­reichen Quadriga, über der Nike schwebt.[46] Auf der inhaltlichen Ebene kann das Auf­treten der Siegesgöttin im triumphalen Zusammenhang just unter Sulla kaum über­raschen, nahm dieser doch ein spezifisches Wirken der Göttin für sich selbst in Anspruch, was sich unter anderem in der Einrichtung der ludi Victoriae Sullanae durch den Dictator zur Erinnerung an den Sieg vor der Porta Collina über die Samniten am 1. November 82 v. Chr. niederschlug.[47]

Als (Bei-)Fahrerin im Wagen hat Victoria auf römischen Münzen eine noch längere Tradition. Auf der spätesten Gruppe römischer Didrachmen aus der zweiten Hälfte des dritten Jhdts. v. Chr., den sogenannten quadrigati, lenkt sie das Vier­gespann, während der blitzschleudernde Iupiter mit Szepter vor ihr im Wagen steht (RRC 28/3 etc., Abb. 9). Auf Denaren zweier Münzmeister des Namens C. Curiatius Trigeminus — wohl Vater und Sohn — aus den 140er bzw. 130er Jahren v. Chr. tritt Victoria schließlich erstmals als Bekränzende in Erscheinung: von hinten hält sie der Wagenlenkerin Iuno einen Kranz zum Kopf (RRC 223/1 und 240/1: Abb. 10‒11).

Bereits in der Münzprägung des Augustus, der die Siegesgöttin bekanntlich in programmatischer Weise mit seiner Person assoziierte, [48] finden wir Victoria dann einmal hinter dem triumphierenden Kaiser im currus, den Sieger bekränzend. Auf Denaren einer westlichen Münzstätte sehen wir eine solche Statuengruppe als Schmuck eines mit Rostren geschmückten Doppelbogens, der auf einem Viadukt steht, zur Legende QVOD VIAE MVN(itae) SVNT (Abb. 12).[49] Diese Form der Darstellung wurde auch in der provinzialen Prägung der augusteischen Zeit rezipiert: Bronzen aus Apameia in Phrygien zeigen auf ihrem Revers Gaius Caesar, der von rechts von Victoria bekränzt wird, in einer frontalen Quadriga (Abb. 13).[50] Die wohl berühmtesten Münzen der augusteischen Zeit, auf denen Victoria den Kaiser be­kränzt, sind freilich die sogenannten Triumphalasse des Jahres 7 v. Chr.: Diese Serie ist mit dem Tiberiustriumph dieses Jahres zu verbinden und zeigt auf ihrem Avers in bemerkenswertem Entwurf hinter dem nach links gewandten Kopf des Augustus eine kleine Figur der Siegesgöttin, deren rechte Hand den Kranz des Kaisers zu halten scheint (Abb. 14).[51] Auch wenn die Göttin hier nicht die corona Etrusca hält, sondern den Lorbeerkranz, setzt diese spezifische Bildschöpfung das ikonographische Konzept der Victoria in der Rolle des Staatssklaven voraus, der den Triumphierenden von hinten bekränzte.

Im übrigen zeigen die augusteischen Reichsmünzen Triumphatoren im Wagen meist ohne Begleiter. Wie bereits in der Republik, bei Sulla und Pompeius, halten die Feldherren entweder nur den Lorbeerzweig — so etwa Augustus selbst auf der wohl stadtrömischen Prägung der IMP CAESAR-Serie (Abb. 15) —, oder Zweig und scipio: In dieser später kanonisierten Form begegnet Tiberius auf dem Revers der Lyoner Prägungen, die seinen Triumph des Jahres 12 n. Chr. feiern (Abb. 16).

Eine der detailreichsten Triumphszenen der gesamten Prinzipatszeit wurde eben­falls in der Münzstätte Lugdunum geprägt, nämlich unter Vespasian im Jahr 71 n. Chr. zur Legende TRIVMP AVG[52] (Abb. 17‒19). Auf diesen Aurei fährt der Kaiser bei seinem jüdischen Triumph mit Szepter und Lorbeerzweig in der Quadriga nach rechts. Über den Pferden ist ein tubicen mit seinem langen Instrument zu sehen: Trompeter sind für Triumphzüge literarisch[53] und bildlich bezeugt, letzteres etwa auf dem bereits zitierten capitolinischen Triumphrelief des Marcus Aurelius. Vor der vespasianischen Quadriga werden zwei Männer gezeigt, nämlich ein bärtiger jüdi­scher Gefangener mit hinter dem Rücken gebundenen Händen, der nach vorne getrie­ben wird, sowie ein Römer im kurzen Gewand, der zum Triumphator zurückblickt. Er steht an derselben Position, unmittelbar vor den Pferden, und hat auch eine ähnliche Körperhaltung wie der Pferdeführer auf dem Relief des Tiberius-Bechers.[54] Aller­dings trägt er im Unterschied zu diesem einen länglichen Gegenstand über der Schulter, der in manchen Katalogwerken zu Unrecht als Speer beschrieben wird: Das Objekt ist dicker und kürzer, es könnten fasces gemeint sein. Die Szene ist somit in vielen Details sehr realistisch gehalten — und trotzdem bekränzt den Triumphator von hinten Victoria, und nicht etwa der Sklave.

