Ulrike Ehmig


Szenen nicht nur einer Ehe:
sine ulla querella und verwandte Formulierungen
in lateinischen Grabinschriften1




Das Lob des verstorbenen Ehepartners ist ein gut bekannter Topos in lateinischen Grabinschriften. Üblich war es, positive Eigenschaften der Person in schmückenden Attributen wie carus, dulcis, sanctus oder zahlreichen anderen für die Nachwelt festzuhalten. Häufig wurde dies dadurch verstärkt, dass man mehrere solcher Begriffe aneinanderreihte und sie zudem im Superlativ verwendete. [2] Die Charakterisierung der gemeinsam verbrachten Zeit dagegen erfolgte, wenn überhaupt, in anderer Weise: Entweder man formulierte ein völlig neutrales cum quo/qua vixit und schloss daran die Zahl der Jahre, Monate oder Tage an oder man betonte nur, dass es ein einträchti­ges Zusammenleben war. Belege hierfür finden sich jedoch nur selten. Während man insbesondere in Rom und Italien in diesen Fällen eine Reihe unterschiedlicher Formu­lierungen mit dem Begriff concordia entwickelte[3], lauten alle zehn Belege aus dem dalmatischen Salona einheitlich cum quo/qua concorditer vixit bzw. vixit mecum concorditer [4]. Es ist dies ein gutes Beispiel eines häufig bei übergeordneten epi­graphischen Studien zu beobachtenden lokalen epigraphic habit.[5]

Statt wie bei der Personencharakterisierung eine Vielzahl positiver Wendungen zu gebrauchen, war es in lateinischen Epitaphen überraschenderweise üblich, die gemeinsam verbrachte Lebenszeit auf den ersten Blick nur indirekt vorteilhaft zu beschreiben, nämlich durch die Verneinung eines negativen Begriffs. Die gängigste Formulierung hierfür ist sine ulla querella. Es lassen sich aus dem gesamten Gebiet des römischen Reichs mindestens 493 Grabinschriften zusammenstellen, in denen diese oder eine von 44 verwandten Wendungen gebraucht wurde. Sie stehen hier im Mittelpunkt. Exemplarisch werden sie daraufhin untersucht, welche Personen — Frauen und/oder Männer — durch die Formulierungen charakterisiert wurden und wer sie entsprechend gebrauchte. Es geht um die Frage, innerhalb welcher gesell­schaftlichen Schichten diese speziellen und vergleichsweise umfänglichen Wendun­gen üblich waren, wo und wann man sie verwendete und ob sie ausschließlich zur Charakterisierung von Ehen dienten oder gegebenenfalls auch in anderen Kontexten zum Einsatz kamen.

Bisherige Forschungen

Im Jahr 1942 erschien Richmond A. Lattimores Studie „Themes in Greek and Latin Epitaphs“. Im Abschnitt über Grabmäler, die Eheleute nach dem Tod ihres Partners gesetzt hatten, führte er eine Inschrift mit der Wendung sine ulla querella auf und stellte dazu in einer Fußnote 140 Parallelen zusammen. Lattimore erkannte zweierlei: Erstens charakterisierten die Hinterbliebenen mit sine ulla querella die gemeinsam verbrachte Zeit als ‚frei jeder Klageʻ und zweitens finde sich die Wen­dung konzentriert in Rom und Italien und fehle in auffallender Weise in Nordafrika. Ergänzend fügte er in einer zweiten Anmerkung weitere 100 Zitate zu 20 sinnver­wandten, im gleichen sepulkralen Kontext gebrauchten und identisch mitsine (ullo/ulla) konstruierten Formulierungen an. Auch sie fand er besonders in Rom und Italien verbreitet, die Variante sine animi laesione maßgeblich in Lyon.[6]

Lattimores Studie stellt die bisher umfangreichste Sammlung der in lateinischen Grabinschriften bezeugten sine (ullo/ulla)-Wendungen dar. Er interpretierte sie als antike Idealvorstellung einer Ehe: Wenngleich nicht zu entscheiden sei, mit wieviel Überzeugung sie gebraucht wurden, brächten sie doch eine beachtliche Bedeutung und Achtung der römischen Frau in häuslichem Kontext zum Ausdruck.[7]

Zu einem anderen Urteil war 120 Jahre zuvor Stephen Collett in seiner kurzen Abhandlung „Epitaphs on Roman Wives“ gelangt. [8] Auf der Grundlage zweier zu Beginn des 17. und im frühen 18. Jahrhundert veröffentlichter Inschriftencorpora[9] stellte er Beispiele für die Wertschätzung der Ehefrau in römischer Zeit zusammen. Er brachte diese in eine Reihenfolge und definierte Anfangs- und Endpunkt mit „indifference“ und „tenderness“. Von sine ulla animi laesura abgesehen, siedelte Collett alle mit sine (ulla) formulierten Wendungen in der unteren Hälfte seiner Skala an. [10] Er wertete die lateinischen Grabinschriften insgesamt und speziell die hier interessierenden Stücke als Ausdruck emotionaler Kälte und großer Distanz gegen­über den Verdiensten der Frau.[11]

Auch wenn die von Lattimore und Collett formulierten Deutungen der mit sine (ullo/ulla) konstruierten Grabinschriften einander konträr gegenüberstehen, gehen sie doch in zwei Punkten konform: Beide fokussieren ausschließlich auf Frauen und auf deren Eheleben. Die Studien vermitteln den Eindruck, dass die betreffenden Wendun­gen ausschließlich dann gebraucht wurden, wenn Ehefrauen von ihren Männern bestattet wurden.

Dass dies jedoch nicht zutrifft, hätten schon die Ergebnisse der 1909 in Princeton erschienenen Dissertation von Samuel G. Harrod deutlich machen müssen. [12] Aus­gehend von CIL VI erarbeitete er einen Katalog der in lateinischen Inschriften gebrauchten Kosewörter sowie der Begriffe für familiäre Beziehungen. Unter anderem zählte er dabei die Belege mit der Wendungsine ulla querella aus. Nach damaliger Kenntnis erschienen sie in 67 Epitaphen für Ehefrauen und 28 für Ehe­männer. [13] Damit war die Formulierung zwar zweieinhalb Mal häufiger für Frauen bezeugt, von einer lediglich sie betreffenden Verwendung aber konnte nicht die Rede sein. Entsprechend geschlechtsneutral charakterisierte Harrod die Ausdrücke als Kennzeichnung von Glück und Eintracht während der Ehejahre.

