Matthias Stern


Der Pagarch und die Organisation des öffentlichen Sicherheitswesens im byzantinischen Ägypten*



Zwar ist bereits verschiedentlich erkannt worden, dass die Pagarchen des byzan­tinischen Ägypten über ihre fiskalischen Aufgaben hinaus auch exekutive Funktionen im Bereich der Territorien der civitates erfüllten, doch ist dies bislang nicht Gegenstand einer systematischen Studie gewesen [1]. Daher soll auf den folgenden Seiten zum einen herausgearbeitet werden, über welche sicherheitspolitischen Kom­petenzen die Pagarchen verfügten, zum anderen, welche Stellung sie in dieser Funktion innerhalb des öffentlichen Sicherheitsapparates einnahmen.

Das Fundament der Untersuchung bilden die griechischsprachigen Papyri, in welchen die Amtstitulatur des Pagarchen oder ein davon abgeleitetes Wort erwähnt wird[2]. Aus dem gegenwärtig in edierter Form vorliegenden Urkundenbestand können diesem Kriterium folgend 20 Zeugnisse als Quellengrundlage herangezogen werden, welche sich wiederum in zwei Dossiers einteilen lassen[3] : Das erste besteht aus acht Eingaben, einem Reskriptentwurf sowie einer Gestellungsbürgschaft aus den Jahren 547–ca. 570 und behandelt die Situation um das Dorf Aphrodite im Antaiopolites, das uns vor allem aus den Papyri des Dioskoros-Archivs bekannt ist; das zweite Dossier umfasst sechs Enthaftungsbürgschaften und vier Unterlassungserklärungen aus dem späten 6. und frühen 7. Jh., die aus Oxyrhynchos und Arsinoiton Polis stammen. Diese auffällige Streuung wirft die Frage auf, ob in diesen Papyri jeweils lokal­spezifische Zustände dokumentiert sind oder ob die vorliegende Verteilung dem Zufall der Überlieferung geschuldet ist. Widersprechen sich die in den beiden Dossiers dokumentierten Befunde hingegen nicht, so kann eine Verallgemeinerung der Ergeb­nisse erwogen werden.

Im Folgenden werden zunächst die für unsere Untersuchung relevanten Charak­teristika der einzelnen Urkundengattungen besprochen. Anschließend wird herausge­arbeitet, in welchen Kontexten der Pagarch ordnungspolitisch agierte. Da keine normati­ven Regelungen zu dieser Fragestellung überliefert sind, lassen sich formal auch keine regulären sicherheitspolitischen Kompetenzen des Pagarchen fest­machen. Allerdings können wir aus den Dokumenten ableiten, dass die Anwendung bestimmter Exekutiv­gewalten durch den Pagarchen gemeinhin akzeptiert wurde. In diesem Sinn wird der Begriff ‚Kompetenz‘ im Folgenden für all jene Amtshandlungen gebraucht, die der Pagarch initiiert und die auch in den Petitionen nicht an sich beanstandet, sondern allenfalls in einem konkreten Einzelfall hinterfragt werden. Diesbezüglich wird auch zu klären sein, ob der Pagarch die jeweiligen Maßnahmen eigenständig anordnen konnte oder ob er im Auftrag einer höheren Stelle handelte.

Einzelne noch ungeklärte Fragen bezüglich der Genese und des Charakters der Pagarchie sind auch für die Interpretation der sicherheitspolitischen Maßnahmen ihrer Träger von Bedeutung. Ein möglicher Vorgänger des Pagarchen, der praepositus pagi, verfügte nachweislich über verschiedene exekutive Kompetenzen, wenngleich auf einer untergeordneten Verwaltungsebene[4]. Sieht man dagegen mit Wolf Liebeschuetz im Pagarchen den Nachfolger des exactor civitatis im Bereich der zentralisierten Steuer­aufsicht, so ergibt sich die Frage, woher die offensichtlich ausgedehnten institu­tionalisierten Befugnisse im exekutiven Bereich ihren Ursprung nahmen[5]. Wenn darüber hinaus mit Jean Gascou die Pagarchie als ein munus patrimonii interpretiert wird[6], so stellt sich das methodische Problem, die öffentlich-administrativen Funktio­nen der großen Domänen (οἶκοι) und ihrer Grundherren [7] von den amtsinhärenten Kom­petenzen der Pagarchen zu trennen.

I Urkundengattungen

I 1 Petitionen und Reskripte[8]

Ein Großteil der Dokumentation besteht aus Petitionen, in welchen Kollektive oder Individuen um den Beistand staatlicher Stellen ansuchen [9]. Ein kennzeichnendes Merkmal der Gattung bildet der Wunsch, dem Bittsteller selbst oder einer dritten Person möge „Gerechtigkeit“ widerfahren, wobei freilich der Petent selbst keinerlei Interesse an einer objektiven Darstellung des Sachverhalts finden kann. Um sich den Adressaten schon vor der Darlegung des Falles gewogen zu machen, ist den vorlie­genden Eingaben, soweit erkennbar, stets ein Proömium vorangestellt, in welchem eindringlich das Schutz- und Gerechtigkeitstrachten der jeweils angeschriebenen Autorität hervorgehoben wird.

Gerade hier lässt sich oftmals nicht entscheiden, ob wir Zeugnisse bürokratischer oder aber personalisierter Verwaltungspraxis vor uns haben, da uns zumeist nicht bekannt ist, aus welchen Gründen sich Privatpersonen an bestimmte Amtsträger wandten. Die vorliegenden Petitionen richten sich in keinem Fall an den Pagarchen selbst, sondern in der Regel an dessen Vorgesetzten — dies ist entweder mittelbar oder unmittelbar der dux [10], teilweise jedoch auch an Personen, die nicht im eigentlichen Sinn als Beamte oder gar Vorgesetzte des Pagarchen bezeichnet werden können, nämlich geistliche Würdenträger: Bei P.Cair.Masp. I 67021 handelt sich unter anderem um eine Beschwerde über die Amtsführung des Pagarchen, allerdings ist der Adressat ein Vertreter der Kirche, welcher gebeten wird, sich der Sache anzu­nehmen [11]. Dieser Würdenträger wird aber doch wohl nicht als Vorgesetzter des Pag­archen angeschrieben, sondern als Autorität, die im Namen der bittstellenden Mönche mit den staatlichen Behörden in Kontakt treten soll [12]. In einer weiteren Eingabe, P.Cair.Masp. III 67283, wenden sich die Bewohner des Dorfes Aphrodite über einen Diakon an die Kaiserin Theodora als Schutzherrin ihres Dorfes[13]. Eine Differen­zierung der Adressaten etwa nach bestimmten Zuständigkeitsbereichen lässt sich nicht erkennen; daher steht zu vermuten, dass sich die Schreiben jeweils an die­jenige Person richteten, zu welcher die Absender engere Kontakte unterhielten oder von der sie sich aus anderen Gründen am ehesten eine Vertretung ihrer Interessen erhofften.

Das Gros der Petitionstexte[14] thematisiert Beschwerden über das Verhalten des Pagarchen. Daher steht fest, dass die gerügten Maßnahmen vom Pagarchen selbst initiiert wurden, da das Unwissen des jeweiligen Vorgesetzten über die Vorgänge impliziert wird. Im Hinblick auf die Kompetenzen des Pagarchen sind diese Urkun­den auf eine andere Art zu lesen als etwa amtliche Anweisungen, denn schließlich wird in den Eingaben die Rechtmäßigkeit eines etwaigen Zugriffs ja gerade ange­zweifelt. Es gilt demnach darauf zu achten, worüber die jeweiligen Pe­tenten Klage führen, welche Argumente vorgebracht werden und worum die jeweils ange­schriebene Amtsperson im konkreten Fall gebeten wird. Aus diesen Informationen lässt sich ableiten, was in welchem Ausmaß und aus welchen Gründen als illegitime Handlung betrachtet wurde.

Die beiden Eingaben P.Cair.Masp. I 67003 sowie P.Cair.Masp. I 67005 führen hingegen keine Beschwerde über den Pagarchen. Sie richten sich jeweils an dendux, und in beiden Texten ist eine Instanzenkette dokumentiert. Mittels P.Cair.Masp. I 67003 ersucht eine Mönchsgemeinde den dux um eine Anweisung an den Pagarchen von Antaiupolis: Dieser soll verhindern, dass ihnen ein gewisser Iezekiel weiterhin ihr Land streitig mache — eine Amtshandlung, die ich im Folgenden als ‚Unterlassungs­vollstreckung‘ bezeichnen möchte. Auch hier wäre interessant zu wissen, warum sich die Petenten an den dux und nicht an den Pagarchen selbst wenden. Durfte der Pagarch ein solches Instrument etwa nicht aus eigener Amtsgewalt heraus anwenden? Denkbar erscheint schließlich auch die Praxis, dass sich Privatleute mit ihrem Anliegen an mehrere Stellen zugleich wandten – in der Hoffnung, dass zumindest eine von diesen aktiv werde. In P.Cair.Masp. I 67005 liegt der Sachverhalt klarer: Eine Witwe namens Sophia berichtet dem dux, dass sie inhaftiert gewesen sei und deswegen an den Pagarchen geschrieben habe. Dieser habe einem gewissen Senuthes, dessen Status nicht näher definiert wird, befohlen, sie freizulassen[15]. Sophia hatte also zunächst dem Pagarchen geschrieben; da jedoch dessen Order offenbar ignoriert wurde oder aber der Pagarch nicht aktiv eingriff, wandte sich die Frau in der Folge an die nächsthöhere Instanz.

Unter den vorliegenden Dokumenten findet sich mit P.Cair.Masp. I 67024[16] ferner ein kaiserliches Reskript, welches auf eine Petition bzw. ein persönlich vorgebrachtes Anliegen Bezug nimmt. Allerdings ist zu beachten, dass es sich beim vorliegenden Text nicht um jenes Schreiben handelt, welches letztlich das vom Kaiser autorisierte Antwortschreiben darstellte. Vielmehr haben wir es mit einem Entwurf zu tun, welcher vom Petenten vorgefertigt worden war und in der Hoffnung vorgelegt wurde, dass der Inhalt möglichst wortgetreu in ein entsprechendes kaiserliches Reskript übernommen werde; das Ergebnis solcher Anliegen dürfte indes teilweise erheblich hinter den Erwartungen der Bittsteller geblieben sein[17]. Der Text gibt also gerade nicht die offizielle Sicht der Dinge wieder, ist aber zumindest ein Zeugnis für die Erwartung, welche die Petenten in das kaiserliche Antwortschreiben setzten.

I 2 Gestellungsbürgschaften[18]

Innerhalb der Evidenz finden sich sieben an Pagarchen adressierte Gestellungs­bürgschaften[19]. In diesen Urkunden verbürgen sich die jeweiligen Ab­sender für andere Individuen und garantieren deren jederzeitige Verfügbarkeit. Je nach Kontext können zudem Pflichten der Verbürgten festgeschrieben sein, wie etwa die Anwesenheit an einem bestimmten Ort, die Übernahme verschiedener Dienste oder aber allgemein ein gesetzeskonformes Verhalten. Sofern eine verbürgte Person auf Verlangen des Bürg­schaftsempfängers nicht gestellt werden konnte, trat der Haftungsfall ein und der Bürge hatte entweder für eine Ersatzleistung aufzukommen oder aber eine Konventional­strafe zu zahlen [20]. Die Bürgschaften dienten ihren Empfängern somit als Sicherheit gegen die Folgen einer etwaigen ἀναχώρησις, denn auch in byzantinischer Zeit ent­zogen sich Individuen, aber auch ganze Personen­gruppen der Steuerlast oder litur­gischen Verpflichtungen durch Flucht aus der jeweiligen patria[21]. Die Bereitschaft zur Landflucht als einem letzten Mittel ging sogar so weit, dass die Absender von P.Lond. V 1674 dem dux ganz offen mit ihrer Abwanderung drohen: Dieser solle den Untaten des Pagarchen und dessen Steuer­forderungen Einhalt gebieten, damit die Dorfbewohner nicht gezwungen seien, ihr Land zu verlassen[22]. Dabei fällt auf, dass im Gegensatz zur arabischen Zeit [23] keine Urkunden überliefert sind, denen zufolge der Pagarch in irgendeiner Form in Such­aktionen nach oder in die Überstellung von Flüchtigen eingebunden wäre.

Bei den vorliegenden Dokumenten handelt es sich in sechs Fällen um die Sonder­form einer sogenannten Enthaftungsbürgschaft: Die verbürgte Person ist hier­bei ein Inhaftierter, der gegen Bürgschaft — welche seine jederzeitige Gestellung garantiert — aus dem Gefängnis entlassen wird. Adressat der hier untersuchten Enthaf­tungsbürgschaften ist der Pagarch als Verantwortlicher für die Gefängnisse seines Amtsbereichs oder aber ein für ein ‚pagarchiertes‘ Dorf verantwortlicher Grundherr; diese Dokumente sind daher wohl als Zeugnis der ordnungspolitischen Kompetenz der Pagarchie im Bereich der Dorfgemeinden im Unterschied zu Großgrundbesitzern und ihren Domänen zu werten[24].

