Franziska Beutler —Gabrielle Kremer


Domo Iudaeus

Zwei neue Grabinschriften aus Carnuntum


Tafeln 1–2



Einleitung

Bei Ausgrabungen vor der Errichtung eines neuen Parkplatzes wurde im Sommer des Jahres 2009 in Petronell-Carnuntum eine spätantike Wasserleitung freigelegt.[1] Sie führt südlich der Zivilstadt durch ein Gräberfeld, das von etwa 200–400 n. Chr. ge­nutzt wurde.[2] Der Kanal zeichnet sich dadurch aus, dass für seine Abdeckung aus­schließlich wiederverwendetes Steinmaterial zum Einsatz kam.[3] Es scheint einen Zusammenhang zu geben zwischen der Errichtung der Wasserleitung und einem Erd­beben, das den Carnuntiner Raum vermutlich im dritten Viertel des 4. Jahrhunderts erschütterte. [4] Die Annahme liegt nahe, dass zum Zeitpunkt der Errichtung dieses Kanals große Teile des Gräberfeldes zerstört waren oder brachlagen, und dass in erster Linie Grabdenkmäler und Grabbauteile aus der näheren Umgebung zur Wiederverwendung herangezogen wurden. Darunter befinden sich auch zwei Grab­inschriften, die insofern von großem Interesse sind, als auf ihnen zum ersten Mal die Formulierung domo Iudaeus bzw. domo Iudaei erscheint.[5]


 

Grabinschrift des M. Mulvius[6] (Abb. 1)

Die Grabinschrift befindet sich auf der Vorderseite einer profiliert gerahmten In­schriftplatte aus Kalksandstein mit den Maßen 60 x 89 x 20,5 cm. Erhalten ist der obere Rand der Rahmung, die aus einer glatten Leiste und einer schematisch ausge­führten Kymawelle besteht. An der als Setzfläche zugerichteten Oberseite des Blocks sind Werkzeugspuren erkennbar. Rechts und unten ist die Platte sekundär abge­schnitten, links ist sie abgebrochen oder ebenfalls sekundär abgetrennt. Die Rückseite ist unregelmäßig geglättet. Die Oberfläche des Steins bewahrt an der Vorderseite Reste eines dicken weißen Kalküberzugs, vor allem am Profilrand, sowie geringe Reste rötlicher Farbe.

Die Buchstaben sind sehr akkurat gemeißelt. Die erste Zeile ist deutlich größer ge­schrieben (14 cm), danach nimmt die Buchstabenhöhe sukzessive ab (Z. 2: 5,5 cm; Z. 3: 5 cm; Z. 4 und 5: ca. 4,2 cm).


Bestattet wurde hier ein Mulvius, dessen Praenomen aufgrund der in den folgen­den Zeilen genannten Marci Mulvii zu Marcus ergänzt werden kann. Damit dürfte der linke Rand der Inschrift erreicht sein. Sein Cognomen muss wohl noch rechts in der ersten Zeile gestanden sein.

In der zweiten Zeile ist seine Herkunft mit domo Iudaeus angegeben, gefolgt von der Altersangabe an[norum]. Er war ein Händler (Z. 3: negotians), wobei nicht er­wähnt ist, womit er handelte. Eine genauere Angabe zum Objekt des Handels wird auf Inschriften in der Regel nach dem Begriff negotians angeführt.[7] In Carnuntum ist diese Bezeichnung für einen Händler bisher nicht belegt[8], hingegen finden sich zwei­mal lixa[9] und einmal negotiator[10]. Negotians erscheint generell auf Inschriften deut­lich weniger häufig als negotiator und wurde außerhalb Italiens nur selten als Berufs­bezeichnung verwendet. [11]

Der erhaltene Teil der Platte lässt auf eine beachtliche Größe der Inschrifttafel schließen. Durch die Ergänzung von Praenomen und Cognomen des erstgenannten Mulvius kann eine Gesamtbreite der Inschrift von etwa 180 cm errechnet werden. Die sauber gemeißelten Buchstaben zeugen von einer guten Qualität des Handwerks. Das Fragment dürfte Teil eines größeren Grabbaues gewesen sein, der den materiellen Wohlstand des M. Mulvius unmissverständlich repräsentierte.

Nach dem gängigen Formular h(ic) s(itus) e(st) in Z. 3 folgt eine Aufzählung von zumindest sechs Angehörigen, die alle den Namen M. Mulvius tragen. Das Cog­no­men des Erstgenannten stand entweder noch in derselben Zeile oder endete in der folgenden Zeile auf -s. Danach folgt M. Mulvius Ama[-]. In Z. 5 ist wohl auch am Beginn ein M. Mulvius genannt mit einem Cognomen auf -stus, sowie M. Mulvius Pro[-]. In der letzten Zeile dürften ein [M. Mulvi]us mit einem Cognomen auf M[-]s und ein M. Mulvius ohne erhaltenes Cognomen angeführt worden sein.

Die hier genannten Personen waren entweder Verwandte oder Freigelassene des in Z. 1 genannten M. Mulvius, wobei letztere Möglichkeit zu bevorzugen ist, da hier aus­schließlich Männer genannt sind, die dasselbe Praenomen und nomen gentile tragen.

Am Beginn von Z. 2 und 3 standen wahrscheinlich nähere Angaben zu M. Mulvius. Vielleicht wurde er als patronus bezeichnet, als Bezugnahme zu den er­wähn­ten Liberti, oder es waren Ämter oder Funktionen angegeben, die er ausübte. Eventuell wurde am Beginn von Z. 1 auch eine Stadt genannt, welche die Herkunft des M. Mulvius präzisierte.

Durch die Angabe domo Iudaeus wird deutlich, dass M. Mulvius aus dem Osten des Römischen Reiches stammte. Sein Gentilname ist allerdings dort bisher nicht nachgewiesen. Häufig erscheint er hingegen in Italien[12], wobei ein Schwerpunkt neben Rom[13] und Umgebung in Norditalien in der regio X [14], mit einer Kumulierung in Aquileia[15], feststellbar ist.[16] Zweimal finden sich sogar Personen mit dem Namen Marcus Mulvius: Hilarius Mulvi M. ser(vus) auf einer Inschrift aus Aquileia[17] und M. Mulvius M. f. Celer aus Rimini [18].

In Carnuntum erscheint der Name Mulvius noch ein weiteres Mal. Gnata, Tochter des Susus, bekam von ihrem Sohn Mulvius Victor, einem signifer der legio XIIII gemina, einen Grabstein errichtet.[19] Die Legion war spätestens ab 117/118 in Carnun­tum stationiert[20], womit ein Terminus post quem für die Inschrift vorliegt. Der Nomen­klatur zufolge war Gnata eine Peregrine, ihr Sohn besaß aber das römische Bürger­recht. Möglicherweise hatte Gnata mit einem Mulvius das conubium, sodass ihr Sohn römischer Bürger werden konnte. Es ist möglich, dass Mulvius Victor zu einem der auf dem neuen Grabstein genannten Marci Mulvi in einer familiären Beziehung stand.[21]

M. Mulvius kann auf verschiedenen Wegen nach Carnuntum gelangt sein. Viel­leicht kam er als Händler, um den vorteilhaften Standort Carnuntums an der Bern­steinstraße direkt am Übergang über die Donau zu nützen. Dies könnte im Gefolge der legio XV Apollinaris geschehen sein, welche 40/50 nach Carnuntum kam[22]. 63 n. Chr. wurde sie in den Osten abgezogen, wo sie unter anderem im ersten Jüdischen Krieg der Jahre 66–70 n. Chr. kämpfte. Danach kehrte die Einheit nach Carnuntum zurück, wo sie bis spätestens 117/118 blieb. [23]

Denkbar ist auch, dass M. Mulvius als Sklave eines Soldaten dieser Legion an die Donau kam. Wie bereits erwähnt, ist das nomen gentile Mulvius in Oberitalien häufig belegt, und es ist bekannt, dass die legio XV Apollinaris sich in der Zeit ihrer ersten Stationierungsphase in Carnuntum zu einem großen Teil aus Norditalien rekrutierte.[24] Es wäre daher vorstellbar, dass ein Soldat mit dem Namen M. Mulvius aus Ober­italien bereits in der ersten Stationierungsphase der Legion in Carnuntum diente, mit seiner Einheit in den Osten marschierte und bei seiner Rückkehr an die Donau einen Sklaven mitbrachte, den er spätestens nach seiner Ankunft in Carnuntum freiließ. [25] Aber vielleicht wurde unser M. Mulvius aufgrund der vielen Verluste, die die Belage­rung Jerusalems und die anderen Kämpfe im Osten in den römischen Truppen verur­sacht hatten, noch vor Ort für die legio XV Apollinaris rekrutiert und gelangte dann als Soldat nach Carnuntum. Es ist bekannt, dass die Einheit ihre Mannschaft in Syria ergänzte.[26]


 

Grabstele des P. Aemilius Verecundus und des P. Aemilius P. f. [-]vus (Abb. 2)

Die Grabstele war zur sekundären Verwendung in mindestens vier Teile zertrennt worden. Erhalten sind drei Teile; das rechte untere Viertel wurde in dem ausge­grabenen Abschnitt der Wasserleitung nicht gefunden. Es fehlt auch der untere Teil der Stele mit der unteren Rahmenleiste des Inschriftfeldes. Die Kanten der sekundär ab­getrennten Platten sind beschädigt; die Oberfläche weist zahlreiche Verletzungen auf und ist stark abgerieben. Die Maße der erhaltenen Teile der Stele betragen 180 x 59 x 26,5 cm, die Höhe der Buchstaben 6,5 cm in Z. 1 und 2, in den übrigen Zeilen 5,8 cm. Die letzte Zeile ist mit 8 cm deutlich größer; vorgerissene Zeilen sind erkennbar.

Es handelt sich um eine Giebelstele mit geradem oberem Abschluss und zwischen Giebel und Inschriftfeld eingeschobenem Bildfeld. Nach einer von I. Weber-Hiden vorgeschlagenen Typologie der Stelen von Carnuntum[27] entsprechen Form und Dekor der Stele dem Typus E3b. Dieser fand in den letzten Jahrzehnten des 1. und in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts Verwendung.

In den Zwickeln oberhalb der profilierten Giebelschrägen bilden Halbpalmetten mit drei Voluten die Eckakrotere.

Ein Akanthusornament mit zentraler Blüte füllt das Giebelfeld aus. Ein friesartiger Streifen mit Flechtbandornament trennt das Giebelfeld von dem darunter folgenden, durch eine glatte Leiste gerahmten Feld. Darin ist ein Volutenkrater mit Efeupflanze dargestellt, der zu beiden Seiten von je einer Dattel­palme (phoenix dactylifera L.) mit mindestens acht Zweigen und herunterhängenden Früchten flankiert wird. Das darunter folgende Inschriftfeld besitzt einen ornamen­tierten Rahmen: Zu beiden Seiten entspringen dem Boden Weinreben mit Trauben, die sich in der Mittelachse der oberen Rahmenleiste zu gegenständigen Voluten auf­rollen. Zwar ist der untere Rand des Inschriftfeldes ansatzweise erhalten, doch ist nicht erkennbar, ob sich der ornamentierte Rahmen unten fortsetzte und ob eventuell ein weiteres Bildfeld folgte, da die Stele unten abgeschnitten oder abgebrochen ist.

P. Aemilius Verecundus starb im Alter von 75 Jahren, sein Sohn P. Aemilius, des­sen kurzes Cognomen auf -vus endet, mit 50 Jahren. Der Stifter der Stele, ebenso ein P. Aemilius, allerdings ohne erhaltenes Cognomen, war deren Enkel beziehungsweise Sohn. Alle drei sind römische Bürger und tragen Namen, die weit verbreitet sind.

Der Begriff AVONI am Beginn von Z. 8 ist schwer zu deuten. Er muss für die Be­ziehung des Stifters zu zumindest einem der Verstorbenen stehen. Denkbar wäre eine Formulierung wie avo et p[atri], somit „dem Großvater und dem Vater“. Allerdings ist die auf der Inschrift verwendete Deklination des Wortes avus nicht richtig. Viel­leicht hatte der Enkel avus heteroklitisch verwendet und statt avo die Dativform der konsonantischen Deklination avoni gebraucht, möglicherweise auch im Sinne eines Kosenamens, den er seinem Großvater gab. [28]

In Z. 9 könnte das P am Anfang der Zeile als p(arentibus) in der Bedeutung von Anverwandte oder Vorfahren verstanden werden. [29]

Als Herkunft der Verstorbenen wird domo Iudaei angegeben. Eine domus-Angabe mit einem Plural ist einmalig, wurde hier aber wohl verwendet, um auf beide Männer Be­zug zu nehmen. P. Aemilius Verecundus und sein Sohn stammen daher wie M. Mulvius aus dem Nahen Osten. Wie die Aemilii nach Carnuntum gekommen sind, kann aus der Inschrift nicht erschlossen werden. Das nomen gentile Aemilius ist weit verbreitet, ebenso das Cognomen des Großvaters, Verecundus, das noch dazu ein klassischer lateinischer Name ist und keinen Hinweis auf eine Herkunft gibt.


 

domo Iudaeus

Auf Inschriften wird mit dem Zusatz domo im Allgemeinen die Herkunft ange­geben. Bei den meisten der etwa 800 Belege zu domo wird der Begriff zusammen mit dem Namen einer Stadt verwendet.[30] Weitaus seltener wird domo zusammen mit einer Provinz angeführt, wobei hier der Provinzname entweder im Ablativ[31] oder seltener im Genitiv[32] stehen kann. Vereinzelt wird der Provinzname adjektivisch verwendet. [33] Warum in wenigen Fällen als Herkunftshinweis die Provinz und nicht wie sonst üblich eine Stadt angegeben ist, könnte damit zusammenhängen, dass die betreffende Person nicht direkt aus einer Stadt stammte. Domo-Angaben erscheinen auch zusammen mit Namen von Völkern bzw. Stämmen[34], wobei aber in diesen Fällen natione gegenüber domo bevorzugt wurde[35].

Domo mit der Angabe einer Stadt war bereits im 1. Jahrhundert gebräuchlich[36], domo mit einem Provinznamen wahrscheinlich auch. Aber eine genauere zeitliche Einordnung ist kaum möglich, da Grabinschriften, auf denen domo zumeist ver­wendet wurde, sich allgemein schwer datieren lassen.

In Carnuntum erscheint domo auch bereits im ersten Jahrhundert.[37] Die meisten Be­lege nennen wie üblich eine Stadt[38], zwei führen eine Provinz an[39], eine einen Volksstamm[40]. Somit passt die Verteilung der domo-Angaben in Carnuntum in das allgemeine Bild des Römischen Reiches.

Der Zusatz domo Iudaeus bei M. Mulvius und den P. Aemilii könnte somit an­zeigen, dass diese Männer aus der Provinz Iudaea stammten. Da die Provinz nach dem Bar Kochba-Aufstand im Jahre 136 in Syria Palaestina umbenannt wurde, läge dann für die Datierung der Inschriften mit diesem Jahr ein sehr wahrscheinlicher Terminus ante quem vor.

Domo Iudaeus könnte aber auch als Bezeichnung für die Bewohner der Landschaft Iudaea, im Sinne von Judäer, verstanden werden. Man könnte sich dann die Frage stellen, ob mit domo Iudaeus möglicherweise eine Zugehörigkeit zum Judentum ausgedrückt werden sollte.


 

Iudaeus auf Inschriften

Über den Begriff Iudaeus/-a bzw. griechisch Ἰουδαῖος/-αία auf Inschriften wurde bereits viel publiziert und diskutiert.[41] Zuletzt hat sich Margaret H. Williams mit dieser Frage intensiv auseinandergesetzt[42] und dazu auch ältere Meinungen kritisch zusammengefasst.[43] In einem Anhang führt sie an die 60 zumeist gesicherte Belege an.[44] Dies ist, wie sie selber anmerkt, eine erstaunlich geringe Zahl von Inschriften mit dem Begriff Iudaeus, wenn man bedenkt, dass es mehrere hundert jüdische In­schriften aus griechisch-römischer Zeit gibt. Wir möchten diese überraschend geringe Zahl lieber im Verhältnis zu den bekannten Inschriften des gesamten griechisch-römi­schen Raumes und auch der gesamten griechisch-römischen Zeit beurteilen, da nicht alle Belege gesichert in einem jüdischen Umfeld zu sehen sind.

Die meisten Belege stammen aus dem kleinasiatischen Raum[45], weitere Schwer­punkte liegen in Rom [46] und in Nordafrika[47], schließlich finden sich fünf Belege in Griechenland[48], je zwei in Ägypten [49] und in Palaestina[50] und je einer in Syrien[51] und ganz im Osten in der Persis[52]. Im Westen erscheint Iudaeus zweimal in Spanien[53], jeweils einmal in Dalmatia[54], Sardinien[55], Niederpannonien [56] und Aquileia[57], und seit kurzem ist ein Sarkophag aus der Gallia Narbonensis bekannt.[58]

Die Datierung der Inschriften ist teilweise schwierig und nicht eindeutig. Man kann dennoch erkennen, dass es wenige Belege aus vorchristlicher Zeit gibt [59], von denen der jüngste eine republikanische Inschrift aus Aquileia aus der 2. Hälfte des
1. Jahrhunderts v. Chr. ist[60]. Dann erscheint Iudaeus erst wieder gegen Ende des
2. Jahrhunderts n. Chr. auf Inschriften. Es gibt somit eine Lücke von zumindest rund 150 Jahren, für die keine epigraphischen Zeugnisse für Iudaeus vorliegen.

Williams schließt Iudaeus als Herkunftsangabe generell aus.[61] Auch als Name scheint ihrer Ansicht nach der Begriff nicht verwendet worden zu sein[62], sieht man von zwei vorchristlichen Inschriften aus Delphi[63] ab. „Iudaios simply means ‘Jew’” [64], und der Begriff sei ihrer Meinung nach bewusst eingesetzt worden, um sich von dem Umfeld, in dem die betreffende Person gelebt hatte, abzuheben. In einer jüdischen Umgebung, in dem der Begriff selten erscheint, sei Iudaeus von Proselyten oder Immigranten verwendet worden, um ihre Zugehörigkeit zu dem jüdischen Umfeld zu be­tonen.[65] In einem nichtjüdischen Kontext erschiene Iudaeus viel häufiger, da man sich hier bewusst von der heidnischen Umgebung abheben wollte. [66]

Unseres Erachtens scheint Iudaeus auf den Belegen der vorchristlichen Zeit nicht unbedingt die Bedeutung „Jude“ zu haben. Auf drei Inschriften stehen die Iudaei in einem heidnischen Zusammenhang. Moschos, Sohn des Moschion, Ἰουδαῖος, stellte 300–250 v. Chr. in Oropos auf Befehl der Götter Amphiaraos und der Hygieia eine Stele auf[67], und im Paneion von Kanais in Oberägypten verewigten sich in ptole­mäischer Zeit die Ἰουδαῖοι Theudotos, Sohn des Dorion, und Ptolemaios, Sohn des Dionysios. [68] Auch bei der letzten vorchristlichen Inschrift aus Aquileia aus der 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr., die zugleich den ältesten lateinischen Beleg für den Begriff Iudaeus auf Inschriften darstellt, könnte der Begriff als Herkunftsangabe verstanden werden.[69]

Erst ab dem Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. ist es schließlich eindeutig, wie auch Williams meint, dass Iudaeus als „Jude“ verstanden und bewusst in einem jüdischen oder nicht-jüdischen Kontext eingesetzt wurde, je nachdem, ob man sich in der Um­gebung assimilieren oder ausdrücklich die Unterschiede betonen wollte.[70]


 

Die Symbolik der bildlichen Darstellungen

Aufbau und Dekor der Grabstele entsprechen im Wesentlichen den bekannten Carnuntiner Beispielen dieses Typs aus der späten Stationierungsphase der Legio XV Apollinaris und aus der 1. Hälfte des 2. Jahrhunderts.[71] Ausnahmen bilden das Motiv des Flechtbandes zwischen Giebel und Bildfeld und vor allem das Motiv der Dattel­palmen im Bildfeld selbst. Während der Volutenkrater mit der daraus wachsenden (Efeu)pflanze eine gängige Darstellung auf Grabdenkmälern ist, und auch in Carnun­tum auf Grabstelen dieses Typs mehrmals vorkommt [72], lassen sich für die flankieren­den Dattelpalmen nur schwer Parallelen finden. Eine Stele aus Székesfehérvár[73] weist im Giebelfeld einen palmenähnlichen Baum auf. Das darunter folgende, säulchen- oder pilastergerahmte Bildfeld und der gesamte untere Teil der Grabstele sind nicht erhalten, so dass sich der Zusammenhang der Darstellung nicht erschließt.

Die Carnuntiner Stelen dieses Typs zeigen im Hauptbildfeld unterhalb des Giebels meist entweder eine Girlande, häufig zwischen zwei Säulchen, oder einen Kranz, der mit Tänien geschmückt, von Rosetten begleitet oder mit einem zentralen Bildmotiv versehen sein kann. Sowohl Girlande als auch Kranz gehören zum Standardrepertoire bildlichen Grabschmucks der römischen Kaiserzeit und sind auf einer allgemein ver­ständlichen Bedeutungsebene mit der Vorstellung von Pietät und Opfer (in diesem Fall an die Totengötter, die Dii Manes) assoziiert. Beide Motive können jedoch auch zusätzlich mit Bedeutung aufgeladen werden. So wird der Kranz, mit Tänien und Juwel geschmückt, zum Abzeichen hoher Magistrate oder zum militärischen Orden. [74] Das zentrale Motiv innerhalb des Kranzes kann eine zusätzliche spezifische Bedeu­tung haben, beispielsweise die dextrarum iunctio[75], wohl als Ausdruck der ehelichen Verbundenheit oder auch der militärischen Treue. Besonders ausdrucksstark ist das Bildfeld eines Stelenfragmentes aus Carnuntum, das einen Lorbeerkranz mit Adler, flankiert von trauernden Attis- oder Barbarenfiguren zeigt.[76] Die Grabinschrift dieser Stele ist nicht erhalten, doch scheinen die Anklänge an die Siegessymbolik evident.[77] Auch mit der Girlande kann das Motiv des Adlers verbunden sein.[78] Nicht immer ist bei diesen Grabstelen ein konkreter Bezug zum Lebenslauf der Grabinhaber zweifels­frei nachvollziehbar, doch kann zumindest in einigen Fällen angenommen werden, dass die Auswahl der Motive bewusst und auf speziellen Wunsch der Auftraggeber erfolgte.

Die Aussage der Darstellungen im Bildfeld verdient also gesteigerte Aufmerk­samkeit, besonders dann, wenn aus der Grabinschrift entsprechende Hinweise auf die Identität des oder der Bestatteten gewonnen werden können. Dies ist zweifellos der Fall bei den P. Aemilii, den Männern aus Iudaea, wurde doch die Dattelpalme in der Antike als Symbol für Iudaea verwendet.[79] Das für Carnuntum singuläre Motiv steht an dieser Stelle nicht allgemein für Fruchtbarkeit oder für Exotik, sondern muss mit der Herkunft der Verstorbenen zusammenhängen.

Der Symbolgehalt der Dattelpalme in Bezug auf Iudaea lässt sich besonders gut auf Münzbildern nachvollziehen. Schon unter den römischen Prokuratoren taucht in august­eischer Zeit die Palme auf römischen Bronzen in Jerusalem auf.[80] Auf den Münzprägungen des Ersten Jüdischen Krieges erscheint im Jahr vier die Dattelpalme mit zwei Körben auf dem Revers.[81] Auch auf Münzen des Bar-Kochba-Krieges kommt die Dattelpalme wieder auf dem Revers vor, mit der Legende Simon in althebräischer Schrift (Abb. 3). [82] Die Münzbilder des Ersten und des Zwei­ten Jüdischen Krieges zeigen durchwegs religiöse Symbole, so wie die mit Datteln gefüllten Körbe für das Bikkurim-Fest[83], Lulavbündel und Ethrog für das Laubhütten­fest oder Kultgefäße.[84] Auch der Palme wird in diesem Kontext eine eindeutig reli­giöse Konnotation zugeschrieben.[85] Sie erscheint auf diesen Münzen in einer charakteri­stischen Form mit sieben Zweigen, in Anlehnung an die sieben Arme der Menora[86]. Mehrere Münzen sowohl des Ersten als auch des Zweiten Jüdischen Krieges wurden auch in Carnuntum gefunden.[87]

In ähnlicher Form erscheint die Dattelpalme aber auch auf den Prägungen des siegreichen Gegners. Auf den Münzen der flavischen Kaiser mit der Legende Iudaea capta[88] steht sie für das besiegte Land, in gleicher Weise wie beispielsweise das Kroko­dil auf den Aegypto capta-Münzen verwendet wurde[89] (Abb. 4). In Kombi­nation mit anderen Elementen der Siegessymbolik, etwa der stehenden oder sitzenden Frau mit gebundenen Händen, dem Gefangenen, der Göttin Victoria, dem Kaiser, oder an der Stelle des üblicherweise abgebildeten Tropaion ist die Palme nun eine Bildchiffre, die Teil einer reichsrömischen Botschaft ist. [90] In ähnlich komprimierter Form tritt uns dieselbe Aussage auch auf geschnittenen Steinen entgegen, wenn etwa die Dattelpalme mit sieben Zweigen, flankiert von zwei Adlern, erscheint.[91] Unter Nerva erinnert das Münzbild der Dattelpalme mit der Umschrift fisci Iudaici calumnia sublata s. c. an die Aufhebung der demütigenden Maßnahmen rund um die Steuern, die den Juden nach dem Ersten Jüdischen Krieg auferlegt worden waren[92] (Abb. 5).

Das Bild der Dattelpalme im Zusammenhang mit Iudaea ist somit polyvalent. Je nachdem, wer es verwendete und welche Botschaft vermittelt werden sollte, konnte es entweder als identitätsstiftendes Symbol für die besondere Verbundenheit mit Iudaea, als religiöses Symbol oder aber als Bestandteil der römischen Siegessymbolik für das eroberte Land eingesetzt werden. Der Sinngehalt der Darstellung erschließt sich allein aus dem jeweiligen Kontext.

Anders als bei den Münzprägungen wissen wir jedoch bei den Grabreliefs häufig nur wenig über die Identität der Urheber. Im Fall der Carnuntiner Grabstele kann auch der Bildzusammenhang keinen weiteren Hinweis geben, denn der übrige Dekor ver­wendet die in dieser Zeit übliche dionysische Grabsymbolik und verhält sich diesbe­züglich neutral. Bei der Auswahl des Palmenmotivs dürfte die besondere Verbunden­heit der Aemilii mit ihrem Herkunftsland Iudaea im Vordergrund stehen. Die Frage ihrer religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit lässt sich auch mit Hilfe der Darstellungen nicht lösen. Ein eindeutiges Bekenntnis zum Judentum, so wie es die Menora-Darstel­lungen auf späteren Grabsteinen sind[93], kann in dem Bild der Dattelpalmen jedenfalls nicht gesehen werden und war wohl auch nicht intendiert[94].


 

Resümee

Zusammenfassend möchten wir domo Iudaeus auf den vorliegenden Inschriften als Herkunftsangabe verstehen. Die Definitionskriterien für jüdische Inschriften[95], etwa Verwendung der hebräischen Sprache, jüdischer Symbole, jüdischer Termino­logie oder Bezeichnungen, eindeutig jüdische Namen, eine Herkunft aus einer Syn­agoge oder die Bezugnahme auf bedeutende Juden, treffen auf die Grabinschriften des M. Mulvius und der P. Aemilii nicht zu.

P. Aemilius Verecundus und sein Sohn sowie M. Mulvius dürften in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts oder am Beginn des 2. Jahrhunderts nach Carnuntum ein­gewandert sein. Sie lebten somit in einer Zeit in Iudaea, für die wir keine Juden mit römischem Bürgerrecht nachweisen können. [96] Die Carnuntiner Steine fallen genau in den Zeitraum, in dem Iudaeus auf Inschriften bislang nicht nachgewiesen ist. Davor scheint der Begriff als geographische Angabe verwendet worden zu sein, erst gegen Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. gesichert als ausdrücklicher Begriff der jüdischen Identität.

Jüdische Präsenz ist in Pannonien erst ab severischer Zeit mit Sicherheit epi­graphisch belegt.[97] Die Carnuntiner Grabsteine geben weder im Wortlaut noch in den Darstellungen einen eindeutigen Hinweis auf die religiöse und ethnische Identität der genannten Personen. Sollten sie Juden gewesen sein, so war es ihnen offenbar kein Anliegen, dies auf ihren Gräbern deutlich zum Ausdruck zu bringen.

 

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Franziska Beutler
Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde,
Papyrologie und Epigraphik
Universität Wien 
Universitätsring 1
1010 Wien, Österreich
franziska.beutler@univie.ac.at

Gabrielle Kremer
Institut für Kulturgeschichte der Antike
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Bäckerstraße 13
1010 Wien, Österreich
gabrielle.kremer@oeaw.ac.at

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Abbildungsnachweis

Abb. 1–3: Land Niederösterreich – Archäologischer Park Carnuntum, Bad Deutsch-Altenburg (Foto N. Gail)

Abb. 4: Goldberg Auktion 72 (5. 2. 2013), Nr. 4140 (die Rechte an den Abbildun­gen der Münzen aus dem Münzhandel liegen bei den Auktionshäusern bzw. den von ihnen beauftragten Photographen)

Abb. 5: Gemini Auktion 6 (10. 1. 2010), Nr. 444 (die Rechte an den Abbildungen der Münzen aus dem Münzhandel liegen bei den Auktionshäusern bzw. den von ihnen beauftragten Photographen)

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Tafel 1

Tafel 2

 

 



[1] Grabung A. Konecny. Für die Informationen zu den Fundumständen und reichhaltiges Bildmaterial danken wir dem Ausgräber. Für das Zustandekommen dieses Artikels haben wir mit mehreren Kollegen über diverse Aspekte dieser beiden Grabinschriften diskutiert. Wir möchten uns dafür bei Werner Eck, Benjamin Isaac, Peter Kruschwitz, Fritz Mitthof, Patrick Sänger, Ekkehard Weber, Ingrid Weber-Hiden und Bernhard Woytek bedanken.

Folgende Abkürzungen werden verwendet:

CSIR Carnuntum I = M.-L. Krüger, Die Reliefs des Stadtgebietes von Carnuntum. I. Teil: Die figürlichen Reliefs (CSIR Österreich I 3), Wien 1970.

CSIR Carnuntum II = M.-L. Krüger, Die Reliefs des Stadtgebietes von Carnuntum. II. Teil: Die dekorativen Reliefs (CSIR Österreich I 4), Wien 1972.

IJO = Inscriptiones Judaicae Orientis I–III, Tübingen 2004.

JIE = W. Hornby, D. Noy, Jewish Inscriptions of Graeco-Roman Egypt, Cambridge 1992.

JIWE I = D. Noy, Jewish Inscriptions of Western Europe, vol. I: Italy (Excluding the City of Rome), Spain and Gaul, Cambridge 1993.

JIWE II = D. Noy, Jewish Inscriptions of Western Europe, vol. II: The City of Rome, Cambridge 1995.

Williams, Iudaios bzw. Williams = M. H. Williams, The Meaning and Function of Iudaios in Graeco-Roman Inscriptions, ZPE 116 (1997) 249–262. Neu ediert in M. H. Williams, Jews in a Graeco-Roman Environment (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament 213), Tübingen 2013, 267–288. Zitiert wird hier nach der ZPE.

[2] Ch. Ertel, in: Ch. Ertel, V. Gassner, S. Jilek, H. Stiglitz (Hrsg.), Untersuchungen zu den Gräberfeldern in Carnuntum (RLÖ 40), Wien 1999, 20–118; F. Humer, A. Konecny, M. Fenik, N. Fuchshuber, FÖ 50 (2011) 284–286.

[3] A. Konecny, F. Humer, FÖ 48 (2009) 424–426; A. Konecny, Untersuchungen im Be­reich des projektierten Parkplatzes am westlichen Ortsrand von Petronell-Carnuntum: die Kampagne 2009, AÖ 21/1 (2010) 31f.; G. Kremer, Zur Wiederverwendung von Steindenkmälern

in Carnuntum , in: Akten des 14. Österreichischen Archäologentags in Graz 2012, in Druck.

[4] M. Kandler, Eine Erdbebenkatastrophe in Carnuntum?, ActaArchHung 41 (1989) 313–336; K. Decker, G. Gangl, M. Kandler, The Earth-Quake of Carnuntum in the Fourth Century A.D. – Archaeological Results, Seismologic Scenario and Seismotectonic Implications for the Vienna Basin Fault, Austria , Journal of Seismology 10/4 (2006) 479–495; K. Decker, G. Gangl, M. Kandler, Archäologische Befunde von Erdbebenschäden im Raum Carnuntum und ihre seismotektonische Interpretation, in: G. H. Waldherr, A. Smolka (Hrsg.), Antike Erdbeben im alpinen und zirkumalpinen Raum (Geographica Historica 24), Stuttgart 2007, 116–132;
Ch. Gugl, R. Kastler, Legionslager Carnuntum. Ausgrabungen 1968–1977 (RLÖ 45), Wien 2007, 457–461; F. Humer, D. Maschek, Eine Erdbebenzerstörung des 4. Jahrhunderts n. Chr. im sogenannten Peristylhaus der Zivilstadt Carnuntum, Arch. Österr. 18/2 (2007) 45–55;
F. Humer, A. Konecny (Hrsg.), Akten zum 3. Internationalen Carnuntum-Symposium: Das Carnuntiner Erdbeben im Kontext, 17.–18. Oktober 2013 (in Vorbereitung).

[5] F. Humer, G. Kremer, E. Pollhammer, A. Pülz (Hrsg.), AD 313 – Von Carnuntum zum Christentum, Ausstellungskatalog Archäologisches Museum Carnuntinum, in Druckvorberei­tung.

[6] F. Humer, A. Konecny, FÖ 48 (2009) 426; F. Humer, G. Kremer (Hrsg.), Götterbilder – Menschenbilder. Religion und Kulte in Carnuntum, Ausstellungskatalog zur Niederöster­reichischen Landesausstellung im Archäologischen Museum Carnuntinum, St. Pölten 2011, 435, Nr. 1047.

[7] Z.B.: negotians vinarius (z.B. AE 1955, 165; CIL VI 712), oder negotians ferrarius (z.B. CIL II 1199; VI 9665), negotians salsamentarius (z.B. CIL VI 9676).

[8] Die Aussage von O. Schlippschuh, Die Händler im römischen Kaiserreich in Gallien, Germanien und den Donauprovinzen Rätien, Noricum und Pannonien, Amsterdam 1974, 6, dass die Bezeichnung negotians als „sprachliche Eigentümlichkeit, die seit der Mitte des 2. Jahrhunderts vorwiegend im pannonischen Raum üblich wird“, zu sehen sei, ist falsch. Siehe auch die Rezension zu diesem Buch von P. Kneißl, Gnomon 49/6 (1977) 604.

[9] AE 2008, 1099; CIL III 11259.

[10] AE 1938, 163. Aus dem weiteren Umfeld von Carnuntum CIL III 4251 + p. 1754.

[11] CIL III 2006 und 12924 (Salona/Dalm.); 11045 (Brigetio/Pann. sup.); AE 1984, 707 (Boiodurum/Noricum); AE 1916, 127 (Mogontiacum/Germ. sup.); CIL II 1199 (Hispalis/Baetica) und 4317 = CIL II/14 1289 (Tarraco/Hisp. cit.); AE 1942/43, 21 (Volubilis/Mauret. Ting.);
AE 1932, 37 (Tipasa/Maur. Caes.). Bei CIL III 5230 (Celeia/Noricum) wurde negot in Z. 3 bisher immer zu negot(ianti) aufgelöst. Allerdings kommt hier auch negot(iatori) in Frage, das, wie erwähnt, deutlich häufiger auf Inschriften erscheint. Zu den lateinischen Begriffen für „Händler“ vgl. P. Kneißl, Mercator – negotiator. Römische Geschäftsleute und die Termino­logie ihrer Berufe, MBAH II 1 (1983) 73–90; K. Verboven, Ce que negotiari et ses dérives veulent dire, in: J. Andreau, V. Chankowski (Hrsg.),Vocabulaire et expression de l’économie dans le monde antique (Ausonius Éditions Études 19), Bordeaux 2007, 89–118; J. Rougé, Recherches sur l’organisation du commerce maritime en Méditerranée sous l’Empire romain, Paris 1966, 274–291; sowie das Projekt von Iulia Dumitrache, Le vocabulaire des métiers liés au commerce dans les inscriptions funéraires des provinces Danubiennes an der Universität „Alexandru Ioan Cuza“ in Iași.

[12] Nach J. Untermann, Die venetischen Personennamen, Wiesbaden 1961, 176 gehört Mulvius zum venetisch-istrischen Namensgut.

[13] Man denke nur an den nach ihrem Erbauer benannten pons Mulvius; des weiteren
AE 1980, 67; CIL VI 2379 = 32520; 5914; 6880; 11002 (p. 3507); 22626; 22627; 32523 = 37184; 35875; 41140.

[14] Zur Verbreitung des Namens in Oberitalien vgl. die Karte 24 in Untermann, Personen­namen (o. Anm. 12).

[15] CIL V 1036; 1052; 1308; 8252 = CIL I 3417; AE 2003, 685; IEAquil 429; InscrAqu II 1299 (Aquileia); CIL V 1830 (Iulium Carnicum); 2075; 2076 (Feltria); 2117 (Tarvisium); 2654 (Ateste); 2808; 2999 (Patavium); 4676 (Brixia); 8110, 252 (Bassano); CIL XI 6798 (Arimi­num).

[16] Vgl. auch B. Lőrincz, Onomasticon Provinciarum Europae Latinarum 3, Wien 2000, 90.

[17] CIL V 8252 = CIL I 3417 = InscrAqu I 24 = IEAquil 273.

[18] CIL XI 6798.

[19] AE 1934, 265: Gnata Su/si f(ilia) an(norum) XXX/XV h(ic) s(ita) e(st) Mul/vius Victor / sig(nifer) matri / p(ro) p(ietate). Auf dem Grabstein ist zweimal ein Capricorn, das Zeichen der legio XIIII gemina, dargestellt.

[20] Zum Beginn der Stationierung der legio XIIII gemina in Carnuntum M. Mosser, Die Stein­denkmäler der legio XV Apollinaris (WAS 5), Wien 2003, 147–157; ders., Die 15. Legion und ihre inschriftlichen Denkmäler in Carnuntum, in: F. Humer (Hrsg.), Legionsadler und Druidenstab. Vom Legionslager zur Donaumetropole. Sonderausstellung „2000 Jahre Carn­untum“. Textband, St. Pölten 2006, 258f.

[21] In Pannonien erscheint der Name Mulvius noch in Siscia, ebenfalls kombiniert mit dem Praenomen Marcus: CIL III 3973 + p. 1742: D(is) M(anibus) / M(arco) Mulvio Narcisso an(norum) LX et M(arco) / Mulv(io) Narcissiano an(norum) XXVI Aug(ustalis) col(oniae) Sept(imiae) Sisc(ianorum) / Mulvia Furnia marit(o) et f(i)l(io) karissim(is) v(otum) f(ecit).

[22] Mosser, legio XV (o. Anm. 20) 146.

[23] Mosser, legio XV (o. Anm. 20) 145–157; ders., Die 15. Legion (o. Anm. 20) 258f.

[24] Mosser, legio XV (o. Anm. 20) 32f.

[25] Ein anderer Soldat der legio XV Apollinaris brachte nachweislich eine Sklavin aus dem Osten mit und ließ sie frei. Eine bisher unpublizierte Inschrift aus Carnuntum, die aus derselben Ausgrabung stammt, nennt den Veteranen L. Varius Verecundus mit seiner Freigelassenen Varia Margale. Das seltene Cognomen der Frau ist semitischen Ursprungs. Er dürfte sie daher aus seinem Feldzug im Osten nach Carnuntum gebracht haben (Publikation in Vorbereitung).

[26] Ios. bell. Iud. VII, 3, 1 und VII 5, 1–2. Vgl. Mosser, legio XV (o. Anm. 20) 20. Dass man­che Veteranen nach ihrem Dienst beim Heer im Handel eine Beschäftigung finden konnten, ist epigraphisch belegt: z.B. CIL XIII 1906 = ILS 7531; CIL XIII 6677 = ILS 2472.

[27] Kurz dargestellt wird diese Typologie in I. Weber-Hiden, E. Weber, Le officine epi­gra­fiche di Carnuntum. Alcune note, in: A. Donati, G. Poma (Hrsg.), Lʼofficina epigrafica Romana. In ricordo di Giancarlo Susini, Faenza 2012, 491–506. I. Weber-Hiden,Versuche zur Datierung des Inschriftenmaterials von Carnuntum anhand der Grabstelen, in: Acta of the 12th International Colloquium on Roman Provincial Art, Pula 2011 (in Druck).

[28] Etwas Vergleichbares findet sich z.B. bei CIL X 2965 = ILS 8551: D(is) M(anibus) / Sittiae Euthy/ciae libertae / et mamani / Sitti Ianuari patro/ni b(ene) m(erenti) f(ecit). Sittia Euthycia war die Amme des Ianuarius. Korrekt müsste der Dativ hier mamae lauten. Vgl. Ch. H. Grandgent, An Introduction to Vulgar Latin, Richmond 2009 (Nachdruck von 1908), 152.

[29] Vgl. CIL III 3678 (p. 1715); 6793 = 12138; CIL VI 24354; Picus 2010, 158; AE 2003, 1376 = RIU Suppl. 111; AE 2003, 414 = SupplIt XX 89. Über den Begriff parentes vgl.
M. Bettini, Da parentes „genitori/antenati“ a parentes „parenti“. Un esercizio sulla parentela romana, SIFC ser. 4, 96/1 (2003) 29–41.

[30] Es sei hier nur exemplarisch eine Inschrift aus Carnuntum angeführt: CIL III 14359, 2: C(aius) Domitius Zmaragdus / domo Antiochia dec(urio) / municipi(i) Ael(i) Carnunti / [a]mphitheatrum impens[a] / [sua] solo publico fec(it).

[31] Africa: CIL III 3324; 3583 = TitAq II 656; 3680; 4379; CIL XIII 3147; Bithynia:
CIL III 7503; Britannia: IGLS XIII, 1, 9188; Cappadocia: AE 1987, 861 = IDRE II 325; Dacia: AE 1957, 306 = AE 1989, 638; Dalmatia: AE 1903, 8 = RIU III 908; IKöln 26; Germania superior: CIL III 4459; Hispania: IK 55/1, 128 = AE 1991, 1543; Macedonia: CIL III 7728 = 12555; Mauretania: AE 1905, 240; Mauretania Caesariensis: CIL III 6758 = ILS 2760; Numidia: AE 1958, 240 = AE 1983, 935; Pannonia: Expedition-2007-3-6 (Zitat nach Clauss-Slaby); Phrygia: AE 2004, 1170 = RIU VI 1415; Sardinia: RIB I 687; Syria (?): CIL XIII 2311, 5b (ge­kürzt Syr-); Syria Palaestina: TitAq II 499; Thracia: AE 1993, 1590; CIL VI 3216; TitAq II 554.

[32] Domo Asiae : CIL III 1222 = 7802; domo Daciae: CIL VI 2698; domo Thraciae:
EE VIII/1, 77 = M. P. Speidel, Die Denkmäler der Kaiserreiter – Equites singulares Augusti (Bei­hefte der Bonner Jahrbücher 50), Köln 1994, 365, Nr. 680.

[33] Z.B. domo Hispano: CIL III 3271; domo Dacus: CIL III 13379 (Hier muss man sich aber die Frage stellen, ob tatsächlich die Provinz gemeint war und nicht das Volk); domo Noricus: CIL III 14935.

[34] Domo Batavus : AE 1938, 125; CIL III 4368 (p. 1769); domo Bessus: AE 1933, 110; CIL III 4378; domo Bodionticus: CIL III 8495 (p. 2132, 2322, 2328,121); 9907 = 14321,5; domo Eguius: AE 1950, 109 = AE 2009, 1013 = ILJug I 115; domo Haeduus: AE 1912, 187; domo Ityraeus: CIL III 4371 = ILS 2511; domo Serdus: AE 1928, 165; domo Termestinus:
CIL XIII 6236 = ILS 2533; domo Trever: CIL III 14349, 8 und AE 1960, 127; domo Vacoeci: AE 1903, 236; domo Varcianus: CIL III 9796; AE 1950, 110 = ILJug I 116.

[35] Z.B. ist der Ausdruck natione Bessus oder natione Batavus gegenüber domo Bessus bzw. domo Batavus deutlich häufiger belegt. Dazu auch T. Derks, Ethnic Identity in the Roman Frontier. The Epigraphy of Batavi and Other Lower Rhine Tribes, in: T. Derks, N. Roymans, The Role of Power and Tradition. Ethnic Constructs in Antiquity (Amsterdam Archaeological Studies 13), Amsterdam 2009, 239–282, insb. 256–265.

[36] Z.B. AE 1935, 5 (Emerita, Ende des 1. Jhs.).

[37] AE 1929, 204 (41–71); AE 1929, 200 (claudisch-neronisch); AE 1929, 211 (88–114); AE 1929, 220 (90–96). Die Datierungen orientieren sich nach Mosser, legio XV (o. Anm. 20).

[38] CIL III 4253 (p. 1754); 4458 (p. 1770); 4466 = ILS 2515; 4499; 4501 (p. 1770); 11129 = ILS 4309; 14359, 2 = ILS 7121; AE 1929, 194; AE 1929, 200; AE 1929, 204; AE 1929, 211; AE 1929, 214; AE 1929, 216; AE 1929, 220; AE 1929, 222; AE 1954, 119; AE 1979, 463;
AE 2005, 1237; AEA 1979, 10; E. Vorbeck, Militärinschriften aus Carnuntum, Wien 19802, Nr. 308. Vielleicht auch CIL III 11210 (p. 2328, 32); CIL III 4523; AE 1934, 268, bei denen die Lesung oder die Ergänzung nicht gesichert sind.

[39] CIL III 4459 (domo Germania superiore) und AE 1905, 240 (domo Mauritania).

[40] CIL III 4500 (p. 1770) (domo Naristo). Weitere domo-Angaben auf fragmentarischen, daher nicht aussagekräftigen Inschriften: CIL III 4455a; CIL III 14359, 1; Vorbeck, Militär­inschriften (o. Anm. 38) 264.

[41] Z.B. R. S. Kraemer, On the Meaning of the Term “Jew” in Graeco-Roman Inscriptions, HTR 82 (1989) 35–53; dies.,Jewish Tuna and Christian Fish: Identifying Religious Affiliation in Epigraphic Sources, HTR 84 (1991) 141–162 sowie P. J. Tomson, The Name Israel and Jew in Ancient Judaism and in the New Testament, Tijdschrift voor filosofie en theologie 47 (1986) 120–140 und 266–289 oder A. T. Kraabel, The Roman Diaspora: Six Questionable Assump­tions, JJS 33 (1982) 455.

[42] Williams, Iudaios.

[43] Williams kritisiert teilweise zu Recht die beiden Beiträge von Kraemer, (o. Anm. 41). Wir werden uns daher nicht noch einmal mit Kraemer auseinander­setzen, wenngleich es noch viel dazu zu sagen gäbe. Eine jüngere kurze Beschäftigung mit dieser Frage findet sich auch bei A. Genot e.a. (Hrsg.), Le sarcophage de Pompeia Iudea et Cossutius Eutycle. A propos d’une découverte récente faite à Arles, Provence Historique 61/243–244 (2011) 112–117.

[44] Sie ergänzt die Zahl der Belege in ihrer Neuedition des Artikels (o. Anm. 1) 281f., Anm. 76 und 77.

[45] IJO II 34 = SEG 39, 1222 = Williams Nr. 26; IJO II 43 = CIJ II 741 = IK Smyrna I 295 + II 2 p. 372 = Williams Nr. 36; IJO II 48 = CIJ II 753 = IK Magnesia am Sipylos 27 = TAM V, 2 1384 = Williams Nr. 37; IJO II 182 = CIJ II 764 = Williams Nr. 33; IJO II 187 = Williams Nr. 18; IJO II 203 = Williams Nr. 17; IJO II 206 = CIJ II 776 = Williams Nr. 16; IJO II 216 = TAM III 448 = Williams Nr. 15; IJO II 231 = CIJ II 795 = Williams Nr. 12; IJO II 233 = CIJ II 786 = MAMA III 222 = Williams Nr. 19; IJO II 235 = CIJ II 789 = MAMA III 295 = Williams Nr. 21; IJO II 237 = CIJ II 790 = MAMA III 344 = Williams Nr. 22; IJO II 238 = CIJ II 791 = MAMA III 440 = Williams Nr. 20; IJO II 241 = CIJ II 794 = MAMA III 679 = Williams Nr. 23.

[46] AE 1921, 77 = AE 1922, 117 = CIJ I2 68 = JIWE II 491 = Williams Nr. 3; CIJ I2 21 = JIWE II 489 = Williams Nr. 4; CIJ I 2 202 = JIWE II 392 = Williams Nr. 5; CIJ I2 296 = JIWE II 183 = Williams Nr. 6; JIWE II 233 = CIJ I2 250 = Williams Nr. 7; sowie IJO II 188B; 190; 192–194; 195B; 197–199; 200C; 201; 202; 204; 209; 252 und 255, die Williams in der Neuedition (o. Anm. 1) ergänzte.

[47] CIL VIII 7150 (p. 1848) = Williams Nr. 27; VIII 7155 = Williams Nr. 28; VIII 7530
(p. 965) = 19468 = Williams Nr. 29; VIII 8423 = Williams Nr. 30; VIII 8499 = Williams
Nr. 31; VIII 20759 = Williams Nr. 32; AE 1949, 142 = Williams Nr. 13.

[48] IJO I Ach6 = IG IX.2 834 = CIJ I2 697 = Williams Nr. 40; IJO I Ach40 = CIJ I2 715i = Williams Nr. 39; IJO I Ach42 = SGDI II 2029 = CIJ I2 710 = Williams Nr. 1; IJO I Ach44 = FD III2, 247 = CIJ I2 711 = Williams Nr. 2; IJO I Ach45 = SEG XV 293 = Epigr. tou Oropou 329 = Williams Nr. 9.

[49] CIJ II 1537 = OGIS 74 = SB V 8383 = A. Bernand, Le paneion d’El-Kanaїs: Les in­scriptions grècques, Leiden 1972, 105–109, Nr. 42 = JIE 122 = Williams Nr. 10 (θεοῦ εὐλογία·/ Θεύδοτος Δωρίωνος / Ἰουδαῖος σωθεὶς ἐκπε/λ<άγ>ους) und CIJ II 1538 = OGIS 73 = SB V 8383(a) = Bernand, Le paneion op. cit. 95f., Nr. 34 = JIE 121 = Williams Nr. 11 (εὐλόγει τὸν θεὸν. / Πτολεμαῖος / Διονυσίου / Ἰουδαῖος).

[50] SEG XX 432 = Williams Nr. 8 und CIJ II 1209 (von Williams in der Neuedition
[o. Anm. 1] ergänzt).

[51] IJO III Syr37 (von Williams in der Neuedition [o. Anm. 1] ergänzt).

[52] CIJ II 1417 = IK Estremo oriente 26 = Williams Nr. 14.

[53] JIWE I 188 = Williams Nr. 25; CIL II 1982 = CIJ I2 665 = JIWE I 179 = Williams Nr. 25.

[54] IJO I Dal 2 = CIL III 10055 (+ p. 2328,175) = CIJ I2 680 = Williams Nr. 34.

[55] AE 1994, 792 (von Williams in der Neuedition [o. Anm. 1] ergänzt).

[56] IJO I Pann 4 = ClL III 3688 = CIJ I2 678 = Williams Nr. 38.

[57] CIL I 3422 = InscrAqu I 75 = JIWE I 7 = IEAquil 45 = Williams Nr. 24.

[58] Genot, sarcophage (o. Anm. 43) 93–125: Pompeiae Iudeae / et / Cossutius Eutycles. Die Autoren schließen eine Herkunftsangabe aus, da der Sarkophag aus dem 3. Jahrhundert stammen dürfte, als die Provinz Iudaea nicht mehr existierte. Iudaea hat hier eindeutig die Position eines Cognomens, was aber nicht ausschließt, dass mit diesem Namen auch der reli­giöse oder ethnische Zusammenhang ausgedrückt werden soll. Zu Ethnika als Personennamen vgl. etwa P. M. Fraser, Greek Ethnic Terminology, Oxford 2009, 215–224.

[59] IJO I Ach42 = SGDI II 2029 = CIJ I2 710 = Williams Nr. 1 (Delphi; 162 v. Chr); IJO I Ach44 = FD III2 247 = CIJ I2 711 = Williams Nr. 2 (Delphi; 119 v. Chr.); IJO I Ach45 =
SEG XV 293 = Epigr. tou Oropou 329 = Williams Nr. 9 (Oropos, ca. 300–250 v. Chr.); CIJ II 1537 =OGIS 74 = SB V 8383 = Bernand, Le paneion (o. Anm. 49) 105–109, Nr. 42 = JIE 122 = Williams Nr. 10 (Kanais, 2.–1. Jh. v. Chr.); CIJ II 1538 = OGIS 73 = SB V 8383(a) = Bernand, Le paneion (o. Anm. 49) 95f., Nr. 34 = JIE 121 = Williams Nr. 11 (Kanais, 2.–1. Jh. v. Chr.).

[60] CIL I 3422 = Pais 1166 = ILCV 04855 = InscrAqu I 75 = JIWE I 7 = IEAquil 45 = Williams Nr. 24. Die Datierung hat F. Mainardis in einem E-Mail (9. 7. 2013) bestätigt. Ihr sei dafür gedankt.

[61] Williams, Iudaios 251f.

[62] Williams, Iudaios 250f.

[63] IJO I Ach42 = SGDI II 2029 = CIJ I2 710 = Williams Nr. 1 (170–157/156 v. Chr.) und IJO I Ach44 = FD III2 247 = CIJ I 2 711 = Williams Nr. 2 (119 v. Chr.).

[64] Williams, Iudaios 249.

[65] Williams, Iudaios 253f.; AE 1921, 77 = AE 1922, 117 = ILCV 4917 = CIJ I2 68 = Noy II 491 = Williams Nr. 3; CIJ I2 21 = Noy II 489 = Williams Nr. 4; CIJ I2 202 = Noy II 392 = Williams Nr. 5; CIJ I2 296 = Noy II 183 = Williams Nr. 6, alle aus Rom.

Williams führt hier auch ILCV 4979 = Noy II 233 = CIJ I2 250 (Marcia Bona Iu/dea dormi(tio) tua {v} / {a} i(n) bonis) an und übersetzt sie mit „Marcia, a good Jewess. Your sleep among the good.“ Sie sieht hier die Verwendung von Iudaea zusammen mit bona wie in der Inschrift SEG XX 432 aus Beth Sheʻarim (ὧδε κ{δ}ῖτε / ὧδε κῖτε / Σάρα Ἰουδέα ὁσία) als Zeugnis für ein Leben im Einklang mit jüdischen Werten, das in diesen Inschriften extra betont werden soll. Bona ist aber hier als Cognomen zu verstehen, wie es auch David Noy in seiner Edition der Inschrift meint. Das schließt nicht aus, dass Marcia Bona vielleicht auch eine Pro­selytin war, weswegen sie sich in einem jüdischen Kontext extra als Jüdin hervorhebt.

[66] Williams, Iudaios 254–256. Als Belege führt Williams Nr. 9–23; 26–33; 36 und 37 an.

[67] IJO I Ach45 = SEG XV 293 = Epigr. tou Oropou 329 = Williams Nr. 9.

[68] CIJ II 1537 = OGIS 74 = SB V 8383 = Bernand, Le paneion (o. Anm. 49) 105–109, Nr. 42 = JIE 122 = Williams Nr. 10 (θεοῦ εὐλογία·/ Θεύδοτος Δωρίωνος / Ἰουδαῖος σωθεὶς ἐκ πε/λ<άγ>ους) und CIJ II 1538 = OGIS 73 = SB V 8383(a) = Bernand, Le paneion (o. Anm. 49) 95f., Nr. 34 = JIE 121 = Williams Nr. 11 (εὐλόγει τὸν θεὸν. / Πτολεμαῖος / Διονυσίου / Ἰουδαῖος). Sie werden aber auch als „bad Jews” gesehen mit einem „non Jewish behaviour“:
G. Bohak, Good Jews, Bad Jews in Greek Papyri and Inscriptions, in: B. Kramer e.a. (Hrsg.), Akten des 21. internationalen Papyrologenkongresses, Berlin, 13.–19.8.1995 (APF Beiheft 3), Stuttgart, Leipzig 1997, 108. Vielleicht sind diese beiden Inschriften als eine heterodox, synkretistisch orientierte Form des Judentums in Ägypten zu verstehen, wie es W. Ameling in seinem Artikel „Market-Place“ und Gewalt. Die Juden in Alexandria 38 n. Chr., Würzburger Jahrbücher für die Alter­tumswissenschaft N.F. 27 (2003) 79–82 darstellt.

[69] CIL I 3422 = Pais 1166 = ILCV 4855 = InscrAqu I 75 = JIWE I 7 = IEAquil 45 = Williams Nr. 24: L(ucius) Aiacius / P(ubli) l(ibertus) Dama / Iudaeus por/tor v(ivus) s(ibi) f(ecit). Solin löste die letzte Zeile mitv(otum) s(olvit) f(eliciter) auf und verstand daher diese Inschrift als heidnische Dedikation (H. Solin, Juden und Syrer im westlichen Teil der römi­schen Welt, ANRW II 29.2, Berlin 1983, 649).

Der Frage, ob Ἰουδαῖος/Iudaeus in der Antike als „Jude“ („Jew“) verstanden worden ist oder als „Judäer“ („Judaean“) geht unter anderem Steven Mason gründlich nach (Jews, Judaeans, Judaizing, Judaism: Problems of Categorization in Ancient History, JSJ 38 [2007] 457–512). Er versteht den Begriff Ἰουδαῖοι bzw. Iudaei als Judäer.

[70] Williams, Iudaios 253–256.

[71] J. Beszédes, M. Mosser, Die Grabsteine der Legio XV Apollinaris in Carnuntum, Carnun­tumJb 2002 (2003) 9–98 bes. 70–78 Typ G (Kat. 73–87) Taf. 13–15; Mosser, legio XV (o. Anm. 20) 26f. 33 Typ G (Kat. 73–87) Tab. 6; Weber-Hiden, Grabstelen (o. Anm. 27).

[72] Z.B. CIL III 11221 = CSIR Carnuntum II, 443: im gerahmten Bildfeld ein Voluten­krater mit Weinrebe. Zwei weitere Grabstelen dieses Typs mit ähnlichen Darstellungen befin­den sich unter den Neufunden der sogenannten Parkplatzgrabung.

[73] Székesfehérvár, Szent István Király Múzeum. Unpubliziert; lupa 12837.

[74] Vgl. O. Harl, Der Grabstein des T. Flavius Draccus, Festschr. Erna Diez, Graz 1978, 73–82; V. A. Maxfield, The Military Decorations of the Roman Army, Batsford 1981; B. Berg­mann, Der Kranz des Kaisers, Berlin 2006.

[75] Z.B. AE 1929, 219 = CSIR Carnuntum I, 373. Der Grabstein wurde für einen Vete­ranen der 15. Legion und seine Ehefrau gesetzt.

[76] CSIR Carnuntum I, 352.

[77] Zur Bedeutung von trauernden Figuren in orientalischer Kleidung auf Grabdenkmälern existiert eine reichhaltige Literatur. Siehe z.B. G. Bauchhenß, Barbaren oder Attis?, in:
B. Djurić, I. Lazar (Hrsg.), Akten des IV. Internationalen Kolloquiums über Probleme des pro­vinzialrömischen Kunstschaffens in Celje 1995 , Celje 1997, 43–51; D. Dexheimer, Zur Deu­tung von Attisfiguren auf Grabaltären Oberitaliens, in: T. A. Panhuysen (Hrsg.), Die Maas­trichter Akten des 5. internationalen Kolloquiums über das provinzialrömische Kunst­schaffen, Maastricht 2001, 107–115.

[78] CSIR Carnuntum II, 479.

[79] RE XX 1 (1941) s.v. Phoinix (A. Steier) 386–404 bes. 396f. – Der Palmenreichtum Palä­stinas kommt in der antiken Literatur häufig vor. Z.B. erwähnt Plin. nat. hist. 13, 26 ausdrücklich, dass Iudaea für seine Palmen bekannt war.

[80] G. F. Hill, Catalogue of the Greek Coins of Palestine, London 1914 (Nachdruck 1965) Taf. 28, Nr. 1–6; Taf. 29, Nr. 13–15; A. M. Burnett, M. Amandry, P. P. Ripollès, Roman Provin­cial Coinage I, London 1992, 4954–4957.

[81] D. A. Ariel, Identifying the Mints, Minters and Meanings of the First Jewish Revolt Coins, in: M. Popović (Hrsg.),The Jewish Revolt against Rome, Leiden 2011, 373397, bes. 377, Taf. 1; L. Kadman, The Coins of the Jewish War of 66–73 C. E., Tel-Aviv 1960, Taf. 4, 32.

[82] L. Mildenberg, The Coinage of the Bar Kokhba War, Aarau 1984, bes. 65–72; H. P. Kuhnen, Palästina in griechisch-römischer Zeit, Handbuch der Archäologie, Vorderasien II 2, München 1990, 358. 362f. – Siehe auch eine Münze des Zweiten Jüdischen Krieges aus Car­nuntum: Humer, Kremer (Hrsg.), Götterbilder (o. Anm. 6) 436, Nr. 1051.

[83] Kadman, Coins (o. Anm. 82) 9092.

[84] E. R. Goodenough, Jewish Symbols in the Greco-Roman Period XII, New York 1965, 27f.; Mildenberg, Bar Kokhba War (o. Anm. 83) 67; L. Mildenberg, The Eleazar Coins of the Bar Kochba Rebellion, in: U. Hübner, E. A. Knauf (Hrsg.), Vestigia Leonis. Studien zur an­tiken Numismatik Israels, Palästinas und der östlichen Mittelmeerwelt, Freiburg 1998, 163–175, bes. 189f.; L. Mildenberg, Rebel Coinage in the Roman Empire, ebenda 163–175 bes. 168; J. S. McLaren, Going to War Against Rome, in: M. Popović (Hrsg.), The Jewish Revolt Against Rome, Leiden 2011, 129153 bes. 142–149.

[85] Vgl. Th. Fischer, Rezension zu Mildenberg, Bar Kokhba War (o. Anm. 83), in: Die Welt des Orients 17, Göttingen 1987, 179–184.

[86] So Mildenberg, Bar Kokhba War (o. Anm. 83) 48, mit dem Hinweis auf eine Relief­darstellung aus der Synagoge von Capernaum als Vergleich (48 Abb. 13). Vgl. auch Kadman, Coins (o. Anm. 82) 90.

[87] M. Pfisterer, Fremdes Geld im römischen Carnuntum, in: M. Alram, F. Schmidt-Dick (Hrsg.), Numismata Carnuntina 3,2, Wien 2007, 621f.; ders., Ethnic Identity, Coin Circulation, and Selective Interest, JAJ 1 (2010) 200–206.

[88] H. B. Brin, Catalog of Judaea Capta Coinage, Minneapolis 1986, 6f.

[89] A. Moresino-Zipper, Die Judaea-Capta-Münze und das Motiv der Palme, in:
G. Theißen u. a. (Hrsg.), Jerusalem und die Länder. Ikonographie – Topographie – Theologie, Festschrift für Max Küchler zum 65. Geburtstag, Göttingen 2009, 57–72.

[90] RIC II 12, Nr. 159, 161, 163, 165–168, 233, 307 etc.

[91] Z.B. G. Dembski, Die antiken Gemmen und Kameen aus Carnuntum, Wien 2005, 141, Nr. 900 (AMC Inv. 17.784).

[92] H. Mattingly, E. A. Sydenham, The Roman Imperial Coinage II. Vespasian to Hadrian, London 1926, 58, 59, 72, 82.

[93] Siehe z.B. die Porträtstele der Claudia Maximilla aus Budapest: CIL III 10611;
M. Nagy, Lapidárium, Budapest 2007, 170, Nr. 189. Stele des Iudatus und der Kassia aus Esztergom: CIL III 10599 = RIU 3 Nr. 787.

[94] Die Palmen der Carnuntiner Grabstele zeigen nicht die charakteristischen sieben Zweige der jüdischen „rebel coins“, der Iudaea capta -Münzen und der Gemmen (vgl. oben).

[95] D. Noy, A. Panayotov, H. Bloedhorn, Inscriptiones Iudaicae Orientis I: Eastern Europe (Texts and Studies in Ancient Judaism 101), Tübingen 2004, V.

[96] Vgl. Corpus Inscriptionum Iudaeae / Palaestinae (CIIP) I/2 710; 742–748; II 1434, 1438a; 1457; 1474. Für diesen Hinweis danken wir Werner Eck.

[97] CIL III 3688 (Siklós); 3327 (Intercisa); 10599 (Solva); 10611 (Albertirsa); 10998 (Brige­tio); ILJug II 1066 (Mursa). Vgl. P. Kovács, Notes on the “Jewish” Inscriptions in Pannonia, JAJ 1 (2010) 159–180. Zu den jüdischen Zeugnissen in den Nordwestprovinzen allgemein siehe L. Berger e.a. (Hrsg.), Der Menora-Ring von Kaiseraugst: jüdische Zeugnisse römischer Zeit zwischen Britannien und Pannonien (Forschungen in Augst 36), Augst 2005.