Im Weiteren fanden sine ulla querella und die zahlreichen damit verwandten Formulierungen lange weder in der epigraphischen noch der sozial- und reli­gionsgeschichtlichen Forschung tiefer gehende Beachtung. In den 1959 und 1972 im Reallexikon für Antike und Christentum erschienenen Artikeln „Eheleben“ und „Frau“ wurden die betreffenden Inschriften gar nicht als Quellen herangezogen.[14] 1983 fasste Charles Pietri die Charakteristik der Formulierungen in einem einzigen Satz zusammen: Sie verdeutlichten, wie gut das Eheleben gewesen sei,sine ulla que­rella habe man in Rom und Italien seit dem 2. Jahrhundert gesagt, seltener nur sine discordia oder sine lite. [15] Die Diskussion um die antike Ehe und speziell den Part der Frau wird bis heute maßgeblich anhand literarischer Zeugnisse geführt.[16] Eine syste­matische Analyse dokumentarischer Quellen wie Inschriften und ihre vergleichende Bewertung steht in diesem Kontext dagegen weitgehend aus. Entsprechend an der Oberfläche bleiben Formulierungen wie in der 1989 erschienenen „Geschichte des Privaten Lebens“: „... Man wusste, dass Uneinigkeit in der Ehe gang und gäbe war und fand sich damit ab ... Auf zahllosen Grabinschriften spricht ein Mann von seiner »sehr lieben Frau«, doch auf anderen, nicht minder zahlreichen heißt es »Meine Frau, die mir niemals Anlass zur Klage gab« (»querella«).“[17]

Im Jahr 2002 allerdings legte Brent D. Shaw eine auf epigraphischer Basis durch­geführte demographische Studie zur römischen Ehe vor. Primäres Ziel war es, ihre durchschnittliche Dauer zu ermitteln.[18] Shaw nahm in seiner Untersuchung jedoch auch erstmals eingehender zu sine ulla querella und verwandten Wendungen Stel­lung: Er stellte 175 Belege entsprechender Formulierungen zusammen und charak­terisierte sie mit dem Begriff „negative Tugenden“ (negative virtues) [19]. 150 klassi­fiziert er als vorchristliche Zeugnisse, 25 als christliche Inschriften. Shaw sah die Ursache für den Gebrauch der Wendungen darin, dass ein Großteil der betref­fenden Personen aus dem Sklavenstand stammte. Weil sie die Erfahrung einer von Gewalt, Unrecht, Leid, Schmerz und Streit geprägten Existenz gemacht hätten, legten sie besonderen Wert darauf zu betonen, dass ihr neues Leben nach der Heirat frei von derartigen Erlebnissen war.[20]

Grabinschriften mit der Wendung sine (ullo/ulla)

Mit Hilfe der Epigraphik-Datenbank Clauss/Slaby können heute mindestens 493 lateinische Grabinschriften zusammengestellt werden, die die Formulierungsine (ullo/ulla) mit einem oder mehreren der nachfolgenden Begriffe enthalten: aemu­latio/aemulus (Eifersucht, nebenbuhlerisch), amaritudo (Bitterkeit), animi laesio/laesura (Kränkung des Gemüts), bilis (Galle, Zorn, Verdruß), castigatio (körperliche Züchtigung), contra (Entgegenstreben), controversia (Streit), contumelia (Schmähung, Verunglimpfung),crimen/criminis sordes (Schuld, (niederträchtiges) Verbrechen, Vergehen), culpa (Verschulden), cupiditas (Begierde, Habsucht),debi­tum (Verpflichtung, Verbindlichkeit), delictum (Vergehen), discordia (Zwietracht), discrimen (Krisis),dolor (Kränkung), dolus (malus) (Betrug, Heimtücke), fel (Gallen­blase, Gehässigkeit), fraus (Tücke, Vergehen),infamia (Schimpf, Schmach), inimi­citia (Feindseligkeit), iniuria (Unrecht), iracundia/ira (Jähzorn, Erbitterung),iurgium (Zänkerei), labes (?) (Unheil, Schaden), laesio (Kränkung, Schädigung), lis (Zank, Rechthaberei),livor (Missgunst), macula (Makel), maledictum (Schmähung), male­ficium (Betrug, Übeltat), malitia (Bosheit), mendum (Fehler, Gebrechen), noxia (Schuld, Schaden), offensa (animi)/offensio (Beleidigung, Ärgernis), praemium (Bereicherung aus einem Verbrechen), querella (Unmut, Wehklage), questus (Klage), reprehensio (vitae) (Zurechtweisung), repressio (Tadel), secessus (Trennung), simu­ltas (Feindschaft, Rivalität), stomachus (Übellaune), turpis fama (Schimpf), verbum scaber (schäbige Rede). Die Inschriften ergeben insgesamt, da in einer Reihe von ihnen zwei oder mehr sine (ullo/ulla) -Formulierungen gebraucht sind, 516 Nachweise (Tabelle 1 [21]) für die nachfolgend analysierten Wendungen.[22] Sie sind chronologisch von der augusteischen Zeit bis ins frühe 7. Jahrhundert zu verfolgen.[23]

sine (ullo/ulla) -Wendungen zur Kennzeichnung von Ehen und Lebenswandel

Bereits der erste Überblick über die Epitaphe zeigt einen Befund, der bei bisherigen, und zwar speziell den jüngsten Betrachtungen der sine (ullo/ulla)-Wendungen nicht zum Tragen kam: Die Formulierungen wurden nämlich in zweierlei Weise verwendet. Zum einen charakterisierten Ehepartner damit die gemeinsam verbrachte Zeit. Knapp drei Viertel aller Belege (n = 371, entspricht 72 %) sind in einem derartigen Zusammenhang gebraucht. Zum anderen aber beschrieben die Partner oder andere Familienangehörige mit den betreffenden Formulierungen auch allgemein den Lebenswandel der verstorbenen Person. Die entsprechenden 119 Fälle machen 23 % des Materials aus. Bei weiteren 26 Belegen (5 %) ist der jeweilige Bezug durch die Fragmentierung der Inschriften nicht mehr erkennbar.

Formulierungen mit sine (ullo/ulla) gebrauchte man, wie es schon Harrod herausarbeitete, in der nachfolgenden Forschung aber nicht mehr gesehen wurde, zwar vor allem zur Charakterisierung von Ehen. Man bediente sich ihrer aber in erheblicher Zahl, nämlich in fast einem Viertel der Fälle, auch für die Beschreibung des Lebenswandels der verstorbenen Person. Wenn das Formular damit in zwei verschiedenen Kontexten bezeugt ist, gilt auch zu untersuchen, ob und inwieweit die Verwendung einander beeinflusste beziehungsweise welche eventuellen Unterschiede im Gebrauch zu beobachten sind.

Um dies näher auszuführen, soll zuerst die Häufigkeit der 45 verschiedenen mit sine (ullo/ulla) verbundenen Formulierungen sowie ihre jeweilige Verwendung als Charakterisierung einer Ehe respektive des Lebenswandels einer verstorbenen Person analysiert werden (Tabelle 2 [24]). Mit Abstand der häufigste Begriff ist querella. Mit 42 % ist er in annähernd der Hälfte aller Fälle mit sine (ullo/ulla) kombiniert. Ganz überwiegend charakterisiert das Formular die Ehe zweier Partner. Allerdings bezieht sich immerhin doch jede zwölfte sine ulla querella-Inschrift allgemein auf den Lebenswandel einer verstorbenen Person. Auch dieses spezielle, in der Forschung meist zitierte Formular wurde also keineswegs ausschließlich für die Beschreibung von Ehen genutzt.