Die in den Urkunden dargelegten Pflichten und Strafbestimmungen ermöglichen in drei Fällen Rückschlüsse auf den Grund der Inhaftierung und können daher im Verlauf dieser Untersuchung näher eingeordnet werden[25]. In drei weiteren Fällen ist dies jedoch nicht möglich; hier könnten die Gründe in Steuerschulden, Landflucht oder einer kriminellen Handlung zu suchen sein: So ist in P.Oxy. XXIV 2420 doku­mentiert, dass die beiden verbürgten Goldschmiede aus einem Domänengefängnis des ‚pagarchierenden‘ Grundherrn entlassen werden und im Dorf zu verbleiben haben [26]. Ungewöhnlich ist hier, dass der Bürge im Haftungsfall offenbar nicht etwa die Ab­geltung von offenen Forderungen an die beiden Verbürgten zu übernehmen hat, sondern dass vielmehr eine Konventionalstrafe angedroht wird [27]. Ebenfalls aus einem Domänengefängnis enthaftet werden die beiden in P.Oxy. LXX 4802 verbürgten φύλακες. Die zugehörige Anwesenheitsklausel ist dahingehend präziser gefasst, als die beiden Männer in ihren jeweiligen Heimatgemeinden — einem ‚pagarchierten‘ Dorf bzw. einem ἐποίκιον — anwesend zu sein haben[28], und in der Haftungsklausel erklären die Bürgen ὑ]π̣ε̣ύθυνοι | ε̣ἶ̣ν̣[α]ι̣ πᾶσιν τ̣ο̣ῖ̣ς̣ π̣ρ̣ὸ̣ς̣ α̣ὐτοὺς ἐπ̣[ι]ζ̣ητουμένοις ἀπ̣ο̣κρίνασθ̣αι (Z. 15–16). Demnach dürfte sich die Haftung auf die finanzielle Ver­gütung oder die persönliche Übernahme der Phylakie bezogen haben. In P.Oxy. XLIV 3204 wird der Verbürgte dagegen aus einem Gefängnis der civitas entlassen und neben der Anwesenheit im ‚pagarchierten‘ Dorf umfasst die Bürgschaft explizit auch die Pflichten des ἐναπόγραφος γεωργός [29].

Die in P.Cair.Masp. I 67094 überlieferte Gestellungsbürgschaft betrifft hingegen offenbar keine Enthaftung: Hier wird dem Pagarchen gegenüber für das Wohlver­halten und die Anwesenheit eines Lektors (ἀναγνώστης) gebürgt — letztere wahr­scheinlich zum Zwecke einer sofortigen Zugriffsmöglichkeit, sollte es zu einem Prozess kommen.

I 3 Unterlassungserklärungen[30]

Bei diesen Dokumenten handelt es sich um vertragliche Vereinbarungen, in welchen sich Personen verpflichten, bestimmte Handlungen zu unterlassen. In den Urkunden P.Oxy. I 139, P.Oxy. XVI 1981 und P.Oxy. XLVI 4536, die alle an den ‚pagarchierenden‘ Grundherrn Flavius Apion III. gerichtet sind, haben sich die Vertragsbestimmungen erhalten, welche nahezu wortwörtlich identisch sind: Die Vertragspartner verpflichten sich, falls sie ein Handwerksgerät, ein Zugtier oder sonst etwas stehlen bzw. Diebe aufnehmen sollten, ein Bußgeld von 24 Solidi an den Pagarchen zu zahlen.

Auf den ersten Blick scheint es sich um privatrechtliche Übereinkünfte zwischen Großgrundbesitzern und der arbeitenden Landbevölkerung zu handeln, möglicher­weise mit dem Zweck, den Grundherrn gegen die etwaige Wiederholung einer kriminellen Handlung abzusichern; allerdings sprechen mehrere Beobachtungen dafür, hier einen amtlichen Kontext zu vermuten. Dafür ist neben dem quasi iden­tischen Wortlaut auch auf die Umstände zu verweisen, dass die Texte vom selben Schreiber verfasst und im Abstand von je einem Tag aufgesetzt wurden, jedoch — der Herkunft der Vertragsparteien nach zu urteilen — nicht auf einen gemeinsamen Anlass hin entstanden sind. All dies lässt eine Routine im Umgang mit solchen Fällen erkennen, könnte aber auch lediglich als Zeugnis allgegenwärtiger Kleinkriminalität betrachtet werden. Auffällig ist hingegen, dass die Vertragspartner in P.Oxy. I 139 und P.Oxy. LXVI 4536 πρωτοφύλακες sind. Wir begegnen dieser Funktionsbezeichnung nur in wenigen Urkunden, welche jedoch unzweifelhaft in einem öffentlichen Kontext zu verorten sind [31]. In der Tat wird auch in den vorliegenden Unterlassungserklärungen in der Herkunftsangabe der πρωτοφύλακες darauf verwiesen, dass deren Heimatdörfer durch Flavius Apion ‚pagarchiert‘ werden[32]. Zwar ist den Vertragspartnern von P.Oxy. XVI 1981 keine Berufsbezeichnung beigefügt, doch stammen sie in gleicher Weise aus einem Dorf, welches „durch Euren berühmten οἶκος pagarchiert“ wird[33]. Gerade dieser explizite Verweis auf die domus gloriosa des Flavius Apion verdeutlicht die öffentlich-administrative Funktion des Grundherrn in den vorliegenden Verträgen; besagte πρωτοφύλακες sind demzufolge nicht als Privatpersonen, sondern in ihrer öffentlichen Funktion involviert[34]. Die offenkundige Routine der administrativen Praxis legt die Vermutung nahe, dass es sich bei den vorliegenden Dokumenten um vertragliche Vereinbarungen handelt, die als Teil einer bürokratischen Praxis zwangs­läufig mit der Übernahme bestimmter öffentlicher Aufgaben einhergingen[35]. Welche Rolle nun die Vertragspartner von P.Oxy. XVI 1981 einnehmen, deren Profession nicht angeführt wird, lässt sich nicht eindeutig klären [36]. Die Bezeichnung könnte vergessen bzw. für unnötig befunden worden sein, oder die beiden Personen agieren als Kollektivvertreter ihrer Dorfgemeinschaft[37].

In P.Bodl. I 53 geben zwei εἰρηνάρχαι und drei φύλακες eine Erklärung gegenüber dem Pagarchen Flavius Strategios ab. Die relativ hohe Strafsumme von drei Litrai Gold mag in der Größe des verpflichteten Kollektivs begründet liegen; sie könnte freilich auch einer herausgehobenen Verantwortung der εἰρηνάρχαι geschuldet sein, welche offenbar als Vorgesetzte der φύλακες fungieren. Dem erhaltenen Text des Papyrus lässt sich nicht mehr entnehmen, worin die Verpflichtung der Absender genau bestand, und von den Vertragsbestimmungen sind nur noch die Vertragsstrafe sowie die Haftungsklausel erhalten, doch dürfte die Angelegenheit analog zur Situation in den bereits erwähnten Unterlassungserklärungen unzweifelhaft öffentliche Dienste und kein privates Beschäftigungsverhältnis betreffen[38].

II Aufgaben und Kompetenzen

II 1 Zugriff auf Privatbesitz[39]

Unter den hier untersuchten Papyri finden sich sieben, aus denen sich erschließen lässt, dass dem Pagarchen von Amts wegen ein Zugriffsrecht auf Privatbesitz zukam. In der Regel handelte es sich hierbei um Konfiskationen von Eigentum zu Haftungs- oder Restitutionszwecken; der Zusammenhang zur Verantwortlichkeit des Pagarchen im Bereich der Steuererhebung und -eintreibung ist unverkennbar. Die Mehrzahl der Urkunden sind Eingaben an höhere Stellen, in welchen die Petenten das Verhalten des Pagarchen kritisieren; auch der Reskriptentwurf P.Cair.Masp. I 67024 ist im Grunde Zeugnis einer solchen Beschwerde. Die Argumentation der Bittsteller richtet sich jedoch in keinem Fall gegen das Zugriffsrecht des Pagarchen an sich, sondern zielt stets darauf ab, den jeweiligen Anlass der Amtshandlung nachträglich in Frage zu stellen. Gleichzeitig bedeuten diese Nachrichten an höherrangige Instanzen, dass die Anordnungen des Pagarchen eigenmächtig erfolgt waren. Im Detail unterscheiden sich allerdings die jeweiligen Argumentationsstrategien der Petenten.

Betrachten wir zunächst die Dokumente aus den 560er Jahren, in denen sich die Bewohner des Dorfes Aphrodite über den Pagarchen Menas beklagen: Laut P.Cair.Masp. I 67002 habe dieser das Land des Dioskoros dem βοηθός des Dorfes Phthla und den örtlichen Hirten zugewiesen und diesen die Bewirtschaftung gestattet, während Dioskoros weiterhin die Abgaben tragen müsse[40]. Es gestaltet sich hierbei schwierig, die eindringlichen Schilderungen des aggressiven Vorgehens vonseiten des Pagarchen hinsichtlich ihres Realitätsgehalts zu bewerten. Darüber hinaus wird Menas die Einbehaltung von Nutztieren angelastet, deren Rechtmäßigkeit jedoch ebenfalls schwer zu beurteilen ist, da keine weiteren Angaben dazu gemacht werden[41]. Im Folgenden wird die Plünderung des Dorfes Aphrodite durch μηλονόμοι erwähnt, bei denen es sich um Hilfspersonal des Pagarchen handeln könnte, und schließlich heißt es, Menas raube die Pagarchie aus und lasse deren Güter fortschaffen[42]. In ihrer Argumentation berufen sich die Dorfbewohner zwar auf ihre „einstmals zur Zeit unserer Vorfahren“ wirksame Autopragie, also das Recht der selbständigen Steuerein­treibung[43]; hingegen erwecken die Rechtfertigungen, niemals mit den Zahlungen im Rückstand gewesen zu sein, den Eindruck, dass es durchaus dem Pagarchen oblag, in dieser Gemeinde, sofern sie mit Zahlungen im Verzug war, im Namen der Zentralgewalt zu intervenieren[44]. Mehr noch, die Petenten kritisieren später, dass Zahlungen, welche Menas von ihnen erpresst hatte, nicht als Steuerleistungen ver­rechnet worden seien [45], für deren Eintreibung der Pagarch demzufolge zuständig gewesen sein müsste. So wird im Folgenden auch ausdrücklich festgehalten, dass ὁ αὐτὸς πάγαρχος ἔλαβεν τὸ δημ[όσι]ον (II 22); dies kommentieren die Bittsteller nicht einmal. Im weiteren Verlauf des Schreibens wird noch einmal wiedergegeben, dass Menas „unter dem Vorwand von Steuerleistungen“ 700 Solidi eingezogen habe, ohne dass eine korrekte Abrechnung erfolgt sei[46].

Die übrigen Papyri aus dieser Zeit geben ähnliche Sachverhalte wieder: Laut P.Cair.Masp. I 67021 ließ Menas das Dorf Aphrodite besetzen und Getreide beschlag­nahmen[47]. Darüber hinaus wurde offenbar Land konfisziert und anschließend von Vertrauten des Pagarchen bewirtschaftet[48]. Auch hier ist den Worten καίτοι τὴν πρ[ώτ]η̣ν̣ καὶ τὴ̣[ν] δευτέραν καὶ τ[ρί]την κα̣[τα]β̣ολ(ὴν) | τῶ̣ν̣ δημοσί̣{ει̣}\ω/ν παρεσχό[μ]εθα αὐ̣τῷ (Verso Z. 13–14) zu entnehmen, dass die Eintreibung der δημόσια durch den Pagarchen offenbar der üblichen Praxis entsprach. P.Lond. V 1674 spricht in Bezug auf einen Besitzzugriff nur allgemein von „räuberischen Über­fällen“ [49], und die detaillierte Darlegung der Zahlungsraten in diesem Schreiben verrät die Logik der Argumentation: Die Dorfbewohner beschweren sich, dass der Pagarch eigenmächtig die Raten angehoben habe, was ihm eigentlich nicht gestattet sein sollte, da es über die Unveränderlichkeit des Steuersatzes Vereinbarungen mit den ἄρχοντες gegeben habe; somit seien diese quasi in illegitimer Weise erhobenen Steuern auch nicht ausständig[50]. P.Lond. V 1677 erörtert abermals die Enteignung des Dioskoros im Dorf Phthla durch Menas, in deren Verlauf auch die Getreideernte konfisziert wurde[51]. In diesem Zusammenhang ist erneut von Plünderungen und Viehdiebstahl durch das Personal des Pagarchen die Rede, welche unter dem Vorwand der Eintreibung von Steuerrückständen unternommen wurden.

Auch aus den 540er und 550er Jahren liegen Nachrichten über Zugriffe des Pagarchen auf Privatbesitz in Aphrodite vor. In P.Cair.Masp. I 67019 Verso werden die Besetzung des Dorfes und die Konfiskation des Viehs durch den Pagarchen Iulianos geschildert[52]. Ferner berichtet P.Cair.Masp. III 67283 von dessen Zugriff auf Tiere, Maschinen sowie Handwerksgeräte[53]. P.Cair.Masp. I 67024 charakterisiert ähnliche Maßnahmen als Plünderungen[54]. In allen drei Texten wird sehr viel aus­führlicher auf die Autopragie des Dorfes Bezug genommen als in den Eingaben aus den 560er Jahren [55]. Somit kann konstatiert werden, dass der Pagarch generell zum Zugriff auf Privatbesitz befugt war. Allerdings scheint dem Pagarchen Iulianos in den 540er und 550er Jahren aufgrund der Autopragie des Dorfes Aphrodite kein Zugriffs­recht auf Steuern oder Vermögenswerte vor Ort zugekommen zu sein, dem Pagarchen Menas in den 560er Jahren hingegen durchaus. Constantin Zuckerman hat eine ähnliche Diskrepanz im Quellenbefund ausgemacht und die These aufgestellt, dass Aphrodite seine fiskalischen Privilegien im Laufe der 550er Jahre verloren habe [56]. Die vorliegende Betrachtung könnte diese These stützen, andererseits wäre es ebenso denkbar, dass die Befugnisse der Pagarchen gegenüber autoprakten Dörfern im Laufe der Zeit Veränderungen unterworfen waren.

II 2 Zugriff auf Steuerschuldner[57]

Wie der Zugriff auf Privatbesitz steht auch der Zugriff auf die Person von Steuerschuldnern offenkundig mit der Verantwortung des Pagarchen für das Steuer- und Finanzwesen in Zusammenhang. Für die Frage nach der Legitimität des Zugriffs durch den Pagarchen gilt somit das bereits Gesagte; im Folgenden seien nur die Probleme besprochen, welche speziell die näheren Umstände des Personenzugriffs betreffen.

