Michael Alexander Speidel


Faustina — mater castrorum
Ein Beitrag zur Religionsgeschichte




I. Die jüngere Faustina und das Zeitalter der matres castrorum

Die Erinnerung an Mark Aurel ist trotz seiner langen Jahre im Kriegsgebiet, seiner vielen Schlachten gegen feindliche Heere und trotz der zahllosen Münzen und Denkmäler, die ihn in Worten und Bildern in Rom, in Italien und im ganzen Reich als siegreichen Feldherrn zeigten, weit mehr vom Bild des Philosophen geprägt als von jenem des Kaisers oder des Heerführers.[1] Grund dafür ist bekanntlich vor allem die einzigartige Überlieferung für diesen Kaiser. Denn durch ausserordentliche Umstände haben sich von Mark Aurel zwar private Briefe und philosophische Notizen erhalten, doch in ihnen äussert sich der Kaiser kaum zu konkreten Belangen seines Alltags als planender und handelnder römischer Herrscher und Kriegsherr. Immerhin verrät Mark Aurel in seinen „Selbstbetrachtungen“, dass er sich nicht als Reformer verstand.[2] Auch sein Biograph beschrieb ihn als traditionsgebundenen Herrscher. [3] Dennoch gilt die Regierungszeit Mark Aurels heute zu Recht als eine Zeit des Umbruchs. Auch sein Verhältnis zu militärischen Belangen war — oft notgedrungen — von weit­reichenden Neuerungen geprägt. [4] In einem Punkt erwies sich Marcus’ Regierungszeit hierin geradezu als revolutionär: der Titel mater castrorum, den seine Gemahlin Annia Galeria Faustina seit dem Jahr 174 (?) trug, prägte für das gesamte dritte Jahrhundert die Beziehung der Augustae und des Kaiserhauses zum Heer.[5] Dieser neuartige Titel, der zum ersten Mal in der römischen Geschichte von einer offiziellen Rolle kündete, die eine Frau in der Welt des römischen Militärs einnahm, bedeutete einen Bruch mit dem Bild der häuslichen Kaiserin, das die Augustae des ausgehenden ersten und des zweiten Jahrhunderts bis dahin ausgezeichnet hatte. [6] Das Ausmass des historischen Wandels, den der neue mater castrorum-Titel anzeigte, ist auch deutlich daran zu erkennen, dass die Frauen der römischen Kaiser zuvor einzig den Titel Augusta trugen. Damit scheint der neue Titel aber auch den Anbruch jenes neuen Zeitalters anzukündigen, das Cassius Dio mit Eisen und Rost verglich, und dessen zentralen Wesenszug man vor allem seit den Forschungen von Michael Rostowzeff oft in einer tiefgreifenden, allgemeinen Militarisierung zu erkennen glaubt. [7]

Zahlreiche Forscher haben ihre Auffassung davon, was eine römische „Mutter der Heerlager“ verkörperte, in zumeist beiläufigen Aussagen geäussert. Die bisher veröf­fentlichten Aussagen sind dabei vor allem von den Vorurteilen und Idealen ihrer Autoren in Bezug auf Frauen in Führungsrollen geprägt sowie von zumeist nicht näher erläuterten Vorstellungen von einer stark militarisierten Gesellschaft während der Regierungszeiten der Severer und der „Soldatenkaiser“, in welche die erste Verleihung des mater castrorum-Titels nicht wenigen Forschern weit passender erschienen wäre als in die Zeit des „Philosophenkaisers“. Nur so ist es zu erklären, dass der Titel bei der Beurteilung der Kaiserinnen des dritten Jahrhunderts regel­mässig bedeutsam erschien, während Faustina bis heute sogar immer wieder als dessen erste Trägerin gänzlich übersehen und Iulia Domna, die Gemahlin des Septimius Severus, dafür gehalten wird.[8] Denn der mater castrorum-Titel gilt vor allem als Ausdruck eines grundlegenden, gesellschaftlichen und politischen Wandels in der konservativen römischen Elite, der es den Augustae des dritten Jahrhunderts ermöglicht habe, neue und umfassende Macht zu erringen, die zudem in der sonst ausschliesslich Männern vorbehaltenen Welt des Militärs wirksam gewesen sein soll.

Die Versuche, den Sinn des mater castrorum-Titels und seine Aussage zur Regie­rungszeit Mark Aurels wissenschaftlich zu erfassen, blieben aber, trotz des seit einigen Jahrzehnten stark angestiegenen Interesses der Altertumswissenschaften an den Frauen der domus Augusta und trotz ungelöster Widersprüche der bisherigen Deutungen sehr selten.[9] Das liegt einerseits zweifellos an der äusserst lückenhaften Überlieferung und andererseits an einem weit verbreiteten, langlebigen und oft allzu bequemen Konsens über das bisherige Deutungsfeld des Titels und seines Zeitalters. Solches stand einer vermehrten kritischen Beschäftigung offenbar im Weg. Die Rolle einer mater castrorum ist jedoch für jedes historische Urteil über die politische und gesellschaftliche Rolle der Augustae im ausgehenden zweiten und im dritten Jahr­hundert oder über die gesellschaftlichen Entwicklungen dieser Epoche, soweit dabei Interpretationen dieses Titels eine Rolle spielten, von Gewicht und bedarf deshalb einer erneuten Prüfung.

II. Weiberregiment, Soldatenmaskottchen, Staatsmutter
und andere bisherige Deutungen




Merkwürdigerweise haben die bisher vorgeschlagenen Interpretationen des mater castrorum-Titels, trotz ihrer Widersprüche und trotz ihrer scheinbar ebenso revolu­tionären wie für Faustina und für die Regierung Mark Aurels so unpassenden Aussage, kaum Fragen aufgeworfen. Zu offenkundig schien wohl seine Bedeutung: „The specific meaning of the title is obvious“.[10] Diese Ansicht hat ihren Ursprung zweifellos im Umstand, dass dem Titel längst Sinn zugewiesen worden war, bevor die moderne Geschichtswissenschaft ihr Interesse an den Frauen der römischen Herr­scher­familien entdeckte. So begriff die Habsburgerin Maria Theresia den Titel als Ausdruck mütterlicher Fürsorge der Monarchin für das Heer und schmückte sich während des Österreichischen Erbfolgekrieges im Jahre 1743 mit ihm auf Schau­münzen. [11] Diese zeigen die Herrscherin als Pallas Athene, wie sie mit Schild und Speer bewaffnet die streng geordneten Schlachtreihen des Heeres zu ihren Füssen anführt, um damit die Erbansprüche, die sie für sich und das Haus Habsburg geltend machte, gegen den Widerstand ausländischer Mächte militärisch durchzusetzen:

Diese Münzen bezeugen nicht nur, dass der mater castrorum-Titel um die Mitte des 18. Jahrhunderts in Wien nicht vergessen war, sondern sie sind auch ein Zeugnis dafür, dass man mit dem Titel am Habsburger Hof damals mehr als ein fürsorgliches Verhältnis der Herrscherin zum Heer verband. Die gesellschaftliche Konvention verhinderte zwar, dass Maria Theresia wie auf der Schaumünze, oder wie ihr Preussi­scher Widersacher Friedrich II. in Wirklichkeit, an der Spitze ihrer Truppen ins Feld zog, doch das Münzbild verkündete unmissverständlich, dass die Habsburger Monarchin als mater castrorum die übergeordnete militärische Führung ihres Heeres beanspruchte. Maria Theresia erschien die Rolle einer mater castrorum in jenen Jahren offenbar als ein geeignetes Mittel, sich die ausserordentlich wichtige Gefolg­schaft der Soldaten zu sichern. In einem ganz ähnlichen Sinn verwendete etwa auch Honoré de Balzac im Jahre 1836 den Titel, um Katharina von Medici als energische „Mutter Frankreichs“ zu charakterisieren. Ihre Rolle verdeutlichte Balzac, indem er Katharina ihren Sohn, König Karl IX. von Frankreich, über die beste Politik für die innere und äussere Sicherheit seines Königreichs belehren liess.[12]

Seither bestimmen vor allem solche und ähnliche Vorstellungen von der Ent­schlossenheit, der politischen Macht und der militärischen Befehlsgewalt führender Frauen sowie von ihrem kompromisslosen Willen zum dynastischen Machterhalt die Deutungsansätze der Rolle einer mater castrorum. So verstand im Jahre 1895 der aus dem Habsburgerreich stammende und in Wien ausgebildete grosse Historiker des römischen Heeres Alfred von Domaszewski, der als erster versuchte, die Bedeutung des mater castrorum-Titels wissenschaftlich zu erfassen, die damit verbundene Rolle nicht grundsätzlich anders als Maria Theresia oder Honoré de Balzac.[13] Allein sein Urteil fiel ganz anders aus als dasjenige der Monarchin und des Schriftstellers, denn der Historiker hielt den Titel für einen Ausdruck des moralischen Zerfalls und einer orientalisch geprägten Gewaltherrschaft im Römischen Reich. Er erkannte darin die „Mitherrschaft der Frau“, die als gänzlich „unrömisch“ einzustufen sei, da „der römische Geist (...) das Weiberregiment überhaupt und vor allem das Weiberregiment im Heere“ verabscheut habe. Zur Stützung seines Urteils verwies Domaszewski auf die feindseligen Reaktionen des Tiberius, als Livia und die ältere Agrippina zu sehr in das Rampenlicht der ausschliesslich Männern vorbehaltenen Bühnen politischer und militärischer Macht geraten waren. [14] Der Titel habe ferner, so Domaszewski, „die Aufstellung des Genius der Kaiserin im Fahnenheiligtum“ bezeichnet, sowie „das Eintreten des Kaisercultes in die Heeresreligion“. Allerdings irrte sich Domaszewski bei der Datierung des neuen Titels: Er hielt seine Einführung für eine Neuerung der Severer, „das Werk der Kaiserin, die sich Domna nannte“. [15] Seine Theorie, die Einführung des mater castrorum-Titels lasse sich auf den Einfluss einer orienta­lischen Herrschaftsauffassung zurückführen, ist deshalb ohne Grundlage. [16]

Doch Domaszewskis Annahme, dass eine offizielle Beziehung der Kaiserin zum Heer, oder gar deren Befugnis, den Soldaten Befehle zu erteilen, der römischen Führungsschicht hätte unerträglich oder gar despotisch erscheinen müssen, findet in Aussagen der Quellen durchaus eine starke Stütze. Denn der mater castrorum-Titel gleicht einigen älteren Bezeichnungen, die mit Vorstellungen von Gewaltherrschaft verbunden waren. [17] So zählte es Sueton zu den groben Verfehlungen Caligulas, dass sich dieser auch als Kaiser castrorum filius und pater exercituum nennen liess, und sich dann beinahe auch noch zum König ernannt hätte. [18] Nicht lange davor war Gnaeus Calpurnius Piso, nach dem Bericht des Tacitus, vorgeworfen worden, er habe sich während seiner syrischen Statthalterschaft von den Soldaten parens legionum nennen lassen. Auch hier bestand der Vorwurf — wenn auch um anderes zu „beweisen“ — offenbar in einer im Urteil der senatorischen Elite unzulässigen Art des Nahverhältnisses zwischen einem römischen Befehlshaber und den Soldaten, sowie in den damit verbundenen despotischen Absichten. [19] Caligulas despotisches Verhalten und sein Überschreiten gesellschaftlich annehmbarer Grenzen offenbarte sich im Urteil Suetons auch darin, dass dieser seine Gemahlin Milonia Caesonia zu Pferd, militärisch gekleidet und mit Schild und Helm bewaffnet seinen Soldaten vor­ge­stellt hatte.[20] Ähnlich warf Tacitus auch Pisos Gemahlin Plancina vor, die „einer anständigen Frau gezogenen Grenzen“ überschritten zu haben: angeblich war sie bei militärischen Übungen zugegen gewesen.[21]

Sueton verfasste seine Einschätzungen vermutlich während der ersten Lebensjahre Mark Aurels, als er sich als ab epistulis im Gefolge Kaiser Hadrians und dessen Gemahlin Sabina befand und dabei, im Jahre 121/2, den Herrscher bei seiner Inspek­tion der Grenztruppen und ihrer Lager am Rhein und in Britannien begleitete.[22] Auch Tacitus schrieb seine Annalen ungefähr in dieser Zeit (oder wenig früher).[23] Die Ansichten der beiden Autoren scheinen jedenfalls am Hofe Hadrians geteilt worden zu sein, denn weder von Hadrian noch von seinem Nachfolger Antoninus Pius sind Versuche bekannt, sich selbst oder gar ihren Frauen Ansehen bei den Soldaten zu verschaffen, indem sie auf Titel und Auftritte zurückgriffen, wie sie Caligula oder Gnaeus Calpurnius Piso einst einsetzten. Es ist deshalb sicherlich auch kein Zufall, dass Bilder, wie jenes von Maria Theresia auf der Schaumünze von 1743, aus römischer Zeit weder für Faustina noch für spätere matres castrorum geprägt wurden.

Wenn es vor diesem Hintergrund kaum überrascht, dass Marcus sich nicht zum pater castrorum erhob, so erstaunt doch die Ernennung seiner Augusta zur mater castrorum umso mehr. Dennoch wurde Faustinas neuer Titel nicht selten als Folge einer längeren Entwicklung und Ausdruck einer sich wandelnden Welt begriffen, in der die Frauen des Kaiserhauses zunehmend auch an militärischer Autorität gegen­über den Truppen des römischen Heeres gewonnen hätten.[24] Dabei wurde etwa auf die zahlreichen Zeugnisse für die Anwesenheit von Frauen in und um die kaiserzeit­lichen Truppenlager hingewiesen.[25] Vor allem aber prägten Berichte von Ereignissen aus dem Leben einiger Frauen des julisch-claudischen Kaiserhauses sowie aus den Biographien späterer Augustae und matres castrorum die Vorstellung von der Rolle einer selbstbewusst und gebieterisch vor Soldaten auftretenden „Mutter der Heer­lager“.[26] So wurde der Titel, ähnlich wie offenbar von Maria Theresia, immer wieder als ein von der Kaiserin „ihren“ Soldaten gegebenes Fürsorge- und Schutzversprechen verstanden, das der Herrscherfamilie zum Erhalt ihrer Macht dienen sollte[27] und das Ausdruck einer von den Augustae errungenen, offiziell und öffentlich ausgeübten Macht gewesen sei.[28] Faustina habe auf dem „Höhepunkt dieser Entwicklung“ den Titel „übernommen“, nachdem schon früher Frauen des Kaiserhauses „Zugang zum militärischen Bereich“ erlangt hätten, „offiziell vor den Truppen in Erscheinung“ getreten seien und diesen gegenüber „Autorität ausgeübt“ hätten. [29] Damit sei es der Kaisergattin gelungen, „in einem wichtigen Bereich des öffentlichen Lebens“ ihr „Eigengewicht im Staate“ gegenüber ihrem Gemahl, der „den Oberbefehl über die Armee führte“, „merklich zu stärken“. [30] Der Titel habe sie zur Galionsfigur, ja gar zu einem Maskottchen des Heeres gemacht, zu einer Art mütterlichen Liebling der Soldaten.[31] Krieg, heisst es in einem Fall sogar, sei fortan keine allein Männern vorbehaltene Domäne mehr gewesen.[32] Unter Severus Alexander schliesslich hätten die Soldaten am Titelmater castrorum gar erkannt, dass ihr wahrer Oberbefehlshaber nicht der Kaiser, sondern seine Mutter, die Augusta Iulia Mamaea, gewesen sei. [33]

Die Annahme einer zunehmenden, offiziellen Beteiligung der Augustae an politischer und militärischer Macht, oder einer allgemein sich ausbreitenden Milita­risierung, aus welcher der mater castrorum-Titel Faustinas hervorgegangen sei, findet jedoch bei näherer Betrachtung keine Stütze in den Quellen. Die Anwesenheit von Frauen, gerade auch von jenen der Soldaten, Offiziere und Befehlshaber, in und um die Militärlager war seit der frühesten Kaiserzeit offiziell geduldet.[34] Darin lag jedenfalls kein Ausdruck eines für das spätere zweite Jahrhundert kennzeichnenden moralischen Wandels. Vor allem aber waren Verhalten und Auftreten der Frauen in militärischem Kontext durch klare Grenzen geregelt. Die bekannten Ereignisse, bei denen Frauen julisch-claudischer Zeit für ihr Übertreten dieser Grenzen getadelt wurden, helfen bei der Suche nach dem Sinngehalt des mater castrorum-Titels kaum weiter, da keine dieser Frauen den Titel trug. Die Überlieferung zeigt ferner, dass die Abscheu, welche die öffentliche Ausübung oder Zurschaustellung politischer oder militärischer Macht in den Händen von Frauen vor allem bei den Männern der römischen Elite auslöste, während der gesamten Kaiserzeit bestand. [35] Eine Zunahme solcher Verstösse lässt sich aber über die ersten beiden Jahrhunderte hinweg nicht erkennen. Vielmehr ist in dieser Hinsicht seit dem Ende der julisch-claudischen Dynastie bei den kaiserlichen Vorgängerinnen Faustinas eine grössere Zurückhaltung festzustellen. So hatten etwa zuletzt Pompeia Plotina und Vibia Sabina, die Augustae Trajans und Hadrians, ihre Gemahle mehrfach auch auf militärisch geprägten Reisen begleitet, ohne jedoch durch unkonventionelles Verhalten besonderes Aufsehen zu erregen.[36] Genau so wenig trägt aber auch die Überlieferung für die späteren matres castrorum zum Verständnis des Titels bei, denn es fehlen in den Quellen wiederum Aussagen sowohl zu seiner Bedeutung als auch zur Wechselbeziehung zwischen dem Titel und dem Handeln der Augustae, die ihn trugen. Es ist aus solchen Zusammen­hängen deshalb keine Entwicklung zu erkennen, aus der Faustinas neuartiger mater castrorum-Titel hergeleitet werden könnte.

Vorstellungen wie die oben zitierten, wonach Faustina den Titel eigenmächtig „übernommen“ habe oder mit einem gegenüber dem Kaiser gestärkten militärischen „Eigengewicht“ vor versammelter Truppe aufgetreten sei, um „Autorität auszuüben“ (Wie hätte das geschehen sollen? Durch flammende Reden oder gar durch Befehle?), widersprechen zudem gänzlich dem überlieferten Bild von dieser Frau und von der Regierung Mark Aurels insgesamt. Auch hätte ein solches Verhalten einer aristokra­tischen römischen Frau als unwürdig und unannehmbar gegolten. [37] So findet sich auch nirgends ein Hinweis darauf, dass es bei der Verleihung des Titels mater castrorum darum gegangen wäre, der Faustina eine neuartige militärische Rolle zuzu­weisen oder ihr eine wie auch immer gestaltete militärische Autorität zu bescheinigen oder zu übertragen. Es ist in den Quellen aber auch kein Anhaltspunkt dafür zu finden, dass Faustina je versucht hätte, eine solche Rolle einzunehmen. Das Ansehen der Faustina und ihr Auftreten in der Öffentlichkeit waren zu ihren Lebzeiten vielmehr stark von häuslichen und mütterlichen Eigenschaften geprägt. Mark Aurel pries seine Gattin sogar für ihre Folgsamkeit, ihre Zärtlichkeit und ihre Beschei­denheit. [38] Eine aktive, eigenständige, politische oder militärische Rolle der Augusta hätte sich mit diesem Urteil ebenso wenig vertragen, wie mit dem von Antoninus Pius und Mark Aurel propagierten Konsens- und Legitimationsmodell der kaiserlichen Ideal-Ehe.[39] Es ist deshalb wohl vor allem der traditionellen, bei der gesellschaft­lichen Elite Roms fest verankerten Einstellung zur Rolle der Frau in der Öffentlich­keit zu verdanken, dass Faustina, mater castrorum , auf den Reliefs der Marcussäule, ganz im Gegensatz zu ihrem Gemahl, auch nicht als handelnde Figur auftritt, obwohl die Säule (zumindest im Hochsommer des Jahres 193) offiziell colum[na centenaria divorum] Marci et Faustina[e hiess. [40]

Aber auch die Vorstellung, Faustina hätte in der Krisenzeit der Markomannen­kriege den Titel mater castrorum erhalten, um so der Reichsbevölkerung durch die „moralische Autorität“ der Kaiserin Rückhalt zu geben und „Heer, Reich und Kaiser“ zu einen, trifft kaum das Richtige, zumal die Notwendigkeit zu einem solch beispiellosen Schritt im Sommer 174 nicht zu erkennen ist.[41] Es führt zweifellos ebenfalls in die Irre, den Wortlaut des Titels mater castrorum nicht ernst zu nehmen. Faustina war als mater castrorum nicht die „Mutter des Heeres“. Der Titel mater exercitus ist bisher lediglich für Iulia Maesa und Iulia Mamaea sowie, auf drei niederpannonischen Meilensteinen, für Otacilia Severa bezeugt, meist als Zusatz zum Titel mater castrorum oder mater Augusti und in jeweils auffällig begrenzter Verbreitung.[42] Es ist auch nicht zulässig, im Titel mater castrorum „nur einen Teilaspekt“ der „unausgesprochene(n) Zuerkennung der Rolle einer mater patriae“ zu erkennen, deren Grundlage Faustinas familiäre Mutterrolle gewesen sei.[43] Es dürfte vielmehr kein Zufall gewesen sein, dass Faustina den Titel mater patriae nicht erhielt.[44] Zumindest Männer der senatorischen Aristokratie mit der Einstellung eines Tacitus hätten dafür auch kaum Verständnis gehabt, geisselte der Historiker doch die Absicht jener, die Livia nach dem Tode des Augustus parens und mater patriae genannt wissen wollten, als kriecherische Schmeichelei (adulatio).[45]

Vor allem in mehreren jüngeren Studien wurde die Annahme vertreten, die biologische Mutterschaft der Faustina sei für die Verleihung des mater castrorum-Titels ausschlaggebend gewesen.[46] Nach dieser Vorstellung habe der Titel die Augusta als in den Heerlagern anwesende Mutter der kaiserlichen Kinderschar und besonders des Thronfolgers beschrieben. Vermutlich ist für die Deutung des mater castrorum-Titels das Fehlen eines männlichen Äquivalents in der Titulatur der Kaiser tatsächlich nicht unwichtig. [47] Es ist jedoch keineswegs notwendig anzunehmen, dass Faustinas mindestens zwölffache Mutterschaft für den Titel irgendeine Bedeutung hatte, zumal auch die biologische Vaterschaft des Princeps für den gleichartig gebil­deten Titel pater patriae bekanntlich völlig belanglos war. Zudem bleibt bei dieser Erklärung die mit dem Titel zweifellos für Faustina vorgesehene Rolle im Dunkeln. Die deutliche Analogie zum Titel pater patriae legt deshalb vielmehr nahe, dass Faustina als mater eine bestimmte Zuständigkeit für die castra übernehmen sollte (oder übernommen hatte). Ihre Mutterrolle dürfte somit symbolisch und mit Bezug auf die Heerlager, die „Heimat“ der Soldaten, gedacht gewesen sein.[48]

Auch die Annahme, die jüngere Faustina sei vom Kaiser aus dynastischen Gründen zur mater castrorum erhoben worden, um so die Armee ans Kaiserhaus zu binden und Commodus’ Chancen auf den Kaiserthron zu erhöhen, kann nicht über­zeugen. [49] Commodus’ Etablierung als Thronfolger hatte nach erprobtem Muster mit seiner Erhebung zum Caesar im Jahre 166 und mit der Verleihung des Siegestitels Germanicus im Jahre 172 längst begonnen. Auch hatte Mark Aurel nie einen Zweifel daran aufkommen lassen, dass ihm sein einziger noch verbliebener Sohn auf den Thron nachfolgen sollte. [50] Vor dem Usurpationsversuch des Avidius Cassius im Jahre 175 war dies auch nie öffentlich in Frage gestellt oder gar angefochten worden. Erst Cassius’ Aufstand schuf eine erkennbare Notwendigkeit, Commodus’ Nachfolge durch entschlossene und allenfalls aussergewöhnliche oder vorgezogene Massnahmen zu sichern. Doch nach dem Bericht des Cassius Dio/Xiphilinos fiel die Verleihung des mater castrorum-Titels mit Marcus’ siebter Akklamation zum Imperator zusammen, was auf den Sommer des Jahres 174 führt und damit jedenfalls deutlich vor die Erhebung des Avidius Cassius im Frühjahr 175.[51] Zwar listet der Biograph der Historia Augusta den mater castrorum-Titel erst unter jenen Ehren auf, die Faustina nach ihrem Tod auf Mark Aurels Antrag vom Senat verliehen wurden (siehe dazu unten), doch schaffen die Münzen der Reichsprägung in dieser Frage Klarheit, denn von den Emissionen mit der Legendematri castrorum wurden zwei zwar in offenbar kleiner Auflage, aber jedenfalls noch zu Faustinas Lebzeiten geprägt. [52] Aber auch nach dem missglückten Usurpationsversuch hielten sich Marcus’ Anweisungen für seinen Sohn innerhalb der Grenzen des Erprobten: Er ordnete die Abreise des Commodus aus Rom an, damit sich sein Sohn ihm am germanischen Kriegsschau­platz anschliesse, er verfügte die feierliche Verleihung der toga virilis an den jungen Thronfolger, und er liess ihn zum princeps iuventutis erheben.[53] Ein Zusammenhang der Verleihung des mater castrorum-Titels an Faustina mit dem Usurpationsversuch des Avidius Cassius ist somit jedenfalls nicht zu erkennen.