Vergleichbares ist für fast alle übrigen Formulierungen zu beobachten: Es gibt zwar dem Inhalt der Begriffe entsprechende Schwerpunkte, fast nie aber eine ausschließliche Verwendung. Die Termini animi laesio/laesura, macula und crimen machen in jeweils ähnlich hohen Anteilen zusammen ein Viertel der sine (ullo/ulla)-Wendungen aus (23 %). Animi laesio/laesura ist dabei dreimal so häufig im Kontext der Beschreibung von Ehen denn von Lebensweisen überliefert. Sine (ulla) macula dagegen charakterisiert mindestens zweimal so oft einen makellosen Lebenswandel der verstorbenen Person als ihre Ehe. Den Begriff crimen schließlich verwendeten Hinterbliebene ganz überwiegend dazu, die Vita des Verstorbenen zu schildern. Nur in jedem fünften Fall gebrauchte ein Ehepartner sine (ullo) crimine zur Kenn­zeichnung der gemeinsam verbrachten Zeit.

Weitere acht mit sine (ullo/ulla) kombinierte Begriffe stellen mit je acht bis 14 Belegen zusammen knapp ein Fünftel des untersuchten Materials dar. Von diesen wurde offensichtlich allein bilis nur zur Charakterisierung von Ehen gebraucht, dis­cordia, offensa/offensio, lis und iniuria zum überwiegenden Teil. Dolor wird in zwei von drei Inschriften entsprechend verwendet. Bei fraus verteilen sich die Nachweise mehr oder minder gleichermaßen auf Ehe- und Lebensbeschreibungen. Eine anschei­nend ausschließliche Kennzeichnung der Lebenszeit erfolgte hingegen mit dem Begriff fel. Da immerhin neun Beispiele auszumachen sind, dürfte es sich um einen entsprechend bewussten Sprachgebrauch handeln.

Drei Viertel aller mit sine (ullo/ulla) gekoppelten Termini sind lediglich ein bis fünf Mal in Grabinschriften überliefert, stellen also sehr individuelle Formulierungen dar. Der Befund dokumentiert, dass man die Texte dieser Grabinschriften durchaus bewusst wählte und persönlich gestaltete.

Verbreitung der sine (ullo/ulla)-Wendungen

Nicht nur in Bezug auf den Gebrauch der einzelnen Begriffe, sondern auch auf die Herkunft der betreffenden Grabinschriften sind deutliche Unterschiede zu erkennen (Tabelle 3). Die Hälfte aller Belege (49 %) stammt aus Rom. Gemeinsam mit jenen aus den regiones I–XI sind in Italien [25] mehr als drei Viertel aller sine (ullo/ulla)-Nachweise beheimatet (77 %). In der Gallia Narbonensis, der Aquitania, der Lugdu­nensis und der Germania Superior lassen sich zusammen weitere 14 % lokalisieren. Dabei ist ein spezieller Schwerpunkt auszumachen: Vier von fünf sine (ullo/ulla)-Wendungen in diesem Raum sind aus Lyon bezeugt, der im Jahr 43 v.Chr. gegründeten Veteranenkolonie, dem Statthaltersitz der Lugdunensis und Versamm­lungsort des concilium Galliarum (55 von 70 Belegen, entspricht 79 %). Aus dem Donau-/Balkanraum sowie aus Nordafrika sind lediglich 15 bzw. 24 Wendungen bekannt geworden. Mit Anteilen von 3 % respektive 5 % am Gesamtmaterial liegen sie damit deutlich unter dem generellen Prozentsatz, den die Grabinschriften dieser Regionen an allen lateinischen Epitaphen ausmachen. Weiterhin erstaunt das nahezu völlige Fehlen von Belegen aus den spanischen Provinzen. Es zeichnet sich ab, dass der Gebrauch der Formulare vor allem auf die italische Halbinsel konzentriert blieb und selbst in stark romanisierten Teilen des Reiches nur eher selten übernommen wurde. Das römische Lugdunum war anscheinend die Ausnahme, entwickelte jedoch mit dem, wie unten gezeigt wird, andernorts sonst kaum bezeugten sine ulla animi laesio/laesura ein ganz eigenes Formular.

Die hier untersuchten Wendungen wurden aber nicht nur eingeschränkt in den Provinzen übernommen, sie wurden dort auch in anderer Weise genutzt als auf der italischen Halbinsel (Tabelle 3): In Rom und den italischen regiones I–XI bezogen sich vier von fünf sine (ullo/ulla)-Formulierungen auf Ehen (77 vs. 16 %). Im gallisch-germanischen Fundgebiet sind es nicht einmal mehr doppelt so viele wie jene Inschriften, in denen man die Lebensweise eines Verstorbenen charakterisierte. Deren Anteil aber ist mit 36 % proportional mehr als doppelt so hoch als jener in Italien. Im Donau- und Balkanraum sind die Belege für beide Gruppen vergleichsweise selten und in etwa gleich zahlreich. In Nordafrika schließlich charakterisierte man mit sine (ullo/ulla) -Wendungen häufiger den Lebenswandel von Toten als deren Ehen.

Der Befund erweckt den Eindruck einer Bedeutungsverschiebung des Formulars sine (ullo/ulla): In römischen und italischen Grabinschriften wurde es überwiegend von Männern und Frauen verwendet, um die gemeinsam mit ihrem verstorbenen Partner verbrachte Ehezeit zu beschreiben. Außerhalb Italiens treten die Formulie­rungen verhältnismäßig häufiger zur Schilderung des tadellosen Lebenswandels des Verstorbenen auf. Dabei ist natürlich zu berücksichtigen, dass von dort Inschriften mit entsprechenden Formulierungen in insgesamt geringer Zahl bekannt sind.

Kombiniert man die bisherige Analyse der Inschriften entsprechend den darin verwendeten Begriffen und ihrem jeweiligen Bezug sowie den Fundgebieten, wird folgendes deutlich: Die zur Charakterisierung von Ehen und Lebensweisen mit sine (ullo/ulla) kombinierten Ausdrücke sind zutiefst in der italischen Grabepigraphik verankert. Bei 39 der 45 Begriffe stammt mindestens die Hälfte der Belege aus Rom und Italien. Lediglich vier Termini sind im betreffenden Kontext nicht aus Italien bekannt. Sie sind allerdings jeweils überhaupt nur ein einziges Mal bezeugt, also offenbar individuell erdacht. [26] Allein zwei in mehreren Exemplaren überlieferte, zusammen mit sine (ullo/ulla) gebrauchte Begriffe wurden in größerem Maße auch außerhalb Italiens gebraucht: crimen und animi laesio/laesura.

Crimen ist insgesamt 34 Mal aus entsprechenden Grabinschriften überliefert. 13 Exemplaren aus Rom sowie den regiones I, VI, X und XI stehen je neun Zeugnisse aus Nordafrika sowie dem Raum Spanien/Gallien/Germanien gegenüber. Auffällig bei den sine (ullo) crimine-Epitaphen ist neben ihrem Vorkommen außerhalb des italischen Mutterlandes die Häufigkeit, mit der Hinterbliebene den Begriff nicht im Blick auf eine gemeinsame Ehezeit gebrauchten, sondern damit den Lebenswandel der verstorbenen Person charakterisierten.[27] Das dürfte an der spezifischen Bedeutung des Wortes liegen, das wie kein zweiter Terminus juristisch geprägt ist.