Die Zeugnisse aus den 560er Jahren schildern fiskalisch begründete Personenzu­griffe durch den Pagarchen Menas in Aphrodite, welche mit Besitzkonfiskationen einhergehen[58]. Dies betrifft im Fall von P.Cair.Masp. I 67002 kollektive Festnahmen, während in P.Cair.Masp. I 67021 ein individueller Zugriff erfolgt[59]. P.Lond. V 1677 behandelt ähnliche Vorgänge: Menas sah das Dorf mit Steuerzahlungen im Verzug, wofür er Apollos, einen der πρωτοκωμῆται des Dorfes, haftbar machte und neben einer Konfiskation von dessen Besitz auch diesen selbst zu verhaften plante. Die besagte Verhaftung erfolgte jedoch aus ungenannten Gründen nicht; stattdessen wurde ein Sohn des Dioskoros festgenommen, da dieser ein Neffe des Apollos war[60]. Dios­koros argumentiert nun gegenüber dem dux, dass sein Sohn nicht verantwortlich sei für die Schulden des Onkels[61].

Aus den 540er und 550er Jahren finden sich dagegen nur vage Hinweise auf Per­sonenzugriffe auf Steuerschuldner durch den Pagarchen. In den Eingaben P.Cair.
Masp. I 67019 Verso, P.Cair.Masp. III 67283 sowie dem Reskriptentwurf P.Cair.Masp. I 67024 lassen sich verschiedene Formulierungen finden, mit welchen möglicher­weise auf solche Maßnahmen angespielt werden soll[62]. Zwar sind jene Texte stellen­weise nur fragmentarisch erhalten, jedoch erwartet man sich wohl, dass solche Zugriffe explizit angesprochen würden, so sie tatsächlich erfolgt wären. Daran aller­dings festmachen zu wollen, dass in jener Zeit fiskalisch begründete Personenzugriffe im Gegensatz zu Besitzkonfiskationen nicht im Kompetenzbereich des Pagarchen lagen, erscheint wohl zu gewagt. Vielmehr liegt die Annahme nahe, dass im Zusam­menhang mit Steuerdelikten sowohl von Festnahmen als auch von Konfiskationen Gebrauch gemacht wurde.

Wahrscheinlich dokumentieren die beiden Enthaftungsbürgschaften Kovarik, Archiv, Nr. 2 und 3 ebenfalls den Umgang des Pagarchen mit Steuerschuldnern. Ent­lassen werden die Verbürgten jeweils aus einem Gefängnis der civitas, und wir finden die Formulierung wieder, dass die Bürgen im Haftungsfall sämtliche von den Verbürgten geforderten ἀπολογίαι zu verantworten hätten[63].

II 3 Zugriff auf Straftäter[64]

In der Spätantike stellten nur wenige Delikte einen echten Straftatbestand dar; der Großteil wurde im Rahmen zivilrechtlicher Verfahren geahndet. Bei der hier als „Straftäter“ bezeichneten Personengruppe handelt es sich demzufolge weniger um Delinquenten im modernen strafrechtlichen Sinn als vielmehr um Angeklagte und Prozessgegner in Angelegenheiten, denen kein unmittelbar fiskalisches Delikt zu­grunde lag. Diese Kategorisierung mag auf den ersten Blick arbiträr erscheinen, rechtfertigt sich jedoch meines Erachtens aus inhaltlichen Überlegungen. Denn der Zugriff auf Straftäter und Strafverdächtige steht mit dem Kernkompetenzbereich des Pagarchen, dem Steuer- und Finanzwesen, nicht in unmittelbarem Zusammenhang, weshalb dessen Zuständigkeit nicht so selbstverständlich erscheint, wie dies beim Zugriff auf Steuerschuldner der Fall ist. Daher darf vermutet werden, dass es sich nicht um eine der ursprünglichen Kompetenzen des Pagarchen handelte, sondern um später übertragene Befugnisse.

Die vorliegenden Zeugnisse ermöglichen keine eindeutige Aussage hinsichtlich der Frage, ob der eigenständige Zugriff auf Straftäter und Strafverdächtige im Kom­petenzbereich des Pagarchen gelegen hat. In P.Cair.Masp. I 67094 ist die Gestellungs­bürgschaft für einen Lektor überliefert, in welcher neben der Gestellung auch für dessen Wohlverhalten gebürgt wird[65]. Durch diese zusätzliche Klausel werden ein strafrechtlicher Kontext und damit die implizite Möglichkeit eines Zugriffs nahe­gelegt[66]. Auch in der Enthaftungsbürgschaft PSI I 52 findet sich eine solche Ver­sicherung gefälligen Verhaltens in die Zusicherung der Anwesenheit eingewoben, und die Verbürgte wird überdies aus einem Gefängnis der civitas enthaftet[67]. Jene Witwe schließlich, welche sich in P.Cair.Masp. I 67005 beim dux über ihre Inhaftierung durch einen gewissen Senuthes beschwert, könnte sich zuvor mit ihrem Anliegen an den Pagarchen gewandt haben, da dieser eine Bestrafung des Übeltäters anordnen konnte. Ferner bleibt die Deutung der Unterlassungserklärungen P.Bodl. I 53, P.Oxy. I 139, P.Oxy. XVI 1981 und P.Oxy. LXVI 4536 in strafrechtlichem Kontext unsicher. Werden sie — wie oben vertreten — als Ausdruck bürokratischer Praxis bei der Verpflichtung für Wachaufgaben interpretiert, so zeigten sie den Pagarchen als Verantwortlichen für die öffentliche Ordnung.

II 4 Zugriff zum Zwecke der Geiselhaft

Die Geiselhaft stellte ein verbreitetes Mittel dar, nachhaltigen Druck auf Personen auszuüben, derer man nicht unmittelbar habhaft werden konnte. Die Leidtragenden solcher Maßnahmen waren in der Regel Familienangehörige der gesuchten Beschul­digten; insbesondere Frauen wurden oftmals anstelle ihrer Männer in Haft genommen[68]. Diese selbst waren zum gegebenen Zeitpunkt nicht greifbar, da sie entweder flüchtig waren oder aber — auch dies ist belegt — sich vorübergehend legal andernorts aufhielten[69].

P.Lond. V 1677 thematisiert die Verhaftung eines Sohnes des Dioskoros durch den Pagarchen. Da ein Vorgesetzter — nämlich ein magister aus dem Büro des dux — Adressat dieses Schreibens ist, kann daraus geschlossen werden, dass der Pagarch auf eigene Veranlassung hin aktiv geworden war [70]. Warum in diesem Text Apollos, für dessen Schulden der Sohn des Dioskoros zur Verantwortung gezogen wird, nicht greifbar ist, lässt sich dem erhaltenen Teil des Textes nicht entnehmen. Dioskoros kritisiert jedoch den Zugriff offenbar genau aus dem Grund, dass sein Sohn gar nicht für die Schulden des Apollos verantwortlich gemacht werden könne, und verweist dadurch auf die Illegitimität dieses Gewaltmittels [71].

II 5 Unterlassungsvollstreckung

Eine von den übrigen Festnahmen zu trennende Form des Personenzugriffs stellt jene Amtshandlung dar, welche in P.Cair.Masp. I 67003 vom Pagarchen verlangt wird und die als ‚Unterlassungsvollstreckung‘ bezeichnet werden kann. Diese ist deswegen gesondert zu behandeln, da hier eine Festnahme offenbar nur dann erfolgen soll, wenn die betreffende Person die Petenten erneut behelligen sollte. Im Text bitten einige Mönche den dux um eine Unterlassungsvollstreckung gegen einen gewissen Iezekiel, welcher ihnen den Rechtsanspruch auf ihnen geschenktes Land streitig mache; in welcher Form dieser das tut, ist nicht überliefert. Gegen Ende des Schreibens ersuchen die Bittsteller den dux darum, dem Pagarchen sowie dem τοποτηρητής von Antaiupolis anzuordnen, dass besagter Widersacher von ihnen ferngehalten werde[72]. Zwar ist nicht bekannt, ob der dux dieser Bitte entsprochen hat, doch zeigt das Schreiben, dass eine solche Maßnahme in den Kompetenzbereich des Pagarchen fiel. Gleichzeitig legt die Eingabe nahe, dass dieser ein solches Mittel nur auf eine An­ordnung von höherer Stelle hin anwenden konnte, denn die Mönche wenden sich nicht direkt an den Pagarchen, sondern an dessen Vorgesetzten[73].

Auffällig ist an diesem Schreiben, dass nach dem Pagarchen auch der τοπο-
τηρητής von Antaiupolis angeführt wird. Möglicherweise handelt es sich um eine Bezugnahme auf die beiden ranghöchsten Untergebenen des dux auf der Ebene der civitas als mögliche Weisungsempfänger in dieser Angelegenheit[74]. Nicht zu klären ist, ob die Unterlassungsvollstreckung lediglich bei Zuwiderhandlung die Festnahme nach sich zog oder ob mit einer solchen Verfügung zugleich konkrete vorbeugende Maßnahmen seitens des Pagarchen gegenüber besagtem Iezekiel verbunden waren.

III Strukturelle Aspekte

In diesem Abschnitt wird das Verhältnis und der Umgang des Pagarchen mit anderen Amtsträgern beleuchtet, wobei die grundsätzliche Frage zu klären ist, ob der Pagarch in seiner sicherheitspolitischen Funktion lediglich auf bereits vorhandene Institutionen zurückgreifen konnte, die ursprünglich nicht auf ihn ausgerichtet waren, oder ob er — darüber hinaus — auch über eigenes Exekutivpersonal verfügte. In diesem Sinn soll zum einen die Einbindung des Pagarchen in eine Ämterhierarchie in Bezug auf das öffentliche Sicherheitswesen aufgezeigt werden; zu diesem Zweck werden im Folgenden die Vorgesetzten und Untergebenen des Pagarchen vorgestellt, wie sie aus der Dokumentation ersichtlich werden. Zum anderen soll verdeutlicht werden, wie der Pagarch als Sicherheitsorgan in bereits existierende Strukturen einge­bunden war und von diesen einerseits profitierte, andererseits von ihnen abhängig war, wenn ihm keine eigenen Mittel zur Verfügung standen.

III 1 Subalternes Exekutivpersonal[75]

Die dem Pagarchen unterstellten lokalen Exekutivkräfte bestanden offenbar im Wesentlichen aus Liturgen. P.Bodl. I 53 erwähnt εἰρηνάρχαι und φύλακες, die sich einem Pagarchen gegenüber verpflichten[76]. Während die Erstgenannten als Dorf­liturgen unmittelbar dem Pagarchen zu unterstehen scheinen, ist es bei der sehr all­gemeinen Bezeichnung Letzterer sowohl denkbar, dass es sich um untergeordnete, also den εἰρηνάρχαι unterstehende Organe handelt, als auch, dass wir hier berufs­mäßig verpflichtetes Hilfspersonal der εἰρηνάρχαι vor uns haben. Die Enthaftungs­bürgschaft P.Oxy. LXX 4802 erwähnt ebenfalls φύλακες, nimmt aber nicht direkt auf deren Vorgesetzten Bezug. Ein solcher Zusammenhang lässt sich lediglich daraus erschließen, dass die beiden enthafteten Wächter im Funktionsbereich des ‚pagar­chierenden‘ Grundherrn ihre Aufgaben wahrnehmen sollen, doch lassen sich weder die genaue hierarchische Einordnung noch konkrete Aufgabenbereiche besagter φύλακες festmachen. Des Weiteren begegnen πρωτοφύλακες in den Unterlassungs­erklärungen P.Oxy. I 139, P.Oxy. LXVI 4536 sowie womöglich auch in P.Oxy. XVI 1981 [77]. Die Funktionäre verpflichten sich in diesen Urkunden, sowohl den Diebstahl von Ochsen und Geräten zu unterlassen als auch Dieben keine Unterstützung zu gewähren, woraus geschlossen werden kann, dass die Bewachung verschiedener Flur­abschnitte zu den Aufgaben dieser πρωτοφύλακες gehörte[78].

Vier Eingaben[79] aus dem Dioskoros-Archiv berichten von Übergriffen bewaffneter Kräfte auf Zivilisten, welche angeblich im Auftrag des Pagarchen erfolgt waren. Der sich auf vage Andeutungen beschränkende und überdies stark rhetorische Wortlaut in diesen Petitionen trägt jedoch dazu bei, dass weder der Status des dort involvierten nichtmilitärischen Personals noch ein dahinter zu vermutendes ämterhierarchisches Verhältnis näher erfasst werden kann. Denn wie hat man etwa die Formulierung zu verstehen, die Aktionen des Pagarchen seien μετὰ πολλῆς λῃστρικῆς τε καὶ παγανικῆς καὶ [στ]ρα̣τι[ωτ]ικῆς βοηθεί[ας] (P.Cair.Masp. I 67002 II 23) erfolgt? Das Adjektiv λῃστρικός ist hier sicherlich der Urkundengattung entsprechend in einem rhetorisch-pejorativen Sinn aufzufassen. Jedoch bleibt bei παγανικός unklar, ob es sich hier um eine abwertende Charakterisierung oder aber um eine Statusbezeichnung entweder im Sinne von ‚zivil‘ oder ‚nicht amtsführend‘ handelt [80]. Die erste Bedeutung ließe keine weitergehenden Schlüsse auf den Charakter der erwähnten βοήθειαι zu, wohingegen die zweite Bedeutung auf — im Gegensatz zu den militärischen στρατιῶται — liturgische Polizeikräfte bzw. die dritte Bedeutung auf privat angeheuerte Sicherheits­organe hinweisen könnte. In den drei übrigen Eingaben begegnen ähnliche Formu­lierungen [81], doch kann auch hier keine eindeutige Entscheidung hinsichtlich der Bedeutung des Wortes παγανῶν getroffen werden.