Auf den meisten folgenden Triumphbildern der kaiserlichen Reichsprägung sieht man den Kaiser allein im currus triumphalis stehen — etwa auch in der an ein­schlägigen Motiven reichen Münzung Traians, der ja in den Jahren 102 und auch 107 über die Daker triumphierte (vgl. etwa Abb. 20). Ein in Alexandria geprägter traia­nischer Münztyp der ägyptischen Provinzialwährung, der bisher in der wissen­schaftlichen Diskussion zum römischen Triumph keine Rolle spielte, weicht jedoch von diesem Darstellungsschema ab. Es handelt sich um Bronzedrachmen, die in das 17. Regierungsjahr des Kaisers datiert sind (1. September 113 ‒ 31. August 114 n. Chr.). Mir sind zur Zeit drei Exemplare dieses Münztyps bekannt, von denen zwei aus demsel­ben Stempelpaar stammen, nämlich die Nummern b und c des folgenden Kataloges.

a. Münzkabinett der Vatikanischen Museen, Inv. Mt. Imperiali Greche, Aegyptus 266 (Abb. 21). Aus der Sammlung Borgia, erstpubliziert von Zoëga, [55] S. 87f., Traian Nr. 177[56] (Abb. des Rv. dort auf Tf. 5, hier Abb. 22). 16,10g; 1h; 34mm.

b. Numismatisches Museum Athen, Inv. NM 1896/7, 1, 221. Aus der Samm­lung Giovanni di Demetrio, erstpubliziert von Feuardent, [57] S. 64, Nr. 1085[58] (dort nicht abgebildet, hier Abb. 23 und 23a). 21,61g; 12h; 34mm.

c. Auktion Künker (Osnabrück) 182 (14. März 2011), Nr. 645. 26,02g. Abb. 24 u. 24a.

Das in Alexandria für Bronzedrachmen seit dem Jahr 11 Traians (107/108 n. Chr.), als er seinen zweiten Triumph feierte, fast durchgehend verwendete Reversbild mit dem Kaiser, scipio und Zweig haltend, in Quadriga nach rechts,[59] wird auf diesen überaus aufwendig gestalteten Münzen typologisch in zweifacher Hinsicht ange­reichert. Zum einen geschieht das durch ein statuenbekröntes Säulenmonument, das im Hintergrund über den Pferden sichtbar ist und von uns in anderem Zusammenhang näher in den Blick genommen wurde: [60] Die Vermutung, daß die Abbildung dieser Säule ein Reflex der am 12. Mai des Jahres 113 in Rom erfolgten Einweihung der Traianssäule ist, erscheint nicht abwegig. Die zweite, hier vor allem interessierende Bildzutat ist die kleine Figur, die hinter dem Herrscher im Wagen steht und ihn be­kränzt. Auf dem Stück in Athen scheint sie einen Kranz auf dem Kopf zu tragen, doch ist das nicht sicher. Da die Gestalt keine Flügel aufweist, kann es sich nicht um Victoria handeln, und die Deutung als servus publicus ist unausweichlich. [61]

Damit ist dieser provinzialrömische Münztyp Traians neben dem Tiberius-Becher von Boscoreale der zweite antike Bildbeleg überhaupt für den mahnenden Sklaven im Wagen bei einem Triumphzug. Zugleich handelt es sich um den ersten numis­matischen Beleg, mit dem die alte Doktrin, wonach der Staatssklave im römischen Münzbild in Triumphszenen nie auftaucht,[62] falsifiziert erscheint. Die kleine Gestalt auf der traianischen Münze wurde von Georg Zoëga, dem Erstherausgeber des Münztyps, übrigens irrig als Victoria angesprochen, [63] obwohl er das ihm vorliegende, recht schlecht erhaltene Exemplar a unseres Katalogs auf seiner Kupfertafel ganz korrekt wiedergab und die Assistenzfigur ungeflügelt abbildete (vgl. unsere Abb. 22). Das Versehen Zoëgas ist jedoch in psychologischer Hinsicht leicht mit der Ubiquität der Victoria in römischen Darstellungen von Triumphalquadrigen auf Münzen und Reliefs zu erklären. Da die Kombination von Kaiser und Victoria auf dem Wagen gemeinhin als gleichsam unveränderliches „Standardbild“ wahrgenommen wird, unterbleibt bei Vorliegen eines Quadrigenbildes mit zwei Personen im Einzelfall nur allzu leicht eine exakte ikonographische Prüfung der Gestalt hinter dem Kaiser.

Dasselbe kognitive Phänomen liegt offenkundig auch einem weiteren Versehen bei der Ansprache der Assistenzfigur des in einer Quadriga stehenden Kaisers auf einem numismatischen Zeugnis zugrunde. Es geht um einen Typus von Bronze­medaillons des Kaisers Commodus, der durch seine Reverslegende P M TR P XV IMP VIII COS VI P P in die Zeit zwischen 1. Jänner 190 (Antritt des sechsten Consulats) und 10. Dezember 190 (Beginn der 16. tribunicia potestas) datiert ist. Francesco Gnecchi beschreibt in seinem Corpus der römischen Medaillons den Reverstypus wie folgt: „Commodo in quadriga lenta a sinistra, collo scettro, coronato dalla Vittoria. Sul carro un bassorilievo rappresentante una Vittoria con una palma“.[64] In den publizierten Katalogen der Sammlungen, die Exemplare dieses nicht exzessiv seltenen Typs enthalten — bereits Gnecchi verzeichnete insgesamt immerhin acht Stücke mit drei unterschiedlichen Aversvarianten[65] —, wurde die Assistenzfigur eben­falls ausnahmslos als Victoria angesprochen: für das Wiener Stück etwa schon 1779 von Joseph Eckhel,[66] für das Londoner Stück 1874 von Herbert A. Grueber[67] und für das Florentiner Stück jüngst, im Jahr 2011, von einem für die Publikation ver­antwortlichen Autorenteam.[68] Dieser Identifikation schloß sich auch Wolfgang Szaivert in seiner Systemanalyse der Münz- und Medaillonprägung des Commodus an.[69]