Einen eindeutig anderen, nicht-italischen Verbreitungsschwerpunkt zeigt unter den mit sine (ullo/ulla) kombinierten Begriffen allein animi laesio/laesura. 40 der insge­samt 47 Belege sind im gallischen Raum zu lokalisieren (85 %). Allein 36 von ihnen stammen aus Lyon. Dagegen kommen nur sieben sine animi laesione-Grabinschriften aus Rom und dem 120 km weiter im Südosten gelegenen Aquino. [28] Gleichzeitig besitzt die Wendung, in der animus als Inbegriff menschlichen Empfindens im Zent­rum steht, den stärksten emotionalen Charakter aller sine (ullo/ulla)-Formulierungen.

Wer gebrauchte Wendungen wie sine ulla querella und für wen?

Bei einer systematischen Analyse der Grabinschriften mit dem Formular sine (ullo/ulla) ergeben sich auch in anderer Hinsicht überraschende Beobachtungen. Erör­tert werden soll zunächst, wie sich die Belege auf Frauen und Männer aufteilen, und worüber sie dabei jeweils Auskunft geben: über die Ehe oder die Lebensweise der verstorbenen Person (Tabelle 4).

Insgesamt betrachtet beziehen sich deutlich mehr als die Hälfte aller 500 sine (ullo/ulla)-Wendungen auf den Tod einer Frau (59 %). Nur in jedem dritten Fall wird in der beschriebenen Weise ein verstorbener Mann charakterisiert. Zwölf Mal ist die Formulierung für zwei Personen gebraucht, 29 Belege können aufgrund unvoll­ständiger Erhaltung nicht zugewiesen werden.

Bei einer differenzierten Betrachtung aber stellen sich die Relationen anders dar: Wurden entsprechende Formulierungen in Bezug auf die Ehe einer verstorbenen Person gebraucht, handelte es sich in zwei von drei Fällen um die Grabinschrift für eine Frau. Beschrieb sine (ullo/ulla) dagegen den Lebenswandel des Toten, finden sich die Wendungen proportional in gleichem Maße in Epitaphen für verstorbene Frauen wie für Männer (52:57). Diese Ergebnisse sind auffällig vor dem Hintergrund des generell für Grabinschriften typischen Befundes: Allgemein nämlich sind Epitaphe für Männer deutlich häufiger als solche, die für Frauen gesetzt wurden.[29] Zu diesem generellen Schema passt zwar noch in etwa die Verteilung der Verwendung von sine (ullo/ulla) bei der Kennzeichnung von Lebensläufen. Ein deutlich umge­kehrtes Verhältnis aber zeichnet sich, wie beschrieben, bei ihrem Gebrauch zur Cha­rakterisierung von Ehen ab. Hier wird evident, dass männliche Hinterbliebene in diesen Fällen in viel stärkerem Maße bereit waren, mit einem Grabstein an ihre verstorbene Partnerin zu erinnern, als in vielen anderen Ehen. Dieses größere Enga­gement drückt eine beachtliche emotionale Bindung der Partner aus — auch wenn es die Art der Formulierungen auf den ersten Blick nicht nahelegte.

Das Ergebnis lenkt die Perspektive unmittelbar weiter auf die einzelnen mit sine (ullo/ulla) kombinierten Formulierungen: Wie stellt sich der Befund — die Ver­wendung für verstorbene Frauen respektive Männer zur Beschreibung von Ehe oder Lebenswandel — bei ihrer Analyse dar? Um im Folgenden mit möglichst aussage­kräftigem Material zu argumentieren, werden nur jene Begriffe in den Blick genom­men, die insgesamt mindestens neun Mal in Kombination mit sine (ullo/ulla) in lateinischen Grabinschriften nachgewiesen sind (Tabelle 5[30]).

Die auf diese Weise exzerpierten 395 sine (ullo/ulla)-Wendungen machen drei Viertel des Gesamtmaterials aus (77 %). Ihre Aufschlüsselung nach Geschlecht der verstorbenen Person und dem Bezug auf deren Ehe oder Lebensweise spiegelt, wie erwartet, zunächst ganz generell das zuvor beschriebene Resultat: Formulierungen, die die gemeinsame Ehe beschreiben, finden sich um mehr als 100 % häufiger bei verstorbenen Frauen als bei Männern. Belege, die den Lebenswandel der verstorbenen Person charakterisieren, sind dagegen bei beiden Geschlechtern gleich zahlreich vertreten.

Im Blick auf die Einzelformulierungen aber zeichnen sich differenzierte Verwendungen ab: Querella und animi laesio/laesura entsprechen dabei am ehesten dem beschriebenen Gesamtbefund. Beide Termini treten mehr als doppelt so häufig in ehebeschreibenden Epitaphen von Frauen als in solchen von verstorbenen Männern auf. Gleichzeitig aber wurde gerade querella ohnehin fast ausschließlich zur Cha­rakterisierung der gemeinsamen Zeit zweier Ehepartner eingesetzt. Nur in 8 % aller Fälle ist der Terminus zur Lebensbeschreibung gebraucht. Ähnliches zeigt der Begriff discordia.

Wohl aufgrund seiner spezifischen Bedeutung ergibt sich, wie beschrieben, für crimen, und eventuell auch für macula, das aufgrund der vergleichsweise geringen Zahl einschlägiger Zeugnisse jedoch nur schwer zu beurteilen ist, ein wesentlich anderes Bild. In mehrfacher Hinsicht spezifisch schließlich ist fel- die einzige Wen­dung, die immer als Bestandteil eines umfangreicheren Formulars in der Verbindung columbus/-a sine felle[31] bzw. üblicher palumbus/-a sine felle auftritt. Sie kam ausnahmslos als Lebensbeschreibung zum Einsatz. Bevorzugt scheint die Formu­lierung dabei für weibliche Verstorbene und/oder Kinder verwendet worden zu sein. Die betreffenden Zeugnisse stammen schließlich allesamt aus spätantik-christlichen Kontexten in Rom. Ein derart spezifisch christlicher Gebrauch ist allein für fel zu beobachten.[32]

Die bisherigen Beobachtungen haben gezeigt, dass mit sine (ullo/ulla) konstruierte Wendungen bemerkenswert nuanciert in lateinischen Epitaphen verwendet wurden. Bewusst oder unbewusst entscheidend für ihre Wahl war, ob Aussagen über die Ehe oder den Lebenswandel der verstorbenen Person gemacht werden sollten. Bestim­mende Faktoren waren weiterhin der Ort, an dem eine Inschrift formuliert wurde, und speziell die Personen, für die sie bestimmt waren, bzw. die sie stifteten. Eine aus­schließliche Fokussierung der Wendung auf die verstorbene Ehefrau ist nicht gegeben.

Spezifizierung der Personen in sine (ullo/ulla)-Grabinschriften

In der Forschung ist der Frage, wie die Dedikanten sich und die verstorbenen Personen in den sine (ullo/ulla)-Inschriften charakterisierten, bisher kaum Aufmerk­samkeit geschenkt worden. Allein Shaw vertrat die These, hier vor allem Personen aus dem (ehemaligen) Sklavenstand erkennen zu können. Sie hätten mit den sine (ullo/ulla)-Formulierungen deutlich gemacht, dass ihr Eheleben nichts mehr mit den bisher ihre Existenz bestimmenden Erfahrungen von Gewalt und Auseinandersetzung zu tun hatte.[33] Um dazu begründet Stellung nehmen zu können, sollen einige allge­meine Beobachtungen zu den Personen zusammengestellt werden, die in den 493 Grabinschriften mit sine (ullo/ulla) -Wendungen genannt sind.