Ein weiterer Aspekt, der in den Petitionen P.Cair.Masp. I 67002 und P.Lond. V 1677 begegnet, ist die vertragliche Verpflichtung von κοινά für Sicherheitsaufgaben, in diesem Falle der Hirten von Aphrodite, welche als Flurwächter herangezogen wurden und an den genannten ‚Raubzügen‘ beteiligt gewesen seien. In P.Cair.Masp. I 67002 I 14 werden ποιμένες erwähnt, die gemeinsam mit dem Dorf-βοηθός von Ent­eignungen durch den Pagarchen profitiert haben sollen; später ist im selben Text von μηλονόμοι die Rede (III 4 und 13), welche sich mit Billigung des Pagarchen an Plünderungen in Aphrodite beteiligt hätten. P.Lond. V 1677 bezieht sich auf dieselben Vorgänge und nennt — wie P.Cair.Masp. I 67002 — jene Hirten, welche von der Konfiskation profitierten, ποιμένες (Z. 14), bezeichnet jedoch die plündernden Hirten — welche im Maspero-Text μηλονόμοι genannt werden — ebenfalls als ποιμένες
(Z. 28). Es handelt sich offenbar um dieselbe Personengruppe und daher sind ποιμένες und μηλονόμοι hier als synonyme Begriffe zu betrachten. Seit dem 4. Jh. wurden vermehrt lokale Sicherheitsaufgaben an einzelne κοινά übertragen und gerade für das Dorf Aphrodite ist aus der Vertragsurkunde P.Cair.Masp. I 67001 (Aphrodite; 514) die Praxis überliefert, dass das κοινὸν τῶν ποιμένων die Stellung von ἀγροφύλακες übernahm [82]: Die Hirten waren demnach für die Überwachung der Flur zumindest mit­verantwortlich und somit dem Sicherheitsapparat zugehörig[83]; jedoch geht aus den Texten nicht unmittelbar hervor, dass sie in ihrer Eigenschaft als Sicherheitsfunk­tionäre formell dem Pagarchen unterstanden. Dafür könnte allenfalls der Um­stand sprechen, dass sie zusammen mit einem Dorf-βοηθός von der Konfiskation der Ländereien des Dioskoros profitierten, doch ist dies kein Beweis einer hierarchischen Unterordnung. Zwar wird dem Pagarchen vorgeworfen, mithilfe der Hirten gegen das Dorf vorzugehen, doch könnten auch schlichtweg gemeinsame Interessen eine solche Interaktion motiviert haben.

III 2 Verhältnis zum Militär[84]

Eine Zusammenarbeit des Pagarchen mit dem Militär scheinen die Petitionen P.Cair.Masp. I 67002 und 67021 des Dioskoros-Archivs zu dokumentieren. In beiden Fällen begegnen im Zusammenhang mit den bereits oben genannten Floskeln auch στρατιωτικαὶ βοήθειαι, unter deren Mithilfe die Übergriffe auf das Dorf Aphrodite vonseiten des Pagarchen erfolgt seien[85]. Während sich im letztgenannten Text kein weiterer Verweis auf militärische Kräfte findet, sind in P.Cair.Masp. I 67002 Soldaten in die Eintreibung vermeintlich ausstehender Steuerzahlungen und einen damit ver­bundenen Zugriff auf Steuerschuldner involviert. Dabei wird ein βικάριος τῶν στρατιωτῶν Σκυθῶν καὶ τῶν Μακεδόνων (II 12) erwähnt, welcher offenbar gemein­sam mit dem Pagarchen die Zahlungen der Dorfbewohner überwacht, während sich eine Weisungsbefugnis des Pagarchen den Soldaten gegenüber nicht ersehen lässt[86]. Daher stellt der Ausdruck βοήθειαι wohl keinen Hinweis auf eine hierarchische Unterordnung dar. Die Zusammenarbeit scheint jedenfalls von den Dorfbewohnern als legitim betrachtet worden zu sein, da sie nicht weiter kommentiert wird. Es offenbart sich das Bild, dass das lokale Militär dem Pagarchen zwar nicht unterstand, beide Seiten jedoch fallweise zur Durchsetzung ihrer jeweiligen Interessen mitein­ander kooperierten[87]. Diese Beobachtung erhält dadurch Plausibilität, dass die den Einheiten vorstehenden Tribunen in der Regel derselben sozialen Schicht entstammten wie die Pagarchen und deshalb ähnliche Interessen verfolgt haben könnten[88].

III 3 Kooperation mit auswärtigen Autoritäten

Die in der zweiten Kolumne von P.Cair.Masp. I 67002 geschilderten Vorgänge gestatten es, einige Überlegungen zur Frage nach der territorialen Bindung der Exekutivgewalt des Pagarchen und der Kooperation mit anderen staatlichen Würden­trägern anzustellen. In dem genannten Passus beschweren sich einige Dorfbewohner von Aphrodite, dass sie von einem gewissen Serenos festgenommen worden seien, als sie sich gerade auf dem Viehmarkt des Dorfes Thinis befanden. Serenos sperrte die Männer zunächst in ein örtliches Gefängnis. Von dort wurden sie nach Antinoupolis überstellt — offenbar ohne Kenntnis des dux, obwohl dies doch dessen Amtssitz war — und anschließend ins Gefängnis von Antaiupolis gebracht, also wieder in den Einflussbereich des für sie zuständigen Pagarchen Menas. Es deutet alles auf eine Kooperation hin, denn es heißt, dass Menas dem Serenos vor der Festnahme einen Brief geschrieben habe; Menas hat demnach offenbar durch Serenos mutmaßliche Steuerschuldner festnehmen lassen, welche dieser ihm dann überstellte [89].

Woher besagter Serenos die Autorität nahm, Inhaftierungen anzuordnen, ist nicht klar zu erkennen. Er wird als περίβλεπτος κόμες, ἰλλούστριος μεγαλοπρεπέστατος sowie als λογιώτατος σχολαστικός (II 2), später noch als ἐνδοξότατος ἰλλούστριος (II 4) bezeichnet [90]. Die Zugriffe wurden von διοικηταί des Serenos durchgeführt (II 4) und einer von dessen μειζότεροι konfiszierte später Gewänder und Hausrat[91] der Inhaftierten (II 9). In beiden Fällen übernahmen also Bedienstete der domus des Serenos und keine amtlichen Kräfte die Verhaftungen. Ob diese Bediensteten jedoch möglicherweise in einer amtlich legitimierten Funktion handelten — etwa über ein munus ihres Grundherrn —, ist nicht mit Sicherheit zu klären: Einerseits spricht die Tatsache, dass die Gefangenen von Thinis nach Antinoupolis — dem ‚Justizzentrum‘ der Thebais — gebracht wurden, für die Vermutung, dass wir es mit einem offiziellen Gefangenentransport zu tun haben. Andererseits legt der Wortlaut der Eingabe in diesem Abschnitt eine andere Ansicht nahe: Die Petenten scheinen nämlich generell den Zugriff des Serenos zu kritisieren; von einer Verteidigung gegen etwaige Vor­würfe ist im Gegensatz zu anderen im Text geschilderten Anlässen keine Rede – vielmehr wird sogar auf eine Anweisung des damaligen dux verwiesen, dass die Ge­fangenen aus dem Gewahrsam des Serenos hätten entlassen werden sollen. Zudem verstärkt der Umstand, dass Serenos einen Teil jener Tiere zurückgibt, die er während der Inhaftierung der Bittsteller in Beschlag genommen hatte[92], den Eindruck eines im Grunde illegitimen Zugriffs.

In jedem Fall spricht neben der herausgehobenen Titulatur die Verortung des Serenos gegen die Möglichkeit, dass es sich um einen Untergebenen des Pagarchen Menas handeln könnte, denn mit „Thinis“ ist wohl das Dorf Thynis im Hermopolites gemeint[93], während Menas Pagarch von Antaiupolis ist. Offenbar war hier also die Kompetenzverteilung geregelt und Menas konnte nicht kraft der eigenen Amtsgewalt auf Individuen zugreifen, die sich außerhalb seines Zuständigkeitsbereiches aufhielten[94].

III 4 Amtliche Vorgesetzte[95]

In der vorliegenden Evidenz lassen sich einige Personen identifizieren, welche dem Pagarchen in Belangen der öffentlichen Sicherheit direkte Anweisungen erteilen konnten. Zunächst ist hier auf das justinianische Edikt XIII aus dem Jahr 539 zu verweisen, in dessen Kapiteln 1, 12 und 25 relevante Informationen zu finden sind[96]. Demzufolge scheint der Pagarch zwar dem dux unterstellt gewesen zu sein, doch konnte er von diesem nicht abgesetzt werden. Etwaige Anschuldigungen waren dem praefectus praetorio zu melden, bevor zuletzt der Kaiser selbst über eine Absetzung zu entscheiden hatte.

Die vorliegende papyrologische Evidenz bestätigt diesen Befund, denn auch in Fragen der öffentlichen Sicherheit scheint in unseren Urkunden stets derdux als Vorgesetzter des Pagarchen zu agieren. In P.Cair.Masp. I 67003 ist die Situation eindeutig: Die Petenten treten schriftlich an den dux Thebaidos heran und bitten diesen, dem Pagarchen eine ‚Unterlassungsvollstreckung‘ gegenüber einer bestimm­ten Person anzuordnen. Auch in den Eingaben P.Cair.Masp. I 67002 und P.Lond. V 1674 wenden sich die Petenten an den dux, in beiden Fällen mit dem Anliegen, dem Pagarchen Einhalt zu gebieten. In P.Lond. V 1677 schreiben die Petenten jedoch an einen magister. Dies ist umso auffälliger, als der Text denselben Sachverhalt betrifft wie die Petition P.Cair.Masp. I 67002 — womit die etwaige Vermutung einer thematisch begründeten Zuständigkeit der magistri in diesem Fall haltlos wird. P.Lond. V 1677 ist vermutlich später als P.Cair.Masp. I 67002 zu datieren und darüber hinaus tritt Dioskoros hier selbst als Absender auf, während in P.Cair.Masp. I 67002 formal die Dorfgemeinschaft als Bittstellerin fungiert. Es wäre demnach denkbar, dass Dioskoros sich von einer hochgestellten Person, die ihm persönlich vertraut war, eher Hilfe erwartet haben könnte. Doch selbst dann bleibt fraglich, ob man darunter eine unmittelbare Hilfe des magister gegen den Pagarchen zu verstehen hat. Wahr­scheinlicher ist wohl, dass im Falle persönlicher Verbindungen die magistri gegenüber dem dux für eine raschere Bearbeitung der Petition sorgen sollten. Auch die Eingabe P.Cair.Masp. I 67003 ist explizit nur indirekt, nämlich über einen magister, an den dux adressiert.

Die Eingabe P.Cair.Masp. I 67019 Verso sowie der Reskriptentwurf P.Cair.Masp. I 67024 bezeugen dagegen die Kommunikation der Bewohner Aphrodites mit dem Kaiserhaus bezüglich der Amtsführung des Pagarchen. Beide Texte sind vermutlich anlässlich eigener Reisen des Dioskoros nach Konstantinopel entstanden; wie die örtliche Prozedur vonstatten ging und in welchem Ausmaß direkter Kontakt mit höchsten kaiserlichen Beamten tatsächlich erfolgte, entzieht sich freilich unserer Kenntnis.

IV Ergebnis

Die Pagarchen nahmen nicht nur eine bedeutende Position innerhalb der byzantinischen Steuer- und Finanzverwaltung Ägyptens ein; ihnen kamen auch verschiedene ordnungspolitische Kompetenzen zu. Die diesbezüglich relevanten Dokumente können in zwei Gruppen eingeteilt werden. Dabei handelt es sich zum einen um Urkunden aus dem Dioskoros-Archiv von Aphrodite, welche in ihrer Mehrzahl Petition an Vorgesetze des Pagarchen beinhalten; zum anderen finden sich Enthaftungsbürgschaften und Unterlassungserklärungen an Pagarchen aus Mittel­ägypten. Zwischen den Befunden dieser beiden Quellengruppen lassen sich keine Widersprüche im Hinblick auf die Ergebnisse der inhaltlichen Auswertung konsta­tieren. Alle diese Texte werden in die 540er Jahre oder später datiert, also in justi­nianische und nachjustinianische Zeit. Da jedoch sichere Zeugnisse älteren Datums fehlen, bleibt unklar, inwieweit Pagarchen erst unter Justinians Regierung mit genauer umrissenen exekutiven Kompetenzen betraut wurden.

Kompetenzen des Pagarchen im Bereich des öffentlichen Sicherheitswesens

In der Dokumentation der byzantinischen Zeit sind vor allem zwei Aufgaben­bereiche als Kernkompetenzen des Pagarchen deutlich zu greifen: der Zugriff auf Steuerschuldner sowie der Zugriff auf Privatbesitz. Beide entsprangen vermutlich der angestammten Verantwortung des Pagarchen für das Steuer- und Finanzwesen. Der reguläre Charakter dieser Amtstätigkeit lässt sich insbesondere aus den Eingaben ableiten, denn in diesen werden entweder konkrete Mängel im Verfahrensablauf der Steuererhebung oder aber das Privileg der Autopragie als Argumente gegen einen Zugriff des Pagarchen im konkreten Fall ins Feld geführt. Soweit erkennbar, ist auch eine bislang nur singulär bezeugte Geiselhaft durch den Pagarchen mit dem Delikt der Steuerschuld in Zusammenhang zu bringen.

Einige Urkunden legen die Vermutung nahe, dass dem Pagarchen unter be­stimmten Umständen auch ein Zugriffsrecht in nichtfiskalischen Belangen zustand, doch lassen sich die diesbezüglichen Voraussetzungen nicht eindeutig aus den Texten ableiten. Dieser Punkt ist jedoch insofern bemerkenswert, als er dem Charakter des Pagarchen als eines reinen Fiskalbeamten am augenfälligsten zu widersprechen scheint. Des Weiteren ist zumindest ein Fall einer ‚Unterlassungsvollstreckung‘ — offenbar in nichtfiskalischem Kontext — bezeugt, die allerdings lediglich auf eine Anweisung von höherer Stelle hin erfolgt.

Eine Einbindung des Pagarchen in organisierte Maßnahmen zur Bekämpfung der Flüchtigenproblematik ist der byzantinischen Evidenz nicht zu entnehmen; über die Gründe kann nur spekuliert werden. Bis zu einem gewissen Grad kann der Umgang mit flüchtigen Personen aus der Verantwortung des Pagarchen im Bereich des Ge­fängniswesens abgeleitet werden[97]. Im Gegensatz zur arabischen Zeit ist allerdings weder irgendeine Form von unmittelbarer Zuständigkeit beim eigentlichen Zugriff noch eine Beteiligung an etwaigen systematischen Suchaktionen dokumentiert.

Der Pagarch als Sicherheitsorgan

In byzantinischer Zeit trat der Pagarch als Sicherheitsorgan zur Durchsetzung seines Amtsauftrags einerseits mit anderen Instanzen in Interaktion, andererseits scheint er auch eigenem Exekutivpersonal gegenüber weisungsbefugt gewesen zu sein. Unmittelbarer Vorgesetzter des Pagarchen in Belangen der öffentlichen Sicher­heit war der dux; jedoch intervenierten in Einzelfällen offenbar auch höhere Stellen bis hin zum Kaiser selbst in Fragen der Amtsführung der Pagarchen. Allerdings finden sich in der Dokumentation auch Beispiele für die Wirksamkeit persönlicher Ein­flusssphären jenseits bürokratischer Hierarchien. So wandten sich vereinzelt Petenten nicht direkt an den Pagarchen oder den dux, sondern ersuchten einflussreiche kirchliche Fürsprecher darum, ihr Anliegen bei den Behörden vorzutragen.

Dagegen lässt sich unterhalb des Pagarchen keine detaillierte hierarchische Struk­tur herausarbeiten. Eine Zugriffsmöglichkeit des Pagarchen auf Dorfebene wird durch die εἰρηνάρχαι sowie die ihnen beigeordneten φύλακες in P.Bodl. I 53 nahegelegt. Weiteres Wachpersonal verpflichtet sich dem ‚pagarchierenden‘ Grundherrn in P.Oxy. I 139 und P.Oxy. LXVI 4536 zur Bewachung einzelner Flurabschnitte.

Um Personen- oder Besitzzugriffe zu erwirken, konnten auch vom Pagarchen unabhängige Institutionen eingebunden werden: So scheint das Militär den Pagarchen bei der Umsetzung ordnungspolitischer Maßnahmen unterstützt zu haben, was seitens der Zivilbevölkerung offensichtlich als legitim empfunden wurde. Undeutlich bleibt dagegen die Einbindung von zu Sicherheitsaufgaben verpflichteten κοινά in die allgemeine Organisationsstruktur zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit. Auffällig ist ferner, dass in der byzantinischen Dokumentation keinerlei Zeugnisse für eine Verbindung des Pagarchen zu Sicherheitsfunktionären auf civitas-Ebene, bei­spielsweise dem riparius, vorliegen. Inwieweit dies als ein Indiz für die zunehmende Ausweitung des Aufgabenbereichs der Pagarchen auf der Ebene der civitates gewertet werden kann, muss an anderer Stelle untersucht werden.

Wie der Befund der zweiten Kolumne von P.Cair.Masp. I 67002 nahelegt, dürfte es im Falle regional übergreifender Sicherheitsbelange zu einer Verständigung zwi­schen den jeweiligen lokalen Autoritäten gekommen sein, wodurch sich eine gewisse Territorialisierung der Amtsbereiche verdeutlicht.


Anhang II: κῶμαι παγαρχούμεναι

In einigen der hier herangezogenen Urkunden — nämlich jenen aus Oxyrhynchos — fehlt die Pagarchentitulatur; stattdessen findet sich jedoch die Angabe, dass das Dorf, aus welchem die jeweiligen Absender und/oder verbürgten Personen stammen, durch den Adressaten bzw. dessen οἶκος „pagarchiert“ werde [100]. Was man unter solchen κῶμαι παγαρχούμεναι genau zu verstehen hat, ist nicht geklärt. Zuletzt hat sich Nikolaos Gonis mit der Thematik auseinandergesetzt und den Befund dahin­gehend ausgelegt, dass „[t]he κῶμαι were normally under the control of the pagarch, but it appears that their fiscal administration could be exercised by great landowners, whose authority was similar to that of the pagarch“ [101].

Trotz der unklaren Deutung des Ausdrucks κώμη παγαρχουμένη lassen sich die entsprechenden Dokumente für die vorliegende Untersuchung verwenden, was sich meines Erachtens aus folgenden Überlegungen ergibt: Die Formel findet sich aus­schließlich im Zusammenhang mit κῶμαι, wohingegen ἐποίκια als κτήματος τῆς ... oder διαφέροντος τῇ ... bezeichnet werden. Diese konsequente Unterscheidung weist auf eine zugrundeliegende administrative Einrichtung hin. Wenn die für ἐποίκια gebrauchten Formen dadurch erklärt werden können, dass — wie Gonis ausführt — solche Weiler keinen eigenen juristischen Status hatten, sondern als ‚Besitz‘ jener Grundherren galten, so muss sich die Bezeichnung κώμη παγαρχουμένη im Gegensatz dazu auf den Umstand beziehen, dass die hier angeschriebenen Grundherren — wenn sie schon keine Pagarchen waren — gegenüber diesen Dörfern aus einer Position heraus agierten, welche normalerweise mit Pagarchen assoziiert wurde: Die Adres­saten solcher Urkunden waren demnach im Falle der ἐποίκια in ihrer Rolle als Großgrundbesitzer involviert, während sie gegenüber ‚pagarchierten‘ Dörfern in er­weiterter Funktion auftraten[102]. Die Organisation der Pagarchie nahm im Oxy­rhynchites also möglicherweise besondere Formen an[103]. Dennoch können jene Urkunden, in denen von κῶμαι παγαρχούμεναι die Rede ist, als Quellen für Kom­petenzen des Pagarchen gelten. Sowohl für die Enthaftungsbürgschaften als auch für die Unterlassungserklärungen, welche sich an ‚pagarchierende‘ Grundherren richten, lassen sich jeweils Parallelen aus dem Arsinoites finden, die explizit an „Pagarchen“ adressiert sind[104].

Anhang III: Testimonium incertum

Ein im Hinblick auf den übrigen Quellenbefund ungewöhnliches Zeugnis stellt P.Oxy. XVI 1831 (Tholthis [Oxyrhynchites]; spätes 5. Jh.) dar, dessen Datierung sich allein auf die Paläographie stützt, wobei auch das frühe 5. sowie das frühe 6. Jh. nicht ausgeschlossen werden können. Der Text ist voller orthographischer wie gram­matikalischer Ungenauigkeiten und behandelt den Diebstahl von Vieh des Dorfes Tholthis durch Hirten des Dorfes Takona. In der Folge teilt nun der Vorsteher von Tholthis demjenigen von Takona unter anderem mit, dass οὐδὲ γὰρ ἔχο|μεν πρᾶγμα μετὰ τῆς ἀδί̣α̣ς̣ τῶν ὑμῶν πα̣γ̣άρχον (Z. 8–9). An dieser Stelle wird nicht recht deutlich, was genau unter ἀδί̣α̣ς zu verstehen ist. Ebenso bleibt unklar, ob ὑμῶν oder doch ἡμῶν gemeint ist und ob es sich um einen oder mehrere Pagarchen handelt.

Unter der Annahme, dass μετὰ τῆς ἀδ<ε>ί̣α̣ς̣ τῶν <ἡ>μῶν πα̣γ̣άρχ<ω>ν zu lesen ist, zielt die Rhetorik des Schreibens offenbar darauf ab, den Adressaten von einer un­komplizierten bilateralen Einigung zu überzeugen („und wir führen nämlich auch keine Klage unter dem Schutz unserer Pagarchen“) [105]; als Drohung fungiert dabei offenkundig nicht allein die Verpflichtung zur Rückgabe der gestohlenen Tiere, sondern vor allem die Strafexekution gegenüber Kriminellen durch die Pagarchen[106]. Demnach wird an dieser Stelle wohl eine Kooperation zwischen gleichrangigen Kollegen impliziert. Da beide Dörfer im Oxyrhynchites liegen und somit demselben civitas-Territorium angehört haben dürften, müsste man annehmen, dass der Fall einer kollegialen Pagarchie vorliegt. Eine weitere Erklärung wäre, dass die hier genannten „Pagarchen“ (noch) nicht über jene Machtfülle verfügen, wie sie uns im Verlauf des 6. Jh. entgegentritt [107]. Da die Probleme, die dieser Text aufwirft, so vielschichtig sind, wurde er hier nicht in die Auswertung mit einbezogen.

Anhang IV: Testimonium delendum

Das Zeugnis P.Flor. III 295+P.Lond. V 1678 (Antinoupolis; 566–568) ist aus den Belegen für Pagarchen zu streichen. In P.Flor. III 295, 11 ist laut Edition zu lesen: Θ]ω̣μᾶν [τ]ὸν λα[μπρ]ό̣τατον καὶ [παγ]άρχ(ην) τοποτη̣[ρο]ῦντα τῆς̣ [Ἀ]ν̣ταίου καὶ τούτους ἅμ[α τ]οῖς ἑπομένοις αὐ[τ]οῖ[ς] στρατιώταις. Eine Lesung nach dem Foto gemeinsam mit Fritz Mitthof, Federico Morelli und Alexandra Jesenko ergab allerdings, dass [παγ]άρχ(ην) nicht nachzuvollziehen ist und ausgeschlossen werden muss, zumal eine quasi substantivierte λαμπρότατος-Titulatur vor καί kaum denkbar erscheint. Laut Jean-Luc Fournet sollte vielmehr [τ]ὸν λα[μπρ]ό̣τατον καγ̣[κελλ]ά̣ρ(ιον) τοποτη̣[ρο]ῦντα gelesen werden[108]. Damit entfallen sowohl ein Zeugnis für eine Ämterkumulation von Pagarch und τοποτηρητής als auch ein expliziter Verweis auf eine dem Pagarchen unterstehende militärische Truppe.

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Departement Altertumswissenschaften
Fachbereich Alte Geschichte
Universität Basel
Petersgraben 51
4051 Basel, Schweiz
matthias.stern@unibas.ch

Matthias Stern

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* Dieser Aufsatz entstand im Rahmen des Projekts S10809-G18 „Police Authorities in Late Antique Egypt“ innerhalb des vom Wissenschaftsfonds FWF finanzierten und an der Universität Wien angesiedelten Nationalen Forschungsnetzwerks (NFN) „Imperium and Officium. Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom“. Wertvolle Hinweise verdanke ich Bernhard Palme und Sven Tost (beide Universität Wien) sowie dem anonymen Gutachter. Folgende Kurztitel werden gebraucht: Kovarik, Archiv = S. Kovarik, Das Archiv des Notars Panuphios (Dipl.-Arbeit), Wien 2005; Mazza, Ricerche = R. Mazza, Ricerche sul pagarca nell’Egitto tardoantico e bizantino, Aegyptus 75 (1995) 169–242.

[1] Vgl. J. H. W. G. Liebeschuetz, The Pagarch. City and Imperial Administration in Byzantine Egypt, JJurPap 18 (1974) 163–168, hier 165–166, sowie Mazza, Ricerche, 219–225, die jeweils einzelne der hier vorgestellten Papyri anführen. Vgl. auch S. Torallas Tovar, The Police in Byzantine Egypt. The Hierarchy in the Papyri from the Fourth to the Seventh Cen­turies, in: A. McDonald, C. Riggs (Hrsg.), Current Research in Egyptology 2000, Oxford 2001, 115–123, hier 119–120. Für einen Überblick über die Pagarchie siehe generell Mazza, Ricerche mit der dort in Anm. 1 angeführten Literatur.

[2] Es handelt sich im Einzelnen um die Formen πάγαρχος, παγάρχης, παγαρχία, παγαρχικός sowie παγαρχεῖν. Den provisorischen Charakter dieser Studie verdeutlicht nichts mehr als die Tatsache, dass sie prosopographische Kriterien wie auch Analysen der Ämter- und Titelkumulation außer Acht lässt.

[3] Siehe Anhang I–IV.

[4] Zu den ordnungspolitischen Kompetenzen des praepositus pagi siehe N. Lewis, Two Petitions for Recovery, JJurPap 2 (1948) 51–66, bes. 54 mit Anm. 10, und Torallas Tovar, The Police (o. Anm. 1) 118. Vgl. Basil.Epist. III 2 (Kappadokien; 360–363): διὰ τοῦ παγάρχου συλ­ληφθεὶς ἐν τῷ δεσμωτηρίῳ (siehe auch Anm. 107).

[5] J. H. W. G. Liebeschuetz, The Origin of the Office of the Pagarch, ByzZ 66 (1973) 38–46. Vgl. Mazza, Ricerche, 177–180 und 186, Anm. 55 sowie J. D. Thomas, The Office of Exactor in Egypt, CdÉ 34 (1959) 124–140.

[6] J. Gascou, La pagarchie collégiale en Égypte byzantine, in: J. Gascou (Hrsg.), Fiscalité et société en Égypte byzantine (Bilans de recherche 4), Paris 2008, 43–50, erstmals als: La détention collégiale de l’autorité pagarchique dans l’Égypte byzantine, Byzantion 42 (1972) 60–72.

[7] Siehe dazu J. Gascou, Les grands domaines, la cité et l’état en Égypte byzantine. Re cherches d’histoire agraire, fiscale et administrative, in: J. Gascou (Hrsg.), Fiscalité (o. Anm. 7) 125–213, erstmals: T&MByz 9 (1985) 1–90; J. Tuck, The oikoi and Civic Government in Egypt in the Fifth and Sixth Centuries, in: R. Alston, O. M. van Nijf (Hrsg.), Political Culture in the Greek City after the Classical Age, Leuven, Paris, Walpole 2011, 287–305.

[8] P.Cair.Masp. I 67002; 67003; 67005; 67019 Verso; 67021; 67024; III 67283; P.Lond. V 1674; 1677.

[9] Zur Gattung siehe J.-L. Fournet, Entre document et littérature. La pétition dans l’Antiquité tardive, in: D. Feissel, J. Gascou (Hrsg.), La pétition à Byzance (Centre de Re­cherche d’Histoire et Civilisation de Byzance, Monographies 14), Paris 2004, 61–74.

[10] Mittelbar: P.Cair.Masp. I 67003; P.Lond. V 1677. Unmittelbar: P.Cair.Masp. I 67002; 67005; P.Lond. V 1674.

[11] P.Cair.Masp. I 67021, 15–18: παρακαλο(ῦ)ντ̣ε̣ς̣ | ὑ̣π̣εισελθεῖν [τ]ὸ̣ κα[θʼ ἡ]μᾶς πρᾶγμα, κα[ὶ] μὴ ἀ̣ν[έχ]ε̣σ̣θ̣[αι] | τ̣ὸ εὐαγὲς μον(αστήριον) ἀδικηθῆναι παρὰ̣ Μ̣η̣νᾶ τοῦ λα̣μ̣π̣ρ̣ο(τάτου) | σ̣κ̣ρ̣ιν[ια]ρίου καὶ παγά̣ρ̣χο(υ) τῆς Ἀνταίο(υ).

[12] Zur öffentlichen Rolle geistlicher Autoritäten, insbesondere als Fürsprecher von Privat­leuten gegenüber staatlichen Stellen, siehe G. Schmelz, Kirchliche Amtsträger im spätantiken Ägypten nach den Aussagen der griechischen und koptischen Papyri und Ostraka (APF-Beiheft 13), München 2002, 255–261.

[13] Zur Patronage der Theodora für das Dorf Aphrodite siehe J. G. Keenan, Byzantine Egyptian Villages, in: R. S. Bagnall (Hrsg.), Egypt in the Byzantine World 300–700, Cambridge 2007, 226–243, hier 233 mit Literatur, sowie G. Azzarello, Il dossier della domus divina in Egitto, Berlin, Boston 2012, 41.

[14] P.Cair.Masp. I 67002; 67019 Verso; 67021; III 67283; P.Lond. V 1674; 1677.

[15] P.Cair.Masp. I 67005, 19: ἐκέλευσεν ὁ δεσπ(ότης) μου ὁ λαμπρ(ότατος) κύριος Κόλλουθος ὁ καγκελλάριος κ(αὶ) παγάρχης ἀπολυθῆναί με.

[16] Dieser Text wird hier und im Folgenden lediglich als P.Cair.Masp. I 67024 zitiert. Auf dem Verso desselben Papyrus sowie in P.Cair.Masp. I 67025 finden sich jedoch zwei gering­fügig abweichende, lückenhafte bzw. stellenweise erweiterte Varianten desselben Textes.

[17] C. Zuckerman, Les deux Dioscore d’Aphroditè ou les limites de la pétition, in: D. Feissel, J. Gascou (Hrsg.), La pétition (o. Anm. 9) 75–92, bes. 82–83 und 88–90. Vgl. P. van Minnen, Dioscorus and the Law, in: A. A. MacDonald, M. W. Twomey, G. J. Reinink (Hrsg.), Learned Antiquity. Scholarship and Society in the Near-East, the Greco-Roman World, and the Early Medieval West, Leuven, Paris, Walpole 2003, 115–133.

[18] Kovarik, Archiv, Nr. 2; 3; P.Cair.Masp. I 67094; P.Oxy. XXIV 2420; XLIV 3204; LXX 4802; PSI I 52.

[19] Zu den Gestellungsbürgschaften siehe die Literatur in CPR XXIV, S. 139, Anm. 1 und 2.

[20] B. Palme, Pflichten und Risiken des Bürgen in byzantinischen Gestellungsbürgschaften, in: E. Cantarella, J. Mélèze-Modrzejewski, G. Thür (Hrsg.), Symposion 1999. Vorträge zur griechischen und hellenistischen Rechtsgeschichte. La Coruña. 6.–9. September 1999, Köln, Weimar, Wien 2003, 531–555.

[21] Zur ἀναχώρησις im spätbyzantinisch-früharabischen Ägypten F. Morelli, Agri deserti (mawât), fuggitivi, fisco. Una κλήρωσις in più in SPP VIII 1183, ZPE 129 (2000) 167–178, hier 171–172 mit Anm. 15 und 19 für weitere Literatur.

[22] P.Lond. V 1674, 100–105: εἰ παρ]|ασταίη προστάξαι ἐπ̣ί̣ τ̣[ε(?)] δελτίῳ πάν̣τα̣ τὰ καθʼ

ἡμᾶς δια ̣[ ̣] | [ ̣ ̣]ζ̣ωθῆναι εἴς τε ἐκδίκησιν πᾶσαν καὶ κατόρθωσιν τοῦ μεῖν̣[αι] | δυνάσθαι ἡμᾶς ἐν τοῖς ἰδίοις ἀδιαστρόφως καὶ ἀταράχως | καὶ μὴ ἀναγκασθῆναι πλάζεσθαι̣ [ -ca.17- ] \ ̣κ̣ ̣ ̣ ̣/ | τῆς ἡμῶν πατρίδος.

[23] P.Apoll. 9; 13; 14 (alle Apollonopolites; 2. H. 7. Jh.) sowie P.Lond. IV 1332; 1333; 1343; 1384; P.Ross.Georg. IV 1 (alle Aphrodite; 708–710).

[24] Zu den ‚pagarchierten‘ Dörfern (κῶμαι παγαρχούμεναι) und ihrer Beziehung zu den Grundherren und zur Pagarchie siehe Anhang II. – Eine Diskussion der Beziehung des Pag­archen zu ‚öffentlichen‘ Gefängnissen wie auch zu den Kerkern der grundherrlichen οἶκοι findet sich in M. Stern, Welche Gefängnisse kontrolliert der Pagarch?, in: PapCongr. XXVII (Band in Druck).

[25] So im Fall von Kovarik, Archiv, Nr. 2 und 3 (siehe Abschnitt II 1) sowie PSI I 52 (siehe Abschnitt II 2).

[26] P.Oxy. XXIV 2420, 13–15: ἐ]φʼ ᾧ̣τε α̣ὐ̣τοὺς ἀδι̣α̣λ̣εί̣π̣τ̣ως παραμεῖναι καὶ δι̣ά̣γ̣ε̣ι̣ν̣ | ἐν τῇ αὐτῇ κώμῃ κ̣α̣ὶ̣ μ̣ηδα̣μ̣ῶ̣ς̣ αὐτοὺς ἀπολειμπάνεσθαι (l. ἀπολιμπάνεσθαι) μήτε̣ μὴν με̣θ̣ί̣σ̣τ̣ασ̣θ̣α̣ι̣ | εἰς ἕτερο̣ν̣ τόπον.

[27] P.Oxy. XXIV 2420, 17–19: ε̣[ἰ] δ̣ὲ̣ μὴ̣ τ̣οῦτ̣ο̣ | π̣[ο]ι̣ή̣σ̣ω, ὁ̣μ̣ο̣λ̣ο̣γ̣ῶ̣ παρασχεῖν τῇ ὑμετέρᾳ̣ ἐν̣δ̣όξ̣ῳ̣ ὑ̣[περοχῇ ὑπὲρ τῆς αὐτῶν ἀπολ]ε̣ί̣[ψε]ω̣ς̣ | χρυσίου̣ [λ]ί̣τ̣ρ̣αν μίαν εὔ̣σταθμ(ον) ζ̣υ̣γ̣ῷ̣ Ἀλε̣ξ(ανδρείας) καὶ̣ κι̣ν̣δ̣ύ̣ν̣ῳ̣ [ἐμῷ καὶ τῆς ἐμῆς ὑπο]σ̣τάσ̣εως.

[28] P.Oxy. LXX 4802, 9–12: ἐφ’ ᾧτε αὐτοὺς ἀδιαλείπτω\ς/ | π̣αραμεῖν̣αι κ̣[αὶ] δ̣ι̣άγειν ἐν τοῖς α̣ὐ̣τῶν τόποις̣ καὶ μηδαμῶ\ς/ | α̣ὐτοὺς ἀπολε̣ι̣μ̣πάνεσθαι (l. ἀπολιμπάνεσθαι) μήτε μὴν μεθίστασθαι | εἰς ἕτερον τόπον.

[29] P.Oxy. XLIV 3204, 13–17: ἐφʼ ᾧ τε αὐ]τ̣ὸν ἀ̣διαλείπτως παραμεῖναι καὶ διάγειν ἐν τῇ αὐτοῦ | [κώμῃ μετὰ τῶν αὐ]τ̣οῦ φιλτάτων καὶ γαμετῆς καὶ κτηνῶν καὶ πάσης τῆς | [αὐτοῦ ἀποσκευῆ]ς ἀποκρινόμενον εἰς ἅπαντα τὰ ὁρῶντα τὸ αὐτοῦ πρόσωπ[ον] | [ἤτοι τὴν τοῦ ἐναπογρά]φ̣ου τύχην καὶ μ̣η̣δαμῶς α̣ὐ̣τ̣ὸ̣ν̣ καταλεῖψα̣ι̣ τ̣ὴν αὐτὴν | [κώμην.

[30] P.Bodl. I 53; P.Oxy. I 139; XVI 1981; LXVI 4536.

[31] So begegnen πρωτοφύλακες als dörfliche Liturgen in der Vorschlagsliste P.Leid.Inst. 75, 2 (Oxyrhynchites; 6.–7. Jh.) sowie als amtliche Polizeikräfte in der Anweisung P.Ross.
Georg. III 20, 4 (Arsinoites; 7. Jh.). Als öffentlicher Würdenträger repräsentiert ein πρωτο­φύλαξ ein χωρίον in der Abrechnung SPP X 60 II 6 (Arsinoites; 8. Jh.); ein weiterer vertritt in der Liste SPP X 279, 1 (Arsinoites; 7.–8. Jh.) Angehörige verschiedener χωρία, wobei der Kontext unklar bleibt. Ähnlich, wie es im Folgenden für die grundherrschaftlichen οἶκοι dargelegt wird, dürfte die Rolle der in P.Batav. 23, 2 und SPP III 2 24A, 2 (beide Herakleo­polites?; 7. Jh.) genannten πρωτοφύλακες zu sehen sein, welche im Umfeld kirchlicher Domänen agieren.

[32] P.Oxy. I 139, 14–16: ἀπὸ κώμης | Ἀδαίου τοῦ Ὀξυρ(υγχίτου) νομοῦ παγαρχουμέ(νης) | παρὰ τῆς ὑμετέρας ὑπερφ(υείας); P.Oxy. LXVI 4536, 15–17: ἀπὸ κώμης Πλεεῖν τοῦ Ὀξυρυγ̣χ(ίτου) | νομοῦ παγαρχουμένης π̣αρὰ τῆς | ὑμετέρας ὑπερφ(υείας).

[33] P.Oxy. XVI 1981, 15–17: ἀπὸ κώμης Ὤφεως τοῦ Ὀξυρ(υγχίτου) νομοῦ | παγαρχουμέ(νης) παρὰ τοῦ ὑμ(ῶν) [ἐν]δόξου | οἴκου.

[34] Vgl. zu dieser Interpretation der Beziehungen öffentlicher Funktionäre zu den Grund­herren die ähnlich akzentuierten Bemerkungen von R. Rémondon,Les contradictions de la societé égyptienne à l’époque byzantine, JJurPap 18 (1974) 17–32, hier 21–24, und S. Tost,Die Unterscheidung zwischen öffentlicher und privatgeschäftlicher Sphäre am Beispiel des Amts der riparii, in: P. Schubert (Hrsg.), Actes du 26e Congrès International de Papyrologie. Genève. 16–21 août 2010 (Recherche et rencontres. Publications de la Faculté des Lettres de l’Uni­versité de Genève 30), Genf 2012, 773–780 zu vermeintlich privaten riparii sowie Rémondon,Les contradictions (wie oben) 24–29, J. Gascou, L’institution des bucellaires, BIFAO 76 (1976) 143–156 und O. Schmitt, Die Bucellarii. Eine Studie zum militärischen Gefolgschaftswesen in der Spätantike, Tyche 9 (1994) 147–174 zur gerne als „Privatarmee“ bezeichneten Institution der bucellarii.

[35] Womöglich haben wir es auch mit einer Institutionalisierung privater Vereinbarungen im öffentlichen Raum zu tun. In diesem Sinne könnten solche Absicherungen vonseiten höherer Amtsträger eingefordert worden sein, um Verantwortlichkeiten bzw. etwaige sich ergebende Haftungsfälle auf die untere Ebene abzuwälzen.

[36] Ich möchte nicht gänzlich ausschließen, auch in P.Oxy. XVI 1981, 14 statt μ̣η̣τ(ρὸς) Φ[ι]λοξ(ένης) eventuell π̣ρ̣ωτοφ[ύ]λ̣α̣ξ zu rekonstruieren, denn gerade die Lesung μ̣η̣ lässt sich in Anbetracht des Schriftbildes im Text nur schwer nachvollziehen. Ferner sind beide Abkür­zungen in dieser Zeit zwar in Einzelfällen belegt, aber äußerst ungewöhnlich. Allerdings ist ein Kürzungsstrich am ξ wohl nicht zu leugnen. Es könnte sich immerhin um eine ungewöhnliche fehlerhafte Schreibung für πρωτοφύλακ(ες) handeln, in welcher der Kürzungsstrich nach­träglich gesetzt wurde, als der Schreiber — welcher aus Routine oder Unachtsamkeit den Singular geschrieben hatte — merkte, dass es sich um zwei Personen handelte. Vgl. die Schreibung πρωτωφήλακ(ος?) für πρωτοφύλαξ in P.Batav. 23, 2 und SPP III2 24A, 2 (siehe Anm. 32).

[37] Auf dem Verso wird die Urkunde als ὁμολ(ογία) τῶν ἀπὸ κώμ(ης) Ὤφεως το[ῦ] Ὀξ[υ]ρ(υγχίτου) νομοῦ bezeichnet. Der Ausdruck τῶν ἀπό zur Bezeichnung der Absender einer Urkunde begegnet, soweit ich dies sehen kann, nur noch einmal in P.Oxy. XVI 1896 (Oxyrhyn­chos; 577), dessen Verso den Vermerk γρ(αμμάτιον) τῶν ἀπὸ τοῦ κτήμ(ατος) Λέοντος trägt. Auf dem Recto versichern acht ἐναπόγραφοι γεωργοί unter einem φροντιστής die Zahlung von Wein, wobei der Ausdruck ἐνεχόμενοι (Z. 15) sowie der Verweis auf noch ausstehende Zahlun­gen (Z. 19–20) auf eine regelmäßige Verpflichtung verweist, welche dem gesamten κτῆμα zugekommen sein muss. Demzufolge sind die Vertragspartner des Pagarchen aus P.Oxy. XVI 1981 möglicherweise als öffentliche Vertreter des gesamten Dorfes aufzufassen.

[38] So dachte bereits der Herausgeber R. P. Salomons. Vgl. P. Sänger, Die Eirenarchen im römischen und byzantinischen Ägypten, Tyche 20 (2005) 143–204, hier 195 mit Anm. 153, sowie Torallas Tovar, The Police (o. Anm. 1) 120–121.

[39] P.Cair.Masp. I 67002; 67019 Verso; 67021; 67024; III 67283; P.Lond. V 1674; 1677.

[40] P.Cair.Masp. I 67002 I 13–15.

[41] P.Cair.Masp. I 67002 II 25.

[42] P.Cair.Masp. I 67002 III 12–14. Siehe zu den μηλονόμοι Abschnitt III 1.

[43] P.Cair.Masp. I 67002 III 5–9.

[44] Vgl. P.Cair.Masp. I 67002 I 16–17: εὐγνωμόνως καὶ πληρωτικῶς καθʼ ἔτος παρέχων
(d. i. Dioskoros) | τὰ τούτων δημόσια. Siehe auch die im folgenden Abschnitt besprochenen Per­sonenzugriffe. Später ist explizit davon die Rede, dass die Übergriffe gegen das Dorf Aphrodite προφάσει δημοσίων (II 17) erfolgt seien.

[45] P.Cair.Masp. I 67002 II 13: οὐδὲ μὴν κατελογίσατο τῷ δημοσίῳ τῆς ἡμῶν κώμης Ἀφροδίτης.

[46] P.Cair.Masp. I 67002 II 24–25.

[47] P.Cair.Masp. I 67021 Verso, 9: τα[ύ]τ̣η̣[ν] (sc. κώμην) ἐ̣π̣ρ̣αίτευσεν respektive 19–20: ἀ̣φ̣ε̣ί̣[λα]το τὸν σ̣ῖτον τῶν | ἐκ(φορίων(?)) τῶν κ̣τη[μ]άτων ἡ̣μ̣[ῶν].

[48] P.Cair.Masp. I 67021 Verso, 3–4.

[49] P.Lond. V 1674, 77: μετὰ τῶν λῃστρικῶν ἐφόδων.

[50] P.Lond. V 1674, 44–48.

[51] P.Lond. V 1677, 13–16.

[52] P.Cair.Masp. I 67019 Verso, 17–22.

[53] P.Cair.Masp. III 67283, 5–8.

[54] P.Cair.Masp. I 67024, 35–37: ἐπειδὴ δὲ οὐκ ἠνέσχο[ν] | τὸ τούτου τοῦ μέρους ἐπελθεῖν αὐτοῖς καὶ πραγμάτων ἁρπαγ̣ὴ̣ν̣ | ἁμαρτῆσαι.

[55] P.Cair.Masp. I 67019 Verso, 1–6; 67024, 30–35; III 67283, pg1, 2–3.

[56] C. Zuckerman, Du village à l’Empire. Autour du registre fiscal dAphroditô 525/526 (Centre de Recherche d’Histoire et Civilisation de Byzance, Monographies 16), Paris 2004, bes. 213 zu P.Cair.Masp. I 67002.

[57] Kovarik, Archiv, Nr. 2; 3; P.Cair.Masp. I 67002; 67019 Verso; 67021; 67024; III 67283; P.Lond. V 1674; 1677.

[58] Siehe Abschnitt II 1.

[59] P.Cair.Masp. I 67002 II 4: καὶ καιροτηρηθέντες τοτὲ παρὰ τῶν διοικητῶν το(ῦ) ἐνδοξ(οτάτου) ἰλλ(ουστρίου) Σερήνο(υ) καὶ ἐβλήθημεν εἰς τὴν ἐκεῖθεν οὖσαν εἱρκτήν (sc. offenbar im Auftrag des Menas; siehe zu diesem Passus Abschnitt III 3); II 14: (sc. Μηνᾶς) ἀφῆκεν ἐν τῇ φυλακῇ ἐπὶ ἄλλους τεσσάρας μῆνας; III 4–5: καὶ τοὺς ταλ[αι]π[ώρους] | ἡμᾶς λεπτοκτήτορας ἐξεδίωξεν; P.Cair.Masp. I 67021, 16–17: καὶ ο(ὕ)τως οὐκ ὤκνησεν ἀ̣ν̣ατρέψαι τὸν διο̣[ι]κ̣η̣[τ]ὴ̣ν̣ ἡ̣μ̣ῶ(ν) | ἀλ̣ό̣γ̣ως.

[60] P.Lond. V 1677, 22–34, bes. 22: κατέσχεν τὸν ἐμὸν υἱὸν ὑπὲρ ἀλλοτρίων δημοσίω(ν). Der restliche Passus ist nur lückenhaft überliefert, aber dem Sinn nach deutlich. Vgl. Z. 37–38: [ -ca.?- δ̣ι̣ὰ̣ τῆς] β̣α̣σ̣ι̣λικῆς π̣ροστάξεως ἀνῃρέθη ἄνθρωπός ποτε ταμιευθεὶς | [ -ca.?- ] ̣ ̣ε̣ν̣ος ἀναιρεῖται.

[61] P.Lond. V 1677, 32: τ̣ο(ῦ) υἱοῦ \μου/ μηδὲν τοῦ Ἀπολλῶτος παντελῶς μεταχειριζομένο(υ).

[62] P.Cair.Masp. I 67019 Verso, 19: με̣τ̣ʼ [ἀ]λ̣[λο]φ̣[υ]ο̣ῦ̣[ς] ψ̣ήφου̣ [ἀό]κν̣ως̣ καὶ [ἀ]φ\ε/ιδῶς ἀνα̣τ̣ρέπει τοὺς ἐνοικοῦντας; P.Cair.Masp. I 67024, 36: ἐπελθεῖν αὐτοῖς; P.Cair.Masp. III 67283, pg1, 3–5: κ(αὶ) π]ρονοεῖν οὐκ’ οἴδ[α]μεν πόθ[εν] | [ἐπεξῆλθεν ἡμῖν ὁ τοιοῦτος, τῶν δημοσίων φόρων προφάσει. Ähnliche Formulierungen finden sich auch in den bislang besprochenen Eingaben aus den 560er Jahren.

[63] Kovarik, Archiv, Nr. 2, 13–17: εἰ δὲ μὴ τούτους παραδώσω̣ | ὡς ε̣ἴ̣[ρηται ἐπι]ζητούμενον, ὑπεύθυνόν με εἴναι τὸν τούτων | ἐγγ[υητὴν καὶ] π̣ρογεγραμμένον Ἀνοῦπ ε̣ἰ̣ρήναρχον τ̣[ὰ]ς | ἀπο̣[λογ]ί[ας ὑ]π̣ὲρ αὐ̣τῶ̣ν̣ [τῇ] ὑμετέρ̣[ᾳ] ἐ̣ν̣δοξότ̣ητι ποιή̣[σασθαι] | πᾶσιν τ̣οῖς π̣α̣ρ̣ʼ αὐτῆ̣[ς] π̣ρὸ̣ς αὐτοὺς ἐπιζ̣ητουμέ[ν]ο̣ις; Kovarik, Archiv, Nr. 3, 18–22: εἰ δὲ μὴ τοῦτον] π̣αραδώσωμεν (l. παραδώσομεν) ὡς εἴρητα̣ι̣ ἐπι|[ζητούμενον ὑπευθύνους ἡμᾶ]ς̣ εἶναι τοὺς τούτου ἐγγυητ̣ὰ̣ς καὶ | [προγεγραμμένους τὰς ἀπολογ]ε̣ί̣ας (l. ἀπολογί̣ας) ὑ̣πὲρ α̣ὐ̣τοῦ τῇ ὑμετ̣έ[ρ]ᾳ | [ἐνδοξότητι ποιήσασθαι πᾶ]σ̣ι̣ν τοῖς π[αρʼ] α̣ὐ̣τ̣ῆς πρ̣ὸ̣[ς α]ὐτὸν | [ἐπιζητουμένοις.

[64] P.Bodl. I 53; P.Cair.Masp. I 67005; 67094; P.Oxy. I 139; XVI 1981; LXVI 4536; PSI I 52.

[65] P.Cair.Masp. I 67094, 8–13: [ὁ]μ[ο]λ̣[ογο]ῦ̣μ̣εν ἑκουσίω̣ς καὶ αὐ[θαιρ]έτως (hier steht der Kaisereid) ἐγγυᾶσθαι καὶ ἀναδ̣εδέχθαι τῇ ὑμῶν | μεγαλοπρεπείᾳ, μόνης καὶ ἐμφαν[εία]ς, Ἐ[νὼχ Ἰωάν]ν̣ο(υ), εὐ̣λ̣[αβ]έστατ̣ον ἀ̣ν̣αγνώστην, | ἐπὶ τῷ αὐτὸν ἐμμεῖναι καὶ εὑρηθ[ῆν]αι ἐν τῇ αὐτῇ κώμῃ Ἀφροδίτης ἄνευ οἵας | δή[ποτ]ε κ[ατα]φρ̣[ον]ήσε̣ως̣ κ̣α̣ὶ̣ αἰσ[χρᾶ]ς πράξεως.

[66] Für einen offiziellen Hintergrund spricht ferner die Vertretung des Pagarchen durch zwei πρωτοκωμῆται (so bereits B. Palme, Form und Funktion der byzantinischen Gestellungs­bürgschaften [unpubliziert], 20–21, der hier einen gerichtlichen Kontext sieht). Wenn diese Interpretation richtig ist, so deutet der Text auf ordnungspolitische Aufgaben des Pagarchen Iulianos auch im Gebiet des autoprakten Dorfes Aphrodite hin, wohingegen die Eingaben dem Pagarchen ein solches Recht im Zusammenhang mit Steuerbelangen abzusprechen scheinen (siehe die beiden vorigen Abschnitte).

[67] PSI I 52, 16–23: ἐφʼ ᾧτε αὐτὴν ἀδιαλείπτως | παραμεῖναι καὶ διάγειν ἐν τῷ αὐτῷ | κτήματι μετὰ τῆς αὐτῆς ἀποσκευῆς | καὶ φιλτάτων καὶ τῆς [π]ρεπούσης | καταστάσεως καὶ [ἡ]σ̣υχίας καὶ | [μ]ηδαμῶς̣ α̣ὐ̣τὴν ἀπολειμπ(άνεσ)θ(αι) (l. ἀπολιμπάνεσθαι) | μ̣ή̣τε μὴν μεθίστασθαι εἰς ἕτερ(ον) | τόπον.

[68] Siehe dazu J.-U. Krause, Gefängnisse im Römischen Reich (Heidelberger althistorische Beiträge und epigraphische Studien 23), Stuttgart 1996, 171–179.

[69] Siehe etwa den in P.Apoll. 42 (Apollonopolis Ano; 2. H. 7. Jh.) dokumentierten Fall aus arabischer Zeit.

[70] Der angeschriebene magister wird gebeten, προστάξαι γραφῆναι τῷ εἰρημέ(νῳ) | [Μηνᾷ(?) ἀποστῆναι ἀπὸ τ]οῦ υἱοῦ μο(υ) καὶ τῆς κατʼ αὐτο(ῦ) ὀχλήσεως ὑπʼ Ἀπολλῶτος (P.Lond. V 1677, 42–43).

[71] P.Lond. V 1677, 32: τ̣ο(ῦ) υἱοῦ \μου/ μηδὲν τοῦ Ἀπολλῶτος παντελῶς μεταχειριζομένο(υ).

[72] P.Cair.Masp. I 67003, 24–25: παρακαλοῦμεν (...) | (...) προστάξαι τῷ παγάρχῃ τῆς Ἀνταίο(υ) καὶ τῷ τοποτηρητῇ ταυτῆς ἀφʼ ἡμῶν αὐτὸν ἀποτρέψαι.

[73] Der Befund lässt sich zwar auch dahingehend deuten, dass sich die Petenten an den dux wandten, da sie mit diesem in einem persönlichen Nahverhältnis standen und sich daher eine schnellere Erledigung ihres Anliegens erhofften; allerdings muss dies rein spekulativ bleiben, weshalb an dieser Stelle der textimmanenten Interpretation der Vorzug gegeben wird.

[74] Die Petenten beziehen sich wohl nicht auf den Pagarchen und den τοποτηρητής als die jeweils ranghöchsten Lokalvertreter einerseits ziviler und andererseits militärischer Gewalt, denn die τοποτηρηταί der civitates sind im Gegensatz etwa zum τοποτηρητὴς τοῦ λιμίτου nicht als militärische Stellvertreter des dux greifbar. Siehe zum τοποτηρητής jetzt A. Jesenko, Die topoteretai im spätantiken und früharabischen Ägypten, in: PapCongr. XXVII (Band im Druck)

[75] P.Bodl. I 53; P.Cair.Masp. I 67002; 67021; P.Lond. V 1674; 1677; P.Oxy. I 139; XVI 1981; LXVI 4536; LXX 4802.

[76] Möglicherweise nimmt das isoliert erhaltene ὑπ]ουργ̣ο[ί] oder ὑπ]ουργ̣ο[ύς] (P.Bodl. I 53, 8 mit BL XI 45) auf genau dieses hierarchische Verhältnis Bezug.

[77] Siehe Abschnitt I 3.

[78] Diese Tätigkeit obliegt augenscheinlich auch den in P.Batav. 23 und SPP III2 24A ge­nannten πρωτοφύλακες (siehe Anm. 31). Deren Diensten lag offenbar ein munus patrimonii zugrunde, für das hier jeweils eine kirchliche Domäne verantwortlich war, durch welche die πρωτοφύλακες mittels συνήθειαι entlohnt werden. Zur zunehmenden ‚Patrimonialisierung‘ einstmals personaler Wachliturgien siehe jetzt K. Maurer, S. Tost, Polizeiliche Erzwingungs- und Verwaltungsstäbe im spätantiken Ägypten, in: PapCongr. XXVII (Band im Druck)

[79] P.Cair.Masp. I 67002; 67021; P.Lond. V 1674; 1677.

[80] Vgl. zu all diesen Bedeutungen R. Guilland, Recherches sur les institutions byzantines I (Berliner byzantinische Arbeiten 35), Berlin 1967, 154–155, sowie die Beobachtungen von
F. Mitthof in CPR XXIII, S. 204–205; Mitthof spricht sich im Fall von P.Cair.Masp. I 67002 für die Bedeutung ‚zivil‘ aus (S. 204, Anm. 25).

[81] P.Cair.Masp. I 67021, 8–9: μετὰ στρατιωτ(ικῆς) καὶ π̣[αγανι(?)]κ̣ῆ̣ς̣ β̣οηθ(είας); P.Lond. V 1674, 77–78: μετὰ τῶν λῃστρικῶν ἐφόδων καὶ ἀπὸ προόδων | πολλῶν ὡς εἴρηται παγανῶν; P.Lond. V 1677, 27–28: παρά τε τῶν λῃστῶν καὶ | [τῶν π̣α̣γ̣α̣ν̣ῶ̣ν̣ (der Papyrus scheint hier keinen Platz für eine denkbare Ergänzung von στρατιωτῶν statt παγανῶν zu lassen).

[82] Zum κοινὸν τῶν ποιμένων und seiner Kontextualisierung im byzantinischen Ägypten siehe J. G. Keenan, Village Shepherds and Social Tension in Byzantine Egypt, in: N. Lewis (Hrsg.) Papyrology (Yale Classical Studies 28), Cambridge 1985, 245–259. Dass der ent­sprechende Vertrag mit den Dorfbehörden und den lokalen Großgrundbesitzern geschlossen wurde, spricht nicht gegen eine mögliche Vorgesetztenfunktion des Pagarchen.

[83] Auch die in P.Oxy. XVI 1831 (siehe Anhang III) genannten ἀγροφύλακες sind wohl in einem solchen Kontext zu verorten, wie es der thematisierte Streitfall nahelegt. Eine Vorge­setztenfunktion des Pagarchen ist in diesem Text allerdings nicht ersichtlich.

[84] P.Cair.Masp. I 67002; 67021.

[85] P.Cair.Masp. I 67002 II 23: μετὰ πολλῆς λῃστρικῆς τε καὶ παγανικῆς καὶ [στ]ρα̣τι[ωτ]ικῆς βοηθεί[ας]; P.Cair.Masp. I 67021, 8–9: μετὰ στρατιωτ(ικῆς) καὶ π̣[αγανι(?)]κ̣ῆ̣ς̣ β̣οηθ(είας). Der Gedanke, es könnte sich um nunmehr als Briganten agierende ehemalige Soldaten handeln, verbietet sich wohl durch die Annahme, dass in einem solchen Fall vonseiten der Petenten explizit auf deren illegalen Status verwiesen würde. Zu den herrenlosen Ex-Militärs siehe
F. Mitthof, Das Dioskoros-Archiv und die militärischen Reformen Justinians in der Thebais, in: J.-L. Fournet (Hrsg.), Les archives de Dioscore d’Aphrodité cent ans après leur découverte. Histoire et culture dans l’Égypte byzantine. Actes du colloque de Strasbourg. 8–10 décembre 2005, Paris 2008, 252–253.

[86] Zur Rolle des Militärs bei der Steuereintreibung vgl. Zuckerman, Du village (o. Anm. 56) 153–159. Zu den vicarii tribuni solcher lokalen Verbände siehe Mitthof, Das Dioskoros-Archiv (o. Anm. 85) 254–255.

[87] Mitthof, Das Dioskoros-Archiv (o. Anm. 85) 256–257 lässt offen, ob diese Soldaten dem Pagarchen unterstanden. Zum dort angeführten Zeugnis P.Flor. III 295+P.Lond. V 1678 siehe jedoch Anhang IV.

[88] Liebeschuetz, The Pagarch (o. Anm. 1) 166.

[89] P.Cair.Masp. I 67002 II 2–5.

[90] Dass ἰλλούστριος im späteren 6. Jh. kein einfaches Rangprädikat sein kann, verdeutlicht schon die Anordnung im vorliegenden Text (siehe bereits P. Koch, Die byzantinischen Beamtentitel von 400–700, Diss. Jena 1903, 34–45, bes. 44–45, sowie O. Hornickel, Ehren- und Rangprädikate in den Papyrusurkunden. Ein Beitrag zum römischen und byzantinischen Titelwesen, Diss. Gießen 1930, 11 und 17). Die Ansicht, es handle sich quasi um eine syn­onyme Bezeichnung zu πάγαρχος (nach Gascou, La détention [o. Anm. 6] 69, Anm. 2), wird jetzt wieder vertreten von T. M. Hickey, Wine, Wealth, and the State in Late Antique Egypt (New Texts from Ancient Cultures 3), Ann Arbor 2012, 108, Anm. 69 (ausdrücklich gegen Gascous Widerruf seiner These als „idée aventurée“ in der Neuauflage des erwähnten Aufsatzes Gascou, La pagarchie [o. Anm. 6] 48). Es gibt jedoch keine zwingenden Gründe für diese Annahme und somit sollte auch hier nicht davon ausgegangen werden, dass eine Kooperation unter ‚Amtskollegen‘ vorliegt, die in verschiedenen Gebieten operieren — was schon von daher seltsam anmuten würde, als Serenos durchweg als ἰλλούστριος, Menas dagegen konsequent als πάγαρχος bezeichnet wird. J. Banaji, Agrarian Change in Late Antiquity. Gold, Labour, and Aristocratic Dominance, Oxford 22007, 161 identifiziert besagten Serenos mit dem gleich­namigen Pagarchen von Antaiupolis aus den 550er Jahren (zu diesem Mazza, Ricerche, 231
s. v.). Gegen diese Hypothese muss allerdings die Lokalisation von Thinis angeführt werden (siehe das Folgende).

[91] Offenbar ist damit mobiler Besitz gemeint, welchen die Bittsteller auf ihrer Reise mit­führten, denn die Zugriffe erfolgten, während jene noch im örtlichen Gefängnis von Thinis fest­gehalten wurden. Der fragliche Besitz mag insofern durchaus beträchtlich gewesen sein, als der Viehkauf laut Aussage der Petenten lediglich einmal im Jahr quasi im Namen des Dorfes geschah.

[92] P.Cair.Masp. I 67002 II 7–9.

[93] Zu dieser Identifikation siehe J. G. Keenan, Tormented Voices. P.Cair.Masp. I 67002, in: J.-L. Fournet (Hrsg.), Les archives (o. Anm. 86) 171–180, hier 177. Zum Dorf Thynis siehe M. Drew-Bear, Le nome Hermopolite. Toponymes et sites (Am.Stud.Pap. 21), Missoula 1979, 111. Die Alternative, hier das Dorf This (Girga) zu sehen (so etwa H. I. Bell, An Egyptian Village in the Age of Justinian, JHS 64 [1944] 21–36, hier 34), lässt sich nicht ausschließen; allerdings mutete in diesem Fall der Transportweg der Gefangenen äußerst umständlich an.

[94] Ein solch striktes Verständnis der territorialen Integrität von Amtsbereichen ist in der arabi­schen Zeit insbesondere im Zusammenhang mit der Flüchtigenproblematik häufiger dokumentiert.

[95] P.Cair.Masp. I 67002; 67003; 67019 Verso; 67024; P.Lond. V 1674; 1677.

[96] Vgl. Mazza, Ricerche, 197–199.

[97] Siehe Stern, Gefängnisse (o. Anm. 24).

[98] Sophie Kovarik teilte mir mit, dass mit CPR XIX 14 ein weiteres Fragment dieses Textes identifiziert werden konnte und somit die hier gegebene Datierung derjenigen der editio princeps (575) vorzuziehen sei.

[99] Neuedition von SB XVIII 13952.

[100] P.Oxy. I 139, 15–16: παγαρχουμέ(νης) | παρὰ τῆς ὑμετέρας ὑπερφ(υείας); P.Oxy. XVI 1981, 16–17: παγαρχουμέ(νης) παρὰ τοῦ ὑμ(ῶν) [ἐν]δόξου | οἴκου; P.Oxy. XXIV 2420, 12–13: παγαρχο[υμένης] | παρὰ τοῦ ἐνδόξου ὑ̣μ̣ῶν [οἴ]κ̣ο̣[υ; P.Oxy. LXIV 3204, 12: πα]γ̣αρχουμένης ὑπὸ τῆς ὑμῶν ἐνδοξότητος; P.Oxy. LXVI 4536, 16–17: παγαρχουμένης π̣αρὰ τῆς | ὑμετέρας ὑπερφ(υείας); P.Oxy. LXX 4802, 3: παγαρχουμένης παρὰ τῆς ὑμῶν ὑπερφ(υείας). Eine Ausnahme bildet der oben zitierte PSI I 52, welcher Φλ(αυίῳ) [Ἰ]ουλιανῷ τῷ μεγάλ(ῳ) παγάρχῃ | ταύτης τῆς Ὀξ(υρυγχιτῶν) πόλε(ως) (Z. 4–5) adressiert ist, jedoch möglicherweise bereits aus arabischer Zeit stammt. Zur Übersetzung ‚pagarchiert‘ siehe z. B. I. F. Fikhman, Coloni adscripticiiναπόγραφοι γεωργοί in den Papyri, in: A. Jördens (Hrsg.), Wirtschaft und Gesellschaft im spätantiken Ägypten. Kleine Schriften Itzhak F. Fikhman (Historia-Einzelschriften 192), Stuttgart 2006, 190–250, hier 213–214. Fikhman ist allerdings der Ansicht, die Floskel habe keinerlei Zusammenhang mit der Institution der Pagarchie, sondern versinnbildliche lediglich die Abhängigkeit der Dörfer von den angeschriebenen Groß­grundbesitzern. Dem möchte ich mit Verweis auf das im Folgenden Gesagte widersprechen.

[101] P.Oxy. LXX, S. 98 mit Diskussion und weiterer Literatur.

[102] Vgl. Gascou, Les grands domaines (o. Anm. 7) 147, Anm. 143, der aus diesen Dokumenten ableitet, dass „l’autorité du geouchos sur ses colons serait assimilée à celle du pagarque municipal vis-à-vis des contribuables ruraux“.

[103] In der Tat weisen die oxyrhynchitischen Belege zur Pagarchie einige Besonderheiten auf. Ich werde mich an anderer Stelle näher mit diesem Problem befassen.

[104] Kovarik, Archiv, Nr. 2 und 3 (Enthaftungsbürgschaften) bzw. P.Bodl. I 53 (Unter­lassungserklärung).

[105] Mazza, Ricerche, 174 liest ἀ<η>δί̣α̣ς sowie τ<οῦ> <ἡ>μῶν παγάρχο<υ> und übersetzt Z. 8–9 folgendermaßen: „Infatti (...) nessuno dei due desidera accendere una contesa, poiché non siamo abituati a contrariare il nostro pagarca ...“. Wenngleich die Konjektur τ<οῦ> <ἡ>μῶν παγάρχο<υ> eine eventuell denkbare ‚Doppelpagarchie‘ beseitigen würde, so erscheint sie doch äußerst unwahrscheinlich, da sie phonetisch nicht zu erklären ist. Siehe dagegen J. O’Gallaghan, Cartas cristianas griegas del siglo V (Biblioteca histórica de la Biblioteca Balmes, Serie II 25), Barcelona 1963, 111–115, Nr. 24 mit den phonetisch plausibleren Formen ἀδ<ε>ί̣α̣ς und τῶν <ἡ>μῶν πα̣γ̣άρχ<ω>ν: „Pues ni debemos provocar disputas mutuas, ni hemos de tener dificultad con la inmunidad de nuestros pagarcos“. Eine dritte Interpretation der Zeilen bietet P. Sarris, Economy and Society in the Age of Justinian, Cambridge 2006, 80, der ἀδ<ε>ί̣α̣ς, aber τ<οῦ> ὑμῶν παγάρχο<υ> lesen will und den Sinn der Zeilen mit „Your pagarch has no claim on us“ wiedergibt. Meines Erachtens muss O’Gallaghans Lesung der Vorzug eingeräumt werden, wenngleich meine oben gegebene Interpretation eine abweichende ist.

[106] Vgl. zur Furcht vor der Involvierung staatlicher Stellen in privatrechtliche Streitfragen den anschaulichen P.Neph. 19 (Neson Kome [Herakleopolites]; 4. Jh.).

[107] Die frühen Zeugnisse von πάγαρχος, παγάρχης, παγαρχία sowie παγαρχεῖν werden bei Mazza, Ricerche, 171–180 kurz vorgestellt. Zu dieser Liste sind insbesondere zwei außer­ägyptische Belege aus dem 4. Jh. hinzuzufügen: für Kappadokien Basil.Epist. III 2: παγάρχου (o. Anm. 4) sowie für Pisidien CIG 3989, 12: παγαρχή(σας).

[108] Vgl. das von oben begonnene γ in μεγαλοπ[ρε]π̣είας (Z. 3) sowie in ἐγχε̣ί̣ρ̣ημα (Z. 6). Die Konjektur ist bereits ohne Verweis ad locum in G. R. Ruffini, A Prosopography of Byz­antine Aphrodito (Am.Stud.Pap. 50), Durham 2011, 577–578 s. v. Thomas 12 aufgenommen worden; sie findet sich jedoch noch nicht in J.-L. Fournet, J. Gascou, Liste des pétitions sur papyrus des Ve–VIIe siècles, in: D. Feissel, J. Gascou (Hrsg.), La pétition (o. Anm. 9) 141–196, hier 161, Nr. 41. Ich danke an dieser Stelle Jean-Luc Fournet, der mir einen Auszug seiner in Arbeit befindlichen Neuedition der Petitionen des Dioskoros-Archivs zukommen ließ.