Marco Vitale


Hellenische Poleis, Hellenarchen und koina der Hellenen fern der „Heimat“


Die Hellenen-Titulatur vom Schwarzen Meer bis zur syrischen Wüstensteppe*


Meinem Lehrer Christian Marek



I. Kritisches Vorwort: Problemkreis und Forschungslage

Poleis konstruierten ihre Zugehörigkeitsvorstellungen nach ganz unterschiedlichen Kriterien und reklamierten diese in oft formelhaften Wendungen als offizielle städtische Titulaturen. Administrative Zugehörigkeit bezeugt etwa die Münzlegende „(Polis) von Syria Palaestina“ auf Prägungen von Caesarea Maritima und Neapolis.[1] Nach geographischen Kriterien bezeichneten sich Herakleia Pontike, die Zeliten oder Tomis ausdrücklich als „pontische“ Poleis bzw. Poleis „des oder im Pontos“,[2] obwohl sie in der römischen Kaiserzeit auf drei verschiedene Provinzen verteilt waren. Ausser administrativer oder geographischer Zugehörigkeit konnten die Gebietsnamen auch Städteorganisationen markieren. So stilisierte sich Germanikeia gemäss seiner Mit­gliedschaft im Städtebund der Eparchie Kommagene auf seinen Münzprägungen als Polis „von Kommagene“,[3] mithin als Gliedpolis der quattuor civitates Commagenes.

Was aber bedeutet es, wenn die nach der Donau benannte Küstenstadt Istros (Histria) in der Provinz Moesia Inferior eine Identität als ἀρχέα πόλις καὶ Ἑλληνίς („alte und hellenische Polis“) bekundet? Ihr hohes Alter (ἀρχέα), eine als Titel überaus beliebte Betonung der eigenen Polistradition, geht wie im Falle zahlreicher anderer Schwarzmeerpoleis auf ihre Gründung durch die ionischen Milesier zurück.[4] L. Robert befindet im Zusammenhang mit solchen retrospektiven Titulaturen, dass „les cités se glorifient alors de leur longue histoire, de leurs origines mythiques“.[5] Zumindest die Anciennitätsformel ἀρχέα in Verbindung mit städtischen Ehrentiteln reiht er unter die „glorieux souvenirs de l’antique colonisation“.[6]

Damit allerdings erklärt sich der spezifische Zusatz Ἑλληνίς („hellenisch“) nicht hinlänglich. Die gleiche Bezeichnung nämlich leitet in der Form „Erster der Helle­nen“ auch die Laufbahninschriften des Ankyraners C. Iulius Severus ein, eines Nach­kommen galatischer Tetrarchen und Verwandten zahlreicher Senatoren (s. u.). Die Polis Ankyra, ehemaliger Stammesvorort der keltischen Tektosagen, war nach den bekannten Ursprungslegenden eine vorab keltische, [7] bestenfalls eine vom legendären phrygischen König Midas gegründete Stadt (Paus. 1. 4, 5), aber im Gegensatz zu Istros jedenfalls keine griechische Kolonie. Demnach reklamierte die von Augustus bei der Provinzeinrichtung Galatias gegründete Polis der Sebastenoi Tektosagoi Ankyranoi auf ihren Münzprägungen keine Abstammung von historischen oder mythischen Gründerpersönlichkeiten aus Hellas. Vor welchem Hintergrund also ist der Titelzusatz Ἑλληνίς bzw. τῶν Ἑλλήνων zu verstehen? Dieser Titelwahl liegen im Falle einer Polis fern von Hellas weder administrative noch geographische Kriterien zugrunde. Unterstrichen die Poleis bzw. ihre prominenten Bürger damit allgemein ihren „caractère hellénique“ [8] bzw. ihre „cultural affiliation“[9]? War dieser Charakter aufgrund der besonderen politischen Organisationsform, also einer political or civic polis identity, [10] nicht selbstverständlich gegeben? Weshalb und in welchen Fällen wurden dennoch ‚Hellenen‘-Titulaturen gebildet?

Solchen Fragestellungen ging die traditionelle Forschung mit Untersuchungen der Ethnogenese und Ausbildung einer geschlossenen Sprachgemeinschaft der Hellenen auf den Grund. Indes beleuchten neuere Ansätze das antike ‚Hellenentum‘ als viel­schichtige („kumulative“) Konstruktion ethnischer Identität unter dem Aspekt der ‚Ethnizitätsbildung‘. Etwa A. A. Lund nimmt sich die schwierige Aufgabe vor, die von einer Jahrhunderte alten Forschungsdebatte vorbelastete Entstehung und Bedeu­tung des Begriffs „Hellenen“ seit der Antike aufzurollen. Dabei stellt der Autor seiner Argumentation voran, „dass man bis vor kurzem in der Altphilologie sowie in der Alten Geschichte die Forschungsergebnisse und die methodischen Ansätze der mo­dernen Sozial- und Kulturanthropologie (besser: „social anthropology“) sowie der Ethnologie nicht genügend beachtet und berücksichtigt hat“, daher stosse die Frage der Ethnogenese und Ethnizität der antiken Hellenen immer noch auf keine communis opinio.[11]

Dies tat sie auch in den antiken Gelehrtendebatten nicht: Herodot betonte im 5. Jh. v. Chr. noch die gemeinsame Bluts- und Sprachgemeinschaft, die einheitliche Lebens- und Opferweise der Athener mit den übrigen Hellenen als umfassendes ‚hellenisches‘ Identitätskriterium. [12] Demgegenüber rückt Isokrates im 4. Jh. v. Chr. nunmehr den Kulturbegriff (παιδεία) als identitätsstiftendes Diakritikum in den Vordergrund des τῶν Ἑλλήνων ὄνομα, des „Begriffs ‚Hellenen‘“.[13] Damit sei Lund zufolge die Sam­melbezeichnung einer sich als ‚hellenisch‘ verstehenden und verhaltenden „ethni­schen Grossgruppe“ [14] nicht mehr durch gemeinsame Abstammung bedingt. Helleni­zität sei letztlich als exklusives Kulturspezifikum, als „ethnokulturelle Identität“,[15] stets komplementär zum teils negativ konnotierten Gegenbegriff βάρβαροι, begriffen worden.[16] Ob sich im Gegenzug auch die sog. Barbaren nach diesem „binären“ Modell eines zum Hellenentum komplementären ‚Barbarentums‘, ihrer ‚Barbarizität‘, bewusst waren, wird kaum hinterfragt.

Eine gradlinige Entwicklung antiker Konstruktionen des τῶν Ἑλλήνων ὄνομα von ethnogenetisch-genealogischen und linguistischen zu kulturellen Identitätskriterien bzw. von Herodot bis zum augusteischen Redner Dionysios von Halikarnassos identifiziert auch J. M. Hall. Mit einem für unseren Untersuchungszeitraum interes­santen Fazit schliesst er: „The Hellenistic culturally-based definition of Hellenic identity endured well into the period of Roman rule“. [17] Allerdings deckt sich dieses Votum nicht zureichend mit den epigraphisch und numismatisch greifbaren expliziten Bezeugungen von ‚Hellenizität‘, wie sie uns etwa in städtischen Titulaturen und Amtstiteln begegnen. [18] Wenigstens nach Gelehrtenmeinungen spätklassischer und hellenistischer Zeit wären nämlich unsere Istrier entgegen ihren Titelansprüchen keine „echten, zivilisierten Hellenen“,[19] sondern bestenfalls μιξοέλληνες („Mischhellenen“), also eine ausserhalb des hellenischen Kulturkreises stehende Gruppe[20] — vornehm­lich indigene Gruppen, die eine milesische Abstammung reklamierten.[21]

Bezeichnend für die verengte Perspektive kulturanthropologischer Ethnizitäts­modelle steht etwa die ausgesprochene Schwierigkeit, Romanitas, also ‚Römer-Sein‘ bzw. ‚Römer-Werden‘, als Identitätskategorie einzuordnen. Während nämlich S. Jones „a complex process of ethnic identification“ bei Völkerschaften Südostenglands unter der römischen Provinzialherrschaft beobachtet,[22] sei Romanitas gemäss Hall „precisely not an ethnic identification. It is the cultural communication of a legal-juridical status that lacked any concept of a common ethnic core“[23] — kurzum geht es um römisches Bürgerrecht, civitas, ‚civic identity‘; hingegen römische Ethnizität bzw. ‚Romanizität‘ als Pendant zu ‚Hellenizität‘ existiert nicht. Ist aber ausgehend vom Diakritikum civitas, in Anlehnung an Romanitas, nicht umgekehrt auch nach einer ‚Hellenitas‘ im Sinne einer nicht kulturell, sondern vorab bürgerrechtlich begründeten Polisidentität zu fragen? Die political or civic polis identity betrifft das Bewusstsein eines bestimmten Rechtsstatus ohne zwingende ethnische Implikationen.[24]

Selten wird hinterfragt, ob moderne Konzepte auf antike Phänomene anwendbar sind.[25] Auf der Suche nach einer engeren Bedeutung des τῶν Ἑλλήνων ὄνομα operiert man aber in dem für die Altertumswissenschaften immer attraktiveren Theorien- und Begriffskarussell häufig mit einer Reihe von Leitbegriffen, wie etwa ‚ethnicity‘, ‚archaeology of ethnicity‘,[26] ‚ethnic consciousness‘, ‚consubstantiality of the commu­nity‘, ‚Hellenizität‘, ‚Greekness‘, die nicht selbstverständlich aus dem Quellenmate­rial hervorgehen. Inwiefern etwa spielt ‚Ethnizität‘/‚Hellenizität‘ in der Titulatur von C. Iulius Severus eine entscheidende Rolle? War ein Hellenarches, „Anführer der Hellenen“, im 2. Jh. n. Chr. bewusst Exponent seiner ‚Ethnizität‘ bzw. „feelings of social belonging based on culturally constructed notions of shared origins“?[27] Der von M. Weber und F. Barth geprägte Kernbegriff ‚Ethnizität‘[28] bzw. ‚Hellenizität‘ wird der gesamten Bandbreite des überlieferten Hellenen-Begriffs nicht gerecht. [29]

II. Quellenlage

Methodisch heikel an den Untersuchungsansätzen der social anthropology ist vor allem der Umstand, dass als Argumentationsbasis ausschliesslich die literarische Überlieferung, vornehmlich Gelehrtendebatten der klassischen und hellenistischen Zeit, dienen. [30] Es handelt sich um die von Herodot, Thukydides, Platon, Isokrates bis hin zu Strabon und Pausanias angegangene Suche nach einem Bewusstsein der Zusammengehörigkeit aller Hellenen, dem ‚panhellenischen‘ Bewusstsein, in Form einer Sammelbezeichnung der Gruppe: In den Worten des attischen Redners Isokrates geht es um τὸ τῶν Ἑλλήνων ὄνομα (Isokr. or. 4, 50). Dagegen wird dem numisma­tisch und epigraphisch überlieferten τῶν Ἑλλήνων ὄνομα wie etwa „hellenische Polis“, „koinon der Hellenen“ oder „Hellenarch“ kaum Rechnung getragen. Offen­sichtlich aber schlug sich auf den harten Datenträgern ein wie auch immer definier- und theoretisierbares Selbstverständnis von ‚Hellene-sein‘ titular nieder. Dabei scheint die Verwendung der „selbstbewussten, ethnozentrischen Selbstbezeichnung Ἕλληνες“[31] eine nicht vom ethnischen Selbstverständnis bestimmte Titulatur gewe­sen zu sein.[32]

Der Verwendung von Hellenen-Titulaturen liegt zwar eine „Grenzziehung“ zu Andersartigem zugrunde. Diese weist aber entgegen Lunds Literaturhinweisen wenig Berührungspunkte mit der von J. Osterhammel im Rahmen einer universalhisto­rischen bzw. neuzeitlichen Perspektive skizzierten „kulturellen Grenze“ oder „impe­rialen Barbarengrenze“ auf,[33] sondern materialisierte sich zwischen Polisbürgern und ländlicher Bevölkerung — dies allerdings nur solange, als letztere nicht selbst als Polis organisiert bzw. in eine Polis eingemeindet wurden. Das in Titulaturen fassbare τῶν Ἑλλήνων ὄνομα gibt eine von der politischen Organisationsform bedingte Selbst­definition von Hellenitas wieder. Das Phänomen der ausdrücklichen Zugehörigkeits­bekundung ‚hellenisch‘ bzw. ‚von Hellas/der Hellenen‘ zeigt sich in städtischen Ehrentiteln („hellenische Polis“/„erste [Polis] von Hellas“/„Metropolis von Hellas“), Bezeichnungen von Städtebünden („koinon der Hellenen“) [34] und Amtstitulaturen von Bundespriestern („Helladarch/Hellenarch“/„Erster der Hellenen“). Die Titel finden sich während der ersten drei Jahrhunderte des Prinzipats in verschiedenen griechisch­sprachigen Provinzen des Römischen Reiches stets mit derselben Formelhaftigkeit auf Inschriften und Münzen wieder.

Bemerkenswerterweise fallen die Belege der Hellenen-Titulaturen im Vergleich mit anderen städtischen Ehrentiteln, wie etwa ἀρχαία, πρώτη oder αὐτόνομος, relativ spärlich aus,[52] sind aber geographisch ebenso weit gestreut. Die Zeugnisse sind m. W. bisher noch nicht systematisch zusammengetragen und auf die Frage nach ihrer jeweiligen Bedeutung hin untersucht worden. Im Folgenden sollen die Belege ent­sprechend ihrer Verteilung nach Provinzen vollständig präsentiert werden, um über­prüfen zu können, ob und wo Auftreten und Bedeutung der Hellenen-Titulatur vom jeweiligen historischen, geographischen oder ethnischen Kontext bedingt waren.[53]

III. Belege der Hellenen-Titulatur

1. Die Provinzen Asia und Pontus-Bithynia

In der an Städten reichsten Provinz des römischen Imperiums, der provincia Asia, beanspruchen bei vergleichsweise günstiger numismatischer und epigraphischer Quellenlage lediglich zwei Poleis den Hellenen-Titel im Binnenland. Die ehemalige Hauptstadt des lydischen Königreichs, Sardeis, reklamiert den Titel in gleich zwei Ausführungen. Spätestens unter Gordian III.[54] war die lydische Polis nicht nur πρώτη Ἑλλάδος[55], also wörtlich „erste (Polis) von Hellas“, sondern auch „erste Metropolis von Asia, Lydia, Hellas“.[56] Gemäss den Notizen von L. Robert sei hier die Metropo­liswürde in der Bedeutung „non des métropoles de la province, mais des métropoles de colonies“ zu verstehen.[57] Die Tochterkolonie der Sardianer wäre demnach Grie­chenland.

Den Gedanken weiterentwickelnd, führen P. Herrmann[58] und H. Brandt [59] die beiden Titelansprüche auf eine lydische Gründerlegende zurück, wonach Pelops von Lydien aus Griechenland besiedelte und deshalb nach ihm die Peloponnes benannt wurde. Dabei interpretieren sie den Titel πρώτη Ἑλλάδος als Titelvariante von „Metropolis von Hellas“. Den Hintergrund der beiden Titulaturen bildet gemäss Herr­mann „eine als historisch angesehene mythologische Konstruktion“, [60] nach der sich die Sardianer als Gründer Griechenlands inszenierten. Daher sei in den Titulaturen unter dem Gebietsnamen Ἑλλάς im engeren Sinne die provincia Achaia zu verstehen, zumal ihn die Sardianer auf Inschriften des 3. Jh. auch in Titulaturen von Statthaltern Achaias in „inoffizieller“ Verwendung anstelle von ‚Achaia‘ setzen. Dieser Amts­träger, der vornehmlich unter der Bezeichnung ἀνθύπατος τῆς Ἀχαίας bzw. im Lateinischen proconsul Achaiae bekannt ist, erscheint hier als ἀνθύπατος Ἑλλάδος äquivalent zum lateinischen proconsul Graeciae.

Der Analogieschluss aber von städtischen Titulaturformen zu offiziellen Statthal­tertitulaturen ergibt sich nicht ohne weiteres. Die Verwendung des Ausdrucks ‚Hellas‘ in den Statthaltertitulaturen der Inschriften von Sardeis spiegelt keine „Eigentüm­lichkeit, wenn nicht Eigenwilligkeit der Sardianer“ wider.[61] Im Gegenteil beweist Th. Corsten aufgrund einer gründlichen Zusammenschau epigraphischer und literarischer Texte aus dem 1. Jh. v. Chr. bis zur Spätantike, „dass die Bezeichnung Graecia bzw. Ἑλλάς anstelle von Achaia schon vom 1. Jh. v. Chr. bis in die Spätantike benutzt wurde, ohne dass man einen Unterschied in seiner Benutzung ausmachen könnte“. [62] Diese Bezeichnung der Amtsbereiche achäischer Statthalter ist also „offiziell“ und nicht ausschliesslich mit der sardianschen Gründungslegende zu erklären; ‚Hellas/
Achaia‘ der Statthaltertitulaturen und ‚Hellas‘ der Stadttitulaturen von Sardeis sind also nicht zwingend gleichbedeutend. Zudem stellt sich das Problem, dass in der ausführlichen Titulatur „Metropolis von Asia, Lydia, Hellas“ der Verwendung des Begriffs ‚Metropolis‘ nicht nur eine, sondern gleich zwei, wenn nicht drei verschie­dene Bedeutungen zugrunde gelegt werden müssen. Denn in Bezug auf Asia und Lydia kommt die Bedeutung ‚Mutterkolonie‘ nicht in Betracht. Vielmehr sind jeweils die offizielle, von Kaiser und asianischem koinon anerkannte Metropoliswürde (Met­ropolis von Asia) bzw. die Stellung als ehemaliger Königssitz des Kroisos (Metro­polis von Lydia) gemeint.[63]

Da die Gründungslegende der Sardianer, gewissermassen vom Tochter- ins Mutterland, als Umkehrversion der üblichen Abstammungslegenden singulär ist, müsste auch ihre Formulierung exklusiv bzw. unter die „Besonderheiten der sardi­anischen Stadttitulatur“ zu zählen sein. [64] Dem widerspricht aber der Vergleich mit den Metropolistiteln anderer Poleis. Während nämlich die Metropoliswürde von Sardeis für Hellas möglicherweise auf die erwähnte lydische Gründungslegende zurückgeht, ist der Titel einer „ersten (Polis) von Hellas“ kein Unikum.

In Asia taucht dieser Titel ein weiteres Mal auf. Im ionisch-lydisch-karischen Grenzgebiet betitelt sich Tralleis, das den unter Caracalla erwirkten provinzialen Metropolistitel bereits unter Macrinus (217/218 n. Chr.) wieder einbüsste,[65] womög­lich als Antwort auf die Titelansprüche der Sardianer auf seiner Münzprägung zwischen 253–260 n. Chr. als πρώτη Ἑλλάδος.[66] Tralleis aber war Strabon zufolge eine Gründung von Siedlern aus der Argolis und Thrakien. [67] Es handelt sich nicht, wie im Falle von Sardeis, um die Umkehrversion gängiger Abstammungslegenden. Die Titulatur πρώτη Ἑλλάδος kann also nicht unter die „Besonderheiten“ der Selbst­repräsentation der Sardianer verbucht, sondern muss als formelhafte Titulatur in einen breiteren, überregionalen Rahmen zwischenstädtischer Rangstreitigkeiten gesetzt wer­den. Dass dieser Titel erst im 3. Jh. n. Chr. in Münzlegenden nur zweier Poleis auf­taucht, muss nicht bedeuten, dass er nicht schon vorher existierte.

Auf überregionale Festspiele verweist etwa die Rückseitenabbildung der erwähn­ten trallianischen Prägung aus der Zeit von Valerian mit einem Tisch, auf dem links ein Kranz und rechts eine Krone mit Palmzweigen als Siegespreise liegen, sowie einer als Los- oder Stimmurne zu deutenden Amphore darunter (Abb. 3). [68] Die Kombina­tion der symbolischen Objekte und der zugehörigen Münzlegende ΤΡΑΛΛΙΑΝΩΝ ΠΡΩΤΩΝ ΕΛΛΑΔΟΣ („[Prägung] der Trallianer, der Ersten von Hellas“) könnten auf eine in Tralleis stattfindende Landtagssitzung (Stimmurne) im Rahmen von Fest­spielen deuten, wie etwa den in Tralleis bezeugten panhellenischen Olympia und Pythia,[69] die als Provinzialspiele, mithin im Namen des asianischen koinon, abge­halten wurden,[70] oder den in Tralleis bereits unter Trajan/Hadrian bezeugten „gemein­samen (Agonen) Asias“ (κοινὰ Ἀσίας).[71] Die Münzdarstellung nimmt keinen wört­lichen, sondern nur symbolischen Bezug auf die Festspiele. In Kombination mit der Umschrift ΤΡΑΛΛΙΑΝΩΝ ΠΡΩΤΩΝ ΕΛΛΑΔΟΣ („[Prägung] der Trallianer, der ersten von Hellas“), wird aufgrund der Agone ein Vorrang gegenüber anderen Poleis beansprucht, [72] die jedoch kaum in ‚Hellas‘ als dem griechischen Mutterland zu suchen sind.

Die Sachlage wird umso interessanter, als ein ähnlicher Titel, „Erster der Helle­nen“, in derselben Provinz auf einzelne Polisbürger angewendet wurde. Auf einer neuen Inschrift aus dem lydischen Saittai (h. Sidaskale) ehrt die Phyle Apollonias einen frühestens unter Kaiser Claudius datierbaren Tiberius Claudius ausser als ihren Wohltäter vorab als [τῶν] Ἀσίας Ἑ[λλήνων] πρῶτος, als „Ersten der Hellenen in Asia“. [73] Den Titel πρῶτος Ἑλλήνων führte auch Gaius Iulius Xenon, Sohn des Apollonides, ein Oberpriester der Göttin Roma und des Kaiserkults gemäss einer Weihinschrift aus Thyateira (h. Akhisar);[74] aufgrund des blossen griechischen Patro­nyms, Apollonides, dürfte die Inschrift bereits in das frühe Prinzipat gehören. Allerdings ist ein Detail im Vergleich der städtischen mit den individuellen Hellenen-Titulaturen problematisch: Tralleis und Sardeis beanspruchen in ihrer Titelvariante einen Rang als erste Poleis „von Hellas“, nicht aber „der Hellenen“, geben also aus­drücklich eine, wenn auch mehrdeutige, Gebietsbezeichnung an. [75] Dem kann freilich entgegengehalten werden, dass bei der Verwendung der Amtstitel „Hellad-arch“ und „Hellen-arch“ zwischen Toponym und Ethnonym inhaltlich und sachlich keine Unter­scheidung erkennbar ist. So erscheinen etwa in Bithynia beide Bezeichnung als Vari­anten desselben Amtes.

Bemerkenswert in der Ehrung aus Saittai ist die Spezifizierung „Hellenen von Asia“, die als territorialen Bezugsrahmen einen Provinznamen angibt. Der Geehrte war nicht einfach ‚Hellene‘, sondern einer von den Hellenen der Provinz Asia. Aller­dings beschränkt sich der Titel „Erster der Hellenen“ nicht auf diese Provinz. Es führten ihn ausserdem in Ankyra, der Metropolis der Provinz Galatia, auch ein promi­nenter keltischer Galater königlicher Genealogie, C. Iulius Severus (s. u.), sowie zwei weitere einflussreiche Bürger in Bithynia, nämlich der Bithyniarch Chrysogonos auf seinem Grabgedicht aus Klaudioupolis und ein Unbekannter aus Nikomedeia.[76] Jede Provinz hatte also ihre eigenen ‚Hellenen‘. Diese prominenten Polisbürger verstanden sich jedenfalls nicht analog zu der im Rahmen einer besonderen Abstammungsle­gende vorgeschlagenen Deutung des Titels von Sardeis allesamt als ‚Gründer Grie­chenlands‘ (s. o.). Vielmehr erscheint der Titel πρῶτος Ἑλλήνων im Zusammenhang mit Amtsbezeichnungen des jeweiligen Landtags. In diesem konkreten Rahmen ist auch nach seiner Bedeutung zu fragen. Wer waren also diese ‚Hellenen‘ in Asia bzw. anderen Provinzen, auf die sich hohe Landtagsbeamte offenbar gemäss einer vorgege­benen Rangfolge durch spezielle Titulaturen beriefen?

Den Bezugsrahmen solcher Identitätsbekundungen liefert die Organisation zur Ausrichtung des provinzweiten Kaiserkultes, [77] nämlich das koinon von Asia in seiner Frühphase. Aus der Mitte des 1. Jh. v. Chr. stammen zwei Urkunden, die jeweils das „koinon der Hellenen“[78] bzw. genauer das „koinon der Hellenen von Asia“ (Z. 24–5: κοινὸν τῶν ἐπὶ τῆς Ἀσίας Ἑλλήνων)[79] erwähnen. Im ersten Falle handelt es sich um ein Schreiben des asianischen Statthalters an das „koinon der Hellenen“, an Milet und acht weitere Poleis (Ephesos, Tralleis, Alabanda, Mylasa, Smyrna, Pergamon, Sar­deis, Adramyttion), die sich als Konventsvororte identifizieren lassen. Das zweite Dokument aus der ersten Hälfte des 1. Jh. v. Chr. bietet ein Ehrendekret für zwei Bürger der karischen civitas libera Aphrodisias, die sich insbesondere durch ihr Engagement gegenüber römischen Steuerpächtern (publicani) um das koinon verdient machten.

In der Inschrift aus Aphrodisias erscheint das dekretierende Organ ausdrücklich als von den „Hellenen in Asia“ zusammengesetzte Versammlung, die mittels ihrer Beamten, den πρόεδροι (Vorsitzenden) und dem γραματεύς (Schreiber) (Z. 1), und Gesandten als zur Führung von Verhandlungen und Prozessen befähigte Institution auftritt. Die Brüder Dionysios und Hierokles, Bürger von Aphrodisias und Tralleis (Z. 10–11), sollen als Gesandte im Namen des „koinon der Hellenen“ mehrmals dem rö­mischen Senat Beschlussfassungen vorgelegt und mehrere Prozesse geführt, letztlich „die wichtigsten Interessen der ethnē und demoi“ in ihrer Provinz (Z. 20–24: οἱ ἐν τῇ Ἀσίᾳ δῆμοι καὶ τὰ ἔθνη) vertreten haben. Daher sollen den beiden Aphrodisiensern auf Beschluss des koinon der Hellenen in Asia hin „bei dem jeweiligen demos oder ethnos, die sie selber auswählen, bronzene Standbilder aufgesetzt werden mit folgen­der Inschrift: Die demoi und ethnē von Asia haben geehrt Dionysios und Hierokles, Söhne des Jason, den Sohn des Skymnos, weil sie aufgrund ihrer Tugend die grössten Erfolge erzielten“ (Z. 27–30).

In diesen Textpassagen ist im Unterschied etwa zu den erhaltenen Anfangszeilen über die Auseinandersetzungen der Poleis und ethnē mit den publicani oder den Publikationsanweisungen des asianischen Statthalters in seinem Brief an das koinon der Hellenen (s. o.) nicht ausdrücklich die Rede von πόλεις, weder als Dedikanten noch als Aufstellungsorten von Bronzestatuen oder Kopien von Urkunden. Dagegen kann man mit D. Magie und Th. Drew-Bear einräumen,[80] dass die Poleis im Ehren­dekret aus Aphrodisias — wenn nicht wörtlich genannt — jeweils in der Formulie­rung δῆμοι enthalten bzw. gar synonymisch mit diesen waren. Im selben Text nämlich erscheinen einerseits Ephesos als Versammlungsort des koinon der Hellenen als πόλις (Z. 5) und andererseits der δῆμος der Aphrodisier (Z. 12) als Adressat eines Schrei­bens des koinon der Hellenen.

Auf wenig späteren Inschriften werden die Poleis ausdrücklich und separat neben ethnē und/oder demoi gereiht. Beispielsweise sind es πόλεις, ἔθνη und δῆμοι,[81] die im Jahre 48 v. Chr. eine Statuenbasis für C. Iulius Caesar dedizieren. [82] Auch der bereits erwähnte Statthalterbrief an das koinon bzw. die neun Poleis unterscheidet sachlich zwischen αἵ τε ἄλλαι πᾶσαι πόλεις καὶ δῆμοι (Z. 51–52). Die Gliederung der Provinz in „Poleis, Stämme (ethnē) und Gemeinden ( demoi)“[83] erscheint als stehende Formu­lierung auch in einem von den beiden Konsuln Gaius Furnius und Gaius Silanus im Jahre 17 v. Chr. aufgesetzten Zusatzparagraphen des Zollgesetzes von Ephesos. [84] Die nach Ausweis eines steuertechnischen Inventars flavischer Zeit den asianischen Kon­ventsvororten, stets Poleis, zugewiesenen Gemeinwesen, — es handelt sich um 66 auf dem Stein erhaltene Ethnika —, setzen sich ebenfalls aus Poleis, ethnē und demoi zu­sammen.[85] Gemäss C. Schuler wurden πόλεις, ἔθνη und δῆμοι „als von römischer Seite verfassungsmässig anerkannte Körperschaften innerhalb der Provinz Asia“ un­terschieden.[86]

Ganz gleich ob nun im Inschriftentext aus Aphrodisias mit den δῆμοι oder in der Bezeichnung „koinon der Hellenen von Asia“ die Poleis mitgemeint waren, so ändert dies nichts an der Tatsache, dass die Struktur der asianischen Landtagsorganisation zweigeteilt war in Poleis/(demoi) vs. ethnē bzw. Poleis vs. demoi/ethnē. Diese Auffas­sung wird unterstützt durch die Darstellung der Entstehungsphase des asianischen und bithynischen koinon beim kleinasiatischen Historiker aus dem 2./3. Jh. Cassius Dio. Nachdem nämlich Octavian im Jahre 29 v. Chr. den in Asia und Bithynia residieren­den Römern erlaubt hatte, jeweils in Ephesos und Nikaia Kulttempel zu Ehren des vergöttlichten Caesar und der Göttin Roma zu errichten, gestattete er den ‚Hellenen‘ in Asia und Bithynia, heilige Bezirke zu seiner eigenen Verehrung jeweils in Perga­mon und Nikomedeia einzurichten. An diese kultische Organisationsform sollen sich unter den nachfolgenden Kaisern nicht nur die Hellenen angeschlossen haben, „son­dern auch die anderen ethnē, die den Römern untertänig waren“.[87]

Der Darstellung Cassius Dios lassen sich nicht nur „limiti e concessioni differen­ziate per Greci e per Romani“, [88] sondern auch eine Unterscheidung innerhalb der peregrinen Provinzbevölkerung zwischen Hellenen und Nicht-Hellenen abgewin­nen.[89] Diese Unterscheidung veranschaulicht eine Textpassage beim Historiographen des 2. Jh. n. Chr. Appian. Demnach liess Marcus Antonius für eine Rede in Ephesos Delegiertengruppen (πρεσβεῖαι) der gesamten peregrinen Provinzbevölkerung, kon­kret „die Hellenen und die anderen ethnē, die Asien um Pergamon bewohnen“, ver­sammeln.[90] Damit kann entgegen der unlängst von J.-L. Ferrary vorgetragenen These (in Verbindung mit den ‚ koina der Hellenen‘ und daran geknüpften Amtstitulaturen πρῶτος Ἑλλήνων bzw. dem vom Forscher gänzlich übergangenen Ἑλληνάρχης/
Ἑλλαδάρχης) unter dem Begriff Ἕλληνες nicht „simplement ‚provinciaux‘“, also die Gesamtheit der peregrinen Provinzbevölkerung, verstanden werden. [91] Im Gegenteil waren nach dem von Appian und Cassius Dio dargestellten Modell an der Ausrich­tung des provinzialen Kaiserkults zumindest in der Anfangsphase zwei rechtlich unterschiedliche Rangklassen von Provinzbewohnern beteiligt, nämlich einerseits die Polisbürger, andererseits die ländliche Bevölkerung.[92] Nicht zufällig ist die Bezeich­nung ‚ koinon der Hellenen‘ aus zwei weiteren Provinzen frühen Gründungsdatums bekannt, den Provinzen Pontus-Bithynia und Moesia Inferior.

Wie bereits an anderer Stelle vermutet,[93] beinhaltet die Bezeichnung „koinon der Hellenen (in Asia)“ gegenüber der spätestens im Prinzipat geläufigen Wendung „koi­non von Asia“ einen exklusiven Aspekt der Landtagsorganisation: es wird zwischen Polisbürgern und Landbevölkerung unterschieden. Womöglich vertrat das ‚koinon der Hellenen‘ zwar die gesamte peregrine Provinzbevölkerung, setzte sich aber aus­schliesslich aus Polis-Delegierten zusammen. Dazu passt, dass Marcus Antonius seine erwähnte ephesische Rede ausschliesslich an die Hellenen adressierte (ᾦ ἄνδρες Ἕλληνες), so wie nur das ‚koinon der Hellenen von Asia‘, nicht etwa die Aneinander­reihung οἱ ἐν τῇ Ἀσίᾳ πόλεις/δῆμοι καὶ τὰ ἔθνη, als Adressat von Kaiser- und Statt­halterbriefen und als dekretierendes Organ auftritt. Wie dieser Rangunterschied in Landtagsbelangen konkret zum Ausdruck kam, ob etwa jeweils für Poleis und Land­gemeinden getrennte Sitzungen abgehalten wurden, oder ob die Polisvertreter über mehr Stimmen bzw. ländliche Gemeinden über gar keine Stimme verfügten, lässt sich der dürftigen und teils diffusen Quellenlage nicht entnehmen.

Der Rangunterschied zwischen Hellenen bzw. Poleis einerseits und ländlichen Gemeinden andererseits scheint im Laufe der Zeit verschwommen zu sein, zumal in der Kaiserzeit hauptsächlich vom ‚koinon von Asia‘ bzw. von ‚Asiarchen/Archiereis von Asia‘ als dessen Vertretern die Rede ist. Wenigstens in der Provinz Asia be­schränken sich die Zeugnisse des ‚koinon der Hellenen‘ auf den Zeitraum vor der erwähnten augusteischen Reform der Organisation des provinzialen Kaiserkults. Dies bedeutet jedoch nicht zwingend, dass dieses koinon bloss eine Vorstufe zum Gesamt­koinon von Asia bildete, denn Titulaturen wie ‚Erster der Hellenen‘ finden sich auch danach, etwa in der frühen Kaiserzeit.

Allerdings fällt im Vergleich mit den Zeugnissen aus Bithynia auf (s. u.), dass in Kontrast zu den über 200 nachgewiesenen Asiarchen und Hohepriesterinnen [94] in Asia bislang keine ‚Hellenarchen/Helladarchen‘ und ‚Erste der Hellenen‘ nur spärlich be­zeugt sind. An der Quellenlage kann es nicht liegen, da keiner der zahlreichen Asi­archen mit einem Hellenen-Titel versehen ist. Jedenfalls war der Unterschied zwischen Poleis bzw. Hellenen und ländlichen Gemeinden auch in anderen Regionen zumindest titular nicht nur ein vorübergehendes Phänomen der Frühphase der betref­fenden koina. Reminiszenzen dieses Rangunterschieds sind auch im ausgehenden Prinzipat fassbar, insofern etwa das ‚koinon der Hellenen in Bithynia‘ noch im 3. Jh. n. Chr. als Adressat eines Reskripts von Severus Alexander auftritt. [95] In Armenia Mi­nor geht das Amt des ‚Ersten der Hellenen und Ersten Armeniarchen‘ frühestens auf die flavische Zeit zurück (s. u.). Zudem reichen die Belege des ‚koinon der Hellenen‘ aus Moesia Inferior bis ins 2./3. Jh. n. Chr. Diese beziehen sich im speziellen Falle auf einen Bund (Hexapolis bzw. Pentapolis), der nur aus Poleis bestand (s. u.). Auch die Selbstbezeichnung des koinon der an Bithynia angegliederten Teilprovinz Pontus als ‚koinon der Poleis in Pontos‘ (κοινὸν τῶν ἐν Πόντῳ πόλεων)[96] markiert eine Exklusivität der Poleis gegenüber den restlichen Körperschaften dieses Raumes. [97]

2. Die Beamtentitel im koinon der Hellenen von Bithynia

Die Feingliederung des asianischen koinon in πόλεις, ἔθνη und δῆμοι ist für unsere Fragestellung insofern klärend, als das Distinktivum, das sich in der Verwendung der Hellenen-Titulatur ausdrückt, nicht direkt in der ethnisch-kulturellen Gegenüberstel­lung von Hellenen und Barbaren zu suchen, [98] sondern vielmehr an einem konkreten institutionellen Rahmen, nämlich dem Unterschied Polis vs. Nicht-Polis, festzu­machen ist. Diese Bipolarität lässt sich gleichsam an den Zeugnissen aus Bithynia ablesen. Die Gegenüberstellung von πόλεις einerseits und ἔθνη/δῆμοι andererseits innerhalb des Landtagssystems kommt in den Titulaturen von hohen Amtsträgern des bithynischen koinon zum Ausdruck.

Bezeichnungen der höchsten Funktionäre des Landtags der Teilprovinz Bithynia sind in mehreren Formen überliefert, die jedoch nicht immer ein und dieselbe Funk­tion wiedergeben. Als gängigste Amtsbezeichnung für den Vorsitzenden des umfas­senden Landtags der Eparchie Bithynia erscheint ‚Bithyniarch‘ (Βιθυνιάρχης)[99], seltener, in umschreibender Form ‚Archon der Eparchie‘ (ἄρχων τῆς ἐπαρχείας), [100] der nach Amtsablauf ehrenhalber als „(ehemaliger) Inhaber des höchsten Amtes der Landtagsversammlung“[101] betitelt wurde.

Auf einigen Inschriften ist auch von einem „Vorsitzenden des koinon der Hellenen in Bithynia“ (ἄρχων τοῦ κοινοῦ τῶν ἐν Βιθυνίᾳ Ἑλλήνων) [102] die Rede. W. Ameling deutet die Funktion als äquivalent zur Bithyniarchie, gewissermassen als ihre aus­führliche Titelvariante, mithin die Bezeichnung κοινὸν τῶν ἐν Βιθυνίᾳ Ἑλλήνων als ‚offiziellen Titel des Landtages‘. [103] Allein, die Titulatur taucht bisher nirgends in Kombination mit dem Bithyniarchen-Titel auf, und die beiden Bezeichnungen sind auch nicht als synonyme Titelvarianten nachgewiesen. Daher lässt sich weder eine strikte Unterscheidung noch eine Äquivalenz der Ämter mit Gewissheit festlegen.[104] Handelt es sich beim Vorsitz im koinon der Hellenen um ein von der Bithyniarchie losgelöstes Amt innerhalb des Landtagssystems, oder betrifft er nur eine Teilfunktion der Bithyniarchie, so wie etwa das Amt des Oberpriesters, des Archiereus von Asia, eine Teilfunktion der Asiarchie darstellte?[105]

Aufgrund des Wortlauts der Amtsbezeichnung ‚Vorsitzender des koinon der Hellenen in Bithynia‘ scheint es naheliegender, diese als umschreibende Version des Titels Helladarches (Ἑλλαδάρχης) bzw. Hellenarches (Ἑλληνάρχης), [106] also wörtlich ‚Anführer bzw. Vorsteher von Hellas/der Hellenen‘, zu deuten. Ähnliche Umschrei­bungen des Helladarchen-Titels kennen wir beispielsweise aus kaiserzeitlichen Sta­tuenweihungen des achäischen Bundes für die entsprechenden Funktionäre, etwa in der Form ἄρξαντα τοῖς Ἕλλησι συνφερόντως (IvO 448, Z. 4–6; für weitere Belege
s. u.).

Die Amtsbezeichnung Ἑλληνάρχης/Ἑλλαδάρχης in Bithynia taucht oft in Kombination mit dem Amtstitel Βιθυνιάρχης auf[107] und kann daher nicht dieselbe Funktion bezeichnen. [108] So rühmte sich etwa T. Flavius Domitianus Nestor als „von Geschlecht aus unübertrefflicher Hellenarch und von Hohepriestern und Bithyni­archen abstammend“.[109] In diesem Falle ist die Scheidung von Hellenarchen- und Bithyniarchenamt nicht von der Hand zu weisen. In der Provinz Galatia erscheint die Funktion des Helladarchen ausdrücklich als eigenständiges Amt neben dem des Archiereus, des Oberpriesters des provinzialen Kaiserkults (s. u.). Die Begriffsbildung Ἑλλαδ-άρχης bzw. Ἑλλην-άρχης entspricht derjenigen der Titel der Vorsitzenden des Landtags, etwa der Bithyni-archen oder Galat-archen. [110] Das Amt kann also innerhalb der Landtagsorganisation nicht denselben Bevölkerungsteil anbelangt haben, sondern dürfte sich nur auf die Poleis bezogen haben.[111]

Ebenso wenig kann der seltenere Amtstitel πρῶτος Ἑλλήνων (‚Erster der Helle­nen‘) unter die „verschiedenen Ausdrücke für dasselbe Amt, den Leiter des Landtages in Bithynien [i. e. den Bithyniarchen]“,[112] gerechnet werden. Denn auf einer Grabstele aus Klaudioupolis folgt der Titel unmittelbar auf die Nennung des Bithyniarchen­amtes als Titelvariante der Helladarchie. Der Versinschrift für den jung verstorbenen Chrysogonos zufolge tat sich dieser „besonders Ausgezeichnete und Freund der Kai­ser“ in aufsteigender Reihenfolge vor allem als πρῶτος ἐν πάτρῃ καὶ ἔθνει Βιθυνίδος ἀρχῆς, πρῶτος ἐν Ἕλλησιν[113] hervor. Hier stehen mehrere Titel eines „Ersten“ neben­einander, die alle bestimmte Ämter umschreiben. Während nämlich πρῶτος ἐν πάτρῃ dem höchsten Archontenamt in der Heimatpolis (ἄρχων τῆς πατρίδος) entspricht, meinen πρῶτος ἐν ἔθνει Βιθυνίδος ἀρχῆς (‚Erster des ethnos des bithynischen Herr­schaftsgebiets [i. e. der Eparchie Bithynia]‘) und πρῶτος ἐν Ἕλλησιν (‚Erster unter den Hellenen‘) jeweils die Ämter des Bithyniarchen und Helladarchen. [114] In Anbe­tracht dieser Zeugnislage schliessen wir uns der Ansicht Mareks an, dass auch der eingangs erwähnte Titel ‚Vorsitzender des koinon der Hellenen in Bithynia‘ als gleichbedeutend zu ‚Hellenarches/Helladarches‘ bzw. ‚Erster der Hellenen/bei den Hellenen‘ zu verstehen ist, und „nicht dasselbe meint wie Bithyniarches bzw. Ober­priester“.[115]

Wenn wir unsere Beobachtungen zur Bedeutung und Funktion der Hellenen-Titulatur in Verbindung mit Landtagsbeamten gleichsam auf die eingangs erwähnten Titulaturen von Poleis übertragen, lässt sich folgende Vermutung anstellen: Titu­la­turen wie ‚erste (Polis) von Hellas‘ im Falle von Sardeis und Tralleis drücken eine mit den entsprechenden Amtstiteln vergleichbare Sonderstellung aus,[116] wie etwa die Funktion als Landtagssitz bzw. Austragungsort von Festspielen des koinon.[117] Dieser Zusammenhang geht wenigstens aus der Verbindung von Bild und Text in der Münz­prägung von Tralleis hervor (s. o. Abb. 3). [118]

3. Moesia Inferior

Die der Hellenen-Titulatur zugrundeliegende institutionelle Gegenüberstellung Hellenen vs. Nicht-Hellenen im Sinne von Polisbürger vs. Nicht-Polisbürger könnte auch auf das linkspontische koinon zutreffen. Dessen Mitglieder hoben sich als Poleis innerhalb der Provinz Moesia Inferior nicht nur von der Landbevölkerung ab, sondern als umfassende Städteorganisation von den nach römischem Modell als municipia eingerichteten Stadtwesen im Landesinneren. Die eingangs geschilderte ‚hellenische‘ Identitätsbekundung von Istros an der westlichen Schwarzmeerküste geht spätestens auf die Mitte des 1. Jh. n. Chr. zurück, als der Provinzstatthalter sein Schreiben an die ἀρχέα πόλις καὶ Ἑλληνίς (alte und hellenische Polis) adressierte.[119] Istros war Glied­polis des sogenannten „linkspontischen koinon“, [120] das auch unter dem Namen Hexa­polis bzw. Pentapolis den Grossteil des Küstenstreifens der Provinz Moesia Inferior einnahm.[121]

In diesem speziellen Falle gleichbedeutend bzw. territorial deckungsgleich mit dem κοινὸν τῆς Πενταπόλεως erscheint in einem Text die Bezeichnung κοινὸν τῶν Ἑλλήνων.[122] Die Bezeichnung ausgedienter Archonten, vielleicht Pontarchen, lautet ἄρξας τοῦ κοινοῦ τῶν Ἑλλήνων τὴν πρώτην ἀρχήν bzw. ἄρξας τοῦ κοινοῦ τῆς Πεντα­πόλεως.[123] Hingegen ist der Helladarchen-Titel auf der Basis der vergleichs­weise dürftigen Quellenlage für Amtsträger des linkspontischen koinon bislang nicht be­zeugt.

Im Rahmen einer Konföderation der ‚Hellenen‘ bzw. ‚hellenischer‘ Poleis also, und nicht etwa aufgrund einer besonderen Abstammungslegende, könnte die Titulatur der Istrier zu verstehen sein. Die Organisation des Kaiserkults in der Provinz fusste dementsprechend auf zwei sich gegenseitig ausschliessenden Landtagssystemen: nämlich einerseits einem eigentlichen Provinziallandtag, dem hauptsächlich von in­ländischen municipia und römischen Bürgerkolonien formierten concilium provinciae Moesiae Inferioris, an dem die Poleis nicht teilnahmen, [124] und andererseits dem Zusammenschluss der sechs (bzw. ab ca. 202 n. Chr. fünf) ‚hellenischen‘ Poleis (Istros, Tomis, Kallatis, Dionysopolis, Odessos, [Mesambria/Apollonia?]). Am linken Schwarzmeerufer waren also in derselben provincia zwei Städtebünde anscheinend nach institutionellen Merkmalen vereint und schlossen sich zugleich gegenseitig aus. Dabei wurden als Mitglieder jeweils Poleis von municipia unterschieden.

4. Galatia

So wie in Bithynia taucht der Titel des Helladarchen auch in Titulaturen von Oberpriestern des provinzialen Kaiserkults in der um 25/24 v. Chr. von Augustus geschaffenen, südöstlich an dieses anstossenden Provinz Galatia auf. Ulpius Aelius Pompeianus wird auf einer Statuenweihung der Techniten des Dionysos in seinen Funktionen als Helladarch und Archiereus geehrt,[125] weil er den von Kaiser Hadrian gestifteten mystischen Agon in der Metropolis Ankyra grosszügig mit eigenen Mitteln einrichtet und sich um jedes Detail der Mysterienfeiern persönlich gekümmert hatte. Das Datum der Statuenweihung, unmittelbar auf das Jahr der Festlichkeiten folgend, ergibt sich aus dem ausführlichen Beschlusstext auf der rechten Seite der Statuen­basis.[126] Die Datierungsformel führt alle beteiligten Amtsträger an. Aus dieser geht klar hervor, dass die Funktion des Helladarchen einem regulären Amt, womöglich einem Jahresamt, entsprach, das der Geehrte gleichzeitig zum Archiereus Memmius im Jahre des mystischen Agons und der Beschlussfassung führte. Die Errichtung der Statue erfolgte nach Ausweis des kürzeren Dedikationstextes auf der Vorderseite der Basis (s. o.) ein Jahr später, als der Geehrte nunmehr selber das Amt des Archiereus bekleidete und offensichtlich ein weiteres Mal als Helladarch amtierte, wobei die Helladarchie der Archierosyne vorangestellt erscheint.[127] Im selben Zeitraum wird Ulpius Aelius Pompeianus auch von der dritten Phyle der Menorizeiten geehrt, weil er „das Helladarchenamt in freigiebiger Weise führte“.[128] Nutzniesser der Amtstätigkeit des Helladarchen waren aufgrund der bisher bekannten Belege also vornehmlich städtische Einrichtungen.

Allerdings lässt sich aufgrund der Bezeugungen galatischer Helladarchen die von B. Puech auch im Falle der bithynischen Funktionäre postulierte Identität mit den je­weiligen Landtagsvorsitzenden, den Bithyniarchen und Galatarchen, nicht beweisen. Denn weder aus den Textzusammenhängen mit Nennung von Helladarchen noch aus den zahlreichen Erwähnungen von Galatarchen[129] geht zwingend hervor, dass die Helladarchie keine eigenständige Amtsfunktion, sondern bloss eine ausgefallene Be­zeichnungsvariante der Galatarchie war. Im Gegenteil erscheint die Galatarchie etwa in den Ämterlaufbahnen gemäss einem festgesetzten Formular in absteigender Rei­henfolge stets unmittelbar nach der provinzialen Oberpriesterschaft und noch vor dem Amt des Sebastophanten (ἀρχιερεὺς τοῦ κοινοῦ τῶν Γαλατῶν — Γαλατάρχης — σεβαστοφάντης), während die Helladarchie und der Titel πρῶτος Ἑλλήνων jeweils an erster Stelle stehen (s. u.).

Ein weiterer Archiereus des provinzialen Kaiserkults wird um die Mitte des 2. Jh. n. Chr. in Ankyra, so wie der Bithyniarch Chrysogonos aus dem bithynischen Klaudi­oupolis (s. o.), als „Erster der Hellenen“ (πρῶτος Ἑλλήνων) gerühmt. Es handelt sich dabei um zwei Ehreninschriften der zweiten ankyranischen Phyle Pakalene für C. Iulius Severus, der als überaus freigiebiger Exponent der Poliselite zahlreiche Spenden und Liturgien, d.h. spezielle Leistungen für das Gemeinwohl, übernommen und höchste Ämter sowohl auf städtischer wie auch auf Landtagsebene bekleidet hatte. Sein Titel πρῶτος Ἑλλήνων erscheint in der absteigenden Laufbahnbeschrei­bung gleich an erster Stelle nach der ausführlichen königlichen Genealogie und unmittelbar vor seiner Funktion als Archiereus.[130] Der Titel verweist, so wie die Helladarchie, auf eine besonders prominente Stellung des Geehrten und dürfte gleich wie in Bithynia dem Helladarchen-Titel entsprechen oder wenigstens ausgediente Helladarchen ehrenhalber bezeichnen. Nichts aber deutet zwingend darauf hin, dass der Titel bloss in Nachahmung der gleichlautenden Titel aus Asia und Bithynia über­nommen wurde. [131] Im Gegenteil verweist die Tatsache, dass die Helladarchie in Galatia als Amt ausgeübt wurde, auf eine entsprechende Organisation von ‚Hellenen‘.

Auch im Falle der Ehrungen von C. Iulius Severus deutet das besondere Profil der Dedikanten — es sind wiederum städtische Phylen — auf die enge Anbindung der beiden Hellenen-Titulaturen an die Polis. Der Umstand aber, dass in den erhaltenen Inschriftentexten die Hellenen-Titulaturen stets in Kombination mit dem Amt des Archiereus auftauchen, legt nahe, dass Titel wie ‚Helladarch‘ oder ‚Erster der Helle­nen‘ nicht bloss städtische Funktionen, sondern eine Amtstätigkeit bezeichnete, die sich, so wie die Oberpriesterschaft, auf der Ebene des provinzialen Landtags ab­spielte. Entgegen C. E. Boschs Ansicht kann der Titel ‚Erster der Hellenen‘ aber nicht identisch sein mit ähnlich lautenden Auszeichnungen wie etwa ‚Erster der Eparchie‘ bzw. ‚Erster des Ethnos‘.[132] Während nämlich diese Titulaturen durch die ausdrück­liche Kennzeichnung eines territorialen Bezugsrahmens, nämlich Eparchie/Ethnos, die Gesamtheit der Provinzbewohner ins Auge fassen, markiert ‚Erster der Hellenen‘ einen exklusiven Teil der Provinzbewohner. Allerdings ist im Unterschied zu Bithynia, Asia und Moesia Inferior neben den verschiedenen bekannten Selbstbe­zeichnungen des galatischen koinon — κοινὸν τῶν Γαλατῶν („koinon der Galater“), κοινὸν (τῆς) Γαλατίας („koinon von Galatia“), κοινὸν τῶν Σεβαστηνῶν Γαλατῶν („koinon der Augusteischen Galater“) — noch kein ‚koinon der Hellenen in Galatia‘ wörtlich bezeugt, obschon das entsprechende Amt des Vorsitzenden, des Helladar­chen, so wie im Falle Bithynias, existierte. Das Fehlen eines Zeugnisses für ein so bezeichnetes koinon kann durchaus der Quellenlage zugeschrieben werden.

Die Einrichtung der Helladarchie als eines neben der Galatarchie und der Archierosyne obersten Amtes im Landtagssystem der Provinz Galatia dürfte im Zuge der Umwandlung der drei ehemaligen Stammesvororte Ankyra, Pessinous und Tavion zu Polisterritorien erfolgt sein. Womöglich bedingte die Herausbildung der frühesten bezeugten Organisationsform des galatischen koinon, nämlich des κοινὸν τῶν Σεβασ­τηνῶν Γαλατῶν, die Schaffung der Helladarchie. Der kaiserliche Beiname Sebastos (bzw. im Lateinischen Augustus) geht auf den gemeinsamen städtischen Beinamen der drei ehemaligen Stammesvororte (Sebastenoi Tolistobogioi Pessinountioi, Sebas­tenoi Tektosagoi Ankyranoi, Sebastenoi Trokmoi Tavianoi ) zurück, den ausser diesen bisher keine weitere Polis Galatias vorweist. Aufgrund seiner speziellen Namensform also scheint das κοινὸν τῶν Σεβαστηνῶν Γαλατῶν ursprünglich nur die drei neu formierten Polisterritorien umfasst, mithin nur Polisbürger vertreten zu haben. [133] Ebenso dürften die ‚Hellenen‘ der Provinz Galatia, so wie in den anderen Provinzen, allgemein mit Polisbürgern gleichzusetzen sein. Jedenfalls deutet das Auftauchen der Hellenen-Titulaturen in Galatia darauf hin, dass auch das galatische koinon anfangs zweigeteilt war in ‚Galater‘ und ‚Hellenen‘ auftrat.[134]

5. Armenia Minor

Auch in Armenia Minor ist der Titel πρῶτος Ἑλλήνων bezeugt. So wie in Galatia legen bisher nur Titulaturen hoher Amtsträger des provinzialen Landtags, des „koinon von Armenia“, eine Zweiteilung des Landtagssystems nahe; ein ‚koinon der Hellenen von Armenia Minor‘ lässt sich beim derzeitigen Quellenstand nicht namentlich nach­weisen.

In Armenia Minor setzte die Einrichtung eines koinon im Namen der unter Kaiser Vespasian neu formierten Eparchie fast ein Jahrhundert später als in Galatia ein. Das von Kaiser Nero um 54/55 n. Chr. Aristobulos zugesprochene Königreich Kleinarme­nien wurde zwischen 70–72 wieder dem römischen Provinzverband Kappadokiens zugeschlagen.[135] Die letzten bekannten Münzen im Namen von Aristobulos prägte in seinem 17. Regierungsjahr (70/71 n. Chr.) das ehemals von Pompeius Magnus als Veteranensiedlung und Hauptort Kleinarmeniens gegründete Nikopolis. [136] Diese Zeit­stellung bestätigt eine Münzprägung, die auf der Vorderseite das 17. Regierungsjahr Trajans, also das Jahr 113/114 n. Chr., und rückseitig ein lokales „Jahr 43“ im Namen des „koinon von Armenia“ (ΚΟΙΝΟΝ ΑΡΜΕΝΙΑϹ ΕΤΟΥϹ ΜΓ) anführt. [137] Als Ausgangspunkt der Jahreszählung des armenischen koinon ergibt sich somit das Jahr 71/72 n. Chr.[138] Dem Gründungsjahr des armenischen Landtags lag also die Befreiung von dynastischer Herrschaft zugrunde.[139] Der Zusammenschluss des armenischen koi­non erfolgte gleich bei der Provinzeingliederung.[140] Die Münzlegende ist bisher die einzige wörtliche Bezeugung des Landtags von Armenia Minor.

In die Frühphase des koinon dürfte die bislang einzige Erwähnung der Titulatur „Erster der Hellenen und erster Armeniarch“ auf der Ehreninschrift für Iulius Patro­ninus gehören: Ἰούλιον Πατρο⎜νεῖνον πρῶ⎜τον τῶν Ἑλλή⎜νων καὶ πρῶ⎜τον Ἀρμενι⎜άρχην ⎜ ἡ πατρίς, ἐπιμεληθέν⎜τος Ἰουλίου ⎜ - - -. [141] Iulius Patroninus war vermutlich der erste Armeniarch im Amt. Bemerkenswerterweise erscheint der Hellenen-Titel auch auf dieser Inschrift in einem Zug mit dem Landtagsvorsitz, steht aber nicht synonymisch dazu. Der Bezugsrahmen beider Ämter ist das kleinarme­nische koinon. Die Ehrung für Iulius Patroninus stammt aus Nikopolis, das spätestens unter Antoninus Pius „Metropolis von Armenia“ und unter Gordian III. zweifach neokoros war, d.h. die offizielle Auszeichnung zweier städtischer Tempel für den als provinzweit anerkannten Kaiserkult beanspruchte.[142]

Die Aneinanderreihung beider Ämter in Personalunion deutet auch im Falle Armenia Minor auf eine Zweiteilung der Landtagsorganisation in Polisbürger einer­seits und ländliche Bevölkerung ohne Politenstatus andererseits. Letztere dürfte den Grossteil des Eparchieterritoriums eingenommen haben, denn ausser Nikopolis lassen sich nur noch die bei Truppenlagern angelegten Daskousa und Satala als namhafte Siedlungen etwa bei Claudius Ptolemaios fassen. [143] Deren Polisstatus lässt sich aller­dings für die Zeit vor dem 3. Jh. n. Chr. nicht mit Sicherheit nachweisen.[144]

Jedenfalls zerfiel der kleinarmenische Boden nicht lückenlos in Polisterritorien, sondern gemäss Plinius d. Ä. hauptsächlich in Landschaftsdistrikte, sog. Strategien.[145] Die aus der Königszeit überkommene Territorialordnung nach Landschaftsdistrikten lässt sich in den Provinzen jenseits des Halys noch bis in die hohe Kaiserzeit hinein verfolgen, wie etwa im Falle Paphlagonias oder des inländischen Pontos. [146] Insbeson­dere das Ordnungsprinzip nach Strategien hält noch Claudius Ptolemaios im 2. Jh. n. Chr. für Cappadocia fest.[147] Die These eines zweipoligen Landtagssystems, bestehend aus einem „ koinon der Hellenen von Armenia“ ausschliesslich für Polisbürger und einem „koinon von Armenia“ für alle peregrinen Provinzialen, spiegelt auch in diesem Falle die Territorialstruktur wider.

6. Achaia

Prominent taucht die Helladarchie als lebenslanges (διὰ βίου) Amt auf zahlreichen Inschriften des Mutterlands Hellas bzw. der Provinz Achaia auf. Es sind vergleichs­weise die meisten Bezeugungen dieses Titels reichsweit. Jedoch im Gegensatz zu den übrigen griechischsprachigen Provinzen findet sich der Titel nicht direkt im Rahmen des provinzialen Kaiserkults. Denn die Bewohner der Provinz Achaia bzw. Hellas verfügten im Vergleich mit den östlicheren Provinzen offiziell über keinen umfassen­den zentralen Provinziallandtag, sondern pflegten weiterhin die aus klassischer und hellenistischer Zeit tradierten regionalen Bundesorganisationen.[148]

Zwei davon, das im angehenden 3. Jh. v. Chr. als politisch-militärischer Bundes­staat erneut formierte achäische koinon[149] und die delphische Amphiktyonie, ein aus ἔθνη καὶ πόλεις, also Regionalbünden und einzelnen Poleis,[150] gebildeter Sakralbund aus dem 7/6. Jh. v. Chr., [151] weisen das Helladarchenamt seit der Regierungszeit von Kaiser Hadrian auf. Das Amt wurde von diesem Kaiser in Griechenland als Neuerung in der Zeit zwischen 125–128 bzw. 128–132 n. Chr. eingerichtet.[152] Die Helladarchie präsentiert sich im achäischen koinon, das in der ausgehenden Republik aus rund 60 Poleis bestand, als eine in Personalunion mit der Oberpriesterschaft über die gesamte Provinz Achaia ausgeübte Funktion;[153] in der delphischen Amphiktyonie ist die genaue Amtsfunktion noch unklar.[154]

Beide Bünde deckten in teils territorialer Überschneidung mindestens das gesamte Territorium der Provinz Achaia ab. [155] Während der achäische Bund hauptsächlich Mitglieder aus der Peloponnes, also innerhalb der Provinz, umfasste, setzte sich der delphische Bund aus Kultgenossen, Amphiktyonen, zusammen, die ganz Zentral­griechenland einschliesslich dem im συνέδριον an Stimmen stärksten ἔθνος der Thessaler vertraten.[156] Wie J. H. Oliver zu bedenken gibt, [157] gehörte aber Thessalien wenigstens bis 27 v. Chr. und erneut im 2. Jh. n. Chr. nicht zum Provinzterritorium Achaias, sondern zu Macedonia,[158] das in einem eigenen, von Oberpriestern und Makedoniarchen geleiteten Provinziallandtag, dem κοινὸν Μακεδόνων, organisiert war.[159]

Die Makedonen waren im Gegensatz zu den ihrer Provinz angehörenden Thessalern in der delphischen Amphiktyonie als ἔθνος keine formellen Mitglieder, sondern nur indirekt über die Beteiligung ihres Königs bzw. seit der Einrichtung der Provinz Macedonia gar nicht mehr in dieser eingebunden.[160] Erst infolge einer Reform Hadrians wurden auch sie unter die Mitgliedstaaten aufgenommen, [161] damit es eine gemeinsame Versammlung aller Hellenen gäbe (ἵ̣να ᾖ κοινὸν πάντ[ω]ν τῶν Ἑλλήνων τὸ συνέ⎜δρ[ι]ον).[162] Folglich vereinte die delphische Ampiktyonie unter der römischen Provinzialherrschaft stets Mitglieder aus zwei verschiedenen Provinzen. In diesem Falle kann also unter ‚Hellenen‘ bzw. ‚Hellas‘ in der Helladarchentitulatur nicht im engeren Sinne die Provinzbevölkerung Achaias gemeint sein. Vielmehr han­delt es sich um eine von Hadrians „vocation panhellénique“ [163] geprägte, aus klassi­scher Zeit überkommene ideologisch konstruierte Ausdehnung des Konzeptes von „Old Hellas“.[164] Dass dabei ein seit der Frühphase der Bundesorganisation ver­ankerter ‚panhellenischer‘ Gedanke mitspielte, wie teils die ältere Forschung voraussetzt,[165] ist zweifelhaft. Denn wie F. Lefèvre anhand mehrerer Inschriften zu bedenken gibt, unterschieden die Amphiktyonen selbst zwischen „Amphiktyonen“ und „den anderen Hellenen“,[166] konkret also zwischen Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern. [167]

Anders präsentiert sich die Verwendung des Titels im achäischen Bund. Während der Bundesbeamte der delphischen Amphiktyonie kurzerhand als Ἑλλαδάρχας ἀμφικ­τυόνων fungierte, ist der Titel des achäischen Bundesbeamten länger. Auf einer Ehreninschrift aus Messene lautet er etwa Ἑλλαδάρχης ἀπὸ τοῦ κοινοῦ τῶν Ἀχαιῶν.[168] Vollständig erscheint der Titel auf einer spartanischen Ehrung in der Form Ἑλλαδάρχης τῶν Ἑλλήνων ἀπὸ τοῦ κοινοῦ τῶν Ἀχαιῶν, also wörtlich „Anführer von Hellas der Hellenen vom koinon der Achaier“. [169] Periphrastische Formen der Titulatur für ausgediente Funktionäre liefern Statuenweihungen aus Messene (συνφερόντως ἄρξαντα τῆς Ἑλλάδος) und Olympia (ἄρξαντα τοῖς Ἕλλησι συνφερόντως),[170] in denen stets ‚Hellas‘ bzw. die ‚Hellenen‘ als Referenzrahmen erscheinen.

So wie die delphischen Amphiktyonen reklamierten die Gliedpoleis des achäi­schen Bundes ‚Hellas‘ als ihren bundesstaatlichen Erstreckungsbereich. Damit aber war nicht genau dasselbe Territorium gemeint. Durch Formulierungen wie „Pan­achaier“[171] bzw. „Panhellenen“[172] beanspruchte die Bundesorganisation seit der Pro­vinzeinrichtung, die gesamte Provinz Achaia zu vertreten.[173] So stilisiert sich etwa C. Iulius Spartiaticus, frühest nachweisbarer Archiereus im achäischen koinon, stilisierte sich auf seiner Statuenbasis als ἀρχιερεὺς θεῶν Σεβαστῶν καὶ γένους Σεβαστῶν ἐκ τοῦ κοινοῦ τῆς Ἀχαίας διὰ βίου,[174] wobei in Abweichung zum üblichen Titulatu­renformular als Referenzbereich des koinon nicht das Ethnikon, die Achaier (τῶν Ἀχαιῶν), sondern der Gebietsname Achaia (τῆς Ἀχαίας) angegeben wurde. Damit kann nur die so bezeichnete Provinz gemeint sein.[175] Ein provinzialer Kaiserkult der „Hellenen von Hellas“ wurde also von den Archiereis des achäischen Bundes ausge­richtet, die seit Hadrian in Personalunion die Helladarchie übernahmen: eine korin­thische Inschrift ehrt Cn. Cornelius Pulcher, den frühest bekannten Helladarchen als „Oberpriester von Hellas und Helladarch auf Lebenszeit (auf Beschluss) der Ver­sammlung des Koinons der Achaier“ (ἀρχιερ[έα] τῆς Ἑλλάδος καὶ Ἑλλαδάρχην ἀπὸ τοῦ κοινοῦ τῶν Ἀχαιῶν συ[νεδ]ρίου διὰ βίου) [176]. Sein Nachfolger, T. Statilius Timokrates Memmianus, war nach Ausweis einer Inschrift aus Argos Ἑλλαδάρχας καὶ ἀρχιερεὺς διὰ βίου τῶν Ἑλλάνων.[177] Unter Marcus Aurelius weihen die ‚Helle­nen‘ dem Kaiser eine Statue unter dem ἀρχιερεὺς αὐτῶν διὰ βίου καὶ Ἑλλαδάρχης ἀπὸ τοῦ κοινοῦ τῶν Ἀχαιῶν.[178]

In diesen Belegen drücken die Bezeichnungen ‚Achaia‘, ‚Hellas‘, ‚Hellenen‘ den­selben Sachverhalt aus, nämlich den Ausdehnungsbereich der Provinz Achaia. Die Gebietsnamen ‚Hellas‘ und ‚Achaia‘ werden synonymisch verwendet, wie in den von Corsten angezeigten Titulaturen von Statthaltern Achaias (s. o.). Demgegenüber kann das Namenselement Ἑλλαδ- („von Hellas“) der Titulatur Ἑλλαδάρχης nicht die Pro­vinzbevölkerung Achaias in spezifischem Sinn meinen. Dagegen spricht im Vergleich mit den Bezeugungen des Titels aus Bithynia, Galatia und Tanais die Redundanz in der Formulierung Ἑλλαδάρχης τῶν Ἑλλήνων auf der spartanischen Ehreninschrift. Offenbar legte man Wert auf die Präzisierung, da der blosse Titel ‚Anführer von Hellas‘ trotz des Wortlauts nicht aussagekräftig genug gewesen wäre. Ἑλλαδάρχης war also kein eigens auf Achaia zugeschnittener, sondern ein in anderen Provinzen seit längerem gängiger Amtstitel. Daher ist J. H. Olivers These, dass die Helladarchie gewissermassen als ἔθνους ἱερωσύνη (s. o. Modestinus) in bewusster Nachahmung priesterlicher Landtagsvorsitze anderer Provinzen, namentlich als „Analogiebildung“ zum Asiarches, entstanden sei, abzulehnen. [179]

Im Gegensatz zu den Beispielen aus den anderen östlichen Provinzen liegt der Einführung und Verwendung der Hellenentitulatur in Hellas keine Rangunterschei­dung zwischen Polis- und Landbevölkerung zugrunde; weder im achäischen Bund noch in der delphischen Amphiktyonie kommt eine eigentliche ‚politische‘ Hellenizi­täts-Konstruktion, civic identity, direkt zum Tragen. Aber in beiden Fällen stimmt die Bezeichnung ‚Hellenes‘/‚Hellas‘ hauptsächlich mit den Bundesmitgliedern überein, die im spezifischen Falle des achäischen Bundesstaats über ein gemeinsames Bürger­recht verfügten. [180] Wie in den anderen Fallbeispielen entfallen ethnokulturelle Dis­tinktiva.

7. Macedonia

Ein epigraphischer Neufund aus der antiken makedonischen Landschaft Mygdonia im NO des Hauptsitzes der Provinzialverwaltung, Thessalonike, bezeugt erstmalig für Macedonia einen „Ersten der Hellenen der Eparchie“. Es handelt sich um Aelius bzw. Iulius Nikopolianus, der von seinem Sklaven Zosimos auf einem fast vollständig erhaltenen Büstensockel geehrt wird:[181] [Αἴ/Ἰού?]λιον Νικοπολιανὸν ⎜ τὸν σύνεδρον καὶ πρῶ̣⎜τον Ἑλλήνων τῆς ἐπαρχείου[182] vac. Ζώσιμος δοῦ⎜λος πραγματευτὴς ⎜ τὸν ἴδιον δεσπότην ⎜ εὐνοίας ἕνεκεν („Aelius/Iulius Nikopolianus den Synedros und Ersten der Hellenen der Provinz, den eigenen Herren, ehrt Zosimos, Sklave und Guts­verwalter, wegen seines Wohlwollens“).

Auffällig an den aufgeführten Laufbahnetappen des Geehrten ist ihre Kombi­nation: Nikopolianus war, höchstwahrscheinlich in aufsteigender Reihenfolge, σύνεδρος, also Mitglied einer Ratsversammlung, und in offenbar prominenter Position πρῶτος Ἑλλήνων τῆς ἐπαρχείας. Im Vergleich mit den Bezeugungen des gleichen Titels aus Asia, Armenia Minor, Bithynia und Galatia, wo er stets in Kombination mit den höchsten Funktionen des jeweiligen koinon erscheint, fehlt hier der Titel des Makedoniarchen, Agonotheten oder Oberpriesters des provinzialen Kaiserkults. [183] Stattdessen hatte der Geehrte als σύνεδρος in Verbindung mit der provinzialen Landtagsorganisation ein weiteres hohes Amt inne. Er war demnach Mitglied des Kollegiums, das seit der administrativen Aufteilung der Provinz um 147 v. Chr. die vier aus der Königszeit überkommenen und als Münzprägedistrikte noch bis ins 1. Jh. v. Chr. tätigen μερίδες vertrat. Diese verwaltungsmässigen Gebietsunter­teilungen waren nach dem 3. Makedonischen Krieg (168/67 v. Chr.) um die städtischen Zentren Amphipolis, Thessalonike, Pella und Herakleia Lykou formiert. [184] Das Kollegium der σύνεδροι erscheint fast ausschliesslich auf Inschriften des Landtagshauptsitzes Beroia als beschlussfassendes Organ und Dedikant zahlreicher Ehrungen für höchste Landtagsbeamte.

Die Formulierung des Titels πρῶτος Ἑλλήνων τῆς ἐπαρχείας steht in Kontrast zur Wendung „Erster der Eparchie“ (πρῶτος τῆς ἐπαρχείας bzw. τοῦ ἔθνους), die fast ausschliesslich in Verknüpfung mit dem Landtagsvorsitz, dem Makedoniarchen-Titel, bezeugt ist.[185] Zumindest deutet die Ämterkombination von Nikopolianus darauf hin, dass πρῶτος Ἑλλήνων eine vom Landtagsvorsitz unabhängige Funktion beinhaltete. Eine institutionelle Scheidung zwischen zwei verschiedenen Organen für Poleis einer­seits und Landgemeinden andererseits ist auch im Landtag der Provinz Macedonia ohne weiteres denkbar, auch wenn bislang wörtliche Bezeugungen eines κοινὸν τῶν ἐν Μακεδονίᾳ Ἑλλήνων noch ausstehen. [186]

So wie in den kleinasiatischen Provinzen bietet auch die Territorialordnung Mace­donias den geeigneten Boden für eine Feingliederung der Landtagsorganisation nach unterschiedlichen verfassungsmässigen Körperschaften. Neben Poleis umfasste insbe­sondere das obermakedonische Bergland stammesähnliche Körperschaften, nämlich die aus mehreren sog. πολιτεῖαι zusammengesetzten ländlichen κοινά bzw. ἔθνη, so wie etwa die der Elimioter oder Eordaier.[187] Diese Zusammenschlüsse von Landge­meinden erscheinen als dedizierende Organe und waren von den Römern anerkannte Selbstverwaltungseinheiten. Dementsprechend unterscheidet Plinius d. Ä. in der for­mula provinciae Macedonias zwischen oppida und gentes (Plin. nat. 4. 33–37). Wenn der Fundort der Inschrift mit dem Kompetenzgebiet von Nikopolianus übereinstimmt, oblag diesem die zweite um Thessalonike formierte μερίς, mithin eines der an Poleis reichsten Territorien Makedoniens, während etwa die vierte μερίς vornehmlich aus den erwähnten ländlichen koina bestand.[188]

8. Syria

Nysa Skythopolis, eine lagidisch-seleukidische Neugründung des 3. Jh. v. Chr. beim See Genezareth zwischen Galilaea und Samaria beim heutigen Tell el-Ḥiṣn/Bēt Šǝʿān, oder Rabbath Ammon-Philadelpheia, das heutige Amman, Neugründung des Ptolemaios II. Philadelphos (285–247 v. Chr.), in ehemals nabatäischem Herrschafts­gebiet,[189] betiteln sich, so wie zahlreiche syrische Poleis im transjordanischen Ḥaurān, seit der Mitte des 2. Jh. n. Chr. als Poleis „von Koile Syria“ (Κοίλης Συρίας). [190] Es handelt sich dabei um Poleis, die in einem Flickenteppich hasmonäischer Fürsten­tümer zwischen Dynastengebiete gezwängt waren. Nysa-Skythopolis war gar zeit­weise von Johannes I. Hyrkanos besetzt (um 107 v. Chr.). Die Poleis „von Koile Syria“ bildeten ein einheitliches, auch unter dem Namen Dekapolis bekanntes Terri­torium. Nach der Befreiung der meisten Städte der Dekapolis aus dynastischer Herr­schaft durch Pompeius Magnus um 64/63 v. Chr.[191] genossen sie innerhalb der von ihm formierten Grossprovinz Syria lange Zeit einen v. a. auf Münzlegenden fassbaren Autonomiestatus. Die meisten führten ausser der pompeianischen Befreiungsära (Gadara, Kanatha, Skythopolis, Philadelpeia, Gerasa, Hippos, Pella, Abila, Dion) dynastische Beinamen hellenistischer Königshäuser wie Philadelpheia, Antiocheia oder Seleukeia, wodurch sie den makedonisch-griechischen Ursprung ihrer Stadtgrün­dung markierten.

Was in den erwähnten städtischen Titulaturen unter dem Gebietsnamen ‚Koile Syria‘ präzise zu verstehen ist — ob eine administrative (Eparchie), konföderative (koinon) oder nur historisch-geographische Zugehörigkeit — ist in der Spezial­forschung umstritten. [192] Wörtliche Bezeugungen sowie Strukturelemente eines ‚koi­non von Koile Syria‘, wie etwa gemeinsame Festspiele oder ein ‚Archiereus von Koile Syria‘, fehlen zwar, aber der allgemeine Eindruck einer exklusiven Städte­organisation lässt sich angesichts der Titulatur von „Tyros, (...) Metropolis von Phoenice und der Poleis sowohl in Coele Syria als auch anderer [Poleis]“ [193] nicht so leicht vom Tisch wischen. Ein wesentlicher Aspekt dieser Zugehörigkeitsbekundung tritt uns in den Varianten der Titulatur von Nysa-Skythopolis entgegen. Auf einer städtischen Ehreninschrift des ausgehenden 2. Jh. n. Chr. lautet der Titel: [194] (Z. 4–8) Νυσαέων ⎜ τῶν καὶ Σκυθοπολιτῶν ⎜ τῆς ἱερᾶς καὶ ἀσύλου τῶν ⎜ κατὰ Κοίλην Συρίαν Ἑλλη⎜νίδων πόλεων ἡ πόλις („Die Polis der Nysaeer bzw. Skythopoliten, heilig und mit dem Privileg der Asylie versehen, eine der hellenischen Poleis in Koile Syria“).

Der ausführlichen Titulaturform ΕΛΛΗΝΙϹ ΠΟΛΙϹ (Hellenische Polis) ent­sprechen die Abkürzungen ΕΠ bzw. ΕΛΠΟΛ[195] auf Münzexemplaren des Jahres 175/176 n. Chr. unter Marcus Aurelius. [196] Aus der Formulierung „eine der helleni­schen Poleis in Koile Syria“ lässt sich ableiten, dass auch andere Poleis in Koile Syria diese Selbstbezeichnung führten,[197] auch wenn sie diese nicht auf ihre Münzen prägten.[198] Den gleichen Titel oder ähnliche Titelkombinationen führten zudem Poleis in Asia und Moesia Inferior. Deshalb kann die Titulatur von Skythopolis nicht aus­schliesslich auf lokalen Gegebenheiten gründen und daher auch keine „bold cultural acclamation by the city’s pagan inhabitants in the face of growing Jewish and Samaritan minorities“ darstellen. [199] Auch der Umstand, dass der Titel nicht durch­gehend auf Skythopolis’ Prägungen erscheint, sondern bisher nur für das Jahr 175/176 n. Chr. bezeugt ist, womöglich anlässlich eines Kaiserbesuchs,[200] dürfte angesichts des epigraphischen Zeugnisses auf einem Zufall der Überlieferung beruhen bzw. von der jeweiligen Selektion der zu veranschlagenden städtischen Titel bedingt sein.[201]

Allerdings, während der blutigen jüdischen Protestrevolten der 60er und 70er Jahre des 1. Jh. n. Chr. gegen die römische Besatzungsmacht, des bei Flavius Josephos sog. „Jüdischen Krieges“ der Zeloten, widersetzten sich die Poleis den Verwüstungszügen lokaler Aufrührer, und boten sich, so wie etwa Skythopolis, als militärische Operationsbasen der römischen Repression an.[202] Ein ähnliches Szenario dürfte sich während der unter Kaiser Hadrian brutal niedergeschlagenen Bar Kokhba-Erhebung (132–135 n. Chr.) abgespielt haben.[203] Anscheinend standen sich zu beiden Anlässen Juden und Nicht-Juden feindselig gegenüber. [204]

Freilich stellt sich vorderhand die Frage, ob die für eine Polis fast obsolete Selbstbezeichnung als ‚hellenisch‘ nicht wenigstens im Ursprung aus dem situations­bedingten Bedürfnis nach ethnisch-kultureller Abgrenzung hervorging. In diesem Sinne unterstreicht H. Bietenhard in seiner Darstellung der Genese der Poleis in Koile Syria/Dekapolis Pompeius’ Bemühen, „das Griechentum gegen das semitische ‚Bar­barentum‘ des Ostens“ zu fördern und zu stärken. Wollte Pompeius durch die Frei­heitserklärung der Poleis „den Versuch der semitischen Herrscher im Osten, geschlos­sene Nationalstaaten zu schaffen“, sprengen?[205] Abgesehen von der bedenklich ana­chronistischen Begriffswahl ‚Nationalstaaten‘ ist die Argumentation angesichts der aus anderen Regionen bekannten pompeianischen Provinzialisierungspolitik unhalt­bar: Wollte Pompeius in Analogie zum syrisch-palästinensischen Fall auch in N-Kleinasien und Kilikien durch die Förderung vieler Polisgründungen ‚geschlossene Nationalstaatenbildungen‘ paphlagonischer Dynasten und isaurisch-kilikischer Pira­tenhäupter verhindern? Ein solches Szenario ist unwahrscheinlich.

Ebenso abwegig erschiene die Annahme, dass erst die kriegerischen Auseinander­setzungen mit den Zeloten während der beiden jüdischen Kriege die Neueinführung eines städtischen Titels wie Ἑλληνίς bedingten, denn auf der reichlich erhaltenen Münzprägung der Poleis von Koile Syria ist der Titel bisher nur einmal nachge­wiesen. Offenbar bestand während der Wirren des Bar Kokhba-Aufstands und unmit­telbar danach bei den Dekapoleis nicht das Bedürfnis, ihre Kaisertreue in Abgrenzung zu den aufständischen Juden durch eine ausschliessliche Titulatur wie Ἑλληνίς zu unterstreichen. Als Loyalitätsbekundung für Kaiser Hadrian wäre die Prägung von Skythopolis des Jahres 175/176 n. Chr. ohnehin zu spät erfolgt. Die Entstehung der Titulatur πόλις Ἑλληνίς dürfte also weiter zurückliegen.

Im Zusammenhang mit der Aufteilung des Reichsterritoriums von Herodes d. Gr. unter Augustus beschreibt Flavius Josephos die territorial umgeformte Ethnarchie des Archelaos. Dabei macht der Autor eine bemerkenswerte sprachliche Unterscheidung zwischen den Archelaos neu unterstellten πόλεις Stratonospyrgos, (Samareia-) Sebaste, Ioppe und Hierosolyma und den vom Dynastengebiet ausgegliederten, der Provinz Syria einverleibten Ἑλληνίδες πόλεις Gadara, Hippos und Gaza.[206] Der Unterschied zwischen den beiden Städtegruppen „Poleis“ und „hellenische Poleis“ kann nicht in der Organisationsform liegen,[207] denn Stratonospyrgos, Samareia-Sebaste und Hierosolyma waren seit hellenistischer Zeit als Poleis organisiert.[208] Offenbar in Abweichung zu diesen mussten Gadara, Hippos und Gaza einem exklusiven Kreis von Poleis angehören, was bereits die Titulatur „eine der helleni­schen Poleis in Koile Syria“ nahelegt; nicht zufällig betitelten auch Gadara und Hippos sich auf Münzprägungen als Poleis „von Koile Syria“. Aufgrund der Titulatur der Skythopoliten also wurde in der Region unterschieden zwischen ‚hellenischen‘ und nicht-hellenischen Poleis. Der Titel drückt nicht eine Abgrenzung zu anderen gemeinschaftlichen Organisationsformen aus, sondern zu anderen Poleis. Dabei kann der besondere Polis-Status, wie etwa die Autonomie, nicht das ausschlaggebende Kriterium gewesen sein, denn nur drei Poleis von Koile Syria führten dieses Privileg in der Titelkombination ἱερὰ καὶ ἄσυλος καὶ αὐτόνομος,[209] während es in den Zeug­nissen aus Skythopolis bislang nirgends, besonders nicht auf der erwähnten Inschrift in Kombination mit den Titeln ἱερὰ καὶ ἄσυλος erscheint.

R. Barkays Ansicht, dass der Hellenen-Titel von Skythopolis „probably indicates the city’s desire to emphasize its Greek origins and its deeply-rooted Hellenistic Heritage“ greift zu kurz.[210] Weshalb hätte diesem desire von allen Poleis der Provinz Syria nur Skythopolis bzw. die Poleis von Koile Syria Ausdruck verleihen sollen? Entscheidend ist, dass der Raum der ‚hellenischen Poleis‘ ausdrücklich auf Koile Syria eingegrenzt wird,[211] obschon in derselben Provinz Syria lagidisch-seleukidische Neugründungen, teils mit dem Privileg der Autonomie, auch im palästinensischen Binnenland, an der phoinikischen Küste oder in der Seleukis, existierten. Der Ver­gleich mit der Titelverwendung ‚hellenisch‘ in anderen Provinzen, wie etwa Moesia Inferior, lässt vielmehr an eine wenn auch nur lockere Verbindung von Poleis auf dem Territorium von Koile Syria denken. In diese Richtung weist auch der ausführliche Metropolistitel von Tyros, der zwischen den Funktionsbereichen „Phoenice“, „Poleis von Coele Syria“ und „andere Poleis“ scheidet (s. o.).

Schlussbefund

Die Suche moderner Historiker nach einer Definition des τῶν Ἑλλήνων ὄνομα, des „Begriffs ‚Hellenen‘, bei den Antiken erschöpft sich nicht allein in den literarisch überlieferten Gelehrtendebatten eines Thukydides, Isokrates, Strabon oder Pausanias. Wendungen wie etwa „hellenische Polis“, „Erster der Hellenen“ oder „Hellenarch“ erscheinen in Form von Titulaturen auf Inschriften und Münzprägungen in ver­schiedenen Regionen auch ausserhalb von Hellas, allerdings in auffälliger Weise nur während der römischen Provinzialherrschaft. Es handelt sich dabei um Titulaturen, die vornehmlich im Rahmen der anlässlich des provinzialen Kaiserkults formierten Landtage, koina, Verwendung fanden und je nach Provinz in unterschiedlicher Weise ausformuliert und verwendet wurden.

Die Konstruktion dessen, was ein ‚Grieche‘ war, änderte sich im Laufe der Zeit und musste nicht für jede Region gleich sein. Dieser Bedeutungswandel blieb nicht bei einer ethnokulturellen Scheidung zwischen ‚Hellenen‘ und ‚Barbaren‘ stehen, die ausschliesslich vom Kulturbegriff (παιδεία) bedingt war, wie ihn etwa noch Isokrates oder Dionysios von Halikarnassos als identitätsstiftendes Hellenen-Merkmal vorstell­ten. Vielmehr scheinen für die Verbreitung der Hellenen-Titulaturen andere Faktoren ausschlaggebend gewesen zu sein, wie etwa die grundsätzliche Unterscheidung zwischen Stadt und Land bzw. Polisbürger und Nicht-Polisbürger. So vertrat etwa der ‚Hellenarch‘ bzw. ‚Erster der Hellenen‘, eine Amtsbezeichnung — nicht zwingend ein Indikator ethnokultureller Zugehörigkeit bzw. Abgrenzung — vertrat die ‚Helle­nen‘, konkret die Polisbevölkerung innerhalb der jeweiligen Landtagsorgani­sation. Die im Zuge der social anthropology fast nur aufgrund literarischer Zeugnisse entworfenen binären Modelle hellenischer Ethnizitätsbildung („Hellenizität“) werden der Quellenlage insgesamt nicht gerecht; nach Ausweis der auf Münzen und Inschriften veranschlagten Hellenen-Titel ging es in erster Linie nicht um eine cul­turally-based definition of Hellenic identity, sondern um political/civic identity.

Abkürzungsverzeichnis

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Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Belege der Hellenen-Titulatur nach Provinzen; Karte: M. Vitale

Abb. 2: Prägung aus Sardeis (238–244 n. Chr.); (Foto: Numismatik Lanz München, Auktion 151, 30. 06. 2011, Nr. 857).

Abb. 3: Prägung aus Tralleis (253–260 n. Chr.); Foto: E. Specht, Kranz, Krone oder Korb für den Sieger, in: L. Dollhofer – C. Kneringer et al. (Hrsg.), Altmodische Archäologie. Festschrift für Friedrich Brein, Forum Archaeologiae 14. 3, 2000, 197–206 [http://farch.net].

Abb. 4: Der westliche Schwarzmeerraum; Karte: M. Vitale.

Abb. 5: Die syrische Dekapolis im 2. Jh. n. Chr.; Karte: M. Vitale.

 

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The Ioannou Centre for Classical and Byzantine Studies
66 St Giles’
Faculty of Classics
University of Oxford
UK-Oxford OX1 3LU
marco.vitale@classics.ox.ac.uk

Marco Vitale

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* Für die eingehende und kritische Durchsicht des Manuskripts und wertvolle Richtig­stellungen danke ich herzlich Thomas Corsten (Wien). Hilfreiche Kommentare und wichtige weiterführende Hinweise verdanke ich des weiteren U. Kunnert (Zürich), Andrew Lintott (Oxford), Ch. Marek (Zürich) und Getzel M. Cohen (Cincinnati), der mir Einblick in sein Vortragsmanuskript „Polis Hellenis“ (präsentiert beim Epigraphy Workshop in Oxford 2007) gewährte.

[1] Caesarea Maritima: BMC Palestine 40–41 Nr. 208. 215. 222; Neapolis: BMC Palestine 47–63 Nr. 20–115; BMC Palestine 79 Nr. 7. 9–11.

[2] Herakleia: Rec. gén. 361–383 Nr. 103–255: ΗΡΑΚΛΗΑϹ ΕΝ ΠΟΝΤΩ; I Iasos 135; I Heraclea Pontica 73; Zela: Rec. gén. 159–162 Nr. 4–20: ΖΗΛΙΤΩΝ ΤΟΥ ΠΟΝΤ(ου); Tomis: CIL III 753: civitas pontica Tomitanorum.

[3] Etwa BMC Syria 115 Nr. 1: ΚΑΙϹΑΡЄ(ΩΝ) ΓЄΡΜΑΝΙΚЄ(ΩΝ) ΚΟΜ(ΜΑΓΗΝΗϹ) ([Prägung] der Kaisareia Germanikeia in Kommagene).

[4] Die Milesier priesen sich daher als μητρόπολις πολλῶν καὶ μεγάλων πόλεων ἔν τε τῷ Πόντῳ καὶ τῇ Αἰγύπτῳ καὶ πολλαχοῦ τῆς οἰκουμένης (CIG 2878); zur griechischen Kolonisie­rung der Schwarzmeerküste G. R. Tsetskhladze,Greek Colonisation of the Black Sea Area: Stages, Models and Native Population, in: G. R. Tsetskhladze (Hrsg.), The Greek Colonisation of the Black Sea Region, Oxford 1994, 35–50.

[5] Robert 1937, 303.

[6] Robert 1937, 247; vgl. 303 Anm. 4.

[7] Vgl. Memnon, FGrH 434 F 11, 7; Steph. Byz. s.v. Ἄγκυρα.

[8] So Robert 1937, 304.

[9] Barkay 2003, 155.

[10] I. Malkin, Introduction, in: I. Malkin (Hrsg.), Ancient Perceptions of Greek Ethnicity, Cambridge Mass./London 2001, 3; vgl. 15–19.

[11] Lund 2005, 1.

[12] Hdt. 8. 144, 2.

[13] Isokr. or. 4, 50.

[14] Lund 2005, 12.

[15] Lund 2005, 16.

[16] Lund 2005, 16; ebenso 8–9; insbes. 5; vgl. die Bipolarität Hellenen – Barbaren bei Strab. 14. 2, 28.

[17] Hall 2002, 224.

[18] Ähnlich beobachtet bereits E. Frézouls, L’Héllenisme dans l’épigraphie de l’Asie mineure romaine, in: S. Said (Hrsg.), ΛΛΗΝΙΣΜΟΣ. Quelques jalons pour une histoire de l’identité grecque, Leiden u.a. 1991, 128: „il est significatif qu’on ne rencontre qu’excep­tionnellement l’opposition classique Grecs/Barbares, et encore sous forme de juxtaposition plutôt que d’opposition“.

[19] Lund 2005, 13.

[20] Vgl. M. Dubuisson, Remarques sur le vocabulaire grec de l’acculturation, RPhil 60 (1982) 5–32, insbes. 12–15; Lund 2005, 11–12. 13–14.

[21] Das binäre Modell räumt im Hellenizitäts-Diskurs einer über Dichotomien hinaus­gehenden „Mischkultur“ wenig Platz ein. Dass etwa Abstammungslegenden sich oft auf die Götterwelt beriefen, mithin keinen strikten ethnogenetischen Identitätskriterien folgten, wird oft übergangen; in diesem Sinne auch kritisch E. Dench, Review: Greekness, CIR 55. 1, 2005, 206.

[22] S. Jones, The Archaeology of Ethnicity: Constructing Identities in the Past and Present, London/New York 1997, 133–135. insbes. 135.

[23] Hall 2002, 22–23.

[24] In diese Richtung macht etwa D. Konstan, To Hellēnikon ethnos: Ethnicity and the Construction of Ancient Greek Identity, in: I. Malkin (Hrsg.), Ancient Perceptions of Greek Ethnicity, Cambridge Mass./London 2001, 29–30 in seinem von Homer (8. Jh. v. Chr.) bis Pausanias (2. Jh. n. Chr.) reichenden Survey in Verbindung mit der Frage, „how Greek ethnicity was constructed and deployed in these distinct historical contexts“, auf die interes­sante Unterscheidung zwischen ethnic consciousness und civic identity aufmerksam. Jedoch führt der Forscher diese Feingliederung anhand seiner Quellen nicht weiter aus. Stattdessen wird alternativ zu ethnicity ein neuer Begriff, die „consubstantiality of the community“ (Wesenseinheit bzw. -gleichheit der Gemeinschaft), konstruiert.

[25] Vgl. I. Malkin im Vorwort zum einschlägigen Sammelband Ancient Perceptions of Greek Ethnicity: „Is it legitimate to apply the term ‚ethnicity‘, invented in the mid-twentieth century (see below), to an ancient phenomenon? It would have been easier to find refuge in the broader descriptive term ‚collective identity‘.“ Mit einer zirkelschlüssigen Rechtfertigung aber segnet Malkin (Anm. 10) 3–4 die angezweifelte Begriffsverwendung ab: „Indeed, ethnic identity is a form of collective identity, but they are not synonyms and ethnicity, we all con­clude, is a viable and significant concept in its more precise signification“.

[26] Komplementär zur linguistisch-morphologisch produktiven Bildung neuer Begrifflich­keit in den historisch-literarischen Fachrichtungen (Hellen-ismus/Hellenen-tum/Hellen-izität; Greek-ness/Hellen-ism/Hellen-icity) reitet auch eine jüngere Richtung der Ethno- und Sozial­archäologie bei der Suche nach der materiellen Erfassung der verschiedenen Identitätskon­struktionen ihr neues Steckenpferd, die sog. ‚archaeology of ethnicity‘. Indem Ethnizität nicht nur als konstruiertes „self-defining system“, sondern auch als „an aspect of relationships“ (Hall 2002, 9; Lucy 2005, 95–97 auf T. H. Eriksen, Ethnicity and Nationalism: Anthropological Perspectives, London 1993, bauend), konkret „aspects of social practice“ (Lucy 2005, 101), verstanden wird, erlangt die Untersuchung der archäologischen Artefakte (vgl. zum „dialogue between text and artefact“ C. T. McCollough – D. R. Edwards, The Archaeology of Difference: Setting the Stage, in: T. McCollough – D. R. Edwards (Hrsg.), The Archaeology of Difference: Gender, Ethnicity, Class and the „Other“ in Antiquity. Studies in Honor of E. M. Meyers, Boston 2007, 2–6) wieder ihre Rechtfertigung gegenüber der nunmehr überholten positivis­tischen Beweisführung der traditionellen historical archaeology, insbesondere der sog. ‚Kultur­kreislehre‘ (dazu Jones [Anm. 22] 46; Lucy 2005, 86–87). Es geht also neuen kulturanthro­pologischen Untersuchungen paradoxerweise darum, „the ethnic group as a created idea“ gegenständlich zu machen. Ob dieser Ansatz weniger positivistisch ist als die Methoden der klassischen Ethnoarchäologie, bleibe dahingestellt.

[27] Lucy 2005, 101.

[28] J. McInerney, Ethnos and Ethnicity in Early Greece, in: I. Malkin (Hrsg.), Ancient Perceptions of Greek Ethnicity, Cambridge Mass./London 2001, 51.

[29] M. Weber, Wirtschaft und Gesellschaft: Grundriss der verstehenden Soziologie, Tübin­gen 51972, 237; im Unterschied zur Weberschen Definition von ‚Ethnizität‘ aus der Binnen­sicht von Ethnien unterstreicht F. Barth, Ethnic Groups and Boundaries: the Social Organi­zation of Culture Difference, Bergen 1969, 14 die Betrachtung durch Aussenstehende, die sog. ascription by others, als wichtiges Merkmal, und weist auf die Spannung zwischen Ethnien durch nicht übereinstimmende Selbst- und Fremdzuschreibung hin; zur Forschungsgeschichte etwa Hall 2002, 10; Lucy 2005, 91–96. Besonders problematisch ist die Untersuchung antiker Quellen, wenn aktuelle Debatten um Britishness bzw. Englishness als für den Leser attraktive Analogie für Greekness deklariert werden (Hall 2002, 3–5); dagegen bereits Dench (Anm. 21) 206; vgl. Lund 2005, 17 zur „Ethnogenese im politischen Sinn von Nation“.

[30] Ähnlich Dench (Anm. 21) 205–206 ob der Vernachlässigung der Zeugnisse aus römi­scher Zeit.

[31] Lund 2005, 9.

[32] Die Annahme von Frézouls (Anm. 18) 128, dass das Hauptkriterium für die Einführung solcher Titulaturen darin liege, „que le grec était la langue universelle d’expression de l’identité et qu’ainsi même ceux qui avaient d’autres racines devaient prendre plus ou moins clairement conscience de participer à l’hellénisme“, geht zwar in dieselbe Richtung, sagt aber nichts über den spezifischen sachlichen Inhalt der Titulaturen aus.

[33] J. Osterhammel, Kulturelle Grenzen in der Expansion Europas, Saeculum 46 (1995) 101–138.

[34] Gegen J.-L. Ferrary, Rome et la géographie de l’hellénisme: réflexions sur ‚hellènes‘ et ‚panhellènes‘ dans les inscriptions d’époque romaine, in: O. Salomies (Hrsg.), The Greek East in the Roman Context, Helsinki 2001, 31 finden sich „assemblées provinciales arborant le titre d’Hellènes“ nicht ausschliesslich in Asia und Bithynia.

[35] Unter der Bezeichnung „Provinz“ sind im Folgenden einerseits provinciae/ἐπαρχίαι im Sinne von umfassenden Amtsbereichen eines Statthalters; i.e. „Statthalterprovinzen“, und ande­rerseits provinciae/ἐπαρχίαι im Sinne von administrativen Untereinheiten, i.e. „Teilprovinzen“ (z.B. Armenia Minor, Bithynia), aufgelistet. Zur ambivalenten Verwendung des Begriffspaars provincia/ἐπαρχία vgl. die ausführliche Besprechung in Vitale 2012, 13–20.

[36] IG IV 590; IG V 1. 512. 1451; Corinth VIII 1. 80.

[37] IGR III 132 = SEG 6, 799.

[38] W. H. Buckler – D. M. Robinson, Sardis VII, 1: Greek and Latin Inscriptions, Leiden 1932, Nr. 63. 64 (rest.). 70 (rest.).

[39] BMC Lydia 248–249 Nr. 88.

[40] SNG Deutschland 3297.

[41] RDGE 272–276 Nr. 52; Drew-Bear 1972, 443–445.

[42] P. Herrmann – H. Malay, New Documents from Lydia, ETAM 24, Wien 2007, 69 Nr. 44.

[43] I Prusias ad Hypium 3. 9. 10. 51; Dig. 49. 1, 25; P. Ox. 17, 2104.

[44] I Klaudiu Polis 38–39 Nr. 16; TAM IV 1. 332.

[45] I Prusias ad Hypium 53–56 Nr. 7; 114–117 Nr. 46–47.

[46] Mitchell – French 2011, 307–313 Nr. 140–142.

[47] Mitchell – French 2011, 227–230 Nr. 72.

[48] Nigdelis – Lioutas 2009, 104–105.

[49] SEG 1, 329.

[50] IScM II 96–97; IGBulg I2 64.

[51] G. Foerster – Y. Tsafrir, Nysa-Scythopolis. A New Inscription and the Titles of the City on its Coins, IsrNumJ 9 (1986/7) 53–58 = SEG 37, 1531; Spijkerman 1978, 192–193 Nr. 15; 194–195 Nr. 21; Barkay 2003, 207 Nr. 28–30.

[52] Ebenso Frézouls (Anm. 18) 128.

[53] Ausserhalb der von Statthaltern direkt verwalteten römischen Machtsphäre finden sich Hellenarchen auch im Regnum Bosporanum in der Polis Tanais (CIRB 1237. 1242. 1243. 1245. 1246. 1247. 1248. 1250. 1251a. 1256), die jedoch keine koinon-Beamten waren und deshalb eine eigene Untersuchung erfordern.

[54] Vgl. die Beispiele bei Robert 1937, 301–305.

[55] W. H. Buckler – D. M. Robinson, Sardis VII, 1: Greek and Latin Inscriptions, Leiden 1932, Nr. 63. 64 (rest.). 70 (rest.); ausführliche Besprechung bei Herrmann 1993, 249–252.

[56] BMC Lydia 248–249 Nr. 88: ΑϹΙΑϹ ΛΥΔΙΑϹ ЄΛΛΑΔΟϹ Α ΜΗΤΡΟΠΟΛΙϹ ϹΑΡΔΙϹ.

[57] Der Kommentar von L. Robert wird vermerkt bei Herrmann 1993, 241.

[58] Hermann 1993, 238–240; gefolgt von Puech 2004, 379.

[59] H. Brandt, Die Historia Augusta, Philostrat und Asinius Quadratus, ZPE 104 (1994) 78–80.

[60] Herrmann 1993, 241.

[61] Hermann 1993, 244.

[62] Th. Corsten, „Proconsul Graeciae“, ZPE 117 (1997) 121.

[63] Gegen Herrmann 1993, 239–240 wäre unverständlich, weshalb auch der häufig einzeln geführte Titel „Metropolis von Asia“ im Lichte einer sardianischen Lokalhistorie zu deuten sein sollte, „wonach Lydien oder sogar das Gebiet von Sardeis ehedem den Namen Asia geführt hätten“. Vielmehr ist der Titel im selben Zuge mit den identischen Titelansprüchen von Pergamon, Smyrna und Ephesos im Sinne von ‚Metropolis der Provinz Asia‘ einzustufen; vgl. zu diesem Gegenargument eingehend Puech 2004, 367; 378–380.

[64] Herrmann 1993, 244.

[65] Puech 2004, 368.

[66] H. von Aulock, Sylloge Nummorum Graecorum. Deutschland, Berlin 1957–1981, Nr. 3297.

[67] Strab. 14. 1, 42: κτίσμα Ἀργείων καί τινων Θρᾳκῶν.

[68] Die Abbildung einer Amphore lässt mehrere Interpretationen zu: auf anazarbischen Prägungen aus der Zeit von Caracallas Alleinherrschaft (212/3 und 213/4) sitzt etwa das perso­nifizierte koinoboulion, d.h. die Delegiertenversammlung des koinon der drei Eparchien Cilicia, Isauria und Lycaonia vor einer vasenförmigen Stimmurne (R. Ziegler, Kaiser, Heer und städti­sches Geld. Untersuchungen zur Münzprägung von Anazarbos und anderer ostkilikischer Städte, Wien 1993, 269 Nr. 308–309; ders., Städtisches Prestige und kaiserliche Politik. Stu­dien zum Festwesen und zum Geldumlauf in Ostkilikien im 2. und 3. Jahrhundert n. Chr., Düsseldorf 1985, 81 mit Taf. 10, 89 = M. E. Babelon, Inventaire sommaire de la Collection Waddington acquise par l’État en 1897 pour le Département des Médailles et Antiques de la Bibliothèque Nationale , Paris 1897, Nr. 4120); vgl. ähnliche Prägungen aus dem rivalisierenden Tarsos (SNG Levante 1034). Zur Deutung von Amphoren, die im Zusammenhang mit Preistischen dargestellt werden, als Losurnen für Athleten W. Leschhorn, Griechische Agone in Makedonien und Thrakien. Ihre Verbreitung und politisch-religiöse Bedeutung in der römi­schen Kaiserzeit, in: U. Peter (Hrsg.), Stephanos nomismatikos: Edith Schönert-Geiss zum 65. Geburtstag, Berlin 1998, 410; A. V. Siebert, Olympia: Geld und Sport in der Antike, Hannover 2004, 61; gegen die Deutung als „agonistic urns“ wendet Klose 2005, 130 Anm. 36 ein, dass „they were filled with oil as a prize for the winner“; vgl. allgemein J. Rumscheid, Kranz und Krone. Zu Insignien, Siegespreisen und Ehrenzeichen der römischen Kaiserzeit, Tübingen 2000, 62–89.

[69] Vgl. Klose 2005, 129; Ch. Howgego, Coinage and Identity in the Roman Provinces, in: Ch. Howgego – V. Heuchert – A. Burnett (Hrsg.), Coinage and Identity in the Roman Prov­inces, Oxford 2005, 11; L. Moretti, Iscrizioni agonistiche greche, Rom 1953, 226–228 Nr. 78. 237–239 Nr. 81. 257–259 Nr. 87. 263–268 Nr. 90; für die entsprechenden Münzlegenden W. Leschhorn – P. R. Franke, Lexikon der Aufschriften auf griechischen Münzen 1: Geographische Begriffe, Götter und Heroen, mythische Gestalten, Persönlichkeiten, Titel und Beinamen, Agonistik, staatsrechtliche und prägerechtliche Formeln, bemerkenswerte Wörter , Wien 2002, 223–224 (ΟΛΥΜΠΙΑ ΑΥΓΟΥΣΤΕΙΑ ΠΥΘΙΑ); 256 (ΠΥΘΙΑ/ΠΥΘ).

[70] Klose 2005, 127; S. Price, Rituals and Power: the Roman Imperial Cult in Asia Minor, Cambridge 1984, 102–104; Burrell 2004, 338; vgl. etwa zu den als Provinzialspielen ausge­tragenen Olympia in Anazarbos Ziegler 1993 (Anm. 67) 116–117.

[71] Moretti (Anm. 68) 191–196 Nr. 69; 244–249 Nr. 84 (Τραλλέων κοινὸν Ἀσίας).

[72] Klose 2005, 125.

[73] P. Herrmann – H. Malay, New Documents from Lydia, ETAM 24, Wien 2007, 69 Nr. 44 mit Abb. 44.

[74] TAM V 2. 1098, Z. 11.

[75] Der geographische Begriff ‚Hellas‘ konnte ausser dem gesamten griechischen Mutter­land bzw. der Provinz Achaia bzw. dem griechischen Festland unter Ausschluss der Peloponnes im weitesten Sinne den von Griechen kolonisierten Raum bezeichnen (so etwa Plin. nat. 4, 23, Ptol. 3. 14, 1; vgl. Demosth. or. 19, 303). Daher ist bei der Deutung der Titulatur πρώτη Ἑλλά­δος (ausgehend von der sardianischen Gründungslegende um Pelops) die Gleichsetzung von ‚Hellas‘ und ‚Peloponnes‘ fraglich; zur Ambivalenz von ‚Hellas‘ Cohen 2006, 255; vgl. zur Titulatur von Tralleis Howgego (Anm. 68) 11: „Tralles even proclaimed itself to be the first city in Hellas. The cultural burden of the term ‚Hellas‘ is obvious in a context in which Greek identity was paramount in the whole of the eastern half of the empire and not just in ‚Old Greece‘“. Vor diesem Hintergrund geht es nicht an, unter ‚Hellas‘ jeweils zwei verschiedene Sachen zu verstehen, nämlich einerseits, im Falle der Sardianer, das hellenische Mutterland, andererseits, im Falle der Trallianer, den gesamten von Griechen kolonisierten Grossraum.

[76] Klaudioupolis: I Klaudiu Polis 38–39 Nr. 16, Z. 3; Nikomedeia: TAM IV 1. 332, Z. 4.

[77] Ebenso Nigdelis – Lioutas 2009, 110.

[78] RDGE 272–276 Nr. 52, Z. 43–53; dazu ausführlich Merola 2001, 145–149.

[79] Drew-Bear 1972, 443–445; J. M. Reynolds, Aphrodisias and Rome. Documents From the Excavation of the Theatre at Aphrodisias, London 1982, 26–32 Nr. 5; F. Canali De Rossi, Le ambascerie dal mondo greco a Roma in età repubblicana, Rom 1997, 338–340 Nr. 383.

[80] D. Magie, Roman Rule in Asia Minor to the End of the Third Century After Christ 2, New York 1950, 1064–1065 Anm. 48; 1261 Anm. 9; Drew-Bear 1972, 446–447; vgl. Merola 2001, 188.

[81] Drew-Bear 1972, 466: „l’énumération de ses [i. e. des asianischen koinon] éléments constituants“; gefolgt von Campanile 2007, 130–131.

[82] SIG3 760 = I Ephesos 251.

[83] Z. 88–96: αἵτινες πολειτεῖα[ι ⎟ καὶ ἅτινα ἔθ]νη καὶ οἵτινες δ[ῆμ]οί εἰσιν ἔξω διοικήσεων Ἐφεσίας (...).

[84] Die Forschungsdebatte um die Bedeutung des fragmentarisch erhaltenen Paragraphen zusammengestellt bei Merola 2001, 164–171; vgl. die Interpretation von S. Mitchell, Geography, Politics, and Imperialism, in the Asian Custom Law, in: M. Cottier et al. (Hrsg.), The Customs Law of Asia, Oxford 2008, 193–197.

[85] Ch. Habicht, New Evidence on the Province of Asia, JRS 65 (1975) 66–67.

[86] Ch. Schuler, Ländliche Siedlungen und Gemeinden im hellenistischen und römischen Kleinasien, München 1998, 41–42; gefolgt von Merola 2001, 190; anders deutet Campanile 2007, 130–131 im Zuge von Th. Drew-Bear die Aneinanderreihung οἱ ἐν τῇ Ἀσίᾳ δῆμοι καὶ τὰ ἔθνη als eine umschreibende Formulierung der offiziellen Bezeichnung κοινὸν τῶν ἐπὶ τῆς Ἀσίας Ἑλλήνων. Dabei sei die jeweilige Bezeichnung kontextabhängig, indem nämlich οἱ ἐν τῇ Ἀσίᾳ δῆμοι καὶ τὰ ἔθνη nur in Ehreninschriften, hingegen κοινὸν τῶν ἐπὶ τῆς Ἀσίας Ἑλλήνων als Beschluss fassendes Gremium auftauche. Aber gerade der unterschiedliche Kontext liefert den entscheidenden Unterschied zwischen den beiden Bezeichnungen, nur das „koinon der Hellenen“ präsentiert sich nämlich als dekretierendes Organ und direkter Adressat von Magis­traten- und Kaiserbriefen (s. u.). Dass dieses Organ allein aus Poleis zusammengesetzt war, zeigt etwa die Aufzählung von Adressaten im erwähnten Magistratenbrief, indem das koinon, Milet und acht weitere Poleis angeschrieben wurden, die als Konventsvororte dienten.

[87] Cass. Dio 51. 20, 6–8: τοῖς δὲ δὴ ξένοις, Ἕλληνάς σφας ἐπικαλέσας, ἑαυτῷ τινα, τοῖς μὲν Ἀσιανοῖς ἐν Περγάμῳ τοῖς δὲ Βιθυνοῖς ἐν Νικομηδείᾳ, τεμενίσαι ἐπέτρεψε. καὶ τοῦτ’ ἐκεῖθεν ἀρξάμενον καὶ ἐπ’ ἄλλων αὐτοκρατόρων οὐ μόνον ἐν τοῖς Ἑλληνικοῖς ἔθνεσιν, ἀλλὰ καὶ ἐν τοῖς ἄλλοις ὅσα τῶν Ῥωμαίων ἀκούει, ἐγένετο; dazu Deininger 1965, 16–19.

[88] Campanile 2007, 139.

[89] Irreführend ist die Deutung der entscheidenden Textpassage bei Burrell 2004, 17–18; 275 („Not only in the Greek provinces but in the others as well, insofar they obey the Romans“) und S. Mitchell, Anatolia. Land, Men and Gods in Asia Minor 1: The Celts in Anatolia and the Impact of Roman Rule, Oxford 1993, 100–102 („as a model for other provinces to follow all over the empire“); vgl. anders Ch. Marek, Geschichte Kleinasiens in der Antike, München 2010, 518: „Gemäss der Darstellung des Geschichtsschreibers Cassius Dio (51. 20, 7) folgten die einheimischen Völker, soweit sie den Römern untertänig waren, dem Beispiel der Griechen nach“; der Begriff ἔθνος kann zwar bei Cassius Dio auch in der Bedeutung von ‚provincia‘ erscheinen, diese Verwendung allerdings ergibt hier angesichts des bedingenden Relativsatzes (ὅσα τῶν Ῥωμαίων ἀκούει) keinen Sinn, zumal alle Provinzen per se den Römern gehorchten; aufschlussreich für die Deutung der Dio-Passage ist die Stelle bei Appian (s. u.).

[90] App. civ. 5. 1, 4: τοὺς δὲ Ἕλληνας καὶ ὅσα ἄλλα ἔθνη τὴν ἀμφὶ τὸ Πέργαμον Ἀσίαν νέμονται, κατά τε πρεσβείας παρόντας ἐπὶ συνθέσει καὶ μετακεκλημένους συναγαγὼν ἔλεξεν ὧδε; vgl. dazu Merola 2001, 187.

[91] Anders Ferrary 2001, 31; vgl. 29: „L’idée de ce nom [i. e. κοινὸν τῶν ἐπὶ τῆς Ἀσίας Ἑλλήνων] vint-elle des provinciaux, qui auraient mis en avant leur hellénisme dans l’espoir d’être mieux traités (ou moins maltraités) par les Romains, ou de certaines autorités romaines, par exemple de Lucullus, qui auraient décidé d’étendre à tous les provinciaux le terme, à leurs yeux valorisant, de Graeci? L’hypothèse d’une suggestion provinciale ratifiée par les autorités romaines me paraît la plus vraisemblable“; gefolgt von Nigdelis – Lioutas 2009, 111.

[92] So bereits F. Cumont, L’annexion du Pont Polémoniaque et de la Petite Arménie, in: W. H. Buckler et al. (Hrsg.), Anatolian Studies presented to Sir William Mitchell Ramsay, Manchester 1923, 116–117; Marek 2003, 66–67.

[93] Vitale 2012, 62–64.

[94] M. D. Campanile, Sommi sacerdoti, asiarchi e culto imperiale: un aggiornamento, in: B. Virgilio (Hrsg.), Studi Ellenistici 19, Pisa 2006, 523–584, insbes. 525–542.

[95] Dig. 49. 1, 25; P. Ox. 17, 2104; Vitale 2012, 187–188.

[96] Amastris: Marek 1993, Kat. Amastr. 7 (102–117 n. Chr.); Jonnes 1994, Nr. 3 (Ende 2. Jh.); vgl. Herakleia Pontika: Jonnes 1994, Nr. 82 (Datierung ungewiss).

[97] Vgl. bereits Marek 2003, 66.

[98] Vgl. Lund 2005, 8.

[99] Zusammenstellung bei Marek 2003, 67; Aesquilinus (AvP VIII 3. 151); M. Aurelius Mindius Matidianus Pollio (I Ephesos 627. 3056); M. Aurelius Alexander (OGIS 531); M. Domitius Iulianus (I Prusias ad Hypium 53); Tib. Claudius Piso (I Prusias ad Hypium 47); T. Ulpius Aelianus Antoninus (I Prusias ad Hypium 17); T. Ulpius Aelianus Papianus (I Prusias ad Hypium 17); M. Aurelius Chrysenius Damatrius (I Prusias ad Hypium 29); Moschos (I Kios 12); Anonymus (I Prusa ad Olympum 13); Aurelius Marcianus (I Kios 7); vgl. Dig. 27. 1. 6, 14.

[100] Tib. Claudius Piso (I Prusias ad Hypium 47).

[101] P. Aelius Timotheus (TAM IV 33): ἄρξας τὴν μεγίστην ἀρχὴν τοῦ κοινοβουλίου.

[102] Tib. Claudius Tertullianus Sanctus (I Prusias ad Hypium 51); T. Flavius Pomponius Domitianus Timokrates (I Prusias ad Hypium 3); M. Aurelius Philippianus Iason (I Prusias ad Hypium 9); L. Aurelius Diogenianus Kallikles (I Prusias ad Hypium 10).

[103] I Prusias ad Hypium 124.

[104] Die These einer Identität des Βιθυνιάρχης und des ἄρχων τοῦ κοινοῦ τῶν ἐν Βιθυνίᾳ Ἑλλήνων bzw. des κοινὸν Βειθυνίας und des κοινὸν τῶν ἐν Βιθυνίᾳ Ἑλλήνων lässt sich nicht beweisen, zumal in der Münzprägung des bithynischen koinon auf Kupfernominalen in Grie­chisch κοινὸν Βειθυνίας (Rec. gén. 240–244 Nr. 34–61), auf den Silberkistophoren in Latei­nisch dementsprechend COM(mune) BIT(hyniae) (Rec. gén. 239–240 Nr. 29–32; vgl. Diskus­sion W. E. Metcalf, The Cistophori of Hadrian, New York 1980, 137–143; Burrell 2004, 148–152), erscheint, obschon bei der Dimension der betreffenden Münzexemplare genügend Platz vorhanden gewesen wäre für die von W. Ameling postulierte ausführliche „offizielle“ Land­tagsbezeichnung.

[105] Vgl. den Forschungsstand bei H. Engelmann, Asiarchs, ZPE 132 (2000) 173–175; gegen die Identitätsthese S. J. Friesen, Asiarchs, ZPE 126 (1999) 275–290.

[106] I Prusias ad Hypium 53–56 Nr. 7. 114–117 Nr. 46–47; s. Kommentar I Prusias ad Hypium, 55.

[107] I Prusias ad Hypium 53–56 Nr. 7, Z. 11–12. 114–115 Nr. 46, Z. 1–4. 115–117 Nr. 47, Z. 10.

[108] So bereits I Klaudiu Polis 39.

[109] I Prusias ad Hypium 114–115 Nr. 46, Z. 1–4: τὸν ἀπὸ γένους ἀσύν⎜κριτον Ἑλλαδάρχην καὶ ἐκ προγόνων ἱερέων τε ⎜ [καὶ] Βειθυνιαρχῶν.

[110] In Verbindung mit der Befreiung von Leiturgien hoher provinzialer Amtsträger erwähnt der severische Jurist Modestinus beispielhalber sog. ‚Ethnarchen‘: Ἔθνους ἱερ<ωσύνη>, οἷον Ἀσιαρχία, Βιθυνιαρχία, Καππαδοκαρχία, παρέχει ἀλειτουργησίαν ἀπὸ ἐπιτροπῶν, τοῦτ’ ἔστιν ἕως ἂν ἄρχῃ („Ein Priestertum in einem koinon [in einem ethnos] wie die Asiarchie, die Bithyniarchie oder die Kappadokarchie befreit den Inhaber während seiner Amtszeit von der Übernahme von Vormundschaften“; Dig. 27. 1, 6, 14, Mod. 2 excus.; Übers. gem. Deininger 1965); dazu M. D. Campanile, Il koinon di Bitinia, StClOr 43 (1993) 345.

[111] Damit entfällt die Behauptung von Puech 1983, 34: „La comparaison avec des documents analogues de la même province et l’analyse de l’activité de Pompeianos, telle que la décrivent les inscriptions, suggèrent qu’il s’agit de la charge annuelle de galatarque, que Pom­peianos semble avoir cumulé avec la prêtrise provinciale. Le terme „helladarque“ n’a donc pas ici de valeur institutionnelle précise. On trouve un exemple analogue avec Tib. Claudius Pison, de Prousias de l’Hypios, „bithyniarque et helladarque“. Le titre a donc pu être emprunté, à l’occasion, pour désigner n’importe quelle présidence dans l’assemblée provinciale du monde grec: il était peut-être considéré comme plus prestigieux que le titre exact et permettait aux intéressés de proclamer leur appartenance à la communauté greque“.

[112] Anders I Prusias ad Hypium 31.

[113] I Klaudiu Polis 16.

[114] Vgl. ohne weitere Erläuterung L. Robert, RPhil 17 (1943) 186: „C’est-à-dire que l’assemblée provincial des Hellènes de Bithynie l’avait acclamé comme le premier“.

[115] Marek 2003, 66.

[116] Auch eine offizielle Rangfolge der Gliedpoleis des gesamten asianischen koinon für das 3. Jh. liegt vor. Etwa Nysa und Magnesia am Maiandros rühmten sich auf Münzprägungen ihrer sechsten bzw. siebten Position (Ζ ΤΗϹ ΑϹΙΑϹ bzw. ЄΒΔΟΜΗ ΤΗϹ ΑϹΙΑϹ) in der provin­zialen Rangliste; Nysa: L. Robert, Documents d’Asie mineure: III Monnaies, villes et cultes dans la vallée du Méandre, BCH 101 (1977) 64–69; Magnesia: Cabinet des Médailles Paris 1529; L. Robert, Sur des inscriptions d’Éphèse, RPhil 41 (1967) 53; zu zwischen­städtischen Rivalitäten allgemein vgl. Burrell 2004, 351–356.

[117] So wie Tralleis (s. o.) organisierte auch Sardeis die κοινὰ Ἀσίας; vgl. Moretti (Anm. 68) 174–183 Nr. 65–66. 191–196 Nr. 69. 237–239 Nr. 81. 244–249 Nr. 84. 263–268 Nr. 90; Tralleis und Sardeis hatten nach Ausweis des oben erwähnten Statthalterschreibens aus der Mitte des 1. Jh. v. Chr., womöglich bereits seit Einrichtung der Provinz, jeweils als Vororte der Gerichtsbezirke Trallianē und Sardianē eine zentrale Stellung in der territorialen Gliederung Asias inne. Dass die Unterteilung Asias nach Gerichtsbezirken auch die Landtagsorganisation strukturierte, zeigt sich in mehreren Quellen (dazu eingehend M. D. Campanile,L’infanzia della provincia d’Asia: l’origine dei conventus iuridici nella provincia, in: C. Bearzot (Hrsg.), Gli stati territoriali nel mondo antico, Mailand 2003, 278; Vitale 2012, 50–53). Zudem nahmen beide Poleis eine hervorragende Stellung im Gesamtkoinon der Provinz Asia ein, indem sie beide den Neokorietitel, d.h. die offizielle Auszeichnung eines städtischen Tempels für den als provinzweit anerkannten Kaiserkult, für sich reklamierten (Burrell 2004, 100–115 [Sardeis]; 130–132 [Tralleis]).

[118] Der Grund, weshalb gegenüber diesen beiden Poleis des lydischen bzw. karischen Binnenlands etwa berühmte Küstenpoleis wie Ephesos, Smyrna oder Milet auf ihren städti­schen Zeugnissen zwar ihre Spitzenstellung, ihre πρωτεία, unter den Poleis des umfassenden provinzialen koinon von Asia, aber keine vergleichbaren Hellenen-Titulaturen veranschlagten, liegt womöglich im besonderen geographischen Kontext: das Einzugsgebiet des Gerichtsvor­orts Sardeis, das nahezu die gesamte Landschaft Lydien abdeckte, umfasste gemäss dem steuer­technischen Inventar aus der zweiten Hälfte des 1. Jh. n. Chr. (s. o.) weit mehr ethnē und demoi als beispielsweise die um Milet und Halikarnassos formierten Gerichtsbezirke zusammenge­nommen (Habicht [Anm. 84] 74: Sardiane: col. 1, Z. 1–28. Milesiakē: col. 1, Z. 29–38. Hali­karnassikē: col. 2, Z. 12–16); die Gegenüberstellung zwischen Polisbürgern und in ethnē oder demoi organisierte Landbevölkerung war in Lydien und Karien vergleichsweise spürbarer, mit­hin erwähnenswert.

[119] SEG 1, 329, Z. 47.

[120] Zum linkspontischen Koinon zusammenfassend K. Nawotka, The Western Pontic Cities. History and Political Organization, Amsterdam 1997, 216–236.

[121] Hexapolis: IScM III 104; später Pentapolis: IScM I 143.

[122] IScM II 97; dieses ‚koinon der Hellenen‘ übersieht Ferrary 2001, 31.

[123] Jeweils Aurelius Priscus Annianus (IScM II 96–97); Prosodos (IGBulg I2 64); zur Gleichbedeutung aller aufgeführten Amtstitel überzeugend Deininger 1983, 219–227. insb. 223–227; übernommen bei Nawotka (Anm. 119) 227–231.

[124] Vgl. Deininger 1965, 119; Nawotka (Anm. 119) 217–222.

[125] Mitchell – French 2011, 307–313 Nr. 140–142.

[126] Mitchell – French 2011, 308–312 Nr. 141, Z. 44–55: ἐγένετο ἐν ⎜ [τῇ μητροπόλει τῆ]ς Γαλατίας Ἀγκύρᾳ ἀγῶνος τε⎜[λουμένου μυσ]τικοῦ ἐπὶ ἑλλαδάρχου Οὐλπί⎜[ου Αἰλίου Πομπε]ιανοῦ καὶ ἀρχιερέως Μεμμίου ⎜ [․․․․․․․․․․․․]ου Διονυσίου τοῦ ἑλλαδάρχου ⎜ [ἐπὶ πρώτου(?) ἄρχο]ντος Τίτου Φλαουίου Ἰουλια⎜[νοῦ ․․․․․ γραμ]ματέως Ἀλεξάνδρου Σωπά⎜[τρου ․․․․․․․․ καὶ] Λαοδικέως κιθαρῳδοῦ σεβαστο⎜[νείκου παραδόξου τ]οῦ τρὶς ἀρχιερέως, νομοδε[ί⎜κτου ․․․․․․․․․․․ Ἐ]πόπτου Τρωαδέως πλεισ[το⎜νείκου. ἐπὶ ὑπάτων Ν]ωνίου Τορ̣κ̣[ουά]του Ἀσπρή⎜[να καὶ Μ. Ἀννίου Λίβωνο]ς πρὸ ϛʹ εἰδ(ῶν) Δεκεμβρίων.

[127] Mitchell – French 2011, 307–308 Nr. 140, Z. 13–14.

[128] Mitchell – French 2011, 312–313 Nr. 142: Οὔλπιον ⎜ Αἴλιον Πον⎜πη{ε}ιανὸν ⎜ ἑλλαδαρχ[ή]⎜σαντα φ(ιλοτείμως) ⎜ φυλὴ γʹ ⎜ Μηνοριζ⎜ειτῶν.

[129] Mitchell – French 2011, 243–247 Nr. 82–83. 249–250 Nr. 86. 250–252 Nr. 88. 260–266 Nr. 96–101. 268–272 Nr. 103–106. 281–285 Nr. 116. 285–286 Nr. 118; I Pessinous 35–38 Nr. 19.

[130] Mitchell – French 2011, 227–230 Nr. 72–73.

[131] Contra Nigdelis – Lioutas 2009, 111: „The subsequent use of the title in the Koinon of the Galatians and the Koinon of the Armenians should therefore be ascribed to imitation of the usage of the Koinon of Asia and the Koinon of Bithynia“.

[132] Bosch 1967, 128.

[133] Zur Genese des galatischen koinon eingehend Vitale 2012, 122–129.

[134] Dagegen identifiziert F. Stähelin, Helladarchai, RE 8 (1912) 97–98 den Helladarchen gänzlich losgelöst vom koinon aus einer ethnogenetischen Perspektive als „Vorsteher der grie­chischen Bevölkerung in einer vorzugsweise nichtgriechischen Umgebung“, was allein schon aufgrund der Genealogie des Helladarchen C. Iulius Severus, eines angeblichen Abkömmlings der Könige Deiotaros und Amyntas, nicht plausibel ist; vgl. aus ethnokultureller Perspektive etwa Bosch 1967, 128 in Bezug auf den Titel ‚Erster der Hellenen‘: „Als Hellenen wurden alle gebildeten Leute des Ostens bezeichnet, gleichgültig welcher Nationalität sie waren (Nr. 51 A. 4), wobei man unter „Bildung“ natürlich hellenistische Bildung und vor allem vollständige Beherrschung der griechischen Sprache verstand“.

[135] Dazu G. Wesch-Klein, Provincia. Okkupation und Verwaltung der Provinzen des Impe­rium Romanum von der Inbesitznahme Siziliens bis auf Diokletian. Ein Abriss, Zürich 2008, 280–281; Vitale 2012, 260–261.

[136] Rec. gén. 136 Nr. 3; Zusammenstellung der Belege bei Dalaison 2007, 214–216 Nr. 1–8.

[137] Rec. gén. 137 Nr. 8.

[138] B. Pick, Une monnaie du ΚΟΙΝΟΝ ΑΡΜΕΝΙΑΣ, REA 16 (1914) 283–289; ausführlich Leschhorn 1993, 144–149; Dalaison 2007, 219 Nr. 25–31.

[139] Dieselbe Ärenzählung führen auch Münzprägungen aus Nikopolis; Mitchell (Anm. 88) 118; Burrell 2004, 234; Dalaison 2007, 231–232.

[140] Ebenso Cumont (Anm. 91) 116–118.

[141] IGR III 132 = SEG 6, 799: „Iulius Patroninus, den ersten der Hellenen und ersten Armeniarchen ehrt die Heimatpolis, (aufgesetzt) unter dem Epimeleten Iulius ---“.

[142] CIG 4189; vgl. Puech 2004, 360 Anm. 18; die Inschrift aus der Zeit von Gordian III. ed. pr. H. Grégoire, Rapport sur un voyage d’exploration dans le Pont et an Cappadoce, BCH 33 (1909) 35 Nr. 13; zu Nikopolis’ Neokorien Burrell 2004, 234–235.

[143] Ptol. 5. 7, 2. 5; dagegen lag Melitene (Ptol. 5. 7, 5) an der Grenze zu Commagene in Cappadocia und wird vom Geographen fälschlicherweise zu Kleinarmenien gezählt (Ptol. 5. 7, 1–12).

[144] Zumindest Satala erscheint in der Überlieferung frühestens auf der Shapur-Inschrift (Res Gestae divi Saporis) von Naqš-i-Rustam (SEG 20, 324) aus den Jahren 260/262 n. Chr. als Polis der Statthalterprovinz Cappadocia (Z. 18: καὶ τῆς Καππαδ[ο]κ[ία]ς Σάταλα πόλιν σὺν τῇ περιχώρῳ); vgl. Cass. Dio 68. 19, 2; Prok. BP 1. 15, 9: Σάταλα πόλις; Steph. Byz. s.v. Σάταλα, πόλις Ἀρμενίας [i. e. Armenia Minor]; zu Daskousa vgl. M. Cassia, Cappadocia romana: strutture urbane e strutture agrarie alla periferia dell’impero, Testi e studi di storia antica 15, Catania 2004, 191–192; Plin. nat. 5, 84; Itin. Anton. Aug. 209, 3; Oros. hist. 1. 2, 23; CIL III 6743 = ILS 2535; AE 1975, 809.

[145] Plin. nat. 6, 26: dividitur, quod certum est, in praefecturas, quas strategias vocant; vgl. dazu L. Robert, BE 1983, 168 Nr. 426.

[146] Vgl. Vitale 2012, 164–172.

[147] Ptol. 5. 6, 12; 13; 14; 18; vgl. Plin. nat. 6, 9 redet in seiner Beschreibung von Cappadocia von partes (Unterteilungen); bereits Strab. 12. 1, 4 verzeichnet für die vorpom­peianische und pompeianische Zeit elf Strategien in Kappadokien; dazu S. Panichi, Cappadocia through Strabo’s Eyes, in: D. Dueck (Hrsg.), Strabo’s Cultural Geography. The Making of a Kolossourgia, Cambridge 2005, 214.

[148] Vgl. Deininger 1965, 88–91; Sartre 1991, 207–208.

[149] Zur Wiedereinrichtung des achäischen Bundes in hellenistischer Zeit ausführlich Th. Corsten,Vom Stamm zum Bund. Gründung und territoriale Organisation griechischer Bundes­staaten, München 1999, 160. 165–172; J. Roy, The Achaian League, in: K. Buraselis – K. Zoumboulakis (Hrsg.), The Idea of European Community in History 2, Athen 2003, 81–95.

[150] Zur Verwendung des Ausdrucks ἔθνος in der Bedeutung von κοινόν vgl. Lefèvre 1998, 18.

[151] Lefèvre 1998, 13–16 (Ursprünge). 17–23 (Zusammensetzung).

[152] Oliver 1978a, 3–6; Puech 1983, 15: zwischen 128–132 n. Chr.; Sartre 1991, 209: zwischen 125–128 n. Chr.; Sánchez 2001, 441.

[153] Stähelin (Anm. 133) 97; Oliver 1978a, 2–6; Puech 1983, 21–30; zur Datierung der Einführung der Helladarchie in Achaia vgl. Puech 1983, 34.

[154] Stähelin (Anm. 133) 97; Oliver 1978a, 1–2; Lefèvre 1998, 132–133.

[155] Gemäss Sánchez 2001, 441 waren Boiotier, Phoker, Lokrer, Euboier in beiden Bundes­organisationen vertreten; vgl. auch Sartre 1991, 208–209.

[156] Oliver 1978a, 5; Puech 1983, 23.

[157] Oliver 1978a, 5; vgl. Sánchez 2001, 442.

[158] G. W. Bowersock, Zur Geschichte des römischen Thessaliens, RhM 108 (1965) 282–289; Sartre 1991, 207; F. Burrer, Münzprägung und Geschichte des Thessalischen Bundes in der römischen Kaiserzeit, Saarbrücken 1993, 3–11; Wesch-Klein (Anm. 134) 265.

[159] Deininger 1965, 91–96; insbes. 92–93 zu den Bundesbeamten; Burrell 2004, 191–197.

[160] Lefèvre 1998, 94–101.

[161] Lefèvre 1998, 131; eingehend Sánchez 2001, 432–436.

[162] FD III 4. 302 col. 2, Z. 5–6.

[163] Lefèvre 1998, 131.

[164] Oliver 1978a, 5.

[165] Vgl. etwa M. Sordi, La fondation du collège des Naopes et le renouveau politique de l’amphictionie au IVe siècle, BCH 81 (1957) 61; allgemein G. Dobesch, Der panhellenische Gedanke im 4. Jh. v. Chr. und der „Philippos“ des Isokrates, Wien 1968, 3–29.

[166] Vgl. FD III 1. 480, Z. 16–17: καὶ εἶναι αὐτὸν πρόξενον καὶ εὐεργέτην καὶ [τ]ο[ὺς ἐκγ]όνο[υς] ⎜ αὐτοῦ τοῦ τε συνεδρίου τῶν [Ἀμ]φικτιόνων καὶ τῶν ἄλλων Ἑλλήνων; SIG 613.

[167] Lefèvre 1998, 164: „Ce fait invite à considérer avec prudence les passages où „Grecs“ vaut pour „Amphictions“, d’autant que cette opposition apparaît encore plus crûment si on examine les cas d’admission et d’exclusion de l’Organisation“; vgl. Oliver 1978b, 189.

[168] IG V 1. 1451, Z. 10–12.

[169] IG V 1. 512, Z. 6–10.

[170] Messene: SEG 11, 984, Z. 3–4; Olympia: I Olympia 448, Z. 4–6. 458, Z. 6–8; dazu Puech 1983, 30.

[171] IG IV2 1. 81, Z. 14: ἔδοξε τῶι Παναχαϊκῶι συνεδρίωι.

[172] IG VII 2711, Z. 101–102: ἐν τῷ κοινῷ τῶν Παν⎜[ελλή]νων τῷ ἀχθέντι ἐν Ἄργει; IG VII 2712, Z. 39–40.

[173] Oliver 1978b, 185–188; Sartre 1991, 208.

[174] IG II/III2 3538; dazu Puech 1983, 20.

[175] Puech 1983, 24; Sartre 1991, 209.

[176] Corinth VIII 1. 80, Z. 2–3; dazu Oliver 1978a, 1.

[177] IG IV 590, Z. 6–7.

[178] IG V 1. 1451; dazu Oliver 1978a, 1–2; Puech 1983, 24.

[179] Oliver 1978a, 3: „A further conclusion would be that it was a deliberate imitation of a title familiar elsewhere, namely Asiarch, and the question arises why old Greek leagues with the glorious traditions of the Delphic Amphictiony and the Commonality of the Achaeans would copy an institution of the province of Asia either directly or indirectly“.

[180] Dazu Corsten 1999, 215–222; bes. 221–222: Im Unterschied zu weitgehend unpoliti­schen kultischen bzw. kulturellen Bündnisformen wie der delphischen Amphiktyonie ermög­licht die Organisationsform des ‚Bundesstaates‘ die Verbindung ethnisch unterschiedlicher Ein­heiten insbesondere durch ihre Eingliederung in die bundesstaatlichen Territorialstrukturen und durch Verleihung des gemeinsamen Bürgerrechts.

[181] Nigdelis – Lioutas 2009, 104–105.

[182] Zum seltenen Ausdruck ἐπάρχειος anstelle des üblichen ἐπαρχεία Nigdelis – Lioutas 2009, 107 mit Anm. 15.

[183] Vgl. für die am häufigsten überlieferte Ämterkombination etwa I Beroia 68, Z. 9–10: ὁ Μακεδονιάρχης καὶ ἀρχιερεὺς τοῦ Σε⎜βαστοῦ καὶ ἀγωνοθέτης τοῦ κοινοῦ τῶν Μακεδόνων; ebenso I Beroia 68, Z. 6–7. 76, Z. 6–10; SEG 16, 390, Z. 2–4; IG X 2. 1. 163, Z. 22–23; IG X 2. 1. 188, Z. 6–8; IG X 2. 1. 203, Z. 7–10; SEG 49, 816, Z. 6–7. 817, Z. 7–8.

[184] Liv. 45. 29, 9; Diod. 31. 8, 8; vgl. etwa AE 1900, 130 = SEG 16, 391 aus flavischer Zeit; dazu J. A. O. Larsen, Consilium in Livy XIV. 18. 6–7 and the Macedonian Synedria, ClPhil 44 (1949) 73–90; Hatzopoulos 1996, 337–359; bes. 354–359; R. Haensch, Capita provinciarum. Statthaltersitze und Provinzialverwaltung in der römischen Kaiserzeit, Mainz am Rhein 1997, 110; als Münzprägedistrikte bei K. Dahmen, The Numismatic Evidence, in: J. Roisman – I. Worthington (Hrsg.), A Companion to Ancient Macedonia, Oxford 2010, 54–55.

[185] I Beroia 115, Z. 6; IG X 2. 1. 172, Z. 8–12; IG X 2. 2. 333, Z. 9–11; SEG 34, 678, col. 3, Z. 8–9; BE 1946/7, 332–333 Nr. 140.

[186] Vor dem Hintergrund der Zufälligkeit der Überlieferung erscheint gerade im Falle einer epigraphischen Erstbezeugung eines aus anderen Regionen bekannten Titels wie πρῶτος Ἑλλήνων die Schlussfolgerung der Editoren methodisch ungeschickt, dass der Titel bloss eine Imitation des in Asia und Bithynia gängigen Amtstitels sei, weil „there is no evidence of the form Κοινὸν τῶν ἐν Μακεδονίᾳ Ἑλλήνων“ (Nigdelis – Lioutas 2009, 111).

[187] Dazu J. Bartels, Städtische Eliten im römischen Makedonien. Untersuchungen zur For­mierung und Struktur, Berlin/New York 2008, 103–104; Hatzopoulos 1993, insb. 169–171; anders die Interpretation der πολιτεῖαι bei P. Nigdelis – G. A Souris, Πόλεις and Πολιτε αι in Upper Macedonia Under the Principate: A New Inscription from Lyke in Orestis, Tekmeria 3 (1997) 58–61; vgl. E. Kefalidou – P. Nigdelis, Die Eordaier und das Koinon der Makedonen in einer neuen Ehreninschrift, Hermes 128 (2000) 152–163.

[188] Dazu Hatzopoulos 1993, 170–171; ders. 1996, 248–249.

[189] IGLS XXI 47–49 Nr. 23–24: ἡ τῶν Φιλαδελφέων κατὰ Κοίλην Συρίαν πόλις.

[190] Spijkerman 1978, 188–193 Nr. 5 [vgl. Barkay 2003, 202 Nr. 15a]. 7–9 (Marcus Aurelius). 10–11 (Faustina II.). 12–14 (Lucius Verus). Es handelt sich nicht um die im ausgehenden 2. Jh. n. Chr. von Septimius Severus in Nordsyrien organisierte neue Provinz Coele Syria.

[191] Ios. ant. Iud. 14, 74–76; bell. Iud. 1, 155–156.

[192] Eine territoriale Verwaltungseinheit bzw. ein koinon gemäss A. H. M. Jones, Inscrip­tions from Jerash, JRS 18 (1928) 157 Nr. 16: „the religious union of Coele Syria“; A. H. M. Jones, The Cities of the Eastern Roman Provinces, Oxford 21971, 512; J.-P. Rey-Coquais, Philadelphie de Coelésyrie, AAJ 25 (1981) 29: „circonscription provinciale“; H. I. MacAdam,Studies in the History of the Roman Province of Arabia. The Northern Sector, Oxford 1986, 76; E. Meyer, Die Bronzeprägung von Laodikeia in Syrien 194–217, JNG 37/8 (1987/8) 69–70; K. Butcher, Roman Syria and the Near East, London 2003, 114; M. Sartre, Les manifestations du culte imperial dans les provinces syriennes et en Arabie, in: C. Evers – A. Tsingarida (Hrsg.), Rome et ses provinces. Genèse et diffusion d’une image du pouvoir, Brüssel 2004, 170: „circonscriptions du culte impérial relevant de la Syrie“; gefolgt von Puech 2004, 384; Wesch-Klein (Anm. 134) 293: „Ein syrisches Koinon existierte schon unter Augustus. Es gliederte sich spätestens in flavischer Zeit in Eparchien“; dagegen als lediglich historisch-geographische Zugehörigkeit IGLS XXI 47–48; F. Millar, The Roman Near East 31 BC – AD 337, London 1993, 423: „This very vague geographical term“; A. Gebhardt, Imperiale Politik und provin­ziale Entwicklung. Untersuchungen zum Verhältnis von Kaiser, Heer und Städten im Syrien der vorseverischen Zeit , Berlin 2002, 309; Barkay 2003, 155; A. Lichtenberger, Kulte und Kultur der Dekapolis. Untersuchungen zu numismatischen, archäologischen und epigraphischen Zeugnissen, Wiesbaden 2003, 17.

[193] AE 1929, 98 = I Didyma 151: ἡ βουλὴ καὶ ὁ δῆμος Τυρίων τῆς ⎜ ἱερᾶς καὶ ἀσύλου καὶ αὐτονόμου μητροπόλεως Φοινείκης καὶ τῶν κατὰ ⎜ Κοίλην Συρίαν καὶ ἄλλων πόλεων καὶ ναυαρχίδος (...).

[194] Foerster – Tsafrir (Anm. 50) 53–58 = SEG 37, 1531; P.-L. Gatier, Décapole et Coelé-Syrie: deux inscriptions nouvelles, Syria 67. 1 (1990) 205–206 mit Korrekturen.

[195] Damit entfällt die von Spijkerman 1978, 303 vorgeschlagene Lesung ἐλ(ευθέρας) πόλ(εως).

[196] Spijkerman 1978, 192–193 Nr. 15. 194–195 Nr. 21; Barkay 2003, 207 Nr. 28–30, mit Kommentar 162–163.

[197] Ebenso Barkay 2003, 162.

[198] In diese Richtung weist vielleicht der Ortsname „Hellas“ in den Ethnika des Stephanos von Byzanz: es existierten demnach zwei Poleis dieses Namens, eine in Thessalien, und ein weiteres „Hellas, Polis in Koile Syria“ (Steph. Byz. s.v. Ἑλλάς. [...] ἔστι καὶ ἄλλη πόλις Ἑλλὰς Κοίλης Συρίας; dazu Cohen 2006, 255). Ob damit wirklich Städte gemeint sind, ist fraglich. Vielmehr könnte im Falle Thessaliens der Ausdruck ‚Polis‘ die gesamte Landschaft gemeint haben. Der Begriff konnte offenbar schon in der klassischen Zeit bisweilen eine andere Bedeutung einnehmen, indem er nämlich auch auf einen Stamm bzw. ein Gebiet angewendet wurde; so z.B. tauchen grössere Gemeinwesen als Mitglieder des Zweiten Attischen Seebundes unter der Überschrift Ἀθηναίων πόλεις αἵδε σύμμαχοι auf (IG II2 43, A. col 1. 1, Z. 78), wie etwa die Ἀκαρνᾶνες, d.h. der Akarnanische Bund (IG II2 43, B. col 1. 2, Z. 10). Womöglich ist bei Stephanos mit der „Polis Hellas“ in Koile Syrien die Dekapolis insgesamt gemeint (die Überlegung verdanke ich Th. Corsten).

[199] Foerster – Tsafrir (Anm. 50) 58.

[200] So Barkay 2003, 162.

[201] Vgl. dazu Puech 2004, 370.

[202] Ios. Vit. 341–343. 410; dazu Barkay 2003, 22.

[203] Vgl. Barkay 2003, 22–24.

[204] Vgl. E. Baltrusch, Die Juden und das Römische Reich, Darmstadt 2002; P. Schäfer, Der Bar Kokhba-Aufstand: Studien zum zweiten jüdischen Krieg gegen Rom, Tübingen 1981.

[205] H. Bietenhard, Die syrische Dekapolis von Pompeius bis Trajan, ANRW 2. 8, Berlin/
New York 1977, 232.

[206] Ios. ant. Iud. 17, 320: καὶ ἦσαν πόλεις αἳ Ἀρχελάῳ ὑπετέλουν Στράτωνός τε πύργος καὶ Σεβαστὴ σὺν Ἰόππῃ καὶ Ἱεροσολύμοις· Γάζαν γὰρ καὶ Γάδαρα καὶ Ἵππον, Ἑλληνίδες εἰσὶν πόλεις, ἀπορρήξας αὐτοῦ τῆς ἀκροάσεως Συρίας προσθήκην ποιεῖται; ebenso Ios. bell. Iud. 2, 97.

[207] Dagegen rätselhaft ist die Bezeichnung des arsakidischen Königssitzes Ktesiphon (we­nigstens der Stadtname ist griechisch) als πόλις Ἑλληνίς bei Ios. ant. Iud. 18, 376. Im Gegen­satz dazu bezeichnet Strabon, der Babylon als „Metropolis der Assyrer“ ausweist, Ktesiphon vorweg als κώμη μεγάλη, erst in einem zweiten Anlauf als Polis wegen seiner politischen Bedeutung, Grösse und Ausstattung (Strab. 16. 1, 16: δυνάμει οὖν Παρθικῇ πόλις ἀντὶ κώμης ἐστὶ). Ebenso könnte Josephos’ Charakterisierung Ktesiphons allgemein die Bedeutung der Siedlung, jedenfalls aber nicht ihre politische Struktur betreffen, oder ein Versehen sein. In diesen Beispielen scheinen die Ausdrücke ‚Polis‘ bzw. ‚Metropolis‘ nicht in einem technischen Sinne verwendet worden zu sein.

[208] Vgl. Cohen 2006, 255–263 (Jerusalem); 274–277 (Samareia-Sebaste); 299–302 (Stratonospyrgos).

[209] Es handelt sich um Abila, Capitolias und Gadara (Spijkerman 1978, 300–301); zur formelhaften Titelkombination Cohen 2006, 278–279.

[210] Ebenso vage Sartre (Anm. 191) 180: „Ce qui distingue toutes ces cités, c’est leur ancienneté comme cité grecque!“.

[211] Vgl. in diesem Sinne Gatier (Anm. 193) 206: „parmi celles des cités de Coelé-Syrie qui sont grecques“.