Beziehung zwischen Verstorbenen und Dedikanten

Naturgemäß wurden die 371 Inschriften, in denen sich die betreffenden Formu­lierungen auf die Ehe der verstorbenen Person beziehen, fast ausschließlich von deren Lebenspartnern in Auftrag gegeben. Lediglich fünf Fälle weichen hiervon ab.[34] In 29 vom Partner dedizierten, ehebezogenen sine (ullo/ulla)-Grabinschriften kom­men zu den Hinterbliebenen weitere Stifter hinzu. Immer handelt es sich dabei um engste Verwandte, allen voran die eigenen Kinder[35], in wenigen Fällen sind es noch lebende Elternteile und Geschwister[36], zweimal treten ein patronus bzw. eine liberta ent­sprechend in Erscheinung[37].

Dagegen nicht ganz so selbstverständlich ist, dass auch jene Epitaphe, in denen die sine (ullo/ulla)-Wendungen den Lebenswandel der verstorbenen Person charak­terisieren, in hohem Maße vom Ehepartner gestiftet wurden (39 %). In fünf dieser 47 Inschriften kommen weitere Stifter hinzu, erneut sind es die eigenen Kinder oder Elternteile.[38]

Weitere 52 Epitaphe, in denen an den tadellosen Lebenswandel des Verstorbenen erinnert wurde, sind in seinem sonstigen unmittelbaren familiären Umfeld anzusie­deln. Die betreffenden Bestattungen besorgten Eltern, Großeltern, Kinder, Enkel und Geschwister. Dazu kommt schließlich eine Reihe von Zeugnissen, bei denen Patro­natsverhältnisse oder Beziehungen zwischen Sklaven vorlagen: Stiftungen auf Stadt­ratsbeschluß für einen verdientenpublicus vilicus[39], eines ehemaligen Herrn für einen Freigelassenen [40], eines alumnus für seine patrona[41] , ferner Inschriften, die Sklaven und Freigelassene untereinander setzten und solche von Freunden, die im Verstor­benen ein Mitglied der eigenen Familie sahen und ein geschwisterliches Verhältnis zueinander hatten[42].

Die Analyse der Beziehungen zwischen den Personen, deren Lebensweise oder Ehe in den Grabinschriften mit einer sine (ullo/ulla)-Formulierung charakterisiert wurde, und den jeweiligen Dedikanten zeigt, dass der Gebrauch der Wendungen nahezu ausschließlich innerhalb eines engen familiären und affektiven Rahmens er­folgte. Verstorbene und Dedikanten sind in allen bekannten Fällen entweder Lebens­partner, Verwandte ersten Grades oder einander nahestehende Kameraden und Freunde. Dieser Befund kann durch weitere Beobachtungen ergänzt werden.

In insgesamt 152 sine (ullo/ulla)-Epitaphen finden sich zusätzliche Spezifi­zierungen der jeweiligen Personen. Die Informationen betreffen ihre geographische Herkunft und persönlichen Eigenschaften, ihren rechtlichen Stand, ausgeübte Ämter und Berufe. Sie charakterisieren sowohl die Verstorbenen (n = 108) wie auch die Dedikanten (n = 76). In 32 Fällen sind beide Personen in einer Inschrift näher charakterisiert. Wie die größeren Selbstdarstellungsmöglichkeiten von Männern in der Antike nicht anders erwarten lassen, geben die zusätzlichen Informationen zwei­einhalb Mal häufiger über Männer, sowohl verstorbene (n = 60) wie auch hinter­bliebene dedizierende (n = 64), als über Frauen Auskunft. Werden diese mit weiteren Merkmalen beschrieben, handelt es sich stets — und bemerkenswerterweise in durchaus nicht geringer Zahl — um verstorbene Ehefrauen (n = 45). Frauen wurden also von ihren Männern entsprechend charakterisiert: ein weiterer Hinweis auf die emotionale Bindung, die die betreffenden Grabinschriften hervorbrachte. Selten dagegen sagten weibliche Stifter mehr über sich aus, wenn sie ihren verstorbenen Gatten zu Grabe trugen (n = 8) — eine generelle Beobachtung bei der Beschäftigung mit Epitaphen.

Geographische Herkunft

Bei 18 Verstorbenen, ferner sieben Dedikanten wird ihre geographische Herkunft genannt. Von diesen 23 einschlägigen Inschriften wurde die Mehrzahl (n = 15) in Lyon gefunden. Dass es sich um eine ausgesprochen ortstypische Gepflogenheit han­delt, wird nicht nur an der Häufung der Belege vor Ort, sondern auch daran deutlich, dass Personen unterschiedlichster Herkunft die Wendung sine (ulla) animi laesione oder verwandte Formulierungen hier gebrauchten. [43]

In der Übersicht über die Verbreitung der Wendungen mit sine (ullo/ulla) fällt der isolierte nördliche Punkt im britannischen Carvoran ins Auge (Tabelle 3).[44] Die Inschrift liefert selbst die Erklärung für ihren Ausnahmecharakter: Es wird explizit auf die Herkunft der Verstorbenen domo Salonas hingewiesen. Das Donau-/Bal­kangebiet aber ist abgesehen von Italien und Gallien zusammen mit Nordafrika einer der beiden Räume, in denen die Formulierung überhaupt in nennenswerter Zahl anzutreffen ist. [45] Die Inschrift gibt damit ein eindrückliches Beispiel, wie Wendungen mit Personen aus Regionen, in denen sie verwurzelt waren, in eine andere wanderten, wo die betreffenden Formulierungen sonst nicht gebraucht wurden.

Öffentliche Funktionen

Es ist primär festzuhalten, dass sine ulla querella und die damit verwandten, vergleichsweise umfänglichen und komplexen Formulierungen gerade nicht von jenen Personengruppen gebraucht wurden, von denen man es aufgrund ihrer finanziellen Möglichkeiten und Bildung erwarten wollte: den sozialen Führungs­schichten des Reiches. Es liegen keine Zeugnisse für Senatoren in sine (ullo/ulla)-Epitaphen vor. Auch Personen aus dem Ritterstand sind lediglich fünf Mal, also keineswegs in einem auch nur annähernd für ihre sonstige Häufigkeit in Inschriften typischen Ausmaß, in den hier untersuchten Inschriften dokumentiert.[46]