Ein Vergleich mehrerer gut erhaltener Exemplare dieses Typs aus zwei unter­schiedlichen Reversstempeln (vgl. Abb. 25‒27) läßt jedoch keinen Zweifel offen: Die kleine Gestalt hinter dem Kaiser hat auf keinem der beiden Stempel Flügel und kann daher nicht Victoria sein. [70] So wie im Falle der alexandrinischen Provinzialbronze Traians muß hier in Wahrheit jeweils ein Staatssklave dargestellt sein. Der Schnitt des Reversstempels, aus dem das Exemplar in London und eines der Stücke in Paris produziert wurden (Abb. 25‒26), ist sorgfältig und läßt die kurzärmelige Tunica des Mannes deutlich erkennen. Hier liegt sicherlich kein Irrtum vor, sondern die Ab­bildung des Sklaven war intendiert.

Ungleich den traianischen Münzen aus Alexandria bilden diese Stücke jedoch keinen Triumphzug ab. Wie spätestens seit Eckhels Behandlung in derDoctrina un­umstritten ist, wird hier der processus consularis des Commodus am 1. Jänner 190 gezeigt; [71] die nach vorne gestreckte Rechte des Kaisers paßt, wie oben besprochen, gut zu dieser Interpretation. Kaiser-Raiß hat herausgearbeitet, daß dieser politisch wichtige, nach dreijähriger diesbezüglicher Pause erfolgte Consulatsantritt, abgesehen von den Medaillons, auch auf Prägungen von mindestens drei weiteren Nomina­lienstufen verewigt wurde. Auf den Aurei, Sesterzen und Assen ist der Sklave weg­gelassen, und nur der Kaiser steht in der Quadriga.[72] Auf einer in Oxford be­findlichen, schlecht erhaltenen Buntmetallprägung im Format etwa einer Mittel­bronze, die Kaiser-Raiß als Abschlag von Stempeln für Gold-Multipla ansieht, ist hinter dem Kaiser im Wagen jedoch wieder eine kleine Gestalt zu erkennen, womit wohl auch hier der Sklave gemeint ist.[73] Ausgehend von diesen Beobachtungen wird es in Zukunft notwendig sein, einschlägige Münzbilder mit größerer Sorgfalt zu untersuchen.

Die kritische Neuanalyse der ikonographischen Dokumentation aus der römischen Kaiserzeit ergibt somit insgesamt nur fünf sichere Darstellungen des auf einem Wagen direkt hinter einem Triumphator, einem Consul oder einem Spielgeber stehen­den servus publicus. Die beiden neu entdeckten numismatischen Belege erweitern das Material mithin substantiell. Nur zwei der fünf Darstellungen entfallen auf einen Triumph, zwei weitere auf einen processus consularis und eine auf eine Circus-Szene. Der älteste Bildbeleg stammt mit dem Tiberius-Becher des Schatzfundes von Boscoreale wohl noch aus augusteischer Zeit, der späteste sicher datierte, die zuletzt besprochenen Medaillons, aus der späten Regierungszeit des Commodus. Zwei der fünf bildlichen Testimonien gehören der traianischen Periode an, eines davon, der Münztyp aus Alexandria in Ägypten, ist bisher der einzige außeritalische Bildbeleg. Da die literarischen Testimonien auch nicht vor Plinius den Älteren zurückreichen, fehlt noch immer ein republikanischer Beleg für den Sklaven.

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Österreichische Akademie der Wissenschaften
Institut für Kulturgeschichte der Antike,
Abteilung Documenta Antiqua
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Bernhard Woytek

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[1] Für wichtige Informationen bzw. die Übermittlung von Bildmaterial danke ich Richard Abdy (London), Eva Apostolou (Athen), Andrew Burnett (London), Eleonora Giampiccolo (Vatikan), Martin Jehne (Dresden), Kathrin Siegl (Wien) und Klaus Vondrovec (Wien).

RIC = The Roman Imperial Coinage, 10 Bde. (z. T. mit Neubearbeitungen), London 1923‒2007.

RPC = Roman Provincial Coinage, London, Paris 1992ff.

RRC = M. H. Crawford, Roman Republican Coinage, 2 Bde., Cambridge 1974.

[2] M. Beard, The Roman Triumph, Cambridge/MA, London 2007, 85. Vgl. dazu etwa auch K.-J. Hölkeskamp,Der Triumph — „erinnere Dich, daß Du ein Mensch bist“, in: E. Stein-Hölkeskamp, K.-J. Hölkeskamp (Hrsg.), Erinnerungsorte der Antike. Die römische Welt, München 2006, 258‒276.

[3] E. Künzl, Der römische Triumph. Siegesfeiern im antiken Rom, München 1988, 87f.

[4] Eine Auflistung der Stellen bei J. Marquardt, Römische Staatsverwaltung, Bd. 22 (be­sorgt von H. Dessau und A. v. Domaszewski), Leipzig 1884, 587‒589 und W. Ehlers, s.v. Triumphus, RE VIIA, 1 (1939), Sp. 493–511, 506f.; Bemerkungen zu einigen Passagen etwa bei Beard, Triumph (Anm. 2) 85‒88.

[5] Unter dem Triumphwagen war ein phallus als apotropäisches Symbol angebracht; diese Passage bildet dafür den einzigen Beleg.

[6] Vgl. dazu Ehlers, Triumphus (Anm. 4) 507; Beard, Triumph (Anm. 2) 87. F. Münzer, Beiträge zur Quellenkritik der Naturgeschichte des Plinius, Berlin 1897, 318 hat überzeugend vermutet, daß diese Plinius-Passage, die „lauter sonst unbekannte Nachrichten bietet“, auf Verrius Flaccus zurückgeht.

[7] Zum Verhältnis zwischen diesen beiden Festzügen vgl. allgemein Künzl, Triumph (Anm. 3) 105 und im Detail H. S. Versnel, Triumphus. An Inquiry into the Origin, Development and Meaning of the Roman Triumph, Leiden 1970, 94‒98 sowie 101‒115.

[8] So Macr. Sat. 1,6,9: bulla gestamen erat triumphantium, quam in triumpho prae se gerebant inclusis intra eam remediis, quae crederent adversus invidiam valentissima .

[9] Zum Beispiel bei Fest. 41 L.: calbeos armillas dicebant, quibus triumphantes utebantur, et quibus ob virtutem milites donabantur. Vgl. auch Zon. 7,21,5 sowie Tzetz. epist. 97 (καὶ βραχιονιστῆρας ἐμβάλλουσι ταῖς χερσὶ) und chil. 13,48 (Nr. 461).

[10] Zu dieser corona vgl. in jüngerer Zeit etwa H. S. Versnel, Red (Herring?). Comments on a New Theory Concerning the Origin of the Triumph, Numen 53 (2006) 290–326, 302f. (gegen J. Rüpke, Triumphator and Ancestor Rituals Between Symbolic Anthropology and Magic, Numen 53 [2006] 251–289, 258).

[11] Dazu Ehlers, Triumphus (Anm. 4) 496: „Das siegreiche Heer überhaupt, besonders aber der Imperator selbst ist an seinem Ehrentage den Dämonen ausgesetzt, die den erhöhten Menschen stets mit verdoppelter Wachsamkeit umlauern. So schützt er sich durch Amulette am Wagen und am eigenen Körper; auch das Purpurkostüm […] hatte ursprünglich vielleicht apo­tropäische Bedeutung, und der Spruch, durch den der hinter ihm stehende Sklave den Feldherrn an seine Ohnmacht als Mensch erinnert, sowie die Spottlieder der Soldaten stehen von Haus aus gleichfalls im Dienst der Abwehr der feindlichen Mächte.“ Dazu auch Künzl, Triumph (Anm. 3) 88: „Unheil mußte vom Triumphator als einem an diesem Tag über menschliches Maß emporgehobenen Menschen abgewandt werden.“

[12] Vgl. dazu Ehlers, Triumphus (Anm. 4) 507: „der Spruch hat ebensowenig wie die An­wesenheit des Sklaven […] pädagogische Absicht, sondern die Worte dienen der Abwehr der feindlichen Mächte: von ihnen droht weniger Gefahr, wenn man die Erhöhung des Menschen abschwächt oder aufhebt“.

[13] Vgl. dazu insgesamt etwa Ehlers, Triumphus (Anm. 4) 495f. und 507, L. Bonfante Warren, Roman Triumphs and Etruscan Kings: The Changing Face of the Triumph, JRS 60 (1970) 49–66, 53f. (bes. unter Verweis auf Festus 104 L.) sowie Versnel, Triumphus (Anm. 7) 70; vgl. dort auch 300 und 384‒390.

[14] So etwa E. Simon, Apollo in Rom, JDAI 93 (1978) 202‒227, 212 und E. Simon, Die Götter der Römer, München 1990, 29; sie stellt die Formel mit der von Q. Fabius Pictor 215 v. Chr., im Jahr nach der Schlacht von Cannae, aus Delphi nach Rom gebrachten Aufforderung des Orakels zusammen, die Livius auf Latein mit „lasciviam a vobis prohibetote“ wiedergibt (Liv. 23,11,3; etwa: „hütet euch vor Überheblichkeit“). Ob diese Interpretation wirklich zutrifft, wage ich nicht zu entscheiden; überaus kritisch dazu Th. Köves-Zulauf, Die Worte des Sklaven an den Triumphator, Antike und Abendland 44 (1998) 78–96, 81f.