III. Faustina Augusta im Feldlager

Seit dem Jahre 171 führte Kaiser Marcus von Carnuntum aus den harten und gefährlichen Krieg gegen die feindlichen Stämme und Völker nördlich der Donau. Im Herbst 172 (oder erst im Laufe des Jahres 173) trat Faustina die Reise zu ihrem Gemahl an die Front an und begleitete ihn, als er im Jahre 174 sein Hauptquartier nach Sirmium in Unterpannonien verlegte.[54] Sowohl der Bericht des Cassius Dio/
Xiphilinos als auch Marcus’ Biographie in der Historia Augusta beschreiben die Anwesenheit Faustinas bei Mark Aurel und dem Heer als wesentliche Voraussetzung für die Verleihung des mater castrorum-Titels,[55] und Philostrat bestätigt, dass Faustina in dieser Zeit zusammen mit ihrer dreijährigen Tochter (zweifellos Vibia Aurelia Sabina) im kaiserlichen Hauptquartier in Sirmium weilte.[56] Wenn die Bedeutung von Faustinas Anwesenheit an der Nordgrenze für die Verleihung des mater castrorum-Titels deshalb vor kurzem sicherlich zu Unrecht bestritten wurde,[57] so lässt sich der Titel aber damit allein auch nicht erklären, [58] denn an der Begleitung von Offizieren und Feldherren durch ihre Gemahlinnen war seit der Regierungszeit des Augustus nichts Aussergewöhnliches.[59] So hatte etwa Plotina Trajan während seines Partherfeldzugs in den Osten begleitet und auch Sabina folgte Hadrian bei seinen Reisen an die militärischen Grenzen an den Rhein, nach Britannien und in den Osten.[60] Darin lag noch kein ausreichender Grund für ausserordentliche und öffentlich verbreitete Ehren.[61] Es ist deshalb zweifellos von Bedeutung, dass Cassius Dio/
Xiphilinos die Ehrungen für Marcus und für Faustina als unmittelbare und ursächliche Folgen des berühmten „Regenwunders“ nannte. Dieser Zusammenhang des Titels mit Rettung und Sieg blieb bisher bei der Diskussion des mater castrorum-Titels aber nahezu völlig unberücksichtigt, da von den späteren Eingriffen in Dios Text meist vermutet wird, sie hätten die ursprüngliche chronologische Struktur des Berichts zerstört, und das Regenwunder sei ins Jahr 172 (oder 173) zu datieren.[62] Im vorliegenden Kontext ist die richtige Datierung des Regenwunders allerdings weniger wichtig als der implizierte unmittelbare Zusammenhang zwischen einer Imperatoren­akklamation (damit freilich auch einem vorangehenden Sieg römischer Truppen) und der Titelverleihung an Faustina. [63] Denn der erhaltene Text legt nahe, dass nicht nur die Ausrufung Mark Aurels zum Imperator, sondern auch die Ehrung der Faustina einer Willensäusserung der versammelten Soldaten entsprang. [64] Damit scheint Faustina Augusta von den Soldaten (wenn auch zweifellos mit der Zustimmung des Kaisers)[65] nach der Errettung aus gefährlicher Lage und einem Sieg auf dem Schlacht­feld aus Dankbarkeit als mater castrorum zur mütterlichen Schutzheiligen der römischen Heerlager ernannt worden zu sein. Diese Möglichkeit blieb von der Forschung bisher praktisch auch deshalb unberücksichtigt, weil die Initiative zur Verleihung desmater castrorum-Titels fast ausschliesslich entweder der Augusta selbst oder dem Kaiser (seltener sogar dem Senat) zugeschrieben wurde. [66]

Nicht nur der bei Dio/Xiphilinos implizierte Anlass für die Titelverleihung fügt sich somit folgerichtig und einleuchtend in den erhaltenen Textzusammenhang, vielmehr passt dazu auch die Wahl des Titels mater castrorum. Denn während dieser traditionsfremde Titel bei der römischen Aristokratie zunächst kaum grosse Begeis­terung ausgelöst haben dürfte, wird Faustina bei den Soldaten als offizielle mütter­liche Schutzheilige der Militärlager sogleich sehr willkommen gewesen sein.[67] Das galt sicherlich besonders für die zahlreichen Verehrer von Muttergottheiten unter den Soldaten, wie etwa jene der Isis oder auch der niedergermanischenMatres und Matronae, denen man ebenfalls mütterliche Schutzfunktionen zuschreibt. [68] Aber auch der Wunsch von Vertretern besonders gefährlicher Berufe, den göttlichen Beistand des Kaisers durch den mütterlichen Schutz der Augusta zu ergänzen, scheint gut in die Zeit zu passen. Besonders deutlich wird dies etwa durch eine 1993 in Alexandria entdeckte Inschrift für einen procurator Augustorum, deren Fundort möglicherweise als Teil des Caesareum der Weltstadt beim Nildelta zu deuten ist. Dieser auf einer Halbsäule eingemeisselte Text bezeugt die Existenz eines lokalen Vereins, der sich der Pflege der Bildnisse der Kaiser (d.h. Mark Aurel und Lucius Verus) und der Faustina widmete und der dem kaiserlichen Prokurator, selbst Mitglied dieses Ver­eins, offenbar ein „ensemble architectural indéterminé“ geweiht hat:[69]



(Für) Publius Aelius Panopaios, den ehemaligen procurator der Herrn Augusti, wegen seiner Hingabe zu deren (Herrscher)haus. (Es ehren) die (Mitglieder) des Kultvereins der kaiserlichen Bildnisse und der Faustina Pharia Sosistolos, der Neuen Augusta, ihren Vereins­kollegen.

Im Gegensatz zur Augusta fehlen den beiden Augusti in diesem Text sowohl die Namen als auch die Beinamen. Die Stifter hatten deshalb offenbar ein besonderes Verhältnis zu Faustina, die sie zudem als neue Augusta von ihrer gleichnamigen Mutter unterschieden. Faustinas Beiname Pharia gleicht sie der Isis an, die als mütter­liche Schutzgottheit der Seefahrer dieses Epitheton trug und im Caesareum von Alexandria verehrt wurde. [70] Als Sosistolos ist aber auch Faustina Beschützerin der Flotte (vermutlich besonders der Rom versorgenden Getreideflotte). Damit übernahm sie im Kontext des Kaiserkultes das weibliche Gegenstück zur Rolle des Bewahrers, des Beschützers und des Retters, welche die Seefahrer Alexandriens bereits Augustus zugewiesen hatten. [71]

Nicht anders dürfte Faustinas Rolle als mater castrorum für das Heer zu deuten sein. Hier wurde die Augusta an die Seite von Iuno und Minerva gestellt, die zusam­men mit Iuppiter Optimus Maximus die Heerlager zu schützen hatten, während der Kaiser den Göttervater darin unterstützen sollte, das Reich zu erhalten und das Leben der Soldaten im Kampf zu bewahren.[72] Wie für die Seefahrer in Alexandria sollte das Kaiserpaar auch für die Soldaten des Heeres göttlichen Schutz garantieren, und wie in Alexandria dürften es auch an der Donau nicht Marcus oder Faustina, sondern deren Verehrer gewesen sein, die der Augusta ihre neue Rolle als mater castrorum zuwie­sen. Tatsächlich bestätigt die einzige Aussage in den antiken Quellen, die sich ausdrücklich dazu äussert, dass die Initiative für die Verleihung des Titels an eine Augusta bei den Soldaten lag.[73] Zwar stammt diese Aussage aus den kurzen und weitgehend fiktiven Lebensbeschreibungen der „dreissig Tyrannen“ in der Historia Augusta, doch es wäre voreilig, sie deshalb auch im Grundsatz für falsch zu erklären. Denn der Autor legte die Betonung hier nicht darauf, dass die betreffende Augusta (Victoria), etwa im Gegensatz zu anderen Augustae, den Titel vom Heer erhalten hatte, sondern nur darauf, dass sie ihn trug.[74] Diese für den erzählerischen Zusammen­hang unbedeutende Einzelheit mag deshalb tatsächlich dem üblichen Vorgehen bei der Verleihung des Titels entsprochen haben. Dazu passt jedenfalls, dass auch der erzählerische Zusammenhang bei Cassius Dio/Xiphilinos die Verleihung des Titels an Faustina in den Kontext einer Heeresversammlung legt, bei der Kaiser Marcus gleichzeitig von seinen Soldaten zum Imperator ausgerufen wurde.

Das Motiv der Erwirkung göttlichen Schutzes wird offenbar auch in jener Szene zum Ausdruck gebracht, die 174/5 zusammen mit der Legende matri castrorum auf die Rückseite einiger Münzen für Faustina Augusta geprägt wurde. Dieses in der römischen Münzprägung damals völlig neuartige Bild zeigt die personifizierte Pietas, die mit verhülltem Haupt in der rechten Hand eine Opferschale, in der linken ein Weihrauchkästchen haltend, an einem Altar opfert, vor dem zwei oder drei Feld­zeichen im Boden stehen.[75]

Hier gebot die Pietas die kultische Verehrung der Faustina Augusta, der mater castrorum, im Rahmen des Kultes für den Kaiser und diedomus Augusta, und im konkreten Kontext mit dem Fahnenheiligtum, das Caesareum und Capitolium zugleich war. [76] Die Begründung dafür lag nach dem von Cassius Dio/Xiphilinos nahegelegten Zusammenhang offenbar in der Überzeugung der Soldaten, dass Faus­tinas Anwesenheit an der Nordgrenze im Jahre 174 wesentlich zu Rettung und Sieg beigetragen hatte. Grundlegend neu war die kultische Verehrung der Kaiserin im Heer freilich nicht, auch wenn die entsprechende, spärliche materielle Hinterlassenschaft des zweiten Jahrhunderts oft so gedeutet wurde, dass die Bildnisse der Kaiserinnen erst in severischer Zeit Aufnahme in den Kaiserkult des Heeres gefunden hätten.[77] Doch trotz der deutlichen Zunahme solcher Bilder zu Beginn des dritten Jahrhunderts hatten sowohl einzelne Soldaten und Offiziere als auch ganze Einheiten des römi­schen Heeres schon Jahrzehnte zuvor damit begonnen, dem gesamten Kaiserhaus, auch den Kaiserinnen, sakrale Verehrung zukommen zu lassen. [78] Die besondere Ver­ehrung des Herrscherhauses im Heer hatte dabei ihren Ursprung neben der allgemei­nen Heilserwartung an den Herrscher nicht zuletzt auch in der seit dem frühesten Prinzipat erhobenen Forderung nach einer fidelissuma pietas aller Soldaten und Offiziere des Heeres gegenüber der gesamten domus Augusta, einschliesslich der Frauen und Kinder, denn der offiziellen Doktrin zufolge lag darin die Garantie für den Schutz (custodia) der salus imperii. [79] Die zentrale Bedeutung der gesamten Herr­scherfamilie für den friedlichen Zustand des Reiches schuf deren ideologische Verbindung mit dem sieghaften Heer, die bekanntlich auch in grossen politischen Reliefs (so etwa auch im Bildprogramm des Partherdenkmals von Ephesos) zum Ausdruck gebracht wurde. Aus dem Auftrag des Heeres, Reich und Herrscherhaus zu erhalten, hatte sich somit eine sakrale Verehrung der Truppen für die Herrscher­familie entwickelt, von der die Soldaten ihrerseits schon bald göttlichen Schutz erhofften. [80]

IV. Diva Faustina und das Heer

Zum Datum von 174 und der kurzen Zeitspanne von nur etwa einem Jahr bis zu ihrem Tod im Jahre 175 passt das bisherige Fehlen von Faustinas neuem Titel auf Inschriften.[81] Erstaunlicherweise galt Faustina aber auch nach ihrem Tod weiterhin als mater castrorum. Das zeigen die Konsekrationsprägungen für Diva Faustina mit ihrer in der römischen Münzprägung bei Verstorbenen sonst ganz unüblichen Beibehaltung des irdischen Titels.[82]

Eine weitere Serie von Münzen, die nach dem Tode Faustinas für sie geprägt wurde, zeigt auf den Rückseiten neben der Legende matri castrorum eine sitzende Aeternitas, die in ihrer vorgestreckten rechten Hand (teils mit, teils ohne Globus) einen Phoenix, in ihrer linken ein Szepter hält. Vor ihr stehen, auf einem Podium (suggestus) befestigt, wiederum zwei oder drei Standarten. [83]