Anstelle von Personen der beiden obersten gesellschaftlichen Ränge treten in sine (ullo/ulla)-Grabinschriften eine Reihe städtischer Magistrate und Dekurionen aus Koloniestädten wie Verona und Lyon in Erscheinung.[47] An die städtischen Amts­träger schließen sich nahtlos Inhaber städtischer Priesterämter an: Neun von den insgesamt 19 Personen, die einem religiösen Umfeld zugewiesen werden können, waren Mitglieder von Kollegien der Augustales — allesamt in Städten außerhalb Roms. [48] Dazu kommen der Ritter, flamen perpetuus und sacerdos urbis Romae Sextus Valerius Poblicola Vettillianus aus Brescia[49], aus Pozzuoli der IIvir und augur Lucius Bovius Celer[50], aus Rom der eques Romanus und lupercus Marcus Ulpius Maximus [51], ferner ein Wächter des Concordiatempels namens Tiberius Claudius Acutus — Name und Funktion weisen auf einen kaiserlichen Freigelassenen[52] — und ein mit Archiv- und Protokollaufgaben betrauter libertus Augusti proximus a libris sacerdotalibus, der im Alter von 42 Jahren in Carnuntum verstarb und mit kaiser­licher Zustimmung ins Reichszentrum überführt werden durfte.[53]

In drei Fällen sind sine (ullo/ulla)-Formulierungen in Grabinschriften für bzw. von Personen in christlichen Kirchenämtern bezeugt. In Lyon verstarb der presbyter Felix nach einem Leben, das er 55 Jahre sine crimine musterhaft und weise geführt hatte.[54] In Rom bestattete der Leiter einer lokalen Gemeinde seine Frau nach einem (gemein­samen) Leben sine amaritudine.[55] Den gleichen Begriff gebrauchte in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts ebenfalls in Rom die jungfräuliche Gattin in der Grab­inschrift für Alexius, den lector de fullonices. [56] Aelius Primitivus schließlich war designierter Archon, mellarchon, einer jüdischen Synagoge, als er mit 38 Jahren verstarb und von seiner Frau nach 16 Ehejahren sine ulla querela in Rom bestattet wurde. [57]

Univira

In vier italischen sine ulla querella-Epitaphen ist die Verstorbene als univira, als Frau, die zeitlebens mit nur einem Mann zusammen war, beschrieben.[58] Das kaiser­zeitlich-pagane und spätantik-christliche Ideal der lediglich einmal verheirateten Frau ist wiederholt anhand der literarischen und epigraphischen Quellen diskutiert wor­den.[59] Marjorie Lightman und William Zeisel kamen in ihrer 1977 publizierten Studie zu dem Ergebnis, univira sei insbesondere ein Leitgedanke sozialer Aufsteiger gewe­sen.[60]

Bemerkenswert ist, dass der in den Inschriften gebrauchte Begriff univira, ähnlich wie die hier untersuchten sine (ullo/ulla) -Formulierungen, vor allem in Rom und Italien konzentriert ist. Lediglich fünf der insgesamt 35 epigraphischen Nachweise für univira stammen aus Nordafrika und Kappadokien.[61] Zudem fällt auf, dass univira in mehr als der Hälfte aller Inschriften (n = 19), auch den vier hier relevanten, gemein­sam mit einem oder mehreren weiteren Attributen auftritt. Der lobenswerte Lebens­wandel und die herausragenden Eigenschaften der betreffenden verstorbenen Frauen wurden dabei mit einer großen Spannbreite meist im Superlativ gebrauchter Adjektive von Ehepartnern und Verwandten gerühmt.[62]

Militärangehörige

In 27 sine (ullo/ulla)-Grabinschriften sind unter den Verstorbenen und Dedikanten Angehörige militärischer Einheiten zu fassen. In Misenum bestatteten Caesellius Pomponius und Caius Antonius Atinianus ihre verstorbenen Ehefrauen. Der Kontext legt nahe, in den epigraphisch verkürzten Kennzeichnungen der Stifter Schiffskom­mandeure, einen nauarchus und einen triarchus, zu erkennen. [63] Vermutlich ebenfalls bei der Flotte hatte der vor Ort bezeugte ex armicustode veteranus Decimius Iulius Dole(n)s gedient, der mit seiner verstorbenen Frau 22 Jahre sine ullo stomacho zusammengelebt hatte. [64] Gleichermaßen zu den Seestreitkräften gehörte der sesqui­plicarius classis Herennius Rogatus, der seine aus Saldae stammende Frau in Cherchell bestattete.[65]

Unter den an Land agierenden Militärangehörigen, die die Formel sine (ullo/ulla) in Grabinschriften für ihre Ehefrauen gebrauchten, oder die selbst mit entsprechen­dem Hinweis auf ihre Ehe oder ihren Lebenswandel zu Grabe getragen wurden, sind aktive wie bereits aus dem Dienst ausgeschiedene Zenturionen bis hin zu einem primipilus, Dekurionen und gradierte Soldaten [66], ferner gemeine Soldaten und Vete­ranen[67]. Die entsprechenden Zeugnisse finden sich vor allem in Lyon und Umgebung. Es scheint, als hätten die Soldaten den Gebrauch der Wendungen vor Ort kennenge­lernt und übernommen. In den Militärlagern an Rhein und Donau wurden die betreffenden Formulare nie in größerem Maße üblich. [68]

Vergleichsweise häufig gaben Angehörige des Militärs, wenn sie als Grabstifter auftreten, an, woher ihre verstorbene Frau stammte[69], oder sie wurden selbst als Verstorbene in Bezug auf ihre Herkunft näher charakterisiert [70]. Keine anderen Perso­nenangaben sind in den sine (ullo/ulla)-Epitaphen in ähnlicher Weise miteinan­der gekoppelt wie jene zu Herkunft und militärischen Funktionen. Letztlich hängt dies mit der Konzentration beider Gruppen der hier untersuchten Formulare bei Lyon zusammen, wo die meisten Herkunftsangaben zu verorten sind.

Berufe

Eine Reihe der in sine (ullo/ulla)-Grabinschriften genannten verstorbenen und dedizierenden Personen sind in ihren (beruflichen) Tätigkeiten näher beschrieben. Genannt sind Arbeiten in den Bereichen von Landbau und Jagd[71], Handwerk [72], Dienstleistung, Verwaltung und Steuerpacht[73]. Ferner verwendeten etliche, teils auf bestimmte Produkte spezialisierte Händler[74] und Warentransporteure [75] die betreffen­den Wendungen oder wurden selbst mit solchen in ihrer eigenen Grabinschrift gelobt. Es hat den Anschein, als seien Berufsangaben in sine (ullo/ulla)-Epitaphen ver­gleichsweise häufig [76] und als wollten die Personen, die hier in Erscheinung treten, besonders ausführlich über ihren sozialen und finanziellen Hintergrund berichten.

Mitglieder der familia Caesaris und servi publici

Insgesamt 36 Mal treten Freigelassene und Sklaven aus der heute sogenannten familia Caesaris in den untersuchten Inschriften in Erscheinung.[77] 15 Nennungen betreffen die verstorbene Person, 21 den Dedikanten.[78] Knapp die Hälfte von ihnen ist in ihrem Aufgabengebiet näher spezifiziert. [79] Sine (ullo/ulla)-Wendungen gebrauch­ten demzufolge in Verwaltung-, Archiv- und Rechnungswesen tätige liberti und servi bei der Bestattung ihrer Partnerinnen, bzw. sie selbst wurden nach ihrem Tod in ihrem Lebenswandel oder hinsichtlich der gemeinsam verbrachten Zeit entsprechend cha­rakterisiert.[80] Weiterhin waren die Formulierungen beim Personal des kaiserlichen Haushalts üblich, bei jenen, denen die Aufsicht über Gebäude, Sachbestände sowie die Sorge um die Kleidung von Kaiser, Angehörigen und Dienern oblag[81], ferner den Kämmerern und denen, die sich um die Freunde des Kaiserhauses zu sorgen hatten[82].