[15] J. S. Reid, Roman Ideas of Deity, JRS 6 (1916) 170–184, 181 wollte übrigens unter Hinweis auf die Zonaras-Stelle die Überlieferung, wonach der Sklave den Triumphator an seine Sterblichkeit erinnerte, insgesamt als „a pretty fable of late origin“ erweisen, hat aber zu Recht keinen Glauben gefunden: vgl. Ehlers, Triumphus (Anm. 4) 507 und Köves-Zulauf, Worte (Anm. 14) 79‒81. Auch seine Interpretation der Stelle Plin. n. h. 28,39, wonach das a tergo auf die „songs of the soldiers marching behind the chariot“ zu beziehen sei (Reid, Roman Ideas, 181), erscheint höchst gezwungen.

[16] Er verweist vor allem auf Amm. 16,10,9f. (Einzug des Constantius II. in Rom 356 n. Chr.): Augustus itaque faustis vocibus appellatus non montium litorumque intonante fragore cohorruit, talem se tamque immobilem, qualis in provinciis suis visebatur, ostendens. nam et corpus perhumile curvabat portas ingrediens celsas, et velut collo munito rectam aciem lumi­num tendens nec dextra vultum nec laeva flectebat tamquam figmentum hominis, nec cum rota concuteret nutans, nec spuens aut os aut nasum tergens vel fricans, manumve agitans visus est umquam (Glückverheißende Zurufe begrüßten den Kaiser, und er erschauerte nicht bei dem Widerhall, den Berge und Ufer zurückwarfen, sondern er zeigte sich so unbeweglich, wie man ihn auch in seinen Provinzen sah. Sooft er durch eines der hohen Tore fuhr, bückte er sich, obwohl von kleiner Statur, sonst richtete er wie mit gepanzertem Hals den Blick geradeaus und wandte das Gesicht weder nach rechts noch nach links. Wie ein menschliches Standbild schwankte er nicht, wenn ein Rad einen Stoß verursachte, und er spuckte nicht aus und rieb oder wischte sich nicht die Nase, und nie sah man ihn auch nur eine Hand bewegen [Über­setzung nach W. Seyfarth]).

[17] Köves-Zulauf, Worte (Anm. 14) 87‒90 vermutet, gestützt auf die Textüberlieferung an der Stelle Plin. n. h. 28,39 (oben Testimonium 1), die von dem Sklaven gesprochene Formel habe ursprünglich mit dem Wort Recipe! begonnen, was „Halte deine Pferde zurück!“ bedeutet habe, im Sinne einer praktischen Regieanweisung für den Triumphzug. Diese Deutung erscheint abwegig.

[18] P. J. Holliday, The Origins of Roman Historical Commemoration in the Visual Arts, Cambridge 2002, 29.

[19] Beard, Triumph (Anm. 2) 88 mit Anm. 35 führt unter Verweis auf J. Klein, Die kleineren inschriftlichen Denkmäler des Bonner Provinzialmuseums, BJ 87 (1889) 60–86 auch eine „clay plaque“ unter den visuellen Evidenzen für den Sklaven an; dabei handelt es sich jedoch um ein Versehen, da die von Klein auf S. 85 abgebildete runde Tonplatte hinter dem Triumphierenden eine weibliche Person (Haarknoten!) im langen Gewand zeigt.

[20] A. L. Kuttner, Dynasty and Empire in the Age of Augustus. The Case of the Boscoreale Cups, Berkeley, Los Angeles, Oxford 1995, 152f.; anders P. Zanker, Augustus und die Macht der Bilder, München 1987, 229 (Bezug auf den zweiten Tiberiustriumph). Vgl. insgesamt auch B. Bergmann, Der Kranz des Kaisers. Genese und Bedeutung einer römischen Insignie (Image and Context 6), Berlin, New York 2010, Kat.-Nr. 42, S. 327f.

[21] Zanker, Augustus (Anm. 20) 229; Kuttner, Dynasty (Anm. 20) 151.

[22] Bergmann, Kranz (Anm. 20) 328.

[23] L. Musso, Rilievo con pompa trionfale di Traiano al museo di Palestrina, Bollettino d’Arte 72 (1987) Nr. 46, 1–46, 14f. Zu dem Relief allgemein auch Bergmann, Kranz (Anm. 20) Kat.-Nr. 25, S. 301f.

[24] Vgl. etwa Künzl, Triumph (Anm. 3) 28.

[25] N. Agnoli, Il rilievo con la raffigurazione del trionfo di Traiano e l’iscrizione di Q. Fabius Postuminus, Xenia Antiqua 9 (2000) 21‒46; N. Agnoli, Museo Archeologico Nazionale di Palestrina: Le sculture (Xenia Antiqua. Monografie 10), Rom 2002, 222‒234, bes. 229.

[26] Zu ihm jetzt K. Strobel, Kaiser Traian. Eine Epoche der Weltgeschichte, Regensburg 2010, 151f. mit Anm. 34 und 266.

[27] Strobel, Kaiser Traian (Anm. 26) 151.

[28] Die Textevidenzen bei Ehlers, Triumphus (Anm. 4) 507. Auch die Aurei auf den postumen TRIVMPHVS PARTHICVS Traians zeigen dessenimago übrigens mit Triumphals­zepter und Zweig in der Quadriga: H. Mattingly, Coins of the Roman Empire in the British Museum, Bd. 3: Nerva to Hadrian, London 1936, Hadrian Nr. 47.