Auch hier bereitet die Deutung des Bildes keine Schwierigkeiten. Die Verehrung der mater castrorum Diva Faustina sollte in alle Ewigkeit für den Schutz der Heer­lager (und damit natürlich auch der dort stationierten Soldaten) sorgen. Die Standar­ten auf dem Podium verweisen wiederum auf den feierlichen Anlass des Kults der Fahnen und der Kaiserbildnisse.[84]

Damit war Faustina anlässlich ihrer Konsekration zur mütterlichen Schutzgottheit geworden, die für alle Zeiten die römischen Truppenlager vor Unglück bewahren sollte. Die Angabe der Marcus-Biographie in der Historia Augusta, Mark Aurel habe Faustina den mater castrorum-Titel nach ihrem Tod verliehen, ist deshalb vermutlich auf Begebenheiten zurückzuführen, die mit ihrer Konsekration zusammenhängen. [85] Denn diese Aussage erscheint im Zusammenhang mit den von Marcus beim Senat für seine verstorbene Gemahlin beantragten Ehrungen. Der Zusammenhang ergab sich vermutlich aus dem Umstand, dass bei dieser Gelegenheit im Senat auch über die Beibehaltung des mater castrorum-Titels gesprochen wurde. Jedenfalls darf man aber annehmen, dass die Soldaten des römischen Heeres die jüngere Faustina in der Hoff­nung auf ihren mütterlichen Schutz auch noch lange nach ihrem Tode und ihrer consecratio im Jahre 175 verehrten und dass der Geburtstag der vergöttlichten Kaiserin im offiziellen Festkalender des römischen Heeres auch eingetragen war. [86]

Tatsächlich findet man in der rekonstruierten Fassung des Feriale Duranum aus der Regierungszeit des Severus Alexander für den 20., 21. oder 22. September (col. III Zeile 7) den stark beschädigten Eintrag: o]ḅ ṇạṭ[alem di]vae F̣[austina]ẹ, div[ae Fau]sti[nae supp]ḷicat[io]. [87] Obwohl dieser Eintrag zu allgemein formuliert ist, um zwischen der älteren und der jüngeren Faustina unterscheiden zu können, wird er meist als Geburtstag der Gemahlin des Antoninus Pius gedeutet. [88] Ebenso missver­ständlich ist auch der in der Mitte des fünften Jahrhunderts bei Polemius Silvius zum 16. Februar eingetragene Vermerk natalis Faustinae uxoris Antoni<n>i, der meist der jüngeren Faustina zugewiesen wird.[89] Weitere Zeugnisse zu den Geburtstagsdaten der beiden Faustinae sind nicht überliefert. Bemerkenswerterweise fehlt sowohl bei Polemius Silvius ein Eintrag zum Geburtstag einer Faustina am 20./22. September als auch im Feriale Duranum ein Vermerk zum 16. Februar, obwohl dieses Datum in einem Bereich des Papyrus liegt, dessen Erhaltungszustand einen entsprechenden Eintrag erkennen lassen würde.[90] Man könnte versucht sein, das Fehlen des 16. Februar im Feriale Duranum mit einer Bemerkung der Historia Augusta in Verbin­dung zu bringen, wonach Caracalla der jüngeren Faustina „den göttlichen Namen entrissen“ habe (divale nomen eripuit).[91] Die sonst nirgends überlieferte Nachricht erscheint jedoch wenig glaubhaft, denn nicht nur werden Umstände und Gründe dieser Massnahme verschwiegen, sondern sie steht auch im Widerspruch zur Aussage einer lateinischen Inschrift aus der unmittelbaren Umgebung von Rom, nach der auch unter Severus Alexander, im Jahre 227 (und damit in der Zeit des Feriale Duranum), Mutter und Tochter weiterhin divae Faustinae mater et Pia genannt wurden. [92] Damit muss sowohl offen bleiben, was es mit der Nachricht von Caracallas Massnahme gegen das Andenken der jüngeren Faustina auf sich hat, als auch, wie das Fehlen des 16. Februar im Feriale Duranum zu beurteilen ist. Vor allem ist aber zu bedenken, dass auch das Datum vom 20./22. September des Feriale Duranum keineswegs als Geburtstag einer Faustina gesichert ist, denn der rekonstruierte Text beruht nur auf einer von mehreren möglichen Anordnungen kleiner, loser Papyrusfragmente und auf der Lesung der Buchstaben STI auf einem dieser Bruchstücke. Andere Anordnungen der verschiedenen Fragmente und damit andere Rekonstruktionen des Textes sind in diesem Bereich (col. III 4–7) ebenfalls denkbar.[93] Damit bleibt aber der Tag, an dem die Diva Faustina Pia, mater castrorum im römischen Heer gefeiert wurde, weiterhin unbekannt.

Mark Aurel musste sein Verhältnis zum Heer wie jeder andere Kaiser vor und nach ihm auf der Grundlage römischer Kultur und kaiserzeitlicher Traditionen durch die Erfüllung von Erwartungen, die Befolgung bestimmter Rituale, aber auch durch entgegenkommende Sorge gestalten. Denn das römische Heer war auch während der Kaiserzeit ein bedeutender politischer Faktor, um den sich jeder Herrscher kümmern musste, wollte er nicht den Zerfall seiner Macht erleben oder gar sein Leben in Gefahr bringen.[94] Vor allem aber musste Mark Aurel als Kriegsherr in schwieriger Zeit seinen Beitrag zur Schlagkraft des Heeres leisten. Dies hat er mit so grossem Erfolg getan, dass seine Zeitgenossen und die ihm unmittelbar nachfolgenden Generationen in ihm einen der grössten Feldherren der römischen Geschichte erkannten. [95] Treffen die hier vorgestellten Überlegungen zu, so zählt die Einführung des mater castrorum-Titels zu jenen Handlungen und Entscheidungen, mit denen Mark Aurel die Anfor­derungen an seine Rolle als Herr des römischen Heeres ganz selbstverständlich erfüllt hat, wobei er im Jahre 174 damit nicht so sehr selbst eine kühne Neuerung veran­lasste, als dass er seinen Soldaten nach der Überwindung einer grossen Gefahr auf dem Schlachtfeld den Wunsch erfüllte, einem längst bestehenden Band zwischen ihnen und der römischen Kaiserin den Namen ihrer Wahl zu geben. In diesem Namen, mater castrorum, kam offenbar die Hoffnung der Soldaten zum Ausdruck, durch die kultische Verehrung der Kaiserin göttliche Sicherheit für ihre Lager erwirken zu können. Die religiösen Interessen der Soldaten dürften dabei jedoch kaum im Wider­spruch zu den Glaubensgrundsätzen des Kaisers gestanden haben, zumal andere Berufsgruppen wie die Seefahrer Alexandrias Faustina bereits als Schutzheilige ver­ehrten und Marcus schon zu Kriegsbeginn gezeigt hatte, dass er bereit war, im grossen Stil selbst fremde Götter zum Schutze Roms zu mobilisieren.[96]

Da die matri castrorum-Münzen der Iulia Domna die selben Bilder tragen wie sie auch auf Faustinas Prägungen erschienen waren, besteht kein Anlass zur Annahme, der mater castrorum-Titel sei in severischer Zeit (oder unter den Soldatenkaisern) grundsätzlich anders verstanden worden als zur Zeit des „Philosophenkaisers“. Galeria Valeria, die Augusta des Galerius, war die letzte Kaiserin (und die einzige Gemahlin eines Tetrarchen), von der bezeugt ist, dass sie den mater castrorum-Titel offiziell trug.[97] Es ist anzunehmen, dass der Titel und die mit ihm verbundene reli­giöse Erwartung immer weniger zur zunehmend christlich geprägten Kaiserherrschaft passte. Jedenfalls zeugte Faustinas neuer Titel weder von einer selbst ergriffenen, ihr zugewachsenen oder vom Kaiser oder Senat verliehenen Autorität gegenüber den Soldaten des römischen Heeres noch von einem neuen, ältere Normen weit über­schreitenden, weiblichen Rollenverständnis innerhalb der domus Augusta.[98] Genau so wenig ist in ihm aber auch ein Hinweis auf eine voranschreitende „Militarisierung“ der Gesellschaft während der Herrschaft der Severer und der Soldatenkaiser zu erken­nen. Vielmehr erweist sich diese auch im Zusammenhang mit dem mater castrorum-Titel erneut als Trugbild. [99]

Alfred von Domaszewski hatte zweifellos recht, die religiöse Qualität des Titels zu betonen,[100] auch wenn es sich nicht, wie er meinte, um ein vom severischen Kai­serhaus dem Heer aufgezwungenes fremdländisches Instrument der Herrschafts­sicherung handelte. Wenn aber der Titel nach übereinstimmender Aussage aller ver­fügbaren Quellen als Ausdruck einer Heilserwartung der Soldaten an den mütterlich-göttlichen Schutz der Augusta zu deuten ist, dann ist er zugleich auch Zeugnis für den Einfluss der äusseren Bedrohung der Grenzregionen auf die Intensität und die Dynamik der heidnischen Religiosität im römischen Heer und wirft weiteres Licht auf den Wandel der domus Augusta zur domus divina. Somit trug das römische Kriegs­heer mit der Erhebung der jüngeren Faustina zur mater castrorum schon während der Herrschaft des „Philosophenkaisers“ deutlich zur religiösen Prägung der Monarchie bei, die das dritte Jahrhundert so tiefgreifend beeinflusste.

 

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Michael Alexander Speidel

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[1] Siehe etwa die Einschätzung von K. Rosen, Marc Aurel und Lucius Verus, in: M. Clauss (Hrsg.), Die römischen Kaiser, München 22001, 145–158, bes. 145: „Marc Aurel verdankt seinen Platz im Gedächtnis der Nachwelt weder seinen militärischen Taten noch seiner Reichsverwaltung ...“. Marcus’ Liebe zur Philosophie betonten bereits Cass. Dio 71,1,1. Herodian, 1,2,4. Euseb., HE 4,12. 4,17. Siehe auch HA, Aur., 1.1. 27,7. Iust. Mart., apol. 1. Athenag., Leg. 1. Ferner A. R. Birley, Marcus Aurel ius. A biography, London 21987, bes. 94–103. Das hat die moderne Historiographie nachhaltig beeinflusst. Dazu demnächst ausführlich: M. A. Speidel, Der Philosoph als Imperator: Marcus und das Militär, in: V. Grieb, C. Koehn (Hrsg.), Mark Aurel (in Druckvorbereitung). Für wertvolle Hinweise danke ich A. R. Birley.

[2] M. Aur., Selbstbetr. 9,29: μὴ τὴν Πλάτωνος πολιτείαν ἔλπιζε· ἀλλὰ ἀρκοῦ, εἰ τὸ βραχύτατον πρόεισι, καὶ τούτου αὐτοῦ τὴν ἔκβασιν, ὡς οὐ μικρόν τί ἐστι, διανοοῦ.

[3] HA, Aur. 11,10: ius autem magis vetus restituit quam novum fecit.

[4] Speidel, Der Philosoph (o. Anm. 1). Ders., Heer und Herrschaft im Römischen Reich der Hohen Kaiserzeit, Stuttgart 2009, 167–180. W. Eck, Die Seuche unter Mark Aurel: Ihre Auswirkungen auf das Heer, in: E. Lo Cascio (Hrsg.), L’impatto della „peste antonina“, Bari 2012, 63–78.

[5] Zu Faustina der jüngeren siehe PIR2 A 716. M. T. Raepsaet-Charlier,Prosopographie des femmes de l’ordre sénatoriale (IerIIe siècles), Louvain 1987, 80 Nr. 63. S. Priwitzer, Faustina minor — Ehefrau eines Idealkaisers und Mutter eines Tyrannen, Bonn 2009, je mit weiterer Literatur. Zum Zeitpunkt der Verleihung des Titels siehe unten S. 140-142.

[6] So zu Recht etwa M. Thirion, Faustina Augusta, mater castrorum, SchwMünzbl 17 (1967) 41–49, bes. 42. M. T. Boatwright,Faustina the Younger: ‘Mater Castrorum’, in: R. Frei-Stolba, A. Bielman, O. Bianchi (Hrsg.),Les femmes antiques entre sphère privée et sphère publique, Bern etc. 2003, 249–268, bes. 250–251. A. Freisenbruch, The First Ladies of Rome. The Women behind the Caesars, London 2011, 213: „In Livia’s or Agrippina’s day, this epithet would have been an unthinkable honour for an empress, an inappropriate and unnatural trespass into the most masculine sphere ...“.

[7] Eisen und Rost: Cass. Dio 71(72),36,4. Neues Zeitalter: P. Brennan, The Coins, in: P. Brennan, M. Turner, N. L. Wright,Faces of Power. Imperial Portraiture on Roman Coins, Sidney 2007, 33: „The appearance of a new title from 174 AD,mater castrorum (mother of the camps) is a sign of the times and the future“. Militarisierung: A. Alföldi,Insignien und Tracht der römischen Kaiser, MDAI(R) 50 (1935) 3–158, bes. 46 = Ders., Die monarchische Reprä­sentation im römischen Kaiserreiche, Darmstadt 1970, 121–276, bes. 164: „Wenn die erhöhte Rechtsstellung der Kaiserin seit der jüngeren Faustina auf die Weise ausgedrückt wird, dass sie mater castrorum genannt wurde, so spiegelt sich darin die zunehmende Bedeutung des Militärs für den Staat“. Im selben Sinne etwa auch B. H. Isaac, The Near East under Roman Rule, Leiden 1998, 56. Freisenbruch, First Ladies (o. Anm. 6) 213. Siehe auch unten Anm. 24. Zur Militarisierung allgemein: vgl. dazu Speidel, Heer (o. Anm. 4) 273–281 mit weiterer Literatur.

[8] Für die Zeit der Soldatenkaiser passend: E. Wallinger, Die Frauen in der Historia Augusta, Wien 1990, 60. Nach K.-P. Johne, Das Kaisertum und die Herrscherwechsel, in: Ders., (Hrsg.), Die Zeit der Soldatenkaiser, Berlin 2008, 584–632, bes. 608 habe erst Iulia Domna den Titel „populär gemacht“. Faustina übersehen haben bereits Th. Mommsen, Römisches Staatsrecht III,2, Leipzig 1888, 1259 Anm. 6 (obwohl er Faustina richtig als erste Trägerin des Titels in Römisches Staatsrecht II, Leipzig 31887, 823 nennt) sowie A. v. Domaszewski (dazu unten zu Anm. 15), obwohl auch er das Richtige schon zuvor geschrieben hatte. Aus jüngerer Zeit siehe z.B. Isaac, Near East (o. Anm. 7) 56: „Severus was the first to bestow upon his wife the title of mater castrorum“. Ähnlich etwa P. Calabria,La leggenda „mater castrorum“ sulla monetazione imperiale, MGR 14 (1989) 228–233, bes. 233. O. Stoll,Römisches Heer und Gesellschaft, Stuttgart 2001, 155. Siehe A. Takács, The Construction of Authority in Ancient Rome and Byzantium. The Rhetoric of Empire, Cambridge 2009, 85.

[9] Auf ernsthafte Versuche, die Bedeutung des mater castrorum-Titels zu erhellen, ver­zichteten in jüngster Zeit etwa sowohl J. Fündling, Marc Aurel. Kaiser und Philosoph, Darm­stadt 2008 und Priwitzer, Faustina (o. Anm. 5) als auch alle Autoren in: A. Kolb (Hrsg.), Augustae. Machtbewusste Frauen am römischen Kaiserhof?, Berlin 2010 sowie zuletzt S. Tausend,Das Reich als Mitgift. Die Frauen der Adoptivkaiser, in: J. Giessauf et al. (Hrsg.),Im Bett mit der Macht. Kulturgeschichtliche Blicke in die Schlafzimmer der Herrschenden, Wien, Köln, Weimar 2011, 11–26. Auch D. Kienast, Römische Kaisertabelle. Grundzüge einer römi­schen Kaiserchronologie, Darmstadt 21996, 20 und 58 verweist allein auf die Existenz und die Chronologie des Titels. In jüngerer Zeit hat vor allem Mary T. Boatwright mit ihrem Beitrag Faustina (o. Anm. 6) eine nennenswerte Ausnahme gemacht. Siehe ferner bes. H. U. Instinsky, Studien zur Geschichte des Septimius Severus, Klio 35 (1942) 200–219 sowie E. Kettenhofen, Die syrischen Augustae in der historischen Überlieferung, Bonn 1979, 79. 157, wo freilich die Augustae der Severer im Zentrum stehen.

[10] So B. Levick, Julia Domna. Syrian Empress, London, New York 2007, 42. Siehe dazu auch unten Anm. 27.

[11] Dazu etwa W. Monter, Gendered Sovereignty: Numismatics and Female Monarchs in Europe, 13001800, The Journal of Interdisciplinary History 41 (2011) 533–564, bes. 558. Zu Maria Theresia als Kriegsherrin siehe etwa G. Kronenbitter, Erben und Kämpfen: Maria Theresia (1717–1780), in: S. Förster, M. Pöhlmann, D. Walter (Hrsg.), Kriegsherren der Welt­geschichte, München 2006, 168–186. H. Zeinar, Geschichte des österreichischen General­stabes, Köln 2006, bes. 156. W. Telesko,Geschichtsraum Österreich: Die Habsburger und ihre Geschichte in der bildenden Kunst des 19. Jahrhunderts, Köln 2006, 83–84. E. Dillmann, Maria Theresia, München 2000, 71.

[12] Sur Cathrine de Médicis , 1836 (in der Ausgabe Paris 2006) 327.

[13] A. v. Domaszewski, Die Religion des römischen Heeres, WZGK 14 (1895) 1–124, bes. 72–73 = Ders., Aufsätze zur römischen Heeresgeschichte, Darmstadt 1972, 152–153.

[14] Domaszewski, Religion (o. Anm. 13) 152–153. Tiberius: Tac., ann. 1,14. 1,40–44. 1,69. 12,27,1. Suet., Cal. 8. Cass. Dio 57,5,6–6,2.

[15] In seinem bereits ein Jahr davor erschienenen Beitrag A. v. Domaszewski, Das Regen­wunder der Marc Aurel-Säule, RhM 49 (1894) 612–619, bes. 614 nannte Domaszewski Faus­tina allerdings richtig als die erste Trägerin des Titels. Sein Irrtum von 1895 wird bis in jüngste Zeit wiederholt. Siehe dazu oben Anm. 8.

[16] So zu Recht bereits Instinsky, Studien (o. Anm. 9) 200–219, bes. 203 und A. Alföldi, Die Ausgestaltung des monarchischen Zeremoniells am römischen Kaiserhofe, MDAI(R) 49 (1934) 69 = Ders., Repräsentation (o. Anm. 7) 69. J. Hasebroek, Untersuchungen zur Ge­schichte des Kaisers Septimius Severus, Heidelberg 1921, 21 erkannte die richtige Datierung des Titels, blieb jedoch bei der Interpretation, dass dieser als Mittel „für die göttliche Verehrung der Dynastie“ geschaffen worden sei.

[17] Vgl. zur traditionellen römischen Beurteilung des Handelns von Frauen in militärischen Zusammenhängen etwa S. E. Phang, The Marriage of Roman Soldiers (13 BCAD 235), Leiden, Boston, Köln 2001, 366–372 sowie die Literatur unten in Anm. 26–33.

[18] Suet., Cal. 22,1. Dazu etwa B. Campbell, The Emperor and the Roman Army 31 BCAD 235, Oxford 1984, 95. Es ist vielleicht kein Zufall, dass einzig für Caracalla ein singuläres Zeugnis den Titel pater militum überliefert (siehe unten Anm. 47). Zur mindestens bis ins 3. Jh. weiterhin oft gepflegten Vorstellung, das römische Heer sei der exercitus populi Romani gewesen, siehe jetzt M. A. Speidel,Pro patria mori ... La doctrine du patriotisme romain dans l’armée impériale, CCG 21 (2010) 140–154, bes. 144. Ders.,Being a Soldier in the Roman Imperial Army: Expectations and Responses, in: Y. Le Bohec, C. Wolff (Hrsg.), Le métier du soldat dans le monde romain. Actes du cinquième congrès sur l’armée romaine à Lyon (im Druck).

[19] Tac., Ann. 2,55,5. 2,80. 3,13. Im Senatsbeschluss vom 10. Dezember 20 n. Chr. wird dieser Vorwurf allerdings anders formuliert. Dort heisst es (Z. 55–56), ein Teil des syrischen Heeres habe sich milites Pisoniani (der andere milites Caesariani) genannt. Dadurch wurde der Vorwurf verschärft: Piso habe die Spaltung des syrischen Heeres betrieben und einen Bürgerkrieg anzetteln wollen. Dazu W. Eck, A. Caballos, F. Fernandez, Das senatus consultum de Cn. Pisone patre, München 1996, 175–176.

[20] Suet., Cal. 25.

[21] Tac., ann. 2,55: nec Plancina se intra decora feminis tenebat, sed exercitio equitum, decursibus cohortium interesse. Vgl. Tac., hist. 1,48. Plut., Galba 12,2. Cass. Dio 59,18,4. Dazu Speidel, Heer (o. Anm. 4) 529.

[22] A. R. Birley, Hadrian. The Restless Emperor, London, New York 1997, 113. 121.

[23] A. R. Birley, The Life and Death of Cornelius Tacitus, Historia 49 (2000) 230–247,
bes. 241.

[24] J. Aymard, L’adventus de Marc-Aurèle sur l’arc de Constantin, REA 52 (1950) 71–76. W. Kuhoff,Zur Titulatur der römischen Kaiserinnen während der Prinzipatszeit, Klio 75 (1993) 244–256, bes. 251. C. Kunst, Patronage / Matronage der Augustae, in: Kolb (o. Anm. 9) 145–161, bes. 154 und Anm. 59. Boatwright, Faustina (o. Anm. 6) 251: „Faustina’s new title Mater Castrorum met changing realities of Roman life in the second century“. Zum Thema allgemein: H. Temporini, Die Frauen am Hofe Trajans. Ein Beitrag zur Stellung der Augustae im Principat, Berlin, New York 1978.

[25] So ausführlich Boatwright, Faustina (o. Anm. 6) 259–265.

[26] Es überrascht nicht, dass in diesem Zusammenhang Agrippina (PIR V 463) und Iulia Domna (PIR2 I 663) besonders häufig genannt werden. Siehe auch unten Anm. 27 und 98. Ferner: Domaszewski, Religion (o. Anm. 13) 152–153. L. Bivona, Una nuova dedica a Giulia Domna, Kokalos 13 (1967) 205–215. Calabria, leggenda (o. Anm. 8) 228–233. Stoll, Heer (o. Anm. 8) 155 denkt gar an eine „Mater Castrorum-Propaganda der syrischen Augustae“. Bei Iulia Domnas mater castrorum-Titel spielten jedoch zweifellos Massnahmen des Severus zur nachträglichen dynastischen Verknüpfung seiner Familie mit derjenigen Mark Aurels die entscheidende Rolle. So etwa schon Instinsky, Studien (o. Anm. 9) 203. Kettenhofen, Augustae (o. Anm. 9) 79. 157. A. R. Birley, The African Emperor. Septimius Severus , London 21988, 115–120. 189. Levick, Julia Domna (o. Anm. 10) 43. Speidel, Heer (o. Anm. 4) 208–209. Freisenbruch, First Ladies (o. Anm. 6) 224–225.

[27] So etwa Levick, Julia Domna (o. Anm. 10) 42: „The specific meaning of the title is obvious: the troops were under the protection of the empress, and she could expect their protection in return; more generally, it expressed the symbiotic relationship between dynasty and army.“ Ebd.: „Domna’s symbolic patronage, or parental concern, contributed something.“ C. Gorrie, Julia Domna’s Building Patronage, Imperial Family Roles and the Severan Revival of Moral Legislation, Historia 53 (2004) 64 schliesst, der Titel „underlined the military unity of the empire“. Auch Johne, Kaisertum (o. Anm. 8) 608 meint, der Titel sollte „die enge Verbindung zwischen Kaiserhaus und Heer unterstreichen“. Ähnlich Kettenhofen, Augustae (o. Anm. 9) 81, Campbell, Emperor (o. Anm. 18) 96 sowie jüngst Freisenbruch, First Ladies (o. Anm. 6) 224: der Titel habe Iulia Domna zur „reassuring guardian of Roman stability, both domestic and military“ gemacht. Mit solchen Aussagen ist das Spezifische des Titels freilich ohnehin nicht zu fassen, da alle kaiserlichen Titel und Beinamen zur Ehrfurcht vor den Mitgliedern der Kaiserfamilie und mithin zur Festigung von Herrschaft und Reich beitragen sollten.

[28] Direkte Verweise auf Domaszewski bleiben bei den Beiträgen und Äusserungen zur Bedeutung des mater castrorum-Titels jedoch stets seltene Ausnahme. So etwa auch bei E. Lo Cascio, The Age of the Severans, in: A. Bowman et al. (Hrsg.), The Cambridge Ancient History XII, Cambridge 22008, 140, der den mater castrorum-Titel ebenfalls als für die Zeit der severischen Kaiser typischen Ausdruck von „immense power exercised by the women of the domus Augusta“ versteht sowie von deren „independence and importance“ gegenüber der Armee.

[29] So Kunst, Patronage (o. Anm. 24) 154 und Anm. 59 mit Verweis auf Milonia Caesonia, Messalina sowie die beiden Agrippinae. Formulierungen, wonach Faustina oder ihre Nachfolgerinnen den Titel „übernommen“ hätten, finden sich etwa auch bei C. Körner,Philippus Arabs. Ein Soldatenkaiser in der Tradition des antoninisch-severischen Prinzipats, Berlin 2002, 36. G. Weber, Kaiser, Träume und Visionen in Prinzipat und Spätantike, Stuttgart 2000, 202 Anm. 189. Campbell, Emperor (o. Anm. 18) 95, der deshalb auch nur erstaunt festhalten kann: „It is curious that Marcus Aurelius (...) should have allowed his wife to adopt this title“.

[30] Kuhoff, Titulatur (o. Anm. 24) 251.

[31] Freisenbruch, First Ladies (o. Anm. 6) 213: „It configured Faustina as a female figure­head who would keep the home fires burning, and act as a kind of forces sweetheart, albeit of a maternal mien.“ Ebd. 224: „army mascot“.

[32] Brennan (o. Anm. 7) 33: „war was no longer only men’s business“.

[33] A. S. Hoey, in: R. O. Fink, A. S. Hoey, W. F. Snyder, The Feriale Duranum, YClS 7 (1940) 1–222, bes. 189: „The title mater castrorum, as borne by them (sc. the Severan women) had a very real content. Under Severus Alexander the troops recognized that their real commander was Mamaea.“

[34] Speidel, Heer (o. Anm. 4) 526–528. U. Brandl, (Hrsg.), Frauen und Römisches Militär. Beiträge eines Runden Tisches in Xanten vom 7. bis 9. Juli 2005 (BAR IntSer 1759), Oxford 2008. Siehe auch unten Anm. 59.

[35] Siehe nur Tac., ann. 1,69. 2,55. Tac., hist. 1,48. Plut., Galba 12,2. Cass. Dio 59,18,4. Plin., paneg. 83,5–8. Siehe auch unten Anm. 37. Allgemein dazu etwa Temporini, Frauen (o. Anm. 24) 110 und 177. Boatwright, Faustina (o. Anm. 6) 259–265.

[36] Plotina: Birley, Hadrian (o. Anm. 22) 65. 71. 75–76. Sabina: Ebd. 115. 125. 139. 170. 217. 231.

[37] Fulvia, die Gattin des Antonius, soll sich während des Perusinischen Krieges so verhalten haben, wie Cass. Dio 48,10,4 noch in der ersten Hälfte des 3. Jh.s mit Abscheu berichtet, doch darin ist zweifellos nicht mehr als die üble Nachrede der Bürgerkriegs­propaganda zu erkennen. Siehe dazu auch unten Anm. 98. Mit der selben Abscheu schilderte Cass. Dio 50,5,1 etwa auch Kleopatras angebliches Kommando über römische Soldaten (vgl. Serv., Aen. 8,696).

[38] Häusliche und mütterliche Eigenschaften: Boatwright, Faustina (o. Anm. 6) 250. 253–255. Priwitzer, Faustina (o. Anm. 5) 97. Mark Aurel zu Faustina: Selbstbetr. 1,171,8. G. Herzog-Hauser, s.v. Kaiserkult, RE Suppl. 4 (1924) 842 hielt Faustina (wohl vor allem auf Grund ihres mater castrorum-Titels) jedoch für „energisch“.

[39] Dazu P. Weiss, Die vorbildliche Kaiserehe. Zwei Senatsbeschlüsse beim Tod der älteren und der jüngeren Faustina, neue Paradigmen und die Herausbildung des „antoni­nischen“ Prinzipats , Chiron 38 (2008) 1–45.

[40] CIL VI 1585a (p. 4715) und 1585b = ILS 5920. Siehe auch E. Petersen, Blitz- und Regenwunder an der Marcus-Säule, RhM 50 (1895) 453–474, bes. 471. Es ist vielleicht nicht auszuschliessen, dass die Säule zunächst columna centenaria imperatorum divi Marci et Com­modi geheissen hatte, bevor sie zum Jahresbeginn 193 im Zuge der abolitio memoriae des Commodus umbenannt wurde (so ein sehr bedenkenswerter Vorschlag von A. R. Birley in einer persönlichen Mitteilung). Jüngst wurde jedoch erneut die Ansicht vertreten, Commodus sei auf der Säule überhaupt nicht abgebildet: M. Beckmann, The Column of Marcus Aurelius. The Genesis and Meaning of a Roman Imperial Monument, Chapel Hill 2011, bes. 29–34 und 46–51. Der Autor vertritt die Meinung, der Bezug der Säule zu Faustina, genauer zu den benachbarten Grabaltären von Marcus und Faustina, sei konzeptionell beabsichtigt worden.

[41] Einen allgemeinen Zusammenhang mit der bedrohlichen militärischen Lage der 170er Jahre vermuten etwa Kuhoff, Titulatur (o. Anm. 24) 251. A. Alexandridis, Exklusiv oder Bürgernah? Die Frauen des römischen Kaiserhauses im Bild, in: C. Kunst, U. Riemer (Hrsg.),Grenzen der Macht. Zur Rolle der römischen Kaiserfrauen, Stuttgart 2000, 24–25. Dies., Die Frauen des römischen Kaiserhauses. Eine Untersuchung ihrer bildlichen Darstellungen von Livia bis Iulia Domna, Mainz 2004, 16. Dagegen zu Recht Boatwright, Faustina (o. Anm. 6) 265–266. Zum Zeitpunkt der Verleihung des Titels siehe unten S. 140–142.

[42] Anders Kuhoff, Titulatur (o. Anm. 24) 251 zu mater castrorum: „Mutter des Heeres“. F. McLynn, Marcus Aurelius, Cambridge MA 2009, 369: „honorary mother of the entire army“. Ebd. 377: „mother of the army“. Iulia Maesa: AE 1981, 902 (Thamugadi):mater cas­trorum et exercitus et Augustae. Iulia Mamaea: CIL XIII 8017 = AE 1899, 7 (Bonna): mater eius (sc. Augusti) et exercitus. AE 1934, 33 (Lambaesis): mater Augusti nostri, castrorum et exercitus. Vgl. auch AE 1972, 682 = 1976, 701 (Gholaia): - feli]citer matri exercitus felicit[er
---] / [------] / [--- domi]ni n(ostri) Antonini id(em) Iuliae id(em) [-
. Otacilia Severa: CIL III 10619 (?) und 14354,6 (Aquincum) wurden von Soldaten der legio II Adiutrix errichtet. Ohne Angabe des Errichters 10640 (Annamatia). In allen drei Texten: mater castrorum et exercitus. Vgl. Kuhoff, Titulatur (o. Anm. 24) 254. Der Titel mater exercitus wird nicht erwähnt von Kienast, Kaisertabelle (o. Anm. 9). Unkommentiert lässt den Titel etwa Körner, Philippus (o. Anm. 29).

[43] So jedoch Temporini, Frauen (o. Anm. 24) 66–67. Ähnlich Kuhoff, Titulatur (o. Anm. 24) 251. C. Motschmann, Die Religionspolitik Marc Aurels, Stuttgart 2002, 96.

[44] So richtig Boatwright, Faustina (o. Anm. 6) 253 Anm. 28. Kunst, Patronage (o. Anm. 24) 156 irrt mit ihrer Behauptung, den Kaiserinnen sei „dieser Titel offiziell erst 174 n. Chr. zuteil“ geworden, denn bekanntlich trug ihn Iulia Domna als erste Augusta. Dazu Kuhoff, Titulatur (o. Anm. 24) 252–253. Kienast, Kaisertabelle (o. Anm. 9) 58.

[45] Tac., ann. 1,14,1. Siehe jedoch RPC I 73 (Romula) und unten Anm. 67.

[46] So etwa D. Donarini, Tradizione ed originalità nella monetazione di Faustina Minore, NAC 3 (1974) 147–160, bes. 159. Temporini, Frauen (o. Anm. 24) 66. Boatwright, Faustina (o. Anm. 6) 253. 266. Motschmann, Religionspolitik (o. Anm. 43) 96. B. Klein, Römische Kaiserinnen im 3. Jh.: Furia Sabinia Tranquillina und Marcia Otacilia Severa, in: C. Kunst, U. Riemer (o. Anm. 41) 87–96, bes. 91–92. Dies., Tranquillina, Otacilia, Etruscilla, Salonina: vier Kaiserinnen des 3. Jhd. n.Chr., Saarbrücken 1998, 52. 66. 75. 140. U. Huttner, Von Maximinus Thrax bis Aemilianus, in: K.-P. Johne (o. Anm. 8) 161–221, bes. 205. Priwitzer, Faustina (o. Anm. 5) 198 Anm. 162.

[47] So auch Kuhoff, Titulatur (o. Anm. 24) 251. Caracallas Bezeichnung als pater militum auf einem spanischen Meilenstein von 217 n. Chr. (CIL II 4676, p. LXXX = ILS 454 = HEp 14, 453) ist bisher singulär.

[48] Die Bedeutsamkeit der Analogie für die Interpretation von mater castrorum betonte bereits Mommsen, Staatsrecht II (o. Anm. 8) 823. Gegen Faustinas vielfache biologische Mutterschaft als Hauptgrund dafür, dass ihr während ihres Aufenthalts im Kriegsgebiet der Titel mater castrorum verliehen worden sei, steht auch Iulia Domnas Titel mater castrorum et senatus et patriae, für den dieselben Deutungen gelten müssen. „Heimat der Soldaten“: z.B. Liv. 44,39,6. Tac., hist. 2,80,5. P.Oxy. 8,1154. M. A. Speidel,Die römischen Schreibtafeln von Vindonissa, Baden 1996, Nr. 40 = AE 1996, 1132: [---]si tandem feriatus, quidquam vaco castris. Ut a{c} cohorte mi rescribas, ut semper in mentem (h)abes (sic), ut mi rescribas.

[49] So etwa Aymard, adventus (o. Anm. 24). Campbell, Emperor (o. Anm. 18) 95. K. Wittwer, Kaiser und Heer im Spiegel der Reichsmünzen: Untersuchungen zu den militärpolitischen Prägungen in der Zeit von Nerva bis Caracalla, Tübingen 1986, 91–93. Boatwright, Faustina (o. Anm. 6) 266. Motschmann, Religionspolitik (o. Anm. 43) 95–97. Priwitzer, Faustina (o. Anm. 5) 198 Anm. 162. Dynastie sichernde Absichten werden der Verleihung des Titels vor allem für die Zeit der Severer und der folgenden Herrscher zugeschrieben. So etwa Instinsky, Studien (o. Anm. 9) 203. 211. Kettenhofen, Augustae (o. Anm. 9) 81. 157.

[50] Dazu und zu Commodus’ Stärkung als Thronfolger im Jahre 175 siehe Kienast, Kaisertabelle (o. Anm. 9) 147 und 149, sowie Priwitzer, Faustina (o. Anm. 5) 178–181.

[51] Cass. Dio/Xiphilinos 71(72),10,5. Zum Datum der 7. Imperatorenakklamation siehe etwa RIC III p. 211. 236–237. 301–302. Vgl. BMC IV 471–472. 635. Domaszewski, Regenwunder (o. Anm. 15) 613. P. Herz, Römische Kaiserfeste, in: ANRW II 16,2, Berlin 1978, 1135–1200, bes. 1175. Birley, Marcus (o. Anm. 1) 178. Kienast, Kaisertabelle (o. Anm. 9) 139. Boatwright, Faustina (o. Anm. 6) 258. Die Datierung auf das Jahr 172 von D. Knibbe, Iuppiter Optimus Maximus Karnuntinus. Kaiser Marcus, Faustina, Commodus und der 11. Juni 172 n. Chr., JÖAI 54 (1983) 133–142 hat Ioan Piso widerlegt (siehe unten Anm. 81). Zur Titelverleihung im Jahre 174 siehe auch unten S. 140–142. Den mater castrorum-Titel in direkten Zusammenhang mit dem Usurpationsversuch des Avidius Cassius gebracht haben etwa Domaszewski, Regenwunder (o. Anm. 15) 615. Campbell, Emperor (o. Anm. 18) 1984, 95.

[52] BMC IV 700–705. 929–931. 988†. 1554–1557. RIC Marcus Aurelius 751 (Au). 752–753. (D). 1659–1661. 1711–1712. (S). Thirion, Faustina (o. Anm. 6) 41–49. Vgl. auch W. Szaivert, Die Münzprägung der Kaiser Marcus Aurelius, Lucius Verus und Commodus, Wien 1986, 71. 77. P. F. Mittag, Kaiser oder Philosoph? Kurze Bemerkungen zur Münzprägung Marc Aurels, SNR 73 (1994) 61–75.

[53] Zum Titel princeps iuventutis des Commodus siehe zuletzt M. Horster, Princeps Iuventutis. Concept, realisation, representation, in: St. Benoist et al. (Hrsg.), Figures d’empire, fragments de mémoire. Pouvoirs et identités dans le monde romain impérial IIe s. av. n. è. – VIe s. de n. è ., Lille 2011, 73–103, bes. 98–99. Speidel, Der Philosoph (o. Anm. 1).

[54] Birley, Marcus (o. Anm. 1) 176–183. 225.

[55] HA, Aur. 26,8: Quam (sc. Faustinam) secum et in <a>estivis habuerat, ut matrem castrorum appellaret. Vgl. auch HA, Aur. 26,3.

[56] Philostr., soph. 2,1,11. Dazu Birley, Marcus (o. Anm. 1) 180–181. Vgl. zu castra als kaiserliches Hauptquartier auch Alföldi, Repräsentation (o. Anm. 7) 164–165. Sich die Zuständigkeit der mater castrorum allerdings auf das kaiserliche Hauptquartier beschränkt vorzustellen, greift sicherlich zu kurz, auch wenn castrorum nicht anzusehen ist, ob es im Singular oder im Plural gedacht war.

[57] Alexandridis, Frauen (o. Anm. 41) 16–17.

[58] So jedoch etwa Domaszewski, Regenwunder (o. Anm. 15) 615. Instinsky, Studien (o. Anm. 9) 200–203. W. Görlitz,Marc Aurel, Kaiser und Philosoph, Stuttgart 1954, 194. Kettenhofen, Augustae (o. Anm. 9) 79–82. Freisenbruch, First Ladies (o. Anm. 6) 213. 224.

[59] Siehe dazu bes. Tac., ann. 3,33–34 und Tab.Vindol. 291. Zahlreiche weitere Belege etwa bei Phang, Marriage (o. Anm. 17) 361–372. Boatwright, Faustina (o. Anm. 6) 259–265. Brandl, Frauen (o. Anm. 34). Speidel, Heer (o. Anm. 4) 528–529. Auch kann Tacitus, ann. 1,41 die ältere Agrippina selbst in der Zeit, als sie sich im Heerlager aufhielt, für ihre Qualitäten als Mutter und Ehefrau rühmen: insigni fecunditate, praeclara pudicitia.

[60] Siehe oben Anm. 36.

[61] So zu Recht auch Campbell, Emperor (o. Anm. 18) 95. T. S. Scheer, Bilder der Macht?, in: S. Schroer (Hrsg.), Images and Gender: Contributions to the Hermeneutics of Reading Ancient Art, Göttingen 2006, 309: „Dies war aber nichts, was man auf den offiziellen Münzen des römischen Staates betonte.“

[62] Das Datum des Regenwunders bleibt nach wie vor ungesichert. Grundlegend zum Thema Birley, Marcus (o. Anm. 1) 172–174 sowie ders., Marcus Aurelius’ Northern Wars in the Historia Augusta, in: L. Galli Milic, N. Hecquet-Noti (Hrsg.), Historiae Augustae Colloquium Genevense in honorem F. Paschoud septuagenarii: les traditions historiographiques de l’Antiquité tardive: ideologie, propagande, fiction, realité (Historiae Augustae colloquia n. s. 11; Munera 30), Bari 2010, 37–49, bes. 39–40. Siehe aus jüngerer Zeit auch Motschmann, Religionspolitik (o. Anm. 43) 125. I. Israelowich, The Rain Miracle of Marcus Aurelius: (Re-)
Construction of Consensus
, Greece & Rome (Second Series) 55 (2008) 83–102. P. Kovács, Marcus Aurelius’ Rain Miracle and the Marcomannic Wars, Leiden 2009, 5. 33. 144. 265. Vgl. A. v. Domaszewski, Die Chronologie des bellum Germanicum et Sarmaticum 166175 n.Chr., HeidelbJb 5 (1895) 107–130, bes. 123 Anm. 1 und 125. Den Zusammenhang der Verleihung des mater castrorum-Titels an Faustina mit dem Regenwunder haben bereits Domaszewski, Regenwunder (o. Anm. 15) 612 und 614, sowie T. Mommsen, Das Regenwunder der Marcus-Säule, Hermes 30 (1895) = Gesammelte Schriften IV (1906) 504 bestritten. Siehe jedoch die folgende Anm.

[63] H. Wolff hat sich jedoch mehrfach mit gewichtigen Argumenten für ein Festhalten an Dios Datierung des Regenwunders ins Jahr 174 ausgesprochen: H. Wolff, Die Anfänge des Christentums in Ostraetien, Ufernoricum und Nordwestpannonien: Bemerkungen zum Regen­wunder und zum hl. Florian, Ostbairische Grenzmarken 31 (1989) 27–45. Ders., Welchen Zeitraum stellt der Bilderfries der Marcus-Säule dar?, Ostbairische Grenzmarken 32 (1990) 9–29. Ders., Die Markus-Säule als Quelle für die Markomannenkriege, in: H. Friesinger, J. Tejral, A. Stuppner (Hrsg.), Markomannenkriege. Ursachen und Wirkungen, Brno 1994, 73–83. Das Jahr 174 als das Jahr der Verleihung desmater castrorum-Titels an Faustina: Herz, Kaiserfeste (o. Anm. 51) 1178. Birley, Marcus (o. Anm. 1) 178. Kuhoff, Titulatur (o. Anm. 24) 251. Motschmann, Religionspolitik (o. Anm. 43) 96. Boatwright, Faustina (o. Anm. 6) 257–259 zweifelt an der Möglichkeit, die Titelverleihung genauer als 174/5 zu datieren.

[64] So zu Recht auch Boatwright, Faustina (o. Anm. 6) 258 Anm. 52. Allerdings scheint sie dann ebd. 265–266 eine kaiserliche Initiative anzunehmen.

[65] Die Notwendigkeit der Zustimmung des Kaisers für diesen Eingriff, der gestaltend auf sein Verhältnis zu den Soldaten wirken musste, ist offenkundig und ergibt sich bereits aus Tac., ann. 1,14,1.

[66] Dazu oben S. 131–139. Anders: Görlitz, Marc Aurel (o. Anm. 58) 194, der ohne weitere Ausführungen oder Begründungen erklärte, die Legionäre in Sirmium hätten Faustina bei ihrer Ankunft als mater castrorum begrüsst (vgl. dagegen oben zu Anm. 61). Domaszewski, Regenwunder (o. Anm. 15) 615 hielt die Verleihung des Titels für eine Handlung des Senats, doch die Stelle HA, Aur. 26,8, auf die er sich beruft, betrifft, wie er selbst einräumt, lediglich die postumen Ehrungen für Faustina (dazu unten S. 147). J. Guey, La date de la « Pluie miraculeuse » (172 après J.-C.) et la Colonne Aurélienne (III et IV), MEFRA 61 (1949) 93–118, bes. 96 interpretierte Cass. Dio 71(72),10,5 als möglichen Hinweis auf eine Verleihung des mater castrorum-Titels an Faustina durch einen Senatsbeschluss. Das ist dem Text jedoch nicht zu entnehmen. Ganz unwahrscheinlich ist der Vorschlag von Körner, Philippus Arabs (o. Anm. 29) 37 Anm. 47, der mater castrorum-Titel sei nicht Teil der offiziellen Titulatur sondern „auf die Initiative der jeweiligen Stifter“ der betreffenden Inschriften vergeben worden.

[67] Vgl. schon die lokale Bronzeprägung RPC I 73 aus Romula aus der Zeit des Tiberius, die Livia als genetrix orbis feierte, obwohl derprinceps im Senat verhindert hatte, dass sie offiziell zur parens und mater patriae ernannt wurde, weil er solche adulatio nicht dulden wollte (Tac., ann. 1,14,1).

[68] Zur Identifizierung der Faustina mit Salus sowie zur Schaffung von Bezügen zu Magna Mater, Ceres etc. siehe etwa Kunst, Patronage (o. Anm. 24) 156 Anm. 79 u. 80 mit Lit. Zu ihrer Angleichung an Isis siehe auch die folgende Anm. Zum Kult von Muttergottheiten im Heer E. Birley,The Roman Army. Papers 19291986, Amsterdam 1988, 412–413. 416–421. Zu den niedergermanischen matres undmatronae im Heer ferner C. Frateantonio, Kulte des Xantener Raumes, in: W. Spickermann (Hrsg.), Religion in den germanischen Provinzen Roms, Tübingen 2001, 173–192. Zu deren Beliebtheit etwa bei den equites singulares Augusti siehe M. P. Speidel, Die Equites Singulares Augusti, Bonn 1965, bes. 71–73. Ders., Riding for Caesar. The Roman Emperor’s Horse Guards, London 1994, 141–142.

[69] A. und E. Bernand, Un procurateur des effigies impériales à Alexandrie, ZPE 122 (1998) 97–101 = SEG XLVIII (1998) 1960 (Alexandria).

[70] A. und E. Bernand, procurateur (o. Anm. 69) 100–101. Caesareum: Philo, Leg. ad Gaium 151.

[71] Suet., Aug. 98

[72] Kapitolinische Trias schützt die Heerlager: Tac., hist. 4,58,13. Y. Le Bohec, La troisième légion Auguste, Paris 1989, 553. Vgl. auch Speidel, Heer (o. Anm. 4) 522 sowie AE 1976, 700 zum Truppenlager als geheiligten Ort. Das Leben der Soldaten: Optime Maxime, conserva numerum omnium militantium. So etwa AE 1912, 291. AE 1938, 36. AE 1966, 618. AE 2000, 1093. RIB II 3, 2429, 1–8. Siehe auch AE 1978, 525. IGLS 13, 9014. Dazu Speidel, Heer (o. Anm. 4) 47–48. Der Kaiser als Garant göttlichen Schutzes für das Heer: Alföldi, Reprä­sentation (o. Anm. 7) 220. 228. Ders., Hasta — Summa Imperii.The Spear as Embodi­ment of Sovereignity in Rome, AJA 63 (1959) 1–27, bes. 17. M. P. Speidel, Lebensbe­schreibungen traianisch-hadrianischer Gardereiter, in: K. Vössing (Hrsg.), Biographie und Prosopographie, Stuttgart 2005, 73–89, bes. 83–85. Vgl. auch Cass. Dio 55,20,2. AE 1990, 877–879. Speidel, Patria (o. Anm. 18) bes. 144–148. Ders., Being (o. Anm. 18). Siehe auch
E. Wheeler, Pullarii, Marsi, Haruspices, and Sacerdotes in the Roman Imperial Army, in: V. E. Hirschmann, A. Krieckhaus, H. M. Schellenberg (Hrsg.), A Roman Miscellany: Essays in Honour of Anthony Birley on his Seventieth Birthday, Danzig 2008, 185–203.

[73] HA, trig.tyr. 25: ... cum illa (sc. Victoria) mater castrorum ab exercitu nuncupata esset. Siehe auch den militärischen Charakter fast aller Fundorte jener Inschriften, die den Titel mater exercitus belegen (o. Anm. 42).

[74] Vgl. HA, trig.tyr. 5,3. 6,3. 31,2.

[75] BMC IV 929–931. 988†. RIC III 1659–1662. Thirion, Faustina (o. Anm. 6) 44. Zu Recht erkannte Szaivert, Münzprägung (o. Anm. 52) 71 hier die in der römischen Münz­prägung typische Darstellung der vor dem Altar opfernden Pietas. Ihm folgt etwa Motschmann,Religionspolitik (o. Anm. 43) 95–97. Die Frauenfigur für Faustina hielten etwa Thirion, Faustina (o. Anm. 6) 43–44. Boatwright, Faustina (o. Anm. 6) 257. Scheer, Bilder (o. Anm. 61) 308–310. Mit der Aussage dieser Münzen nicht zu vergleichen sind die unter Caligula geprägten Gedenkmünzen für die ältere Agrippina, MAT(er) C(ai) CAESARIS AVGVSTI: RIC I2 55.

[76] Caesareum: P.Paris 69C = W.Chr. 41. Siehe dazu A. v. Domaszewski, Die Principia des römischen Lagers, Neue HeidelbJb 9 (1899) 141–163 = Ders., Aufsätze (o. Anm. 13) 234–256, bes. 252–253, sowie jetzt D. Kossmann, Römische Soldaten als Teilnehmer von Festen, in: J. Rüpke (Hrsg.), Festrituale in der römischen Kaiserzeit, Tübingen 2008, 148–149. Capitolium: AE 1989, 581 = AE 2001, 1566. Dazu G. Alföldy,Die Inschriften aus den Principia des Alenkastells Aalen, FBW 14 (1989) 293–338, bes. 311–314 sowie Ders.,Probleme rätischer Inschriften. Zur Methode der epigraphisch-historischen Forschung, in: P. Barceló, V. Rosenberger (Hrsg.), Humanitas — Beiträge zur antiken Kulturgeschichte. Fest­schrift Gunther Gottlieb zum 65. Geburtstag, München 2001, 9–44, bes. 27–44. Vgl. auch Tert., De corona 12,3: Ecce annua votorum nuncupatio quid videtur? Prima in principiis, secunda in capitoliis. Dazu auch R. Fellmann, Das Zentralgebäude der römischen Legions­lager und Kastelle, Pro Vindonissa 1957/58, 75–174, bes. 85–86. Speidel, Heer (o. Anm. 4) 521–522.

[77] Siehe etwa Domaszewski, Religion (o. Anm. 13) 72 = Ders., Aufsätze (o. Anm. 13) 152. Alföldi, Repräsentation (o. Anm. 7) 68–69. Stoll, Heer (o. Anm. 8) 155–156.

[78] Siehe bes. CIL III 1169 = IDR III 5, 420 (Alba Iulia, Statuensockel): Sabina[e] / Augusta[e] / Hadr[iani] / Aug(usti) / leg[?io XIII G(emina)] / [-]. Zu den Feiertagen für weib­liche Mitglieder des Kaiserhauses im Feriale Duranum seit Trajan siehe ferner Hoey (o. Anm. 33) 174. J. Stäcker, Princeps und miles. Studien zum Bindungs- und Nahverhältnis von Kaiser und Soldat im 1. und 2. Jahrhundert n.Chr., Hildesheim etc. 2003, 332–333. Die entsprechen­den Zeugnisse von Zivilisten (besonders aus den Provinzen) stammen bekanntlich aus noch früherer Zeit. Dazu etwa D. Fishwick, The Imperial Cult in the Latin West. Studies in the Ruler Cult of the Western Provinces of the Roman Empire II 1, Leiden 1991, 423. M. Clauss, Kaiser und Gott: Herrscherkult im römischen Reich, München, Leipzig 2001, 74. 87 (Livia ist die „Gottheit des Heils, des Wohlergehens, Salus“). 503. Bekanntlich bezeichnete bereits der jüngere Plinius Plotina, die Gemahlin Trajans, als sanctissima femina (Plin., Epis. 9,28).

[79] Pietas und domus Augusta: SC de Cn. Pisone patre Z. 159–165 mit Eck et al., senatus consultum (o. Anm. 19) 302, bes.: cum scirent (sc. milites) salutem imperi(i) nostri in eius domus (sc. principis) custo/dia posita(m) esse{t}. Frauen: siehe bes. Tac., ann. 14,7: praeto­rianos toti Caesarum domui obstrictos memoresque Germanici nihil adversus progeniem eius (sc. Agrippinam) atrox ausuros. Mark Aurel führte, nach Aussage seines Biographen, sogar seine Kinder beiderlei Geschlechts, d.h. auch die unverheirateten Töchter, im Triumph von 166 mit: HA, Aur. 12,10. Zur religiösen Bedeutung des Kaisers für die salus imperii siehe nur Alföldi, Repräsentation (o. Anm. 7) bes. 30. 195. Vorstellungen aus dem hellenistischen Osten mögen die Augusta-Verehrung im Reich ebenfalls beeinflusst haben, doch entgegen Domaszewski, Religion (o. Anm. 13) 72–73 = Ders., Aufsätze (o. Anm. 13) 152–153 war am mater castrorum-Titel nichts spezifisch Orientalisches. So zu Recht auch Levick, Julia Domna (o. Anm. 10) 42. In gewisser Hinsicht lassen sich die Erwartungen an die mater castrorum wohl eher mit jenen an die Vestalinnen vergleichen, die pro populo wirken sollten: Cic., leg. 2,21. 2,35–36. Iuv., 9,117.

[80] Ähnliche Erscheinungen lassen sich innerhalb des Kaiserkultes auch sonst beobachten: A. Chaniotis,Der Kaiserkult im Osten des Römischen Reiches im Kontext der zeitgenössischen Ritualpraxis, in: H. Cancik, K. Hitzl (Hrsg.),Die Praxis der Herrscherverehrung in Rom und seinen Provinzen, Tübingen 2003, 3–28, bes. 21–22. Auftrag des Heeres: Speidel, Patria (o. Anm. 18) passim.

[81] Zum Todesdatum der Faustina im Herbst 175 siehe M. L. Astarita, Avidio Cassio, Rom 1983, 137. 151. Birley, Severus (o. Anm. 26) 115–116. Priwitzer, Faustina (o. Anm. 5) 195–196. Weder CIL XIV 40 + 4301 (mit Suppl. 2, 842 Anm. 1) = AE 1920, 92 = M. J. Verma­seren, Corpus Cultus Cybelae Attidisque III, Leiden 1977, 405 noch AE 1982, 781 = AE 1991, 1312 = I. Piso, Die Inschriften, in: W. Jobst (Hrsg.), Das Heiligtum des Jupiter Optimus Maxi­mus auf dem Pfaffenberg / Carnuntum 1, Wien 2003, Nr. 28 nennen Faustina mater castrorum. IGRR IV 1562 (Teos) betrifft (entgegen dem Kommentar von R. Cagnat) nicht Faustina, sondern Galeria Valeria. Auf das Fehlen des Titels in den Inschriften für Faustina hat bereits Domaszewski, Regenwunder (o. Anm. 15) 614 Anm. 2 hingewiesen. Dennoch wird seither immer wieder auf CIL XIV 40 verwiesen. So etwa Thirion, Faustina (o. Anm. 6) 41. Campbell, Emperor (o. Anm. 18) 97. Kuhoff, Titulatur (o. Anm. 24) 251 Anm. 30. Motschmann, Reli­gionspolitik (o. Anm. 43) 96. Boatwright, Faustina (o. Anm. 6) 257. Wenig überzeugend ist die von Boatwright, Faustina (o. Anm. 6) 266 vertretene Meinung: „But contemporary Rome’s misgivings about Faustina’s new role can be perceived (…) in the restricted diffusion of the title for her.“

[82] Domaszewski, Regenwunder (o. Anm. 15) 614–615. Motschmann, Religionspolitik (o. Anm. 43) 96.

[83] BMC IV 700–705. 1554–1557. RIC III 742. 748–749. 751–753. 1711–1712. Thirion, Faustina (o. Anm. 6) 45–46. Dazu Szaivert,Münzprägung (o. Anm. 52) 77. Motschmann, Religionspolitik (o. Anm. 43) 96. Zur Deutung als Aeternitas siehe etwa auch Thirion, Faustina (o. Anm. 6) 43. Alexandridis, Frauen (o. Anm. 41) 202. Scheer, Bilder (o. Anm. 61) 309. Zur Aeternitas allgemein siehe F. Graf, Aeternitas, DNP 1 (1996) 206–207. Zur Aufstellung der Kaiserbildnisse und Standarten bei feierlichen Anlässen auf einem suggestus siehe etwa Tac., hist. 1,36: ... in suggestu, in quo paulo ante aurea Galbae statua fuerat ... .

[84] Siehe nur A. v. Domaszewski, Die Fahnen im römischen Heere, in: Ders., Aufsätze (o. Anm. 13) 56–73. Ders., Religion (o. Anm. 13) 9–13 = Ders., Aufsätze (o. Anm. 13) 89–93. Alföldi, Repräsentation (o. Anm. 7) 68–69. Dazu auch Birley, Army (o. Anm. 68) 400–407. Stoll, Heer (o. Anm. 8) 51. 78. 148–149. Clauss, Kaiser (o. Anm. 78) 335.

[85] HA, Aur. 26,7–8.

[86] Zum Ablauf solcher Zeremonien siehe P.Paris 69C = W.Chr. 41 mit der oben Anm. 76 aufgeführten Literatur. Siehe ferner Th. Pekáry,Das Opfer vor dem Kaiserbild, BJ 186 (1986) 91–103 (zum berühmten Fresko aus Dura-Europos) sowie, allgemein, Chaniotis, Kaiserkult (o. Anm. 80) 3–28.

[87] P.Dura 54 = RMR 117 = ChLA VI 54, col. III 7.

[88] So Herz, Kaiserfeste (o. Anm. 51) 1179. Kienast, Kaisertabelle (o. Anm. 9) 136. Clauss, Kaiser (o. Anm. 78) 317. Stäcker, Princeps (o. Anm. 78) 322–323. Das Fehlen von mater castrorum hilft ebenfalls nicht weiter, da alle divi und divae im Feriale Duranum ohne solche Titel und Beinamen angeführt sind. Die Frage offen lassen deshalb zu Recht Hoey (o. Anm. 33) 157–158, R. O. Fink, Roman Military Records on Papyrus, Cleveland 1971, 427 Anm. 7 und R. Marichal, ChLA VI 309 p. 9 Anm. 7.

[89] So etwa Herz, Kaiserfeste (o. Anm. 51) 1177–1179. Kienast, Kaisertabelle (o. Anm. 9) 141. Die ältere Faustina erkennt hier etwa Fishwick, Imperial Cult (o. Anm. 78) 489. Polemius Silvius: InscrIt 13/2, 43. Chron. Min. I 520–523.

[90] ChLA VI 54 p. 5. Fink, Military Records (o. Anm. 88) 117 col. I 17–18. Siehe zum folgenden auch Hoey (o. Anm. 33) 157–158.

[91] HA, Ant. Car. 11,6.

[92] CIL VI 33840 = FIRA III2 147, mit der Nennung eines collegium magnum arkarum divarum Faustinarum matris et Piae. Siehe zu diesem Text auch R. Röhle, Zur Bedeutung der lex locationis in CIL 6, 33840, l. 2–4, ZRG 104 (1987) 437–464. Vgl. ausserdem AE 1974, 348 (Mailand). AE 1982, 376 (Pollenzo).

[93] Marichal (o. Anm. 88): „on ne doit considérer les reconstitutions des l. 4–7 que comme des possibilités entre plusieurs autres“.

[94] Siehe dazu nur A. R. Birley, Making Emperors. Imperial Instrument or Independent Force?, in: P. Erdkamp (Hrsg.), A Companion to the Roman Army, Oxford 2007, 379–394.

[95] So etwa Cass. Dio 71,36,3. Herodian., 1,2,5. 1,4,8. Amm., 31,5,14.

[96] HA, Aur., 13,1–3. Dazu etwa Motschmann, Religionspolitik (o. Anm. 43) 103–204.

[97] CIL III 13661 = ILS 8932. IGRR IV 1562. Den Titel trug sie von Ende 308 bis 311/4.

[98] Es ist zudem zu bedenken, dass der Tadel über das unwürdige öffentliche Auftreten von Frauen vor allem auch ein erprobtes Mittel war, Kritik an ihren Männern zu üben, und dass solche Berichte deshalb keineswegs stets als völlig zuverlässig gelten können. Das gilt etwa auch für die Geschichten, die sich um Fulvia, die Gemahlin des Antonius, im Zusammenhang mit dem Perusinischen Krieg rankten. Fulvia mag zwar (wie andere Frauen führender römischer Männer auch) Einfluss auf wichtige Entscheidungen ausgeübt haben, doch ihre Rolle und ihr Handeln in der Öffentlichkeit wurde von der Bürgerkriegspropaganda ganz offensicht­lich stark, bisweilen gar grotesk verzerrt. Ihr eine „militärische Rolle“ zuzuschreiben, wie dies zuletzt etwa L. Burckhardt, Republikanische exempla für die Augustae?, in: Kolb (o. Anm. 9) 75–88, bes. 78 getan hat, ist deshalb vermutlich eine unzulässige Folgerung aus Aussagen wie jener bei Cassius Dio 48,10,4, wonach Fulvia, mit einem Schwert gegürtet, den Soldaten regelmässig Parolen ausgegeben und Ansprachen an sie gerichtet habe. Dagegen bereits mit der gebotenen Deutlichkeit R. Syme, The Roman Revolution, Oxford 1939, 208 Anm. 1: „The propaganda of Octavianus, gross and mendacious, exaggerated the role of Fulvia both at the time and later, putting her person and her acts in a hateful light“.

[99] Siehe dazu oben Anm. 7. Auch die aus Herodian 3,8,4–5 erschlossene Gewährung des matrimonium iustum durch Septimius Severus im Jahre 197 an alle im Heer dienenden Soldaten konnte Werner Eck vor kurzem endgültig widerlegen: W. Eck,Septimius Severus und die Soldaten. Das Problem der Soldatenehe und ein neues Auxiliardiplom, in: B. Onken, D. Rohde (Hrsg.),In omni historia curiosus. Studien zur Geschichte von der Antike bis zur Neuzeit. Festschrift für Helmut Schneider zum 65. Geburtstag, Wiesbaden 2011, 63–77.

[100] Darin ist ihm Hasebroek, Untersuchungen (o. Anm. 16) 92 zu Recht gefolgt. Contra: Kettenhofen (o. Anm. 9) 80–81.