Neben Freigelassenen und Sklaven, die in kaiserlichem Dienst standen, sind in den sine (ullo/ulla)-Grabinschriften auch zwei im römischen und in italischen Gemein­wesen tätige Sklaven fassbar.[83] Fulvia Hermione besorgte nach 38 Ehejahrensine ulla querella in Rom das Grab für ihren Mann, Agathon Claudianus, publicus populi Romani. [84] In Volterra erhielt der vilicus publicus mit Namen Urbicus nach seinem Tod im Alter von 44 Jahren einen Grabstein, und damit wohl auch eine Bestattung auf Beschluss des Stadtrates. Seine multa beneficia dürften ausschlaggebend gewesen sein, dass ihm diese Art öffentlicher Wertschätzung zuteil wurde.[85]


Andere Sklaven und Freigelassene

37 weitere sine (ullo/ulla)-Epitaphe, und damit zwar die größte Einzelgruppe unter den hier untersuchten Inschriften, die aber letztlich gerade einmal 7 % des Materials ausmacht, entstand aus dem Zusammenleben von Sklaven, Freigelassenen und Patro­nen. In vergleichsweise großer Zahl wurden vor allem liberti und libertae von ihren Partnern, die nicht selten selbst denselben rechtlichen Status besaßen, mit Hinweis auf eine gemeinsame Zeit ohne jegliche Auseinandersetzung oder auf einen vorbildhaften Lebenswandel bestattet.[86] In der überwiegenden Zahl stammen diese Inschriften aus Rom (n = 18) und Italien (n = 11). Alle übrigen wurden — nicht unerwartet, jedoch in der Eindeutigkeit des Befundes bemerkenswert — in Provinz­hauptstädten gefunden, wo die Wege von Rom, Italien und innerhalb des jeweiligen Provinzgebietes zusammenführten, und wo man es in jeder Hinsicht dem Vorbild des Mutterlandes und insbesondere der Reichshauptstadt nachtat. Der Gebrauch der Formulierung sine (ullo/ulla) liefert für diese Form der imitatio, nämlich die Übernahme eines epigraphic habit, ein eindrückliches Beispiel.

Fazit

Die auf den ersten Blick groß erscheinende Zahl an sine (ullo/ulla)-Epitaphen, die von und für Sklaven und Freigelassene gesetzt wurden, rückt noch einmal die Über­legungen von Shaw in den Vordergrund: Er erklärte den Gebrauch der Wendungen, den er speziell bei dieser Personengruppe beobachtete, damit, dass sie dadurch ihre bisherigen Lebenserfahrungen von Gewalt und Unrecht explizit hinter sich ließen.

Die Analyse der Inschriften aber zeigt Folgendes: Zwar stellen Sklaven und Frei­gelassene die größte identifizierbare Personengruppe, die nach Ausweis der Grab­inschriften sine (ullo/ulla)-Wendungen gebrauchten, die betreffenden 36 Epitaphe aber machen lediglich einen Anteil von 7 % aller Inschriften mit entsprechenden Formulierungen aus. Auch wenn man die Zeugnisse öffentlicher Sklaven sowie der familia Caesaris hinzurechnet, die allerdings sicher eine deutlich höhere soziale Position innehatten als die Masse der Freien, liegt der Prozentsatz immer noch bei nur 15 %. Gerade eine Grabinschrift wie jene des auf Stadtratsbeschluss für den verdien­ten vilicus publicus Urbicus sowie insbesondere die von oder für servi Caesaris und liberti Augusti, also in engem höfischen Umfeld gestifteten Exemplare, machen deut­lich, dass sie keinesfalls als Dokumente verfolgter und unterdrückter Personen interpretiert werden können.

Im Überblick über die Personenspezifizierungen zeichnet sich vielmehr eine bevorzugte Verwendung der Formulierung sine (ullo/ulla) in Kreisen gebildeter Per­sonen mit aufstrebendem und gehobenem sozialen Status ab, der aber klar unter jenem der beiden führenden ordines lag. Angehörige der obersten Gesellschafts­schichten charakterisierten ihre Ehe oder die Lebensweise ihrer engsten Verwandten kaum mit Begriffen wie sine ulla querella. Es fehlen Nachweise aus Senatoren­kreisen, jene von und für Ritter sind Einzelbefunde. Stattdessen treten lokale städtische Amtsträger, Händler und vor allem Personal im kaiserlichen Dienst in den Vordergrund. Die Gruppe der Freigelassenen und Sklaven ist außerhalb Roms und Italiens nur aus zentralen Städten belegt. Mit Personen, die zugleich educator, nauta Araricus, utricularius oder curator annonae frumentariae waren, gewinnt man den Eindruck, dass auch sie nicht nur finanziell in der Lage waren, eine Grablege samt entsprechendem Epitaph zu besorgen, sondern auch über einen gewissen sozialen Stand und gesellschaftliche Einbindung verfügten.

Lebensalter und Ehedauer in sine (ullo/ulla)-Grabinschriften

Bevorzugt waren es Ehepartner gesellschaftlicher ‚Mittelschichtenʻ, die Formulie­rungen wie sine ulla querella in Epitaphen verwendeten. [87] Sieht man von dieser Eigenheit ab, zeigen die Inschriften noch weitere Spezifika, die den Gebrauch der Wendungen erklären: In 186 der untersuchten Grabinschriften ist das Alter der verstorbenen Person erhalten. [88] Das aus ihnen gemittelte Sterbealter der mit Formu­lierungen wie sine ulla querella Bestatteten liegt bei 40,6 Jahren.

Die Quellen zur Lebenserwartung in römischer Zeit wurden in den vergangenen Jahrzehnten wiederholt intensiv und kontrovers diskutiert. Im Mittelpunkt stehen dabei unter anderem Überlegungen, wie Altersangaben — Sterbealter und Heiratsalter — in literarischen Überlieferungen und Grabinschriften bewertet werden können, und welche Konsequenzen hieraus für Fertilität und Bevölkerungsentwicklung abzuleiten sind. Es geht um die Rekonstruktion (saisonaler) Geburten- und Sterberaten, die Ein­schätzung der Kindersterblichkeit, die Frage, inwieweit bestimmte Umweltfaktoren, insbesondere Epidemien, Leben und Sterben beeinflussten. Die Diskussion umfasst weiterhin die ökonomischen Anforderungen, die für die Größe und Zusammensetzung von Bevölkerungen anzunehmen sind und die wirtschaftlichen Folgen der demo­graphischen Modelle. Dazu kommt in jüngerer Zeit die Frage, in welcher Weise neu­zeitliche, empirisch gewonnene Sterbetafelmodelle geeignet sind, eine Vorstellung der antiken Gegebenheiten zu gewinnen.[89] Eine Aufnahme dieses Diskurses führt im Kontext der sine (ullo/ulla)-Epitaphe jedoch nicht weiter: Eine möglichst exakte oder auch sozial- und geschlechtsdifferenzierte Bestimmung des durchschnittlich erreich­ten Lebensalters ist für ihre Bewertung unerheblich. Maßgeblich ist nämlich vielmehr, dass das durchschnittliche Sterbealter der mit Formulierungen wie sine ulla querella Bestatteten in jedem Fall deutlich über dem gemittelten „Normalmaß“ liegt.[90] Auch hierbei spielen die absoluten Zahlen eine untergeordnete Rolle; wichtig war die Rela­tion: Man wies auf das Außergewöhnliche hin, ein langes Leben in Harmonie mit sich und seinem engsten Umfeld. [91]

Es fällt darüber hinaus auf, dass Altersangaben proportional häufiger in sine (ullo/ulla)-Inschriften anzutreffen sind, die in den Provinzen gestiftet wurden, als in solchen aus Rom. Überblickt man die Funde außerhalb Italiens, ist mindestens jede zweite sine (ullo/ulla)-Wendung mit der Angabe des erreichten Lebensalters kombi­niert. In Rom und dem übrigen Italien trifft dies maximal auf nur jeden dritten Fall zu. [92]

Eine andere regionale Verteilung ist zu beobachten, wenn man die Angaben zur Ehedauer untersucht, die in 288 sine (ullo/ulla)-Grabinschriften erhalten sind.[93] In Rom und Italien nämlich wurden Wendungen wie sine ulla querella verhältnismäßig häufiger um die Mitteilung, wie lange die Ehe währte, ergänzt als in den Provinzen. In annähernd zwei von drei Fällen ist dort die Formulierung mit einer entsprechenden Jahreszahl verknüpft, während sie in Gallien, dem Donau- und Balkanraum sowie auf der iberischen Halbinsel nicht einmal in jedem zweiten entsprechenden Epitaph vor­kommt.[94] Unter den 24 sine (ullo/ulla) -Grabinschriften aus Nordafrika gibt nur eine einzige Auskunft darüber, wie lange die Ehe der Verstorbenen dauerte. [95]

Durchschnittlich waren es 24 Jahre, die Paare miteinander verbracht hatten, wenn der verstorbene Partner vom Hinterbliebenen unter Verwendung einer sine (ullo/ulla)-Wendung bestattet wurde. Damit weichen die betreffenden Zeugnisse auch in dieser Hinsicht vom üblichen Befund ab: Auf der Grundlage von knapp 1.700 von Shaw im Jahr 2002 zusammengestellten Grabinschriften mit Angaben, wie lange die verstor­bene Person verheiratet war, lässt sich nämlich ein Mittel von 18 Jahren errechnen.[96] Unabhängig von der Frage nach der exakten Dauer römischer Ehen kann festgehalten werden, dass Wendungen wie sine ulla querella bevorzugt für (verstorbene) Partner verwendet wurden, mit denen die Hinterbliebenen lange Jahre zusammengelebt hatten. Mit anderen Worten heißt das: Insbesondere überdurchschnittlich dauerhafte Ehen wurden entsprechend charakterisiert.[97] Die Beobachtung geht mit dem zuvor skizzierten Befund einher, wonach Personen, die mit sine (ullo/ulla)-Wendungen bestattet wurden, überdurchschnittlich lange lebten; beide Befunde bedingen einander.

sine ulla querella : ohne jede Klage

Die Analyse der 493 bekannten sine (ullo/ulla)-Grabinschriften zeigt, dass die Wendungen je nach Kontext und Aussageabsicht differenziert und gezielt eingesetzt wurden. Ein unüberlegt-willkürlicher Gebrauch und ein Verständnis als gemeinhin brauchbare Floskel im Sinne von „standard claims“[98] oder „topische Hervorhebung der streitfreien Ehe“[99] stehen im Widerspruch zu den erzielten Ergebnissen. Sine ulla querella oder sine ulla animi laesione präsentieren sich vielmehr als Beispiele lokaler und für bestimmte Personengruppen typischer epigraphic habits. Von diesen wurde man mehr oder weniger bewusst beeinflusst, setzte sie aber individuell ein und hatte, wie die Vielzahl der mit sine (ullo/ulla) kombinierten Begriffe zeigt, keine Bedenken, sie abzuwandeln. Das feste Formular erweist sich bei näherer Untersuchung in keiner Weise als sinnleer.

Die zusammen mit sine (ullo/ulla) gebrauchten Begriffe bieten ein breites und nuanciertes Spektrum möglichen (mit-)menschlichen Missverhaltens. Es reicht von Übellaune (stomachus) und Bitterkeit (amaritudo), Rechthaberei (lis), schäbigen Worten (verbum scaber) und Streit (controversia), über Kränkung (laesio), Schmach (infamia) und Eifersucht (aemulatio/aemulus) bis hin zu Bosheit (malitia), Tücke (fraus), Betrug (maleficium) sowie Vergehen (crimen) und Feindseligkeit (inimicitia).

Nicht wenige der betreffenden Ausdrücke sind dabei auch aus juristischen Zusam­menhängen bekannt. Dort beschreiben sie, je nach Kontrahenten, Art und Intention der Auseinandersetzung bestimmte Formen von Rechtsfällen.[100] Ursprünglich be­schrieb etwa iurgium Ungereimtheiten in Eigentumsfragen, Grenzstreitigkeiten zwischen Nachbarn und Klagen unter Familienmitgliedern. Castigatio wurde insbe­sondere zur Umschreibung körperlicher Züchtigung von Sklaven und auch freien Personen gebraucht — als zusätzliche Strafmaßnahme oder im Falle, dass ein Schuld­ner nicht zahlungsfähig war. Soldaten drohte die castigatio bei Ungehorsam und der Verletzung der militärischen Disziplin.[101] Es passt in diesem Zusammenhang gut, dass die Grabinschrift CIL VI 2682 mit der Wendungsine ulla castigatione von Aurelia Trophime für ihren mit 32 Jahren in Rom verstorbenen Sohn, Caius Iulius Salutaris, einen miles cohortis VIII praetoriae, gestiftet worden war.

Inwieweit jedoch generell juristische Differenzierungen etwa zwischen lis und iurgium als Auseinandersetzungen zwischen Parteien mehr oder minder feindseligen Charakters für die Wahl des einen oder des anderen Begriffs in den untersuchten Epi­taphen ausschlaggebend war, kann anhand des epigraphischen Materials nicht ent­schieden werden. Plausibel aber ist, dass die Erfahrung alltäglicher Auseinanderset­zungen, die speziell auch den privaten Lebensbereich betrafen, Einfluss hatte auf den Gebrauch von sine ulla querella und verwandten Formulierungen in lateinischen Grabinschriften.

 

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Franziska Beutler
Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde,
Papyrologie und Epigraphik
Universität Wien
Universitätsring 1
A-1010 Wien
ulrike.ehmig@univie.ac.at

Ulrike Ehmig

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Tabelle 1: Grabinschriften mit der Wendung sine ulla querella und verwandten Formulierungen

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Tabelle 2: Häufigkeit der mