Victor Parker


Zu durch Herodot überlieferten Schriften
griechischer Geographen*



In Besprechungen der frühen griechischen Geographen ist die Rede vor allem von Hekataios. Doch gab es andere Geographen als ihn, und in diesem Beitrag wollen wir den Versuch anstellen, einige ihrer Leistungen hervorzuheben. Ausgangspunkt unserer Betrachtungen bilden zwei Passus im Werke Herodots: die Liste der zwanzig Steuerdistrikte[1] des Perserreiches (3,90–94) und die große Heeresschau, welche Xerxes vor dem Übersetzen über den Hellespont veranstalten ließ (7,61–95). Die Liste der Steuerdistrikte errechnet, Distrikt für Distrikt, den den Persern jährlich ent­richteten Tribut, meist als Betrag in Silbertalenten, aber zuweilen auch in Naturalien; wie wir sehen werden, geht der jeweilige Silberbetrag wohl auf eine Umrechnung von Naturalien zurück (siehe Abschnitt IV, Teil B). Entsprechend dem Aufbau des persi­schen Heeres gliedert sich die Heeresschau in drei Teile: zuerst werden alle Völker, die in der Infanterie vertreten sind, aufgelistet und beschrieben, dann im zweiten Durchgang alle in der Reiterei und zu guter Letzt alle in der Flotte. Stellte ein Volk dem Heer nicht nur Fußsoldaten, sondern auch Reiter zur Verfügung, dann wird es folgerichtig in zwei Teilen der Heeresschau aufgeführt, usw. Für jedes Volk wird eine detaillierte Beschreibung von Waffen und Tracht geboten. Wie sich gleich heraus­stellen wird, gehen beide Passus, Heeresschau und Liste der Steuerdistrikte, auf das­selbe schriftliche Material — wohl in Form eines Ortsregisters — zurück; des weiteren ist äußerst zweifelhaft, daß sie Herodot selbst verfaßte. Mit einem Wort: Neben Hekataios existierten vor Herodot drei geographische oder doch para-geographische Schriften.

I. Übereinstimmungen beider Passus

Die Liste der Steuerdistrikte und die Heeresschau erwähnen einige obskure Völker, welche abgesehen von diesen beiden Passus der griechisch-römischen Lite­ratur gänzlich unbekannt sind:

Asiatische Äthioper (3,94,1; 7,70) — alle sonstigen Erwähnungen der Äthioper in der griechisch-römischen Literatur kennen sie in Afrika [2].

,

Alarhodier (3,94,1; 7,79) — der griechisch-römischen Literatur sonst unbekannt[3].

,

Utier (3,93,2; 7,68) — der griechisch-römischen Literatur sonst unbekannt[4].

,

Ein weiteres Volk kommt unter einem bestimmten Namen nur in diesen beiden Passus vor:

,

Asiatische Thraker (Θρήικες οἱ ἐν τῇ Ἀσίῃ – 3,90,2; 7,75) — diese sind nach Hdt. 7,75 (vgl. 1,28) mit den Bithynern identisch [5].

Daß die beiden Passus soviel abgelegenes, allem anderen griechisch-römischen Schrifttum verborgen gebliebenes Material gemeinsam haben, spricht doch dafür, sie für irgendwie verwandt zu halten, ganz gleich, wie man sich diese Verwandtschaft zunächst einmal vorstellt. Hinzu kommt außerdem, daß die beiden Passus obskure, sonst kaum bekannte Völker kurioserweise in genau derselben Reihenfolge aufführen:

Moscher, Tibarener, Makronen, Mossynoiker und Maren (3,94) neben Moschern, Tibarenern, Makronen, Mossynoikern und Maren (7,78–79).

Des weiteren kommt in beiden Passus dasselbe Volk in merkwürdiger Weise doppelt vor:

In dem elften Steuerdistrikt stehen die Kaspier (3,92,2), die aber auch in den fünf­zehnten verlegt werden (3,93,3). In der Heeresschau werden sie in dem Abschnitt über die Reiterei ebenfalls zweimal aufgeführt: das erste Mal in Verbindung mit den Baktriern (7,86,1) und das zweite Mal mit den Parikaniern (7,86,2). Wir müssen uns hier keine Gedanken über die Beseitigung eines evidenten Irrtums machen[6]; allein wichtig ist, daß wir konstatieren, daß derselbe Irrtum in beiden Passus steckt.

Beide Passus haben zudem geographisch merkwürdige Zusammenstellungen gemeinsam. Es mutet seltsam an, daß z.B. Parther und Areier, zwei Völker des mitt­leren Iran, mit den im äußersten Nordosten des Perserreiches seßhaften Sogdern auf­geführt werden (3,93,3 und 7,66), wobei die Baktrier doch dazwischen liegen, mit denen die Sogder nach allem, was wir sonst über die Verwaltung des Perserreiches wissen, sowohl militärisch als auch administrativ zusammengelegt wurden (z.B. Arr. 3,8,3). Schließlich gibt es eine längere wörtliche Übereinstimmung zwischen den beiden Passus (siehe Abschnitt IV).

Angesichts all dessen kann kein Zweifel daran bestehen, daß beide Passus auf das­selbe Material zurückgehen, in dem Völker des Perserreiches in einer bestimmten Reihenfolge aufgelistet waren — daher die sonst unerklärbaren Übereinstimmungen zwischen beiden Passus. Besonders ins Gewicht fallen hier das Fehlerhafte und das Abwegige[7]. Denn wo ein Fehler bereits in der Quelle steckte — etwa die irrtümliche Nennung der Kaspier an zwei Stellen —, gaben beide Bearbeitungen der Liste den Fehler getreu wieder. Machte die Quelle eine geographisch sinnwidrige Zusammen­stellung mehrerer Völker, so finden wir dieselbe Zusammenstellung in beiden von ihr abhängigen Bearbeitungen. So ist ebenfalls zu erklären, warum von der ganzen grie­chisch-römischen Literatur nur diese beiden Passus etwas von Äthiopern in Asien wissen, die es bekanntermaßen nie gegeben hat (o. Anm. 2).

Andere Erklärungen der Entstehung der beiden Passus stehen jedenfalls nicht zur Verfügung. Z.B. kann die Liste der Steuerdistrikte nicht aufgrund der Heeresschau entstanden sein (oder umgekehrt), denn beide Passus erwähnen Völker, welche im jeweils anderen fehlen. In der Liste der Steuerdistrikte stehen (der Reihenfolge nach) Hyttener, Sattagyder, Aparyten, Pausiker, Pantimathen, Dareiten, Aigler und Thamanaier, die allesamt in der Heeresschau fehlen [8]. Andererseits sucht man ver­gebens in der Liste der Steuerdistrikte nach den Hyrkaniern, den Ligyern und den Kolchern, die alle in der Heeresschau vorkommen. Des weiteren können, wie wir gleich sehen werden, die beiden Passus nicht denselben Autor haben, also kommt gar nicht in Frage, daß Herodot selbst das Material zweimal zusammentrug — das hieße näm­lich, daß die Übereinstimmungen durch Zufall entstanden wären, weil Herodot beim zweiten Durchgang in der Auswahl und der Anordnung der Völker unbewußt einige derselben Entscheidungen wie beim ersten Mal getroffen hätte. (Dieser Lösungs­versuch scheitert allein schon an der irrtümlichen, zweimal vorkommenden Doppelnennung der Kaspier — denselben Flüchtigkeitsfehler [etwa durch Ver­schreiben des echten Namens oder durch das Verlieren der Zeile beim Aufschreiben der Namen] begeht man doch nicht zweimal unabhängig voneinander!)

Daß einem die genetische Identität beider Passus nicht sofort ins Auge springt, hängt damit zusammen, daß der Liste der Steuerdistrikte die Details über Bewaffnung und Tracht der einzelnen Völker fehlen, wohingegen das Wirtschaftliche nicht in der Heeresschau steht.

II. Die Ethnika in den beiden Passus

Schaut man sich die in den beiden Passus erwähnten Ethnika näher an, so stellt man überraschenderweise fest, daß in vielen Fällen zwei verschiedene Schreibungen der Namen vorkommen. 3,92,2 steht in fast allen (insbesondere den ältesten[9]) Hand­schriften Βακτριανοί — im Gegensatz zum Gebrauch der Heeresschau, in der wir viermal hintereinander (ohne handschriftliche Variante) Βάκτριοι lesen (7,64 [bis]; 66,1 und 86,1). Dies entspricht dem sonstigen Sprachgebrauch Herodots, bei dem weitere viermal Βάκτριοι steht (3,102,1; 8,113,2; 9,31,3; 9,113,2). Des weiteren ist der Ausgleich zwischen der Liste der Steuerdistrikte und dem Rest von Herodots Werk auf textkritischem Wege nicht zu schaffen, denn die einzige handschriftliche Variante zu Βακτριανοί ist Βάκτροι, womit wir wieder vor demselben Problem stün­den.

Bliebe der Fall der Baktrier vereinzelt, könnte man unter Umständen an einen merkwürdigen lapsus calami Herodots oder eine sonst unerklärliche handschriftliche Entgleisung denken. Doch steht 3,90,1 die Form Καβάλιοι, der in der Heeresschau die Form Καβηλέες entspricht (7,77). Beide Formen sind textkritisch abgesichert, denn die einzige Variante zu Καβηλέες ist Καμηλέες, was wohl niemand wird lesen wollen. Im Falle der Ἄρειοι (so 3,93,3) bzw. Ἄριοι (so 7,62,1 und 66,1) bestehen keine nen­nenswerten Varianten, so daß wir zum dritten Male in den beiden Passus voneinander abweichenden Gebrauch in der Bildung von Ethnika feststellen müssen.

Zwei weitere solcher Fälle haben unsere modernen Herausgeber in ihrem Be­streben nach einheitlicher Orthographie leider verschleiert. 3,93,2 steht nach den ältesten und zuverlässigsten Handschriften (o. Anm. 9) die Schreibweise Σαραγγαῖοι. Andere, sonst weniger zuverlässige Handschriften bieten aber Σαράγγαι, was in jeder mir zugänglichen Ausgabe dann im Text steht. Nach allen Grundsätzen der Textkritik ist aber in einem solchen Falle die Lesart der sonst zuverlässigeren Handschriften vorzuziehen, denn der Zusammenhang hilft nicht, die Entscheidung zu treffen [10]. Schreiben wir 3,93 demgemäß Σαραγγαῖοι, dann weicht hiervon die Heeresschau ab, die 7,67,1 nach den besseren Handschriften zweimal Σαράγγαι bietet — das eine Mal ohne handschriftliche Variante, das andere Mal jedoch mit der Variante Σαραγγαῖοι in einigen lexikalischen Listen zu Herodots Werk sowie in einer der jüngeren Hand­schriften. Mit den modernen Herausgebern ist den älteren Handschriften zu folgen — in der Heeresschau schreibt Herodot Σαράγγαι. Dieses Volkes nun tut Herodot noch einmal Erwähnung (3,117,1). Dort steht nach den ältesten Handschriften Σαράγγαι, nach mehreren jüngeren aber Σαραγγαῖοι. Wiederum ist wohl Σαράγγαι zu schreiben. Wie im Falle der Baktrier weicht also der Sprachgebrauch in der Liste der Steuer­distrikte von dem sonstigen Herodots ab.

Wir kommen auf den Fall der Maren zu sprechen. 7,79 steht zweimal hinterein­ander (beide Male ohne handschriftliche Variante) Μᾶρες. Dagegen bietet die Liste der Steuerdistrikte 3,94,2 nach den ältesten sowie fast allen anderen Handschriften (wenn man vom Akzent absieht) Μάρσοι. Keine einzige Handschrift gibt Μᾶρες an[11]. Offenbar ist Μάρσοι zu setzten.

Wir haben also fünf Fälle, bei denen die Heeresschau und die Liste der Steuer­distrikte voneinander abweichen, so daß man dies unmöglich dem Zufall zuschreiben kann. Bei der Bildung von Ethnika zu einer Reihe meist recht obskurer Völker trafen zwei verschiedene Autoren ganz offenkundig unterschiedliche Entscheidungen. In beider Quelle kann in diesen Fällen daher nur der Ortsname gestanden haben; wer das Ethnikon verwenden wollte, mußte es selbst bilden. Mangels eines in solchen Fragen maßgeblichen Nachschlagewerkes entsteht bei zwei unabhängig voneinander arbei­tenden Autoren ganz leicht manche abweichende Form.

Wollte man nun meinen, daß Herodot beim zweiten Durchgang durch das Material hier und da vergessen hätte, für welche Form er sich das erste Mal entschieden hätte, und das zweite Mal auf eine abweichende Form verfallen wäre, so ist dem entgegen­zuhalten, daß die Form Βακτριανοί im Texte Herodots ganz isoliert dasteht: hier ist Herodots eigener Sprachgebrauch gut belegt — er sagte Βάκτριοι —, und wenn er beim Bearbeiten des in der Liste der Steuerdistrikte vorhandenen Materials vor der Ent­scheidung gestanden hätte, welches Ethnikon man von Baktra ableiten sollte, so hätte er doch ohne Zögern Βάκτριοι geschrieben. Weniger sicher ist der Fall von Σαραγγαῖοι neben Σαράγγαι, aber wiederum scheint der Sprachgebrauch in der Liste der Steuer­distrikte von dem im sonstigen Werke Herodots abzuweichen. Auch wenn Herodot als Autor der Heeresschau theoretisch noch in Betracht kommt (doch siehe Abschnitt III), scheidet er gemäß all dem als Autor der Liste der Steuerdistrikte wohl aus.

Zugegebenermaßen ist hier das Beweismaterial gering, doch tritt ein gewichtiges Argument bestätigend hinzu. Zum einen: Heereschau und Liste der Steuerdistrikte entstammen nicht demselben Autor. Zum anderen: beide gehen auf eine Quelle zurück, in der das geographische Material zusammengetragen war. Ginge man nun davon aus, Herodot hätte nicht die Heereschau, sondern die Liste der Steuerdistrikte aufgrund der ursprünglichen Quelle selber erstellt, dann müßte man sich fragen, wieso ihm nicht aufging, daß er dasselbe Material behandelte, das der Heeresschau zugrunde lag — denn er hätte, wie noch klar werden wird, alle Einzelheiten über Tracht und Bewaffnung vorgefunden, die jetzt 7,61–95 stehen; und er hätte vermutlich viele Sätze lesen müssen, die größtenteils mit denjenigen in der Heeresschau identisch gewesen wären. Die genetische Identität der Heeresschau mit der Liste der Steuer­distrikte übersieht man leicht — wie alle modernen Herausgeber zur Genüge nachge­wiesen haben —, gerade weil in ersterer das Material über die Waffen und in letzterer das über die Wirtschaft fehlt. Aber, sähe man die detaillierten Beschreibungen von Wurfspießen und Schilden zwei Male hintereinander, dann wüßte man doch über die Herkunft der Heeresschau sofort Bescheid.

Nach all dem war für die Liste der Steuerdistrikte Herodot wohl nicht verant­wortlich. Bleibt daher noch zu überprüfen, ob er dagegen die Heeresschau verfaßte.

III. Zur Verfasserschaft der Heeresschau

Das geographische Material in diesem Passus ergibt keinen Anhaltspunkt, ihn Herodot abzusprechen. Doch enthält er, anders als die Liste der Steuerdistrikte, mehrmals längere Sätze über die Bewaffnung eines jeden darin vorkommenden Volkes. Dieser Umstand erlaubt ein Urteil über die Verfasserschaft anhand der Sprache. Aus methodologischen Gründen muß aber vom militärtechnischen Vokabu­lar ganz abgesehen werden, denn nur in diesem Passus mag Herodot die Gelegenheit gehabt haben, von diesen termini technici Gebrauch zu machen — ihre Abwesenheit im übrigen Werk sagt über die Verfasserschaft der Heeresschau nichts aus. Ganz anders verhält es sich bei alltäglichen Wörtern und Wendungen, die zu gebrauchen Herodot wiederholt Gelegenheit hatte.

In diesem Passus kommt zum Beispiel als Akk. sg. des Wortes εἰκών, „(Stand)bild“, die Form εἰκώ vor (7,69,2). Zwar ist dies eine gut belegte Form in der attischen Poesie[12], die zuweilen auch in die attische Prosa Eingang fand (Plat. Tim. 37d) und deren sich Herodot, wohl ohne Aufsehen zu erregen, hätte bedienen können — denn er verweilte lange in Athen[13], wo er sich den einen oder anderen Attizismus zugeeignet haben mag. Doch schrieb er als Akk. sg. von εἰκών abgesehen von der fraglichen Stelle stets das gemeingriechische εἰκόνα (1,50,3; 1,51,5; 2,106,5; 2,143,2). Natürlich kann dies alleine nicht entscheidend sein, denn jedermann könnte so zwischen zwei Formen schwanken[14], aber ein Indiz ist es doch.

Zum anderen verwendet Herodot in der Heeresschau mehrmals das Wort ἀγχοτάτω, „am nächsten, sehr nahe“, wenn er zum Ausdruck bringen will, daß der eine Gegenstand einem anderen zwar stark ähnelt, doch damit nicht ganz identisch ist: Φρύγες δὲ ἀγχοτάτω τῆς Παφλαγονικῆς σκευὴν εἶχον, „die Phryger haben eine Tracht, welche der paphlagonischen recht nahe steht“ (7,73,1; vgl. 7,64,1; 74,1; 80; 89,1 und 91). Sonst aber kommt ἀγχοτάτω in diesem Sinne bei Herodot nicht vor. Denn Herodot verwendet es meist in rein lokalem Sinne — „unweit, in unmittelbarer Nähe eines Ortes“ (z.B. 2,24,2). Außerdem dient es einmal zur Bezeichnung der nächsten Verwandten (4,73,1)[15].

Im sonstigen Werke Herodots aber, will er eine solche nahe Ähnlichkeit zum Aus­druck bringen, steht eine Form von ὁμοιότατος, „am ähnlichsten, sehr ähnlich“: τῆς ἡ μορφὴ μέν ἐστι ὁμοιοτάτη τῷ Κυρηναίῳ λωτῷ, „die Form der [Akazie] ist der des kyrenaischen Lotos sehr ähnlich“ (2,96,1; vgl. etwa 2,73,3; 2,92,4; 3,102,2; 4,74,1; 4,192,3). Herodot kennt das Wort ἀγχοτάτω recht gut, verwendet es aber nicht in diesem übertragenen Sinne — außer in der Heeresschau.

Drittens: Gemäß der Natur vieler seiner Ausführungen hatte Herodot wiederholt Gelegenheit, von dem äußerlichen Aussehen von Gegenständen zu reden. In aller Regel verwendet er dabei das Wort εἶδος, „(äußerliches) Aussehen“: z.B. τὸ μὲν δὴ εἶδος ὁκοῖόν τι ἔχει ἡ κάμηλος, „was für ein äußerliches Aussehen das Kamel hat“ (3,103) oder ὁ δὲ ἃλς αὐτόθι καὶ λευκὸς καὶ πορφύρεος τὸ εἶδος ὀρύσσεται, „das Salz, das dort ausgegraben wird, ist, was das äußerliche Aussehen angeht, sowohl weiß als auch purpur“ (4,185,3). Dagegen dient ihm das Wort ὄψις, „Gesicht“, zur Bezeichnung eines Traumgesichts (z.B. 1,38,2), der Anwesenheit vor jemandem („jemandem zu Gesicht kommen“ — z.B. 2,121,ζ,1), des Wahrnehmens mit den Augen (z.B. 2,99,1 [bis]), und (an einer einzigen Stelle) des mit den Augen Wahrge­nommenen, also eines „Bildes“ (2,136,1)[16] . In der Heeresschau aber begegnet die bei Herodot ohnehin singuläre, erstarrte Akkusativform von ὄψις gleichsam als Prä­position in der Bedeutung „mit dem äußerlichen Aussehen“ samt davon abhängigem Genitiv: λεπίδος σιδηρέης ὄψιν ἰχθυοειδέος, „mit dem äußerlichen Aussehen eiser­ner, fischartiger Schuppen“ (7,61,1). Die Wendung fällt vollkommen aus dem Rahmen des sonst bei Herodot Bekannten. Man erwartet vielmehr einen aus­formulierten Halbsatz mit dem Wort εἶδος.

Aus dem Rahmen fällt noch eine vierte Wendung. Von den Arabern wird 7,69,1 gesagt, sie trügen ihre Reflexbogen gegen die normale Sitte πρὸς δεξιά, „auf der rechten Seite“. Dies ist bei Herodot einmalig, und Powell setzt hinter die Wendung gar ein Fragezeichen, denn stattdessen sagt Herodot sonst ἐπὶ (τὰ) δεξιά (z.B. 1,51,1)[17]. Rosén dagegen schreibt προσδέξια, doch enthebt uns das des Problems nicht, denn dieses Wort wäre bei Herodot ebenfalls ein hapax[18].

Hinzu kommt schließlich der Eigenname Φερενδάτης mit der orthographischen Variante Φαρανδάτης. Außerhalb der Heeresschau steht einmal die zweite Form ohne nennenswerte handschriftliche Variante (9,76,1). Innerhalb dagegen steht einmal sicher Φερενδάτης (7,67,1), und einmal bieten die ältesten Handschriften Φαρανδάτης, die jüngeren jedoch Φερενδάτης (7,79)[19]. Auch wenn der Befund schmal und textkritisch nicht in Ordnung ist, mögen wir es hier wiederum mit den voneinander abweichenden Schreibgewohnheiten zweier Autoren zu tun haben, die hinsichtlich fremder Eigennamen andere Entscheidungen trafen.

Aufs Ganze gesehen ist daher wahrscheinlich, daß Herodot einer Vorlage folgte, als er diesen Passus schrieb. Die Frage, wie oft er beim Ausformulieren seines eigenen Textes in die Vorlage eingriff, müssen wir hier nicht entscheiden[20].

IV. Charakteristik der drei Schriften

A.

Vor Herodot existierten also drei geographische Schriften, welche das Perserreich behandelten. Den Charakter dieser Schriften müssen wir jetzt kurz beschreiben. Die älteste, welche den anderen beiden als Vorlage diente, scheint eine Liste von Orts­namen geboten zu haben. Völkernamen waren generell nicht vorhanden, da diese oft von den beiden Bearbeitern unabhängig voneinander von den Ortsnamen abgeleitet werden mußten. Die Liste bot, wie es scheint, mindestens einige Gliederungen, welche die Bearbeiter dann zum Teil übernahmen — daher die Zusammenstellung von Sogdern und zentraliranischen Völkern sowohl in der Liste der Steuerdistrikte als auch in der Heeresschau. Hierhin mag auch die sinnwidrige, in der Liste der Steuer­distrikte vorkommende Zusammenstellung der binnenländischen Sarangaier mit den Bewohnern von Inseln im Persischen Golf gehören (3,93,2).

Zu diesen Inseln im Persischen Golf bietet sowohl die Liste der Steuerdistrikte als auch die Heeresschau folgenden Halbsatz: ἐν τῇσι τοὺς ἀνασπάστους καλεομένους κατοικίζει βασιλεύς, „auf denen der König die sogenannten Entwurzelten ansiedelt“ (3,93,2; 7,80). Diese wörtliche Übereinstimmung zeigt, daß in der gemeinsamen Quelle gewisse Details über die Orte mitgeteilt wurden. Nach allem, was wir aus den überlieferten Fragmenten des Hekataios wissen, können in solch einem Ortsregister sonst Einzelheiten über Pflanzen, Essen, Tracht, Bräuche, Wirtschaft und wirt­schaftlich wichtige Naturalien gestanden haben [21]. Sollte dies auch in diesem Orts­register der Fall gewesen sein, dann erklärt es sich, wieso sich die beiden Bearbeiter seiner als Vorlage bedienten: dem einen nutzten die Angaben über wirtschaftlich wichtige Naturalien, dem anderen die Angaben über Tracht.

Des weiteren muß dieses Ortsregister vor dem Zug des Dareios nach Europa zustande gekommen sein, denn ein Resultat dieses gegen Ende des sechsten Jahr­hunderts stattgefundenen Zuges war der Erwerb europäischer Besitzungen für das Reich[22], auf die aber in beiden Bearbeitungen kein Hinweis steht. Die Vorlage, die wohl ein Ortskatalog ähnlich dem des Hekataios war, entstand also vor etwa 510 [23].

Zwischen dieser Vorlage und den erhaltenen Fragmenten des Hekataios gibt es einige Berührungen[24], doch nicht so viele, um auf Hekataios als Autor schließen zu können. Vor allem stehen bei Hekataios mehrmals Völkernamen (v.a. BNJ 1, Frr. 289, 290, 292, 294), die aber in der Vorlage generell nicht vorhanden gewesen zu sein scheinen — daher die verschieden gebildeten Ethnika in den beiden Bearbeitungen. Des weiteren läßt nichts in den erhaltenen Fragmenten von Hekataios’ sogenannter Perihodos vermuten, daß dieser die weiter östlich wohnenden Völker des Perser­reiches in solcher Ausführlichkeit behandelte[25], wie es in der Vorlage der Fall zu sein scheint. Wahrscheinlicher ist daher ein von Hekataios unabhängig arbeitender Autor, der aber ein von der Art her ähnliches Ortsregister veröffentlichte. Anders als Hekataios aber beschränkte er sich auf das Perserreich, worüber er aber weitaus mehr Material als Hekataios anzubieten hatte.

Daß er im ganzen gutes und zuverlässiges Material gesammelt hatte, liegt zudem auf der Hand. Denn gerade für den dem Griechentum bis in die Zeit Alexanders des Großen so fernab liegenden Ostteil des Perserreichs lassen sich mehrere Völker im persischen Textcorpus nachweisen, deren Namen in den beiden bei Herodot über­lieferten Bearbeitungen dieses Ortsregisters stehen: Ἄρ(ε)ιοι (Haraiva – DB I 16), Χοράσμιοι (Uvārasmīy – DB I 16), Γανδάριοι (Gandāra – DB I 16[26]), Πάρθοι (Parθava – DB I 16), Σαγάρτιοι (Asargartiya – DB II 79), Σάκαι (Saka – DB I 16–17), Σαράγγαι/Σαραγγαῖοι (Zranka – DB I 16), Σατταγύδαι ( Θatagus – DB I 17), Σόγδοι (Sug[u]da – DB I 16). Weniger sicher steht es um die Μύκοι (Maka? – DB I 17) und die Οὔτιοι (Yautiyā? – DB III 23), denn die Vokale der griechischen Formen weichen von denen der persischen um einiges ab, und bei solch kurzen Namen fällt dies umso schwerer ins Gewicht[27]. Die Orthokorybantier (wörtlich: „die Spitz­mützigen“)[28] hingegen sind identisch mit den Sakā tigraxaudā, „den spitzmützigen Sakern“ (DNa 25–26), ganz gleich von wem die Übersetzung stammt[29].

Darüber, woher der Autor des Ortsregisters diese vortrefflichen Kenntnisse hatte, gibt es leider nur wenige Indizien. Gelegentlich weisen die bei Herodot belegten Völkernamen Formen auf, die von den schriftlich bezeugten persischen nicht direkt abgeleitet werden können. Nicht nur das herodoteische Σαγάρτιοι läßt den an­lautenden Vokal des im Persischen bezeugten Asagartiya weg, sondern das babylo­nische sa-ga-ar-ta-a-a (Behistun, bab. Text, 93) tut es ebenfalls. Die Überein­stimmung schließt einen lapsus bei Herodot aus — die Nebenform mit Aphärese gab es wirklich, und sie gelangte nicht nur ins Griechische, sondern auch ins Baby­lo­nische (das Elamische folgt übrigens der persischen Form: áš-ša-kar-ti-ya — Behistun, elam. Text, II 59). Die Wiedergabe des anlautenden Konsonanten von persischem Θatagus mit σ weicht von der sonst üblichen mit einem Dentallaut (ob τ oder θ[30]) ab und erinnert an die im Babylonischen und Elamischen belegten Formensa-at-ta-gu-ú bzw. sa-ad-da-ku-iš (Behistun, bab. Text, 6 bzw. elam. Text, I 14). Zudem gibt Χοράσμιοι im Anlaut nicht persisches Uvārasmīy, sondern das */ḵa-/ einer ande­ren iranischen Sprache (oder aber eines vom Schriftpersischen abwei­chenden persi­schen Dialektes) wieder[31], denn weder das babylonische Ḫu-ma-ri-iz-mu (Behistun, bab. Text, 6) noch das elamische Ma-ras-mi-ya (Behistun, elam. Text I 13) können für Χοράσμιοι das Vorbild abgegeben haben.

Diese vom schriftlichen Persisch abweichenden Formen machen es aufs Ganze ge­sehen eher unwahrscheinlich, daß der Autor des Ortsregisters aus amtlichem Material schöpfte[32]. Es ist zwar nicht absolut ausgeschlossen, daß er den Osten selbst durch­reiste [33], aber das wäre für einen Griechen im ausgehenden sechsten Jahrhundert eine wahrhaft außerordentliche Leistung gewesen. Außerdem sprechen die geographisch sinnwidrigen Zusammenstellungen in der Liste der Steuerdistrikte, die vermutlich auf Gliederungen im ursprünglichen Ortsregister zurückgehen (siehe ersten Absatz dieses Abschnitts), eher gegen eine Reise durch die Osthälfte des Reichs. Am wahrschein­lichsten bleibt wohl, daß der Autor seine Informationen mündlich sammelte und dabei mit mehreren sprach, von denen einige, wenn nicht unbedingt Perser, doch minde­stens Iraner (Meder?) waren.

Dem Material, das er so zusammenstellte, mischte er aber auch anderes Gut bei, wie man an den asiatischen Äthiopern eindeutig feststellen kann. Dieses Volk, das aufgrund einer Homerstelle nur erschlossen wurde (o. Anm. 2), kann es folglich nicht gegeben haben. Ob der Autor des Katalogs hierbei ein Ergebnis anderer übernahm oder der aufblühenden ionischen Wissenschaft eine originelle Entdeckung bekannt machte, läßt sich leider nicht mehr feststellen.

B.

Das Ortsregister bearbeiteten im Laufe der folgenden Jahrzehnte zwei weitere Autoren. Der eine wollte klarstellen, wieviel Tribut im ganzen Reich dem König jährlich gezollt wurde. Zu diesem Zwecke teilte er das Reich in zwanzig Einheiten auf — die übrigens nicht allzuviel mit den historisch bezeugten Satrapien zu tun haben[34] —; als Richtschnur mag ihm hierbei die von der Vorlage selbst gelegentlich gebotene Gliederung der Ortsnamen in Gruppen (siehe ersten Absatz, Abschnitt IV A) gedient haben. Für jeden der so geschaffenen Distrikte gab er den betreffenden Tribut in der Regel als Silberbetrag in babylonischen Talenten an. Da das Reich eben nicht in solche Steuerdistrikte aufgeteilt war, ist dieser Betrag offenkundig unhistorisch, könnte aber womöglich eine Schätzung aufgrund der Einzelheiten über Naturalien in der Vorlage gewesen sein. Dafür spricht folgendes: In einigen wenigen Fällen wird der Tribut nicht als Silberbetrag angegeben, sondern in der Form von Naturalien. Der vierte Distrikt (Kilikien) entsendet nebst einem genannten Silberbetrag 360 weiße Pferde. Der sechste Distrikt (Ägypten) zahlt einen recht hohen Silberbetrag und liefert zusätzlich dazu 120,000 Scheffel Weizen und weitere 1 1/3 Talente Silber vom Ver­kauf der im Moiris-See gefangenen Fische[35]. Der neunte Distrikt (Babylonien und Assyrien) liefert außer dem Silberbetrag 500 Eunuchen [36]. Der zwanzigste Distrikt (Indien) hingegen bezahlt gar kein Silber, dafür aber 360 Talente Gold. Hier mag der Bearbeiter es unterlassen haben, die Umrechnung in Silbertalente vorzunehmen, ver­mutlich weil die ursprüngliche Angabe wesentlich interessanter war, als die Um­rechnung hätte sein können — wieviele Scheffel Weizen Ägypten, die Kornkammer des Mittelmeerraumes, problemlos liefern konnte; wie hoch sich der Goldbetrag aus Indien belief. Die kilikischen Prachtrosse und die Eunuchen Babylons machten eben­falls Eindruck [37]. Aber 120,000 Scheffel Weizen hätte der Bearbeiter sicherlich als Silberbetrag angeben können. Am Ende der Liste wird das indische Gold — ob von Herodot selbst oder noch vom Bearbeiter — sowieso umgerechnet[38] . Auch bei den Fischen aus dem Moiris-See liegt eine Umrechnung zu 1 1/3 Talenten vor. Das zeigt, daß in den anderen Fällen der Silberbetrag auf eine Umrechnung zurück­gehen kann.

Nun hatten die Griechen schon seit längerer Zeit reges Interesse am Reichtum orientalischer Reiche gehabt, wie die vielen Geschichten über Kroisos und die Lyder (etwa Hdt. 6,125) sowie die berühmte Sage von dem Phrygerkönig Midas lehren. Es nimmt nicht wunder, daß das Perserreich, das diejenigen der Lyder und der Phryger bei weitem übertraf, dasselbe Interesse auf sich zog. Der einzige Unter­schied besteht darin, daß die Griechen mit dem Perserreich vertraut wurden, als in Ionien die Gelehr­samkeit Wurzeln zu schlagen begann. Statt einer Geschichte von einem König, dem alles, was er anrührte, zu Gold wurde, wollte jemand genau dar­über Buch führen, wieviel Tribut das Perserreich jährlich erhob[39]. Die Arbeit paßt gut in den Rahmen dessen, was sonst in Ionien im späten sechsten und frühen fünften Jahrhundert ge­leistet wurde [40], ohne daß sich irgendwelche genaueren
zeitlichen Anhaltspunkte daraus ergäben[41].

C.

Der andere Bearbeiter des ursprünglichen Ortsregisters hatte den Xerxes-Zug im Jahre 480 sicherlich miterlebt. Vielleicht hatte er einige Kontingente des Heeres mit eigenen Augen gesehen und, zutiefst beeindruckt, wollte er nun für die Nachwelt festhalten, was für eine kunterbunte Armee gegen die Griechen damals ins Feld gerückt war. Allein er wußte nicht genau, wieviele Völker es gewesen waren und was für Waffen sie alle gehabt hatten. Darüber mußte er sich zuerst informieren und zog dabei einen Ortskatalog zu Rate — denselben, den auch der andere Bearbeiter seiner­zeit benützt hatte [42].

Dieser zweite Bearbeiter hatte aber wenig Interesse an der wirtschaftlichen Leistungskraft verschiedener Landstriche und ignorierte alles derartige in seiner Vor­lage, deren Angaben über Tracht und Bewaffnung ihn hingegen fesselten. Manchmal mag er sogar mehr als genug Material vorgefunden haben, denn ab und an steht jetzt bei Herodot, daß dieses oder jenes Volk die ihm eigentümliche Waffe dabei gehabt habe (z.B. 7,74,2), so als wäre entweder dem Bearbeiter oder aber Herodot eine kom­plizierte Erläuterung eben dieser Waffe, womöglich mit merkwürdigem Fremdwort, am Ende doch des Guten zuviel gewesen.

Eines kann der Bearbeiter aber nicht vorgefunden haben: die Namen der Befehls­haber der einzelnen persischen Kontingente. Erstens liegt bei Hekataios kein Anhalts­punkt vor, daß in einem Ortskatalog Generäle oder Fürsten genannt werden konnten[43]. Zum anderen war der ursprüngliche Ortskatalog ja vor ca. 510 entstanden (siehe zu Anm. 22), und es ist wenig wahrscheinlich, daß in ihm die Namen mehrerer Fürsten vorkamen, die drei oder vier Jahrzehnte später im Perserkrieg Truppen befehligten. Der zweite Bearbeiter mag solche Namen aus eigenem Wissen beigesteuert haben — die Listen persischer Offiziere bei Aischylos zeigen ja, daß sich die Griechen viele solcher Namen gemerkt und auch sonst Interesse an solchen Aufführungen hatten[44]. Für die Historizität der Angaben bürgt dies natürlich nicht, denn ein Autor mag solche Listen durch Hinzufügen passend klingender Namen nach Belieben ergänzt haben, um ja keine Lücke zu hinterlassen und um seinen Lesern durch Namensanhäufungen noch mehr zu imponieren. Ist dies alles richtig, so mag der Bearbeiter auch sonst eigenes Gut beigetragen haben.

Schließlich wissen wir einiges darüber, was vor Herodot über die Perserkriege be­reits aufgeschrieben worden war. Charon von Lampsakos zum Beispiel hatte eine Monographie über die Perser veröffentlicht, wovon uns ein längeres Fragment bei Thukydides erhalten geblieben ist[45]. Andere hatten sich zudem Gedanken darüber gemacht, wieviele Krieger Xerxes mit sich gebracht hatte [46]. In einem bereits acht Jahre nach Salamis aufgeführten Bühnenstück hatte der Augenzeuge Aischylos sogar einen Bericht über diese Schlacht niedergeschrieben[47]. Auch andere Dichter hatten Verse über die Perserkriege verfaßt[48]. Überall in Griechenland gab es schließlich Denkmäler mit Inschriften über die Teilnehmer am Krieg, sowohl auf den Schlacht­feldern als auch in den einzelnen Städten[49]. Zu all dem gesellt sich eine Beschreibung von Xerxes’ Heer recht gut.

V. Schluß

Resümieren wir also. Die Übereinstimmungen zwischen der Liste der Steuer­distrikte und der Heeresschau lassen feststellen, daß ihnen beiden ein ursprünglicher Ortskatalog zugrundeliegt, in dem auch Angaben über Tracht, Bewaffnung und wirt­schaftliche Produkte standen. Dieser Ortskatalog entstand vor ca. 510 und ähnelte Hekataios’ geographischer Schrift.

In den darauf folgenden Jahrzehnten wurde dieser Katalog, wie die voneinander abweichenden Ethnika zeigen, zweimal unabhängig voneinander bearbeitet. Als Bearbeiter der Heeresschau scheidet Herodot aus stilistischen Gründen aus, als Be­arbeiter der Liste der Steuerdistrikte wegen der Bildung von Ethnika. Die beiden vor Herodot tätigen Bearbeiter steckten sich je ein eigenes Ziel: der eine schuf einen geo­graphisch gegliederten Überblick über den vom Perserreich erhobenen Tribut; der andere beschrieb die Völker in Xerxes’ Heer. Herodot, der sich wie sonst nach Schriftquellen emsig umsah [50], kannte beide Bearbeitungen und, gleich allen moder­nen Herausgebern im Umklaren über die genetische Identität, nahm beide in sein Werk auf. Bei beiden mag er Revisionen vorgenommen haben, ehe er sie in sein Werk einbaute, aber in welchem Maße das geschah, vermögen wir nicht mehr festzustellen.

Die historische Aussagekraft beider Passus ist demzufolge gering. Die Perser er­hoben den genannten Tribut nicht, denn das Reich war in diese Einheiten nicht auf­geteilt[51], und der Tribut geht ohnehin auf sekundäre Umrechnungen zurück. Zudem können wir die Umrechnungen nicht mehr überprüfen[52]. Die Heeresschau beschreibt eben nicht Xerxes’ Heer, sondern die verschiedenen Völker des Reiches — nach einem Ortskatalog, der mindestens drei Jahrzehnte vor Xerxes’ Einmarsch ver­faßt worden war.

Dagegen besitzen beide Passus einen hohen Wert für die Geschichte der griechi­schen Gelehrsamkeit. Hekataios war, zum einen, nicht der einzige ionische Gelehrte, der einen Ortskatalog zusammenstellte. Wie viele andere es gab, vermögen wir nicht mehr zu sagen, aber wir sollten uns vor übereilten Schlüssen hüten, nur weil Hekataios der einzige war, dessen Name überliefert worden ist. Drei geographische oder doch para-geographische Schriften haben wir ja nur aufgrund der Beschaffenheit zweier Passus bei Herodot identifizieren können. Nichts bürgt dafür, daß sie die einzigen waren, die Herodot bearbeitete, als er sein Werk verfaßte.

Zweitens war Herodot nicht der erste Verfasser von Prosa, der über die Perser und ihr Reich schrieb. Denn dieses mächtige Reich hatte schon seit längerer Zeit Aufsehen erregt, als Herodot die Feder ergriff. Herodot schuf sein Werk eben nicht in vacuo, und nichts darf darüber hinwegtäuschen, daß er auf anderer Leistungen aufbaute, ja, deren Werke zuweilen in sein eigenes übernahm. Herodots schönen Ehrennamen aber, den Vater der Geschichte [53], wollen wir ihm dabei keinesfalls abstreiten, denn sein Werk übertraf dank dessen unbestreitbaren Vorzügen sowie seiner eigenen hohen Begabung die aller Vorgänger und stellte sie allesamt in den Schatten.

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Department of Classics
University of Canterbury
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Victor Parker

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* Die mir bekannten Werke über Herodot enthalten kaum Bemerkungen zu den hier be­sprochenen Einzelheiten; v.a. ist dies der Fall bei den mir zugänglichen Kommentaren (begin­nend mit Stein und endend mit Asheri). Gerade bei Letzterem müßte man erwarten, daß die einschlägige Literatur zu den hier besprochenen Stellen angeführt worden wäre. Eine Aus­nahme macht am ehesten die Textausgabe Roséns, in der sich wertvolle Gedanken finden. Dabei gebe ich freimütig zu, daß ich nicht jede Arbeit zu Herodot gelesen habe. Dennoch denke ich, daß die Arbeit an den Quellen stets den Vorrang haben muß. Als ich dieses Thema in einem Gastvortrag in Erfurt behandelte, gaben mir Jan Bremer und Veit Rosenberger wertvolle Hinweise. Für eine Lektüre des Manuskripts bedanke ich mich auch bei Wolfgang Blösel (Essen). V.a. sei aber den vier anonymen Gutachtern der Tyche ganz herzlich gedankt. Wie ich nachträglich bemerke, hat F. Gschnitzer das Hauptergebnis dieser Arbeit vorweggenommen, wenngleich er seinerzeit auf jedwede Beweisführung verzichtete: Zur Stellung des persischen Stammlandes im Achaimenidenreich, in: G. Mauer e.a. (Hrsg.), Ad bene et fideliter semi­nandum. Festgabe für Karlheinz Deller, Neukirchen-Vluyn 1988, 111–112.

[1] Um etwaigen Mißverständnissen gleich vorzubeugen: die hier aufgelisteten Ver­waltungs­einheiten sind keine Satrapien, auch wenn dies in den Handbüchern immer wieder behauptet wird — u. Anm. 34.

[2] Die asiatischen Äthioper sind erschlossen aufgrund einer Stelle bei Homer (Od. 1,23–24), welche die „entzweigeteilten“ Äthioper als im entferntesten Westen und Osten wohnend darstellt, wo die Sonne unter- bzw. aufgeht. Einige Geographen sahen die historisch bekannten Äthioper als die östlichen und postulierten weitere im äußersten Westen Afrikas (Ephoros, BNJ 70, Fr. 128 mit Kommentar). Andererseits wurden „asiatische Äthioper“ erfunden, und zwar als Gegenstück zu den historischen bekannten, die dann als die „westlichen“ galten. In Asien waren Äthioper auf jeden Fall nie seßhaft. Siehe auch D. Asheri, A Commentary on Herodotus. Books I–IV, Oxford 2007, 415–416, und R. Bichler, Herodots Welt, Berlin 2001, 33 Anm. 69.

[3] Der Stamm der nur bei Herodot bezeugten Namensform Ἀλαρόδιοι könnte mit dem aus der keilschriftlichen Überlieferung gut bekannten Landesnamen Urarṭu (entspricht geo­graphisch in etwa dem antiken Armenien) identisch sein. Im Alten Testament lautet der Orts­name mit masoretischer Punktuation übrigens ’Araraṭ. Ist diese Namensgleichung richtig, dann hörte der Grieche, von dem die Schreibweise stammt, die erste Liquida als /l/ statt als /r/ und gab den ihm vollkommen fremden emphatischen Konsonanten Ṭeth mit einem Delta wieder. Die Vokale in der vermeintlichen griechischen Wiedergabe weichen von den sonst belegten stark ab, aber bei der Übernahme fremder Eigennamen ist dies nicht unmöglich.

[4] Siehe zu Anm. 27.

[5] Die Bezeichnung Θρήικες οἱ ἐν τῇ Ἀσίῃ für die Bithyner begegnet, soweit ich weiß, nur bei Hdt. 3,90,2 und 7,75,2 (vgl. jedoch ἡ Θρᾴκη ἐντῇ Ἀσίᾳ – Xen. Anab. 6,4,1). Andere Autoren des 5. und 4. Jahrhunderts sagen Θρᾷκες ohne irgendwelchen Zusatz (so z.B. Xen. Anab. 6,3,4), Θρᾷκες Βιθυνοί (so z.B. [Skylax] 92), Βιθυνοὶ Θρᾷκες (so z.B. Thuk. 4,75,2), oder Βιθυνοί (so z.B. Xen. Anab. 6,2,17). Βιθυνοί sollte sich jedoch bei den hellenistischen und kaiserzeitlichen Autoren durchsetzen: so z.B. bei Diodor 18–22 (2-mal — nach Hieronymos von Kardien), bei Polybios (4-mal — man beachte v.a. 8,22, wo Θρᾷκες und Βιθυνοί einander ausschließen), oder bei Plutarch (25-mal — man beachte v.a. Alk. 29,3, erzählt nach Xen. Hell. 1,3,2–3, wo Plutarch statt der Wendung in der Vorlage, Βιθυνοὶ Θρᾷκες, schlicht Βιθυνοί schreibt). Bei Arr. 1,29,5 und App. Mith. 1 ist Θρᾷκες οἱ Βιθυνοί daher wohl als Archaismus zu werten. Der sonst so klassizistiche Prokop weiß nur von Βιθυνοί zu reden; siehe v.a. Hist. Arc. 22, wo Θρᾷκες und Βιθυνοί einander wiederum ausschließen.

[6] Siehe jedoch H. B. Rosén, der in seiner Teubner-Ausgabe die zweite Doppelnennung durch veränderte Interpunktion zu beseitigen sucht, wobei er ὣς αὔτως Κάσπιοι vom folgenden Satz trennt und zum vorangegangenen stellt. Demnach wird gesagt, daß die kaspischen Reiter (ebenso wie die baktrischen) genauso wie das Fußvolk ausgerüstet seien — und (ebenso wie die Libyer) nebst den Reitern auch Streitwagen mitgebracht hätten. Dennoch mutet es seltsam an, daß in der ganzen Heeresschau allein die Kaspier in solch einem „Doppelvergleich“ vor­kämen — in dem einen Punkt seien sie wie das eine Volk, in dem anderen wie das andere. Andere Herausgeber setzen 7,86,2 statt der Kaspier einen anderen Völkernamen wie „Kasier“ oder „Kaspeirer“ ein. Zur ersten Doppelnennung Asheri, Commentary (o. Anm. 2) 491, der zwei Völker gleichen Namens annimmt. Soweit ich sehe, hat niemand gemerkt, daß die beiden Doppelnennungen zusammenhängen.

[7] Es ist im Prinzip dieselbe Methode, die man in der Schule anwendet, um festzustellen, daß zwei Schüler abgeschrieben haben: auf die richtige Antwort können zwei unabhängig voneinander Arbeitende zu jeder Zeit kommen, auf dieselbe fehlerhafte hingegen wohl nicht; und wenn bei zweien dieselbe abwegige Antwort steht, dann ging es eben nicht mit rechten Dingen zu.

[8] Die meisten Herausgeber setzen 7,76 in der Heeresschau eine lacuna (anders jedoch Rosén, ad loc.), die mit einem dieser Namen gefüllt werden könnte. Wenn man andererseits mit Stein den Namen der Pisidier hineinsetzen will, dann würde in der Liste der Steuerdistrikte dieser Name fehlen.

[9] Es sind dies die Handschriften A, B und C, die Hude seinerzeit als α zusammenfaßte. Zu A schrieb er (S. xxx): ut uetustissimus est, ita memoriam uerborum sinceriorem quam ceteri exhibet, „zumal er der älteste ist, weist er eine zuverlässigere Wiedergabe der Worte als die anderen auf“. Rosén, S. xxv, schreibt über die Handschrift A aus dem ausgehenden 9. Jahr­hundert: cuncti nostrae aetatis consentiunt editores codicem illum omnium praecipuum librorum manu scriptorum esse habendum, „alle Herausgeber unseres Zeitalters sind sich darin einig, daß von allen Handschriften der Bücher jener Codex als der vorzügliche zu betrachten ist“. Des weiteren lobt sie Rosén ob ihrer Genauigkeit in Sachen Orthographie.

[10] Zur Methode A. E. Housman, Iuvenalis Saturae, Cambridge 21931, S. xv. Gerade bei obskuren Eigennamen war Housman bereit, der sog. besten Handschrift bedingungslos zu folgen, weil „the judgment is helpless: here then we avail ourselves of an instrument which the judgment has formed: our knowledge or opinion of the relative merits of the MSS“. Daß die Herodot-Herausgeber diesem Grundsatz zuwiderhandeln, entspringt allein dem Wunsch, Herodots Orthographie einheitlich zu machen, wobei übersehen wird, daß sich da eine petitio principii leise eingeschlichen hat, denn es müßte eigentlich erst erwiesen werden, daß überall Herodots Orthographie vorliegt. In Bezug auf diese Problematik siehe v.a. A. B. Bosworth, A Missing Year in the History of Alexander the Great, JHS 101 (1981) 17–39, wo Bosworth — wie es der Zufall will, u.a. hinsichtlich des oben im Text besprochenen Volkes der Sarangaier — nachgewiesen hat, wie die modernen Herausgeber des Arrian-Textes in ihrem Bestreben nach einheitlicher Orthographie den Umstieg Arrians von der einen Quelle zur anderen völlig unkenntlich machten. Denn als Arrian 4,18 zur neuen Quelle überging, übernahm er auch ihre Orthographie: daher steht bei ihm manchmal Ζαράγγαι oder Ζαραγγαῖοι, 4,18,3 aber Δράγγαι. Zu diesem Völkernamen schließlich R. Schmitt, Medisches und persisches Sprachgut bei Herodot, ZDMG 117 (1967) 125 Anm. 53.

[11] Hude schreibt I. Vossius die Emendation Μᾶρες zu. Rosén druckt die Emendation ohne irgendwelchen Vermerk zu ihrem Urheber.

[12] Aisch. Septem, 559; Eur. Medea, 1162. Zu den epigraphischen Belegen L. Threatte, The Grammar of Attic Inscriptions II, Berlin 1996, 122–123 („probably found only in metrical texts“).

[13] Auch wenn dies niemals durch direkte Bezeugung glaubhaft belegt ist, ergibt es sich aus der näheren Beschäftigung mit Attika (s. 1,98,5; 4,99,4–5) und athenischen Adels­geschlechtern wie v.a. dem Alkmaionidenhause (etwa 6,121–131). Siehe auch M. Ostwald, Herodotus and Athens, ICS 16 (1991) 137–148.

[14] Wie es ja Platon, Tim. 37d, auch tut.

[15] Siehe E. Powell, A Lexicon to Herodotus, Cambridge 1938, 3, mit allen Belegen.

[16] Siehe Powell, Lexicon (o. Anm. 15) 285, mit allen Belegen.

[17] Powell, Lexicon (o. Anm. 15) 82 mit allen Belegen.

[18] Powell, Lexicon (o. Anm. 15) 322.

[19] Schmitt, Iranisches Personennamenbuch, V 5a (SWAW 823), Wien 2011, Nrr. 356 und 367. Siehe auch Schmitt, Medisches (o. Anm. 10) 130.

[20] Es wäre z.B. sehr interessant zu erfahren, ob die Spekulationen über den Namen der Perser (abgeleitet von „Perseus“ – 7,61,3) sowie den der Meder (abgeleitet von „Medeia“ – 7,62,1) Herodot oder seiner Vorlage zuzuschreiben sind. Bereits bei dem Lyder Xanthos (BNJ 765, Fr. 8) finden sich ähnliche Spekulationen, denen zufolge die palästinische Stadt Askalon mit einem lydischen Helden der Vorzeit, Askalos, verbunden wird, wobei dann auf einen Feld­zug des Askalos von Lydien nach Palästina geschlossen wird. Der Nicht-Grieche Xanthos, der noch vor Herodot tätig war — denn Herodot bezog von ihm ἀφορμαί (was auch immer darunter konkret zu verstehen sein mag: Ephoros, BNJ 70, Fr. 180 mit Kommentar) — und sein Werk wohl deswegen auf Griechisch verfaßte, weil es in dieser Sprache bereits Schriften gab, nach denen er sich richten konnte, hatte diese Argumentationsweise vermutlich von eben diesen Schriften erlernt und dann bei einer Person aus der Mythologie Lydiens angewandt — insofern wäre die Annahme, die Spekulationen über Perseus und die Perser sowie über Medeia und die Meder hätten bereits in der Vorlage Herodots gestanden, nicht abwegig. Zu Xanthos zuletzt
A. Mehl, Xanto il Lido, i suoi Λυδιακά e la Lidia, in: M. Giorgieri et al. (Hrsg.), Licia e Lidia prima dell’Ellenizzazione, Roma 2003, 239–263, bes. 240 Anm. 2.

[21] Pflanzen: Hekataios, BNJ 1, Frr. 154, 291 und 292; Essen: Frr. 154 und 323a; Tracht: Frr. 284 und 287; Bräuche: Fr. 154; Wirtschaft: Fr. 335. In manchen Fragmenten ist eine An­gabe über wirtschaftlich wichtige Naturalien miteinbegriffen (etwa Gerste Frr. 154 und 323a). Bei Herodot gibt es viele Passus — etwa 1, 193–199 über Mesopotamien —, die anders als die kargen Zitate aus Hekataios’ Werke vollständig erhalten sind und die daher ein klareres Bild davon zeichnen können, wie ein Eintrag in Hekataios’ Ortsregister ausgesehen haben mag.

[22] Obgleich Herodot den Feldzug des Dareios als gegen die Skythen gerichtet und als eklatanten Mißerfolg darstellt (Hdt. 4,87–143), eroberte Dareios die europäische Seite des Hellespont mitsamt den nördlich davon liegenden Küstengebieten bis zur Donaumündung hin. Die Bewohner dieser Gebiete erscheinen dann in den altpersischen Listen der beherrschten Völker als tyaiy paradraya (dārayantiy), „die jenseits des Meeres (wohnen)“ (DNa 28–29; XPh 24). Zur Lokalisierung dieser Leute R. Schmitt, Die achaimenidische Satrapie ‚tayaiy drayahyā‘, Historia 21 (1972) 526. Vgl. für das Gebiet die Wendung πέραν θαλάσσης, „jenseits Meeres“ in einem zwar auf Griechisch verfaßten, jedoch persisch durchstilisierten Brief (Thuk. 1,129,3). Dazu A. T. Olmstead, A Persian Letter in Thucydides, AJSL 49 (1932/33) 154–161 (ungeachtet seiner Meinung, der Brief wäre echt) sowie R. Schmitt, Achaimenidisches bei Thukydides, in: H. Koch, D. N. Mackenzie (Hrsg.), Kunst, Kultur und Geschichte der Achaimenidenzeit und ihr Fortleben (AMI Ergänzungsband 10), Berlin 1983, 69–86. Zum Brief als Fälschung steht alles Wesentliche bereits bei J. Beloch, Griechische Geschichte 2.2, Straßburg 21914, 155; selbst S. Hornblower, A Commentary on Thucydides I, Oxford 1991, 214–216, hat es unterlassen, für die Authentizität des Briefes einzutreten.

[23] Die Anwesenheit kleinasiatischer Griechen in beiden Bearbeitungen (3,90,1; 7,93,1 und 94–95) zeigt, daß der Katalog nicht nach den Perserkriegen verfaßt sein kann, denn zu dieser Zeit stand die Mehrheit der kleinasiatischen Griechen unter athenischer statt persischer Kon­trolle.

[24] Einige der obskureren, bei den Bearbeitern vorkommenden Völker standen auch in Hekataios’ Ortsregister: z.B. Mossynoiker und Tibarener (BNJ 1, Fr. 204), Maren (Fr. 205), Makronen (Fr. 206) und Moscher (Fr. 288).

[25] Von den erhaltenen Fragmenten beziehen sich nur elf (BNJ 1, Frr. 289–299) auf den Osten des Perserreichs, wobei dies natürlich Überlieferungszufall sein könnte. Zum Vergleich aber beziehen sich 82 erhaltene Fragmente auf Kleinasien (BNJ 1, Frr. 198–207 und 217–288). Folgende Völker im Osten sind bei den Bearbeitungen, dagegen nicht bei Hekataios zu finden: Aigler, Aparyten, Arier, Dadiker, Dareiten, Kissier, Paktyier, Pantimathen, Parikanier, Pausiker, Sarrangaier, Sargatier, Sattagyder, Sogder, Utier. Überlieferungszufall ist hier nicht auszuschließen, doch entsteht der Eindruck, daß der Autor des Ortsregisters mehr über den Osten anzubieten hatte als Hekataios. Die Völker im Osten des Perserreichs, die sowohl bei einer der beiden Bearbeitungen als auch bei Hekataios vorkommen, sind die Myker (BNJ 1, Fr. 289), die Chorasmier (Frr. 292 und 293), die Parther (Fr. 292) und die Gandarier (Frr. 294 und 295). Frr. 290, 295, 297, 298 und 299 enthalten geographische Informationen, welche in den Bearbeitungen fehlen, wobei Frr. 295 und 297 von Städten handeln. Städte aber kommen als solche in den Bearbeitungen nicht vor.

[26] Diesem Namen entspricht das pa-ar-u-pa-ra-e-sa-an-na der babylonischen Version der Behistun-Inschrift (Zeile 6). Dies ist, was den Namen selbst angeht, mit der aus der Alexander­zeit gut bezeugten Satrapie Parapamisadai identisch.

[27] Zu all diesen Namensgleichungen Schmitt, Medisches (o. Anm. 10) 123–125.

[28] Sie erscheinen unter diesem Namen in der Liste der Steuerdistrikte: 3,92,2. In der Heeres­schau aber werden sie wie folgt beschrieben: „die Saker, d.s. Skythen, trugen auf ihren Häuptern Mützen, die aufrecht standen und in einer Spitze endeten“ (7,64,2). Hier werden sie aber mit anderen Skythen, den Amyrgern (Sakā haumavargā – DNa 25), zusammengeworfen, ob vom Bearbeiter oder von Herodot selbst ist einerlei. Daß Ὀρθοκορυβάντιοι bloß die Über­setzung von tigraxaudā ist, erkannte zuerst M. H. Kiessling, Zur Geschichte der ersten Regierungsjahre des Dareios Hystaspes, Diss. Leipzig 1900, 16–17. Siehe auch Schmitt, Medisches (o. Anm. 10) 141.

[29] Allein die gelungene Übertragung von tigraxaudā ins Griechische, sofern sie jemandem anderem als Herodot entstammt, zeigt, daß sich schon vor ihm mindestens ein Gelehrter um das Perserreich und dessen Völker verdient gemacht hatte — vermutlich eben in einer Schrift, denn Ὀρθοκορυβάντιοι riecht doch sehr nach der Lampe. Das Wort übertrug Herodot vermutlich nicht selbst, denn seine Kenntnis des Persischen ließ sehr zu wünschen übrig (siehe v.a. 1,139 und 6,98,3 [nach dem Rosénschen Text!]). R. Schmitt, Herodot und iranische Sprachen, in:
R. Rollinger et al. (Hrsg.), Herodot und das Persische Weltreich, Wiesbaden 2011, 313–341, hat zwar unlängst versucht, über diese beiden Stellen ein milderes Urteil zu fällen als das von der Mehrheit der Forscher ausgesprochene — zur communis opinio Schmitt, ebenda, 313. Schmitt hat zugegebenermaßen recht, daß beide Male Herodot nur die griechischen Namens­formen (anstatt der persischen) kommentiert (ebenda, 331–336), doch daraus folgt nicht zwingend, daß wir dann nichts über Herodots Persischkenntnisse erfahren. Ganz im Gegenteil wird dabei eigentlich ausgeschlossen, daß Herodot die persischen Namensformen kannte, denn Herodot fügt seiner Beobachtung, daß die Namen der Perser (scilicet: in griechischer Über­lieferung — so jedenfalls Schmitt) allesamt auf „s“ ausgingen, die Bemerkung hinzu, daß „dies den Persern selbst, anders als uns, entgangen sei“ (1,139). Aber wie hätte dies Leuten auffallen sollen, die Griechisch weder redeten noch verstanden? Pace Schmitt, der nach eigenen An­gaben (ebenda, 334) Herodots Bemerkung nicht befriedigend erklären kann, setzt diese Bemer­kung eigentlich klar voraus, daß, wie sich Herodot die Dinge vorstellte, Persern wie Griechen dieselben Namensformen geläufig gewesen waren. Er wußte also gar nicht, daß die persischen Formen anders als die ihm bekannten lauteten. Angesichts dieses Befundes wird man wohl kaum argu­mentieren wollen, Herodot hätte sich mit der persischen Sprache vertraut gemacht. Im übrigen kommentiert Schmitt die Übersetzung von tigraxaudā in diesem Zusammenhang nicht. Ob schließlich ein Zusammenhang zwischen den Orthokorybanten und den Korybanten besteht, ist nicht sicher auszumachen.

[30] Siehe Schmitt, Medisches (o. Anm. 10) 125 Anm. 55.

[31] Vgl. Κυαξάρης (Uvaxštra – DB II 15; Schmitt, Personennamenbuch [o. Anm. 19] Nr. 177) und Χοάσπης (Fluß- und Personenname nach Suidas; Uvaspa – DSf 11, dort epitheton ornans; fehlt bei Schmitt, Personennamenbuch [o. Anm. 19]). Als die andere iranische Sprache schließt Schmitt, Medisches (o. Anm. 10) 125 Anm. 56, das Medische, soweit ich sehen kann, ohne ausreichenden Grund aus.

[32] Die griechischen Formen lassen sich in ihrer Gesamtheit eben nicht von denen in den von den Persern benützten Verwaltungssprachen herleiten: weder von dem Persischen der Monumental-Inschriften (wie im Text dargelegt), noch von dem Babylonischen und Elamischen, wie das im Text besprochene Beispiel von Χοράσμιοι lehrt. Denn das Babylo­nische schreibt regelmäßig /m/ für den persischen Gleitlaut /ṷ/ (etwa Ú-ma-ku-iš-tar [Behistun, bab. Text, 43] für persisches Uvaxštra [DB II 15]), und das Elamische läßt bei mit */ḵa-/ beginnenden Wörtern die erste Silbe ganz weg (etwa Ma-ak-iš-tar-ra [Behistun, elam. Text, II 10]). Dieser Eigenname fand übrigens sehr schön in das Griechische Eingang (Κυαξάρης, /Kuṷaksarēs/), das in diesem Falle sowohl den anlautenden Reibelaut als auch den darauf fol­genden Gleitlaut behelfsweise andeuten konnte. Was das Reichsaramäische angeht, sind m.W. keine für diese Frage entscheidenden Namen belegt.

[33] Siehe R. Rollinger, W. F. M. Henkelman, New observations on „Greeks“ in the Achaemenid empire according to cuneiform texts from Babylonia and Persepolis, in: P. Briant, M. Chauveau (Hrsg.), Organisation des pouvoirs et contacts culturels dans les pays de l’empire achéménide, Paris 2009, 336. Nach einem elamischen Text aus Persepolis (PF-NN 2261, 33–34 [abgedruckt bei Rollinger und Henkelman]) wurden Griechen von dem Satrapen Arachosiens (siehe PF 1351, 1358 und NN 1898 [lezterer Text wird nach Rollinger und Henkelman zitiert — non uidi]) nach Persepolis geschickt, hatten sich also aller Wahrscheinlichkeit nach zuvor in Arachosien befunden. Folglich kann ein Grieche im ausgehenden 6. Jahrhundert im Ostteil des Reiches gewesen sein, wobei es sich aber im konkret belegten Fall keineswegs um eine Privat­reise gehandelt haben kann. Zu Griechen auf Entdeckungsreisen im Perserreich vgl. auch
R. Rollinger, The Eastern Mediterranean and Beyond: The Relations between the Worlds of the ‚Greek‘ and ‚Non-Greek‘ Civilizations, in: K. H. Kinzl, A Companion to the Classical Greek World, Malden 2006, 201–202; zu Griechen in persischen Quellen, ebenda, 203–206. Siehe auch F. Canali de Rossi, I Greci in Medio Oriente ed Asia Centrale. Dalla fondazione dell’
Impero Persiano fino alla spedizione di Alessandro Magno (550–336 a.C. circa)
, Roma 2007.

[34] Auch wenn sich einige Distrikte (wenngleich nicht ganz ohne Abstriche, die gelegent­lich einiges an Wohlwollen erfordern) mit bekannten Satrapien mehr oder minder decken (2. Distrikt = Lydien; 3. Distrikt = Hellespontisches Phrygien; 4. Distrikt = Kilikien; 5. Distrikt = Ebir Nari/Syrien; 6. Distrikt = Ägypten; 8. Distrikt = Susiane; 9. Distrikt = Babylonien; 10. Distrikt = Medien; 12. Distrikt = Baktrien; 13. Distrikt = Armenien), entsprechen einige Distrikte, selbst im Westen, keiner historisch bezeugten Satrapie. Nach allem, was wir über die Ioner wissen, unterstanden sie immer dem Satrapen Lydiens (z.B. Hdt. 6,42), und eine Satrapie, die Ioner, Magneten, Aioler, Karier, Lykier, Milyer und Pamphyler umfaßt hätte (so im
1. Distrikt), hat es schlechterdings nie gegeben. Was die östliche Reichshälfte anbelangt, so bietet die Liste, abgesehen von Medien und Baktrien, kaum etwas, das mit dem historisch bezeugten Bestand an Satrapien (Persis, Karmanien, Gedrosien, Hyrkanien, Parthien, Arien, der Drangiane, Arachosien, Parapamisadai und der Sogdiane – Diod. 18,3,1–3 und 39,5–6, nach Hieronymus von Kardien; dieselben Satrapien sind auch Arrians, sprich Ptolemaios’, Bericht über die Eroberung des Perserreichs zu entnehmen) in Einklang gebracht werden kann.

Denn die Liste faßt drei historisch gut bezeugte Satrapien (Parthien, Arien und die Sogdiane) in geographisch sinnwidriger Weise im 16. Distrikt zusammen. Im 10. Distrikt werden einige Saker (o. Anm. 28) mit den Medern in ebenfalls sinnwidriger Weise zusammen­gebracht. Desgleichen bringt der 14. Distrikt die Sarangaier im zentraliranischen Binnenland mit Inseln im Persischen Golf zusammen. Der 11., 15. und 17. Distrikt (gemäß der Reihen­folge: Kaspier, Pausiker, Pantimathen und Dareiten; Saker und Kaspier; Parikanier und asia­tische Äthioper) scheinen frei erfunden zu sein, ganz davon abgesehen, daß die asiatischen Äthioper lediglich ein Hirngespinst ionischer Gelehrsamkeit sind (o. Anm. 2).

Was den Westen noch angeht, so ist es schwierig, befriedigende Lösungen für das Fehlen der historischen, gut bezeugten kleinasiatischen Satrapien Großphrygien und Kappadokien am Taurus in der Liste zu finden. Wenn ferner die Alarhodier richtig identifiziert sind (o. Anm. 3), dann deckt sich der 18. Distrikt mit dem 13.

Die Persis, die auf jeden Fall eine eigene Satrapie war, mag in der Liste bei Herodot deshalb fehlen, weil sich ihr Verfasser nicht vorstellen konnte, daß das Stammland der Perser einen Tribut entrichtete (Herodot mag aufgrund der Liste diesen Schluß gezogen haben — siehe 3,97,1), wobei dies den historischen Tatsachen im 5. Jahrhundert eigentlich entsprechen könnte — siehe etwa DPe, DNa, DSe, XPh, wo die Persis in der eigentlichen Liste der Tribut­pflichtigen fehlt und statt dessen gesondert erwähnt wird. Andererseits wird die Persis unter diesen DB 17–20 doch aufgeführt. Dazu Gschnitzer (o. erste Anm.) 88–122 bes. 94–106 und 111–113; J. Wiesehöfer, Ταῦτα γὰρ ἦν ἀτελέα: Beobachtungen zur Abgabenfreiheit im Achaimenidenreich, in: P. Briant, C. Herrenschmidt (Hrsg.), Le tribut dans l’empire perse, Paris 1989, 183–184; und C. Herrenschmitt, Le tribut dans les inscriptions en vieux-perse et dans les tablettes élamites, ebenda, 107–120. Steuern zahlten die Perser auf jeden Fall, wie aus den elamischen Tafeln eindeutig hervorgeht — H. Koch, Tribut und Abgaben in Persis und Elymais, ebenda, 121–128 —, doch mag es eben einen Unterschied zwischen bloßen „Steuern“ und dem „Tribut“ gegeben haben.

Auf jeden Fall aber gibt es weitere Argumente gegen die Deutung dieser Distrikte als Satrapien: K. Ruffing, Die ‚Satrapienliste‘ des Dareios: Herodoteisches Konstrukt oder Reali­tät?, Archäologische Mitteilungen aus Iran und Turan 41 (2009) 323–340. Siehe auch dens., Herodot und die Wirtschaft des Achaimeniden-Reichs, in: Rollinger, Weltreich (o. Anm. 29) 86–94, sowie B. Jacobs, Die altpersischen Länder-Listen und Herodots sogenannte Satrapien­liste (Historien III 89–94), in: R. Dittman (Hrsg.), Altertumswissenschaften im Dialog. Fest­schrift für Wolfram Nagel zur Vollendung seines 80. Lebensjahres, Münster 2003, 301–343 bes. 305–306.

[35] Hdt. 2,149,5 steht der 3,91,2 fehlende Silberbetrag.

[36] Zum Tribut Babyloniens vgl. K. Ruffing, Der Reichtum Babyloniens, in: S. Gaspa (Hrsg.), From source to history.Studies on ancient Near Eastern worlds and beyond. Dedi­cated to Giovanni Battista Lanfranchi on the occasion of his 65th birthday on June 23, 2014, Rom 2014, 369.

[37] Anhand von Herodots Werk kann man mehrmals erkennen, welch hohes Interesse die Griechen Eunuchen (z.B. 3,48) und Rossen (z.B. 4,72) entgegenbrachten. Erstere waren der schaurige Inbegriff asiatischer Fremdartigkeit, während Letztere, v.a. außerhalb Thessaliens, eher selten waren und ohnehin als Zeichen großen Reichtums galten. Doch konnten die Kiliker jeden Tag im Jahr ein Roß einer bestimmten Farbe abgeben!

[38] Zu den hierbei entstandenen Rechenfehlern Ruffing, Satrapienliste (o. Anm. 34) 331.

[39] Gedanken darüber, nach welchen Prinzipien die Tribute der einzelnen Steuerdistrikte fest­gelegt sein könnten: Ruffing, Wirtschaft (o. Anm. 34) 89–91.

[40] Vor allem versuchten die ionischen Gelehrten, Kenntnisse auf einem gewissen Gebiet sowohl erschöpfend als auch systematisch darzulegen — dazu Bichler, Herodots Welt (o. Anm. 2) 15. Auf dem Gebiet der Geographie denke man nicht nur an Hekataios’ Ortsregister, sondern auch an das Lehrgedicht des Aristeas (Hdt. 4,13), das ausführlich von den nördlich der Skythen wohnenden Völkern handelte und sie in eine vermeintlich sinnvolle Ordnung vom Pontos bis zum Ozean hin brachte. Auch die ersten Landkarten, auf denen die Welt systematisch und ordentlich gezeichnet war, gehören in diesen Zusammenhang: auf ihnen entsprachen einander nach Hdt. 4,36,2 Europa und Asien (einschließlich Afrikas) in der Größe genau, außerdem hatte die Welt die Form eines perfekten Kreises.

[41] Ruffings Versuch, Satrapienliste (o. Anm. 34) 334–335, die Liste der Steuerdistrikte in die Zeit nach dem Jahr 443 zu datieren, als die Athener die tributpflichtigen Mitglieder des Seebundes auf fünf Zahlungsdistrike aufteilten, ist nicht von der Hand zu weisen. Dennoch besteht zwischen der Liste der persischen Steuerdistrikte und den athenischen Tributlisten bestenfalls nur eine gewisse Ähnlichkeit, die eher in der Natur der Dinge begründet liegen mag. Es ist zudem möglich, daß die Athener die Tribute im Seebund nach persischem Vorbild ver­walteten — siehe H. T. Wallinga, Persian Tribute and Delian Tribute, in: Briant, Herren­schmitt (o. Anm. 34) 173–181.

[42] Vgl. in diesem Zusammenhang die Bemerkungen von M. Dorati, Travel Writing in Herodotus, in: Rollinger, Weltreich (o. Anm. 29) 286–289, über eine gewisse Spannung in diesem Passus zwischen ethnographischem Bericht und Schilderung eines historischen Ereig­nisses.

[43] Höchstens wird eine historische Person genannt, um einen Ortsnamen zu erklären: BNJ 1, Fr. 266.

[44] Die Listen persischer Offiziere stehen Aisch. Pers. 21–51, 302–328 und 957–999. Fol­gende Namen stehen sowohl bei Aischylos als auch in der Heeresschau: Ariomardos (Pers. 38, 968; Hdt. 7,67,1; Schmitt, Personennamenbuch [o. Anm. 19] Nr. 43); Arsames (Pers. 37 und 308; Hdt. 7,69,2; Schmitt, Personennamenbuch [o. Anm. 19] Nr. 52); Artaphrenes (Pers. 21; Hdt. 7,74,2; Schmitt, Personennamenbuch [o. Anm. 19] Nr. 75); Mardon(tes) (Pers. 51; Hdt. 7,80; Schmitt, Personennamenbuch [o. Anm. 19] Nrr. 194 und 196); Masist(r)es (Pers. 30, 971; Hdt. 7,82; Schmitt, Personennamenbuch [o. Anm. 19] Nr. 201); Pharnuchos/es (Pers. 313, 967; Hdt. 7,88; Schmitt, Personennamenbuch [o. Anm. 19] Nrr. 364 und 365). Freilich gibt es keine Entsprechungen bezüglich ihrer Positionen im persischen Heer.

[45] Zu Charons Schrift über die Perser BNJ 262, T. 1 und Frr. 3,9 und 10. Zu Thuk. 1,128–138 als Fragment Charons: H. D. Westlake,Thucydides on Pausanias and Themistocles – a Written Source?, CQ 71 (1977) 95–110, und Verf. Pausanias the Spartiate as Depicted by Charon of Lampsacus and Herodotus, Philologus 149 (2005) 3–11.

[46] Siehe v.a. das Hdt. 7,228,1 zitierte Epigramm; vgl. auch Verf. Zu dem ersten Epigramm auf die Schlacht bei den Thermopylen als historischer Quelle Herodots, C & M 60 (2009) 5–26.

[47] Bericht über Salamis: Pers. 353–471. Datum der Uraufführung: Arg. Pers.

[48] Viele Epigramme wurden über die Perserkriege veröffentlicht: siehe etwa Diod. 11,11,6 oder Plut. De Hdt. mal. p. 869. In diesem Zusammenhang gehören auch die vielen metrischen Orakelsprüche, die ja in Wahrheit nichts anderes als uaticinia ex euentu und daher eigentlich auf dieselbe Stufe wie die Epigramme zu setzen sind: etwa Hdt. 8,20,2; 8,77 und 9,43,2.

[49] Inschriften bei den Thermopylen: Hdt. 7,228 und Strabo, 9,4,2, p. 425; bei Kap Artemi­sion: Plut. De Hdt. mal. pp. 867–868; auf der Insel Salamis: IG I3 1143 = Tod, GHI 16; zu Sparta: Paus. 3,14,1; zu Delphi: Syll.3 31 = Tod, GHI 19; zu Megara: Tod, GHI 20; im Poseidon-Heiligtum auf dem Isthmos: Plut. De Hdt. mal. p. 870; zu Korinth: Plut. De Hdt. mal. p. 870.

[50] Entgegen der heute herrschenden communis opinio, die bei Herodot v.a. von münd­lichen Quellen wissen will, benützte Herodot Schriftquellen in Hülle und Fülle. Zu Hekataios: Hdt. 6,137,1 u.a. Zu dem Lyder Xanthos o. Anm. 20. Zu Charon von Lampsakos: Verf. Pausanias (o. Anm. 45). Zu griechischen Dichtern: Hdt. 1,12,2 (Archilochos), 2,135 (Sappho) und 5,95,2 (Alkaios). Zu Aischylos’ Persae: Verf. Herodotus Use of Aeschylus Persae as an Historical Source, SO 82 (2007) 2–29. Zu Epigrammen: Verf. Epigramm (o. Anm. 46). Ent­sprechend der communis opinio aber zieht, exempli gratia, H.-G. Nesselrath in seinem lehr­reichen Aufsatz Indigene Quellen bei Herodot und ihre Erfinder — einige Fallbeispiele, in:
B. Dunsch, K. Ruffing (Hrsg.), Herodots Quellen – Die Quellen Herodots, Wiesbaden 2013, 85–93, nicht einmal in Erwägung, daß einige der von ihm postulierten Quellen Herodots schriftlich gewesen sein könnten, sofern wir von Hekataios absehen. S. West, Herodotus’ Sources of Information on Persian Matters, in: Rollinger, Weltreich (o. Anm. 29) 255–272, erwägt hin und wieder die Möglichkeit, daß Herodot schriftliche Quellen für das Perserreich hatte (z.B. für die Heeresschau: 263; für die Liste der Steuerdistrikte: 265), kommt aber über Offenkundiges und vage Spekulationen, die sie dann meist selbst zurückweist, nicht hinaus. Bichler, Herodots Welt (o. Anm. 2) 17 mit Anm. 11 macht eine Ausnahme, indem er durchaus damit rechnet, daß Herodot die pseudo-hippokratische Schrift De aere, aquis, et locis (Littré, Bd. 2, 12–93 bes. 52–93) benützte.

[51] Den Versuch, die Liste der Steuerdistrikte durch die Annahme einer von den Satrapien unabhängigen und sich daher nicht mit ihnen deckenden Finanzverwaltung zu retten (wie es etwa R. Descat, Notes sur la politique tributaire de Darius Ier, in: Briant, Herrenschmitt [o. Anm. 34] 77–93 tut), weist B. Jacobs, Die Satrapienverwaltung im Perserreich zur Zeit Dareios III. (Beihefte zum Tübinger Atlas des Vorderen Orients B 87), Wiesbaden 1994, 94–96, zu Recht mit aller Entschiedenheit zurück.

[52] Überlegungen, wie es zur Konstruktion einiger der Zahlen gekommen sein mag, bringt Ruffing, Satrapienliste (o. Anm. 34) 331–332.

[53] Zu diesem Ehrennamen jüngst B. Dunsch, Et apud patrem historiae sunt innumerabiles fabulae: Herodot bei Cicero, in: Dunsch, Ruffing (o. Anm. 50) v.a. 158–160. In diesem Zu­sammenhang sei darauf hingewiesen, daß die von Dunsch vertretene Ansicht — mit pater historiae meine Cicero nicht den Begründer der Geschichtsschreibung, sondern denjenigen, der ihr als erster Glanz verliehen hätte — eigentlich voraussetzt, daß bereits vor Herodot Ge­schichtswerke verfaßt worden waren; und solche Geschichtswerke müssen über die etwa von W. Rösler, Ein Wunder im Kampf um Delphi (VIII 35–9), in: Dunsch, Ruffing (o. Anm. 50) 247, allein anvisierten Elegien hinausgegangen sein.