Ekkehard Weber


Ein neues Buch* und das Datierungsproblem
der Tabula Peutingeriana




Jeder Autor eines wissenschaftlichen Werkes darf sich der optimistischen Über­zeugung hingeben, damit etwas grundlegend Neues geschaffen zu haben. Wenn T(albert) aber meint, „that no full scale presentation and analysis of it (nämlich der Tabula Peutingeriana) had appeared since World War I“ (xiii), dann liegt darin ebenso ein gerütteltes Maß an Selbstüberschätzung wie Geringachtung all dessen, was seit Konrad Miller[1] hier durch viele Forscher an wissenschaftlicher Arbeit geleistet worden ist[2]. Jedenfalls das Buch von Bosio (1983) ist zweifellos eine noch dazu sehr profunde „analysis“ [3], und die von mir betreute Ausgabe (1976) ist, auch wenn T. meinem zwangsläufig kürzeren Begleittext offenbar nicht den Charakter einer solchen zubilligt, so doch eine „full scale presentation“[4]. Richtig ist aber sein Hinweis, dass in der Forschung vielfach noch immer die alte Ausgabe von Miller benützt wird, die wieder auf eine Umzeichnung zurückgeht, die von Franz Christoph Scheyb und Salo­mon Kleiner angefertigt und bereits 1753 publiziert worden war. Dass sich dies jetzt ändert, ist mit T. zu hoffen, denn mit seinem Buch, das damit auch den Charakter eines Begleittextes erhält, legt er zugleich eine digitale, über das Internet zugängliche Faksimile-Ausgabe der gesamten T(abula)P(eutingeriana) vor[5].

Das Buch besteht aus fünf umfangreicheren Abschnitten und einer „conclusion“, in der die Stellung der TP im Rahmen der antiken und mittelalterlichen Kartografie behandelt wird, zusammen mit dem Versuch, Spuren der TP in der mittelalterlichen Literatur oder allenfalls verlorene Kopien aufzufinden. Das erste, vor allem im Hinblick auf die Editionsversuche nach Scheyb wertvolle Kapitel ist der Geschichte unseres erhaltenen Exemplars und den verschiedenen Publikationen gewidmet, von den ersten Probezeichnungen über die editio princeps durch Markus Welser in der Offizin des Johannes Moretus, Antwerpen 1581, bis zu den Ausgaben im 19. und 20. Jh. T. zitiert zwar den bekannten Brief des Prinzen Eugen an den kaiserlichen „Hofan­tiquar“ Karl Gustav Heraeus (28, plate 6), nicht aber den gleich lautenden an einen Baron Cornberg, Inspecteur des Antiquités in Regensburg, der vor einigen Jahren bekannt geworden ist. Beide Briefe zeigen, dass Prinz Eugen offenbar mehrere Gewährsmänner hatte, die ihn auf interessante Ankäufe aufmerksam machten [6]. Zu Recht hebt T. die Leistung von Scheyb hervor, der wiederholt wegen wirklicher oder angeblicher Fehler heftig kritisiert worden ist (34), aber dennoch bis Miller die Grundlage vieler späterer Editionen bilden durfte, wobei die „Verbesserungen“, wenn überhaupt, sich auf wenige Einzelkorrekturen oder das Register beschränkten.

Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem Material der Handschrift, ihrem Erhaltungszustand und der Paläografie, wobei dieser Abschnitt von Martin Steinmann bearbeitet wurde. Durchaus interessant sind die von ihm festgestellten viereckigen Nagel­löcher einer früheren Befestigung an einer Wand oder Ähnlichem („attention has not been drawn to them previously“), doch glaube ich, dass diese weniger auf eine frühere Befestigung der Pergamentblätter an einer Wand hindeuten, als auf einem Tisch oder Pult während der Schreib- und Zeichenarbeit (74). Die Beschreibung ein­zel­ner Buchstabenformen oder Wörter wäre leichter verständlich, wenn dazu Abbil­dungen gegeben würden. Sie jeweils am Original (Faksimile oder Internet) zu ver­gleichen ist etwas mühsam, um so mehr, als eine Erklärung des verwendeten Gitternetzes erst im Appendix 7 (196f.) erfolgt[7]. Anscheinend auch hier missver­standen ist die Sigle .co. für „eine Meile“ (81); das soll kein (unziales) m sein, son­dern die Wiedergabe des (antiken!) Schriftzeichens (ursprünglich Φ) für „tausend“ (richtig dagegen T. 102, der wieder einmal zu Recht anmerkt: „its use on the map has needlessly confused commentators“). Dass Zeichnungen und Schrift tatsächlich von derselben Hand sind, glaube ich nicht; das gelegentliche Fehlen von Ortsnamen einerseits und von bestimmten Zeichnungen andererseits scheint mir eher auf zwei verschiedene Hände hinzudeuten, die unabhängig voneinander gearbeitet haben.