[29] Vgl. Ehlers, Triumphus (Anm. 4) 502, unter Verweis auf App. Lib. 66 (ἐστεφάνωνται

μὲν ἅπαντες); vgl. aber auch Liv. 45,38,12 und 45,39,4, Zon. 7,21,8, aus Cass. Dio (Boiss.
p. 74), sowie Fest. 104 L. (s. v. laureati).

[30] Bergmann, Kranz (Anm. 20) 103‒108 sowie 252f. (Anm. 345). Sie stellt das Relief über­zeugend mit dem auch zeitlich eng verwandten Philopappos-Monument in Athen zusam­men: C. Iulius Antiochos Philopappos war ebenfalls Suffektconsul, und das Relief seines Monuments zeigt ihn beim Consularaufzug: vgl. R. Brilliant, Gesture and Rank in Roman Art. The Use of Gestures to Denote Status in Roman Sculpture and Coinage (Memoirs of the Connecticut Academy of Arts and Sciences 14), New Haven 1963, 128.

[31] Vgl. dazu allgemein J. W. Salomonson, Chair, Sceptre and Wreath. Historical Aspects of their Representation on some Roman sepulchral Monuments, Diss. Groningen 1956, 88‒96, sowie A. Alföldi, Die monarchische Repräsentation im römischen Kaiserreiche, Darmstadt 1970, 93‒97. Abwegig dazu die Überlegungen von T. Hölscher, Victoria Romana. Archäo­logische Untersuchungen zur Geschichte und Wesensart der römischen Siegesgöttin von den Anfängen bis zum Ende des 3. Jhs. n. Chr. , Mainz am Rhein 1967, 85.

[32] Das Münzmaterial wurde gesammelt von F. Schmidt-Dick, Typenatlas der römischen Reichsprägung von Augustus bis Aemilianus, Bd. 2: Geographische und männliche Darstel­lungen, Wien 2011, 307‒309 (die die Handhaltung als „liberalitas-indulgentia-Gestus“ be­schreibt) und Tf. 62; vgl. zum Erstauftreten des Typs auch P. Strack, Untersuchungen zur römischen Reichsprägung des zweiten Jahrhunderts. Teil III: Die Reichsprägung zur Zeit des Antoninus Pius, Stuttgart 1937, 65. Zum processus consularis im Münzbild allgemein auch J. M. C. Toynbee, Roman Medallions. With an Introduction to the Reprint Edition by W. E. Metcalf, ND New York 1986 (ursprünglich 1944), 83‒89.

[33] R. Delbrueck, Severische Schildpattreliefs, BJ 139 (1934) 50–53, 52 (vgl. 51: „die rechte Hand zum Gruße ausgestreckt“).

[34] Verunklärend ist die Behandlung dieses Punktes bei Brilliant, Gesture (Anm. 30) 178.

[35] G. Rodenwaldt, Römische Reliefs, Vorstufen zur Spätantike, JDAI 55 (1940) 12–43, 24‒26; Bergmann, Kranz (Anm. 20) 291f., Kat.-Nr. 16. Zu der Zeichnung (sowie ihren Vor­lagen) und dem Monument insgesamt genauer F. Bernstein, Ludi publici. Untersuchungen zur Entstehung und Entwicklung der öffentlichen Spiele im republikanischen Rom (Historia Einzel­schriften 119), Stuttgart 1998, 55‒57, der — im Gegensatz zu Rodenwaldt und Bergmann — eine Abhängigkeit des Stiches von der Zeichnung postuliert.

[36] Zur Verwendung einer biga durch einen praetorischen Spielgeber vgl. auch die Notiz bei Plin. nat. 34,20.

[37] M. Pfanner, Der Titusbogen. Mit einer Bauaufnahme von Ulrike Hess und Fotografien von Helmut Schwanke (Beiträge zur Erschließung hellenistischer und kaiserzeitlicher Skulptur 2), Mainz am Rhein 1983, 65‒71 und Tf. 45ff.; Abb. auch bei Künzl, Triumph (Anm. 3) 23 sowie Bergmann, Kranz (Anm. 20) 92f. Vgl. auch das im Stiegenhaus des Palazzo dei Conser­vatori auf dem Capitol eingemauerte Triumphrelief Mark Aurels, Bergmann, Kranz (Anm. 20) 314 (wo Victoria allerdings hinter dem Kaiser schwebt).

[38] K. Kraft, Der goldene Kranz Caesars und der Kampf um die Entlarvung des „Tyrannen“, JNG 3‒4 (1952/53) 7–97, 37, Anm. 176: „Die hinter dem Kaiser stehende Victoria […] hat natürlich mit dem Sklaven und dem Goldkranz nichts zu tun, sondern stammt aus ältester griechischer Tradition.“

[39] Hölscher, Victoria Romana (Anm. 31) 83f.

[40] Hölscher, Victoria Romana (Anm. 31) 84.

[41] Vgl. etwa T. Hölscher, Die Geschichtsauffassung in der römischen Repräsentations­kunst, JDAI 95 (1980) 265‒321, bes. 273‒281.

[42] So anschaulich Köves-Zulauf, Worte (Anm. 14) 80, Anm. 15.

[43] A. Alföldi †, Caesar in 44 v. Chr., Bd. 1: Studien zu Caesars Monarchie und ihren Wurzeln, aus dem Nachlass herausgegeben von H. Wolff, E. Alföldi-Rosenbaum, G. Stumpf (Antiquitas Reihe 3, Bd. 16), Bonn 1985, 154.

[44] Ios. bell. Iud. 7,5,5 (§151): ἐπὶ τούτοις παρῄεσαν πολλοὶ Νίκης ἀγάλματα κομίζοντες· ἐξ ἐλέφαντος δ᾽ ἦν πάντων καὶ χρυσοῦ ἡ κατασκευή (Danach gingen viele Männer mit Statuen der Victoria vorbei, die ganz aus Elfenbein und Gold waren).

[45] Plut. Romul. 24,5: ἐν δὲ τοῖς ἄλλοις λαφύροις καὶ χαλκοῦν ἐκόμισε τέθριππον ἐκ Καμερίας· τοῦτο δ᾿ ἀνέστησεν ἐν τῷ ἱερῷ τοῦ Ἡφαίστου, ποιησάμενος ἑαυτὸν ὑπὸ Νίκης στεφανούμενον (Unter den anderen Beutestücken brachte er auch eine Quadriga aus Bronze aus Cameria. Diese stellte er im Heiligtum des Hephaistos auf und setzte ein Bild von sich selbst, durch Nike bekränzt, hinzu.) Vgl. dazu auch Dion. Hal. 2,54,2 (der Romulus für den Sieg einen Triumph zuschreibt) mit M. Sehlmeyer, Stadtrömische Ehrenstatuen der republikanischen Zeit. Historizität und Kontext von Symbolen nobilitären Standesbewusstseins (Historia Einzel­schriften 130), Stuttgart 1999, 74‒76 (ohne Berücksichtigung der zitierten Passage bei Plutarch).

[46] Dazu allgemein W. Fischer-Bossert, The coinage of Sicily, in: W. E. Metcalf (Hrsg.), The Oxford Handbook of Greek and Roman Coinage, Oxford 2012, 142–156, 146‒150.

[47] Vell. 2,27,6. Vgl. dazu Hölscher, Victoria Romana (Anm. 31) 142‒147, Bernstein, Ludi publici (Anm. 35) 314‒326, sowie Ch. S. Mackay, Sulla and the Monuments: Studies in his Public Persona, Historia 49 (2000) 161–210, 194f.

[48] Dazu Hölscher, Victoria Romana (Anm. 31) 159‒164.

[49] C. H. V. Sutherland, RIC, Bd. 1: From 31 BC to AD 69, London 21984, Augustus Nr. 144‒145; vgl. dazu auch Nr. 140‒143 und Nr. 360‒362. Zur Sache: Cass. Dio 53,22,1f. und
R. Gest. div. Aug. 20,5 mit dem Kommentar von J. Scheid, Res gestae divi Augusti. Hauts faits du divin Auguste. Texte établi et traduit par J. S., Paris 2007, 60.

[50] A. M. Burnett, M. Amandry, P. P. Ripollès, RPC, Bd. 1: From the death of Caesar to the death of Vitellius (44 BC – AD 69), 2 Teile, London, Paris 1992, Nr. 3129 (wo die Victoria irrtümlich nicht beschrieben wird); vgl. dazu Hölscher, Victoria Romana (Anm. 31) 87.

[51] Vgl. zu der Gruppe Sutherland (Anm. 49) 33 und 75f.

[52] I. A. Carradice, T. V. Buttrey, RIC, Bd. 2 – Teil 1. Second fully revised edition. From AD 69–96. Vespasian to Domitian, London 2007, Vespasian Nr. 1127.

[53] Belege bei Ehlers, Triumphus (Anm. 4) 503.

[54] Kuttner, Dynasty (Anm. 20) 143.

[55] G. Zoëga, Numi Aegyptii imperatorii prostantes in Museo Borgiano Velitris adiectis praeterea quotquot reliqua huius classis numismata ex variis museis atque libris colligere obtigit , Rom 1787.

[56] Danach aufgeführt bei T. E. Mionnet, Description de médailles antiques, grecques et romaines. Avec leur degré de rareté et leur estimation […], Bd. 6, Paris 1813, S. 131, Nr. 745.

[57] F. Feuardent, Collections Giovanni di Demetrio. Numismatique. Égypte ancienne. Deuxième partie: Domination romaine, Paris 1872.

[58] Danach der Eintrag bei K. Emmett, Alexandrian Coins, Lodi/Wisconsin 2001, S. 35, Nr. 461 (mit dem Nachweis S. 237).

[59] Vgl. dazu J. Vogt, Die alexandrinischen Münzen. Grundlegung einer alexandrinischen Kaisergeschichte, 2 Bde., Stuttgart 1924, Bd. 2, Nachweise auf 27‒36 und 39; Abb. bei A. Savio (Hrsg.), Numi Augg. Alexandrini. Catalogo della collezione Dattari. 380 tavole intro­duzione supplemento e bibliografia, Triest 2007, Tf. 29‒30 (Jahre 11‒16, Jahr 20).

[60] Vgl. B. Woytek, Säulenmonumente im antiken Münzbild: Die numismatische Evidenz zur Traianssäule im Kontext, in: F. Mitthof, G. Schörner (Hrsg.), Columna Traiani. Trajanssäule — Siegesmonument und Kriegsbericht in Bildern, Wien (im Druck).

[61] Es sei hier darauf aufmerksam gemacht, daß dieser alexandrinische Münztyp des Jahres 17 einige traianische Bronzedrachmen aus Alexandria mit Datierung in das Jahr 20, als die Darstellung des Kaisers in Triumphalquadriga wieder aufgenommen wurde, beeinflußt zu haben scheint. Die Prägungen des Jahres 20 zeigen den Kaiser in der Quadriga teils mit Assistenzfigur, die zwar manchmal einen angedeuteten Flügel hat (so etwa Savio,Numi Augg. [Anm. 59] Supplement, Tf. 2, Nr. 12), in anderen Fällen aber wohl nicht: vgl. das Londoner Exemplar (R. S. Poole, Catalogue of the Coins of Alexandria and the Nomes [in the British Museum], London 1892, 62, Nr. 524) oder ein stempelgleiches Stück der Sammlung Schür­mann (jetzt Amsterdam). Auch auf diesen beiden Münzen ist somit wohl der Sklave gemeint, wenngleich die Erhaltung der Stücke kein absolut sicheres Urteil zuläßt.

[62] Vgl. K. Regling, Triumphator und Triumph, in: F. Frhr. v. Schrötter (Hrsg.), Wörter­buch der Münzkunde, Berlin, Leipzig 1930 ( 21970), 705f., 705.

[63] Zoëga, Numi Aegyptii (Anm. 55) 87: „Quadrigae lentae, quibus vehitur imperator togatus d. ramum, s. sceptrum, adstante retro Victoria cum corona.“ Joseph Vogt und Felix

Feuardent übergingen die kleine hinter Traian stehende Gestalt mit Schweigen.

[64] F. Gnecchi, I medaglioni romani, Bd. 2: Bronzo. Parte prima — Gran modulo, Mailand 1912, 63, Nr. 103.

[65] Gnecchi, Medaglioni (Anm. 64) 63, Nr. 103‒105 (der Eintrag S. 69, Nr. 160 ist fehler­haft; hier wurde das P M am Beginn der Reverslegende des Wiener Belegstücks nicht transkri­biert). Weitere Belege für den Typ im Münzhandel: Jacob Hirsch Auktion 31 (6. 5. 1912: Gutekunst, Niess, Barron), Nr. 1460 (59,05g) = Numismatik Lanz Auktion 94 (22. 11. 1999: Benz), Nr. 673; Gorny & Mosch Auktion 125 (13. 10. 2003), Nr. 515 (55,92g; im Rahmen).

[66] J. Eckhel, Catalogus musei Caesarei Vindobonensis numorum veterum distributus in partes II., quarum prior monetam urbium, populorum, regum, altera Romanorum complectitur , 2 Bde., Wien 1779, Bd. 2, 262, Nr. 295 („coronatur a Victoria retro stante“).

[67] H. A. Grueber, Roman Medallions in the British Museum, London 1874, 27, Commodus Nr. 31: „behind him, Victory crowning him with wreath“ (Abb. auf Tf. 34, Nr. 1).

[68] S. Bani, M. Benci, A. Vanni, I medaglioni romani del monetiere del Museo Archeo­logico Nazionale di Firenze, Bd. 1, Florenz o. J. [2011], 69, Nr. 63: „è incoronato da una Vittoria che gli sta dietro“.

[69] W. Szaivert, Die Münzprägung der Kaiser Marcus Aurelius, Lucius Verus und Commodus (161‒192) (Moneta Imperii Romani 18), Wien 2 1989, 57 (zu seinem Rv.-Typ Augustus/Augusta 18b): „in Quadriga l. fahrend von Victoria, die hinter ihm steht bekränzt“.

[70] Auch auf dem Wiener Exemplar, das aus einem weiteren Reversstempel kommt (Abb.: Gnecchi, Medaglioni [Anm. 64] Tf. 85, Nr. 3; M. R. Kaiser-Raiß, Die stadtrömische Münz­prägung während der Alleinherrschaft des Commodus. Untersuchungen zur Selbstdarstellung eines römischen Kaisers, Frankfurt am Main 1980, Tf. 21, Nr. 3), hat die kleine Figur keine Flügel. Ihr Gewand sieht hier zwar anders aus als auf den anderen Stempeln, aber diese Be­obachtung reicht für eine Identifikation als Siegesgöttin nicht aus.

[71] I. Eckhel, Doctrina numorum veterum. Pars II. De moneta Romanorum. Bd. 7: con­tinens numos imperatorios ab Antonino Pio usque ad imperium Diocletiani, Wien 1797, 124.

[72] Vgl. Kaiser-Raiß, Münzprägung (Anm. 70) 64 und Tf. 21, Nr. 9 (Aureus); Auktion Münz­handlung Basel 3 (5. 3. 1935: Prince W.), Nr. 608 (Sesterz); A. S. Robertson, Roman Imperial Coins in the Hunter Coin Cabinet, University of Glasgow, Bd. 2: Trajan to Commodus , London, Glasgow, New York 1971, Tf. 121, Nr. 157 (As).

[73] Kaiser-Raiß, Münzprägung (Anm. 70) 121, Nr. 143+ (unvollständig beschrieben: Assi­stenzfigur unerwähnt) mit Abb. auf Tf. 21, Nr. 4.