Das dritte Kapitel ist der Anlage und Zweckbestimmung der Karte oder, genauer, ihrer antiken Vorlage gewidmet [8]. Dass unsere Annahme, das erhaltene Exemplar, eben die TP, gäbe mit den durch Zeit und Raum entstandenen Abweichungen eine antike Karte wieder, nur eine „unverifiable assumption“ sein soll (86), habe ich nicht verstanden — zu deutlich sprechen Anlage und Inhalt für einen antiken Ursprung, ebenso die wenn auch teilweise ferne Verwandtschaft zum Itinerarium Antonini und zum „Cosmographen von Ravenna“, und noch deutlicher wird dies, wenn man sich die Produkte der mittelalterlichen, „westlichen“ oder arabischen Kartografie vor Augen hält. T. selbst versucht in seinem vierten Abschnitt „the recovery of the original map from the surviving copy“ (123, Überschrift). Ebenso verstehe ich nicht, warum „the design of the map is a topic that has been virtually ignored to date“ (86). Immerhin habe ich bereits in meiner Ausgabe von 1976 (und seither gelegentlich noch öfter) auf die Verwandtschaft mit der Agrippakarte hingewiesen (an die T. allerdings nicht glaubt). T. gebührt aber das Verdienst, vielleicht deutlicher als bisher auf den weniger praktischen als „propagandistischen“ Charakter der TP (bzw. ihrer antiken Vorlage) aufmerksam gemacht zu haben. Dafür war Millers Rekonstruktion des seiner Meinung nach nur einen fehlenden Blattes im „Westen“ jedenfalls in der ernst zu nehmenden Wissenschaft niemals „widely accepted“ (87), und Miller selbst musste sich auch hier von Anfang an gegen die deutliche Kritik zur Wehr setzen. Dass am Beginn des verlorenen Teils eine Art Einleitung, eine „Dedikation“ — vielleicht doch das bei Dicuil erhalten gebliebene Widmungsgedicht? [9] — gestanden ist (138f.), steht auch schon bei Weber, ebenso wie die Annahme, dass Rom einst die Mitte der gesamten Darstellung gebildet hat (88f.). T. ist der Meinung, dass geografische Details — Küstenlinien, Flüsse und Berge — nicht nur dekorativen Charakter hätten[10], doch muss er einräumen, dass manches davon auch nachträglich eingefügt worden sein könnte (94), und „lakes would appear to be a landscape feature of minimal concern to the mapmaker“ (105). Demgegenüber unterstreicht er — wieder zu Recht — „the (route) network is an ambitious, original creation“ (108). Über die Bedeutung der Symbole („Vignetten“) haben Annalina und Mario Levi Grundlegendes gesagt; es ist ein Rückschritt, wenn deren Ergebnisse insgesamt in Zweifel gezogen werden (118–123)[11].

Mit den beiden folgenden Abschnitten kommt T. zu seinem zentralen Anliegen, dem Aussehen und der Zeitstellung des antiken Originals. Was immer wir bisher und auch sonst an guten Einzelbeobachtungen finden, wird entwertet durch seine Vorstel­lung, dieses antike Original wäre das Produkt imperialer Repräsentation aus der Zeit um 300 gewesen, wofür er Kaiserdarstellungen ebenso bemüht wie die zeitge­nös­sische Panegyrik (149–153). Dafür muss er alle christlichen Einflüsse und eine ganze Reihe weiterer Einzelheiten der Karte als „post-original“ erklären (124), was immer das heißen soll, und wofür er uns eine nähere Auskunft, wann das geschehen sein soll, schuldig bleibt. Jede Karte — vielleicht mit Ausnahme moderns­ter, satelliten­ge­stützter Produkte — basiert auf älteren Vorlagen und Vorarbeiten, ihre letzte Redak­tion kann aber aus Gründen einfacher Logik nicht älter sein, als die jüngsten in ihr enthaltenen Einzelheiten. Die deutlich an den Chronografen von 354 angelehnte Darstellung von Rom[12] und dazu die Peterskirche (!), Constantinopolis (!) mit einer der spätantiken Säulen und der Kirche von Sycae (Pera-Galata), und die auf die Tyche des Eutychides zurückgehende Antiochia, wieder mit einer Kirche[13], können nicht vorkonstantinisch sein, aber ebenso selbstverständlich gehören sie einer vielleicht letzten, jedenfalls aber noch antiken Überarbeitung an. Andererseits entspricht die ganze Anlage dieses antiken Originals — mit Rom im Zentrum! — nicht mehr politi­schen Vorstellungen aus der Zeit der Tetrarchie; die Kaiserre­sidenzen Nicomedia und Thessalonicae haben mit dem „Stadtmauerring“ sozusagen nur zweitrangige Signaturen gefunden (was T. selbst einräumen muss, 153), Mailand und Trier überhaupt nur den bescheidenen „Doppelturm“, und wenn man Ravenna mit seiner besonderen Signatur erhöhte Bedeutung zumessen will, dann gilt das erst ab 402, als es Kaiserresidenz geworden war[14]. Wenn wir nach einer Periode imperialer Nostalgie suchen wollen, in der man die Grundlagen des Reiches in umfassenden, teilweise sogar anachronistischen Gesamtpublikationen darzustellen versucht hat, bietet sich viel eher das frühe 5. Jh. an, mit dem Codex Theodosianus aus dem Jahr 438 und dem „Zitiergesetz“ von 426, und der Notitia Dignitatum, deren letzte Redaktion auch etwa um dieselbe Zeit erfolgt ist. Und wenn man weiß, dass damals auch geografische Schriften entstanden sind[15], im Jahr 435 jedenfalls zwei famuli auf Anordnung Theodosius’ II. — dum scribit pingit et alter (Vers 8) — eine gezeichnete Weltkarte überarbeitet haben [16], und einzelne Vignettentypen — vom „Stadtmauerring“ bis zum „Tempel“ — sich auch in den Mosaiken des Triumph­bogens von Sta. Maria Maggiore in Rom finden (aus der Zeit Sixtus’ III., 432–440), dann sollte es eigentlich schwer fallen, zu einer anderen Datierung dieser letzten Redaktion als eben in die Zeit Theodosius’ II. zu gelangen[17]. Es sind aber bei dieser „Datierung“, wie hier mit Nachdruck betont sein soll, die Anlage der Karte mit der so deutlich hervorgehobenen Bedeutung Italiens (eben das „design“), dann die Einfügung des Straßennetzes, die erst nach dessen weitgehendem Ausbau erfolgt sein kann, und die letzte Über­arbeitung streng voneinander zu trennen. Wenn T. schreibt, „when the design of such a large and powerful map ignores Christian thinking so thoroughly, any dating from the fourth century onwards seems less and less likely as time advances“ (135), dann vermengt er „the design of the map“ bewusst mit ihren späteren Inhalten. Genau das Gegenteil ist richtig: eben weil das antike Original der TP jedenfalls nach seiner letzten Redaktion so deutliche christliche Spuren aufweist, wird eine Datierung derselben je später um so wahrscheinlicher[18]. Welches „Christian thinking“ — über die ohnedies vorhandenen Einzelheiten hinaus — wäre denn seiner Meinung nach im „design of the map“ zu erwarten gewesen? T. selbst stellt fest, dass die meisten christ­lichen Zeugnisse sich an Stellen finden „otherwise empty on the original map“ (126). Wären sie tatsächlich spätere, mittelalterliche Nachträge, wäre viel eher zu erwarten, dass ursprünglich kein Platz dafür gelassen wurde.

Hier können nur noch wenige zusätzliche Einzelheiten angeführt werden. T. sieht deutliche Ähnlichkeiten zum severischen Marmorplan in Rom [19]. Das stimmt wohl insoweit, wie auch dieser geografische (oder eben kartografische) Interessen bezeugt, und schon dies hätte T. bezüglich seiner Datierung in die diokletianische Zeit bedenk­lich machen müssen. Die Agrippakarte lehnt T. als Vorbild für unsere Karte ab (136f.), obwohl noch die ganze Anlage der TP (also ihr „design“) mit dieser Domi­nanz Italiens und der auffälligen Gegenüberstellung von Rom und Karthago am ehesten in die augusteische Zeit passen würde[20], und ebenso gilt das für die von T. wortreich für die Tetrarchie in Anspruch genommene Ideologie von Frieden und Sicherheit (149–153). Manche geografischen Beschreibungen bei Pomponius Mela oder Plinius — etwa des Persischen Golfs (Mela 3,73) oder des Kaspischen Meeres (Plin. nat. 6,38) — wirken heute noch so, als hätten diese die TP vor sich liegen gehabt[21] und gingen davon aus, dass auch ihren Lesern dieses Anschauungsmaterial zugänglich wäre. Auf Grund ihrer Zeitstellung kann diese Vorlage aber nur die Agrippakarte (bzw. eine Kopie davon) gewesen sein. Deren Original war öffentlich in einer porticus angebracht, könnte also sehr gut bereits diese bemerkenswerte, langgestreckte Form gehabt haben[22]. Natürlich war in dieser Agrippakarte das Straßennetz noch nicht enthalten[23]. Dieses ist vermutlich erst unter den Severern eingefügt worden, als wenigstens die Grundform des Itinerarium Antonini entstanden ist und auch die — in der TP enthaltene — Leugenzählung in Gallien offiziell wieder eingeführt wurde. Wir wissen also von der Agrippakarte, müssen von einer Itinerar­karte in severischer Zeit ausgehen, und erfahren, dass zwei famuli unter Theodosius II. eine Weltkarte überarbeitet haben — und haben in der TP die mittelalterliche Kopie einer antiken Weltkarte vor uns, die Spuren aller drei Redaktionen aufweist, wobei die letzte jedenfalls schon wegen des Namens Constantinopolis und der christ­lichen Angaben nicht vorkonstantinisch und auch aus stilistischen Gründen nicht vor der zweiten Hälfte des 4. Jh. erfolgt sein kann. Wie man diese Karte nun „datieren“ will, hängt davon ab, ob man den gewiss bemerkenswerten geografischen Entwurf, das Itinerarium pictum oder doch die letzte Überarbeitung als maßgebend ansieht. Römische Verwaltungstexte sind oft über Jahrhunderte hinweg tradiert worden. Es ist mehr als unwahrscheinlich, dass aus propagandistischen Gründen unter Diokletian eine Karte mit dem römischen und außerrömischen Straßennetz völlig neu konzipiert worden wäre, unabhängig von vorhandenen Exemplaren. Wenn dieses antike Original zudem in der Apsis eines Thronsaales tatsächlich so angebracht gewesen wäre, wie T. mit fig. 6 (149) andeuten will, dann wären weder Straßen noch Orte, ja kaum die Umrisse der Landmassen darauf zu erkennen gewesen[24].

Die Appendices 1–4 geben Einleitungstexte verschiedener Zeitstellung und ver­schiedener Bedeutung wieder, von einem Begleittext zum Erstdruck 1598 bis zur lateinischen Zusammenfassung der kritischen Anmerkungen über die Tabula Peutin­geriana Joseph Benedikt Heyrenbachs (1768) durch Valentin Vodnik zu seiner Aus­gabe von 1809 (heute Narodna in Univerzitetna Knjižnica, MS 1443). Im Appendix 5 behandelt T. Millers Rekonstruktion des „westlichen“ Anfangsteiles der TP, und im Appendix 6 den angeblichen Fund eines Fragments der TP durch Johann Hugo Wyttenbach nach der Notiz in der Trier’schen Zeitung vom 24. März 1835. Die Appendices 7–9 enthalten schließlich die verschiedenen „User’s Guides“ zu den einzelnen Teilen der digitalisierten Fassung.

Die Tabula Peutingeriana digitalisiert in einer modernen Internet-Publikation und mit ausführlichem Begleitmaterial für die wissenschaftliche Arbeit zugänglich ge­macht zu haben[25], ist ein Verdienst, das T. nicht hoch genug angerechnet werden kann. Es ist schade, dass er mit diesem Buch und seiner unglücklichen Neigung zu einer „radical, not to say provocative, departure from established opinion“ („Intro­duction“ 7) diese Leistung so deutlich schmälert.

 

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Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde,
Epigraphik und Papyrologie
Universität Wien
Universitätsring 1
A-1010 Wien
ekkehard.weber@univie.ac.at

Ekkehard Weber

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* Richard J. A. Talbert, Rome’s World. The Peutinger Map Reconsidered, in association with Tom Elliott, assisted by Nora Harris, Gannon Hubbard, David O’Brien and Graham Shep­herd, with a contribution by Martin Steinmann, Cambridge: Cambridge University Press 2010, XVIII + 172 S., mit Einschluss der „Appendices“, der Anmerkungen, des Index und eines wei­te­ren, „Gazetteer“ genannten Registers 357 S., mehrere Abb. (26 „plates“, zusätzliche 7 „figures“).

[1] Itineraria Romana. Römische Reisewege an der Hand der Tabula Peutingeriana dargestellt von Konrad Miller, Stuttgart 1916, Neudruck Bregenz 1988. Millers monumentales Werk ist insgesamt nicht leicht zu beurteilen. Trotz vielen Mängeln, die damals schon gesehen worden sind — vgl. die ausführliche Rezension von Wilhelm Kubitschek, Göttingische gelehrte Anzeigen 179 (1917) 1–113 —, ist es eine eindrucksvolle Leistung, die aber die Arbeitskraft eines Einzelnen fast zwangsläufig übersteigen musste, und jede Kritik hat nur dazu beigetragen, dass Miller noch entschiedener auch an evidenten Fehlmeinungen festgehalten hat.

[2] Ähnliche und ganz unnötige Formulierungen finden sich nicht nur in seiner Einleitung öfter; die Geschichte der Handschrift „have never been described so fully or objectively“ (6) oder „the interpretation of the map … forms a radical, not to say provocative, departure from established opinion“ (7). Auf diesen zweiten Punkt wird noch zurückzukommen sein.

[3] L. Bosio, La Tabula Peutingeriana: una descrizione pittorica del mondo antico, Rimini 1983.

[4] E. Weber, Tabula Peutingeriana, Codex Vindobonensis 324 – Kommentar, Graz 1976. Es scheint dies tatsächlich (nach den Schwarzweißfotos des Instituts Angerer und Göschl, Wien 1888) die erste Faksimile-Ausgabe gewesen zu sein. Allerdings waren schon in der Zwischen­kriegszeit auf Wunsch Mussolinis Farbfotos angefertigt worden, von denen jedoch nur Proben und das Blatt 4 gedruckt wurden. Sie bildeten aber die Grundlage für die Ausgabe von A. und M. Levi, La „Tabula Peutingeriana“, Bologna 1978 (in Form einer Rolle). Die damalige Farbqualität dürfte freilich modernen Ansprüchen nicht mehr genügen.

[5] www.cambridge.org/us/talbert/index.html (10.10.2012). Die einzelnen Pergament­blätter der TP haben, seit der rotulus 1863 aufgelöst worden war, eine Art Eigenleben entwickelt und geringfügige Verzerrungen erfahren, sodass sie an den Anschlussstellen nicht mehr direkt zusammenpassen. Für die tatsächliche Arbeit mit der TP mag dies aber unerheblich sein. Die TP allein, ohne den Begleitapparat, ist übrigens auch über www.euratlas.net/
cartogra/peutinger (10.10.2012) zugänglich; ein Digitalisat der ÖNB selbst (sogar mit den Rückseiten) unter http://data.onb.ac.at/rec/AL00161171 (10.10.2012).

[6] Dieser zweite Brief ist allerdings an einer nicht leicht zugänglichen Stelle erstmals erwähnt worden: in der Rezension meiner TP-Ausgabe von E. Irblich, Jahrbuch des Vorarl­berger Landesmuseumsvereins 122/123 (1978/79) 495. Ich habe aber auch in meinem Aufsatz Das „Verkaufsinserat“ der Tabula Peutingeriana aus dem Jahr 1715. Ein kleiner Beitrag zur Wissenschaftsgeschichte, in: U. Fellmeth, P. Guyot, H. Sonnabend (Hrsg.), Historische Geographie der Alten Welt. Grundlagen, Erträge, Perspektiven. Festgabe für Eckart Olshausen aus Anlass seiner Emeritierung (Spudasmata 114), Hildesheim u.a. 2007, 367–379, darauf aufmerksam gemacht, und diesen hat T. jedenfalls gekannt.

Bei dieser Gelegenheit muss ich auf einen weiteren, eigentlich unverständlichen Umstand hinweisen. Gerade weil T. mich in seiner Einleitung (xv) geradezu überschwänglich lobt, ver­stehe ich nicht, warum er bei plate 1 angibt „Foto Archiv der Universität Wien“, obwohl das Foto von mir stammt und seine Abbildung direkt aus meiner Ausgabe von 1976 (Abb. 1) ge­nom­men worden ist. Das geschieht noch mehrmals (plate 2 und 6); plate 5 stammt aus der oben erwähnten Arbeit 2007. Alle diese Bilder finden sich, ohne jede Herkunftsangabe, auch im Internet.

[7] Wie in meiner Ausgabe werden die einzelnen Punkte durch drei Koordinaten, aber in einer abweichenden Reihenfolge angegeben: zuerst mit arabischen Ziffern das betreffende Blatt oder Segment, dann die Buchstaben A, B oder C für einen Bereich im oberen, mittleren oder unteren Drittel, und schließlich wieder arabisch eine senkrechte Gliederung in fünf Abschnitte, wie sie schon Miller vorgenommen hat. Die einzelnen Blätter werden von 1 bis 11 nummeriert, nicht wie bei Miller (der nur ein fehlendes Blatt am Anfang angenommen hatte) II–XII.

[8] „No such detailed analysis of the map ... has ever been attempted“, womit sich T. wieder einmal großzügig über die bisherige Forschung hinwegsetzt (86). Damit ich richtig verstanden werde: T. muss so manche der bisherigen Meinungen („Pilgerkarte“, „Routen­ver­zeichnis des cursus publicus“) nicht glauben, aber dass sich bisher niemand darüber Gedanken gemacht habe, stimmt eben auch nicht. Auch der von T. — zu Recht — hervor­gehobene repräsentativ-propagandistische Charakter dieser Karte ist von mir wenigstens angedeutet worden (siehe unter anderem die gleich in Anm. 13 genannte Arbeit, 776).

[9] Anthologia Latina sive Poesis Latinae supplementum I/2 (ed. F. Buecheler et A. Riese, rec. A. Riese, Leipzig 21906, Neudruck Amsterdam 1972) c. 724.

[10] So bereits auch R. J. A. Talbert, Peutinger’s Roman Map: the Physical Landscape Framework, in: M. Rathmann (Hrsg.), Wahrnehmung und Erfassung geographischer Räume in der Antike, Mainz 2007, 221–230. Warum T. den Buchstaben u auf der Tafel, auch wenn er deutlich kursiv geschrieben ist, sogar bei der Auflösung von Abkürzungen grundsätzlich mit v wiedergibt — so z.B. Port(vs) Calovitanvs, 5A3 (22 und 102, vgl. 8 [iii] der „presentation of the map“) — ist nicht sehr verständlich; das Original hat übrigens deutlich genugPor͞t͞. (mit Kürzungsstrich) Caloṇịtanus (mit einem leicht erklärbaren Schreibfehler statt Salonitanus; der Ortsname Salona steht unmittelbar darüber). In der Internet-Fassung wird, völlig überflüssig, für die hypothetische Form Calov- nach einer griechischen Wurzel gesucht.

[11] A. und M. Levi, Itineraria picta. Contributo allo studio della Tabula Peutingeriana, Rom 1967. Gewisse Modifikationen mag es freilich geben; die grundsätzliche Richtigkeit ihrer Annahme aber, dass die Mehrzahl der Vignettentypen einen Hinweis auf Art und Größe der Unterkunft am betreffenden Ort enthalten und nicht vorrangig auf die Bedeutung des Ortes selbst, lässt sich unter anderem durch Untersuchungen bestimmter Anlagen im Verband römischer Villen in Pannonien zeigen, die als Unterkünfte für Reisende und den cursus publicus gedient haben; vgl. E. B. Thomas, Römische Villen in Pannonien. Beiträge zur panno­nischen Siedlungsgeschichte, Budapest 1964, 44f. Abb. 19f., 120f. Abb. 57f., 275f. Abb. 144f. — ein Bautyp, der in der Karawanserei im Orient seine Fortsetzung gefunden hat und sich ähnlich auch als Kreuzgang mit Innenhof und Brunnen in mittelalterlichen Klöstern findet, die ebenso als Unterkünfte für Reisende und Pilger gedient haben.

[12] Zu dieser Darstellung vgl. J. Strzygowski, Die Calenderbilder des Chronographen vom Jahre 354 (DAI Ergänzungsheft 1), Berlin 1888, Taf. IV. Nur hier wird die hinzugefügte Kirche ausdrücklich mit Namen genannt; die Beischrift Ad s(an)c(tu)m Pe–trum scheint aber wegen der Verwendung der Kürzel scm tatsächlich ein mittelalterlicher Zusatz zu sein.

[13] Zu diesen christlichen Einflüssen in der TP vgl. E. Weber, Die Spuren des frühen Chris­ten­tums in der Tabula Peutingeriana, in: R. Harreither u.a. (Hrsg.), Acta Congressus Internationalis XIV Archaeologiae Christianae (Studi di antichità cristiana 62), Città del Vaticano 2006, 775–781, mit ausführlicher Diskussion der Einzelheiten. Nach den Parallelen bei den anderen Stadtpersonifikationen muss die Zeichnung des „Tempels“ im Hain von Daphne bei Antiochia ebenfalls eine Kirche sein, vermutlich die Kirche des Hl. Michael, die nach der Zerstörung des Tempels von Daphne 362 an dessen Stelle errichtet wurde. Bisherige Interpreten haben diesen Bau immer für das Apollo-Heiligtum in Daphne selbst gehalten; Bosio (o. Anm. 3) 152–154 ist dadurch zu einer Datierung des antiken Originals in die zweite Hälfte des 4. Jh. (vor 362) gekommen.

[14] So bereits Levi (o. Anm. 11) 149f., die mit diesem Argument (und dem noch nicht durch Attila 452 zerstörten Aquileia) die antike Vorlage der TP in die erste Hälfte des 5. Jh. gesetzt haben. Im Westen haben nur Ravenna und Aquileia die Signatur des „Stadtmauerrings“. Dieser Stadtmauerring ist für die Datierung der antiken Vorlage der TP von einiger Bedeutung; zunächst ist dieser Typ (in der Münzprägung) nicht vor Konstantin bezeugt (vgl. RIC 7, 1966, 162 Trier 1, Taf. 3), und dann findet er sich z.B. als Illustration im „Vergilius Vaticanus“ (Cod. Vat. lat. 3225f. 35v., um 400 n. Chr.) und sehr häufig in der Notitia Dignitatum (Schlussredak­tion vermutlich zwischen 425 und 433).

[15] K. Brodersen, DNP 3 (1997) 575.

[16] Siehe o. Anm. 9. T. weiß von dieser Karte natürlich auch, muss sie aber um seiner Datierung willen für verloren halten (128). Dass es keine „wholly original creation“ (139), sondern nur eine Überarbeitung gewesen ist, geht deutlich aus Vers 10/11 hervor: in melius reparamus opus culpamque priorum tollimus. Die schon ältere Vermutung von einer Neube­arbeitung basiert auf einer angeblichen, historisch aber kaum vorstellbaren Erdvermessung unter Theodosius II.

[17] Die nach wie vor vielfach übliche „Standarddatierung“ in die zweite Hälfte des 4. Jh. ist noch immer besser als die des Autors, geht aber zumeist auf den, wie man damals schon gesehen hat, geradezu absurden Datierungsversuch Millers zurück. Nach ihm waren die Stadtpersonifikationen von Rom, Konstantinopel und Antiochia Darstellungen der römischen Kaiser Valentinian, Valens und des Usurpators Procopius, wodurch er zu einer Datierung in die Zeit 365/366 gelangte. Gerade diese Datierung ist aber ungeprüft, manchmal allgemeiner formuliert, in fast alle Handbücher und Lexika übernommen worden. Anders argumentiert diese Zeitstellung allerdings Bosio (o. Anm. 13).

[18] In die Zeit Theodosius (I.) und seiner Söhne datiert bereits M. Welser die TP (vgl. die „Tabula Peutingeriana de Theodose“ in den Briefen des Prinzen Eugen); Marci Velseri Opera historica et philologica, sacra et profana, Nürnberg 1682, 713.

[19] „Despite the very different character ... its cartographic design and presentation correspond to a surprising degree with those of the map“ (134), was mir angesichts der wenigen erhaltenen bzw. kleinteiligen Fragmente des severischen Marmorplans ein wenig übertrieben vorkommt, obwohl T. dies schon in einem ausgerechnet mir gewidmeten Beitrag ausgeführt hat:Rome’s Marble Plan and Peutinger’s Map: Continuity in Cartographic Design, in: F. Beutler, W. Hameter (Hrsg.), „Eine ganz normale Inschrift“ (Althistorische Epigraphische Studien 5), Wien 2005, 627–634.

[20] Dass Rom (mit Ostia) und Karthago auf der TP gleichsam wie auf einem Meridian einander direkt gegenüber liegen, kann kein Zufall sein; diese Verbindung muss gerade damals durch das Geschichtswerk des Livius und die Didoepisode in der Aeneis Vergils (posthum nach dessen Tod 19 v. Chr. auf besondere Anordnung Augustus’ veröffentlicht) außerordentlich präsent gewesen sein. Auch die porticus Vipsania mit der Agrippakarte ist erst nach dem Tod des Agrippa 12 v. Chr. durch Augustus vollendet worden.

[21] Vgl. E. Weber, Pomponius Mela und die Tabula Peutingeriana, in: K. Strobel, R. Lafer (Hrsg.),Die Geschichte der Antike aktuell: Methoden, Ergebnisse und Rezeption. Akten des 9. Gesamtösterreichischen Althistorikertages 2002 (Klagenfurt, 14. 11.–17. 11. 2002) (Altertums­wissenschaftliche Studien Klagenfurt 2), Klagenfurt, Laibach, Wien 2005, 231–240 — eine Arbeit, die T. offensichtlich nicht kennt.

[22] Zur deutlichen Beziehung der Agrippakarte zur Anlage der TP vgl. auch E. R. Almeida, Topografia e vita romana: da Augusto a Costantino, Rom 2001, 23–31.

[23] Vielleicht mit Ausnahme der viae consulares in Italien, die als einzige in der Nähe Roms mit ihren Namen bezeichnet sind, und deren Wiederherstellung im Rahmen eines augus­­teischen Bauprogramms erfolgte; Res gestae divi Augusti c. 20; Suet. Aug. 30,1.

[24] Selbst wenn diese antike Originaldarstellung nur doppelt so groß gewesen wäre wie die TP, hätte sich bei einer noch immer zu geringen Breite von 70 cm eine Gesamtlänge von über 17 m ergeben, wofür in einer Apsis wieder kaum Platz gewesen wäre. Über andere Formen der Anbringung zu spekulieren ist müßig.

[25] Ein vollständiges, vielfach aufgeschlüsseltes topografisches Register, allerdings ohne moderne Entsprechungen, findet sich in der elektronischen Fassung (siehe Appendix 7, 196–200). Dafür erhält man beim Anklicken des betreffenden Namens sofort das dazugehörige Bild auf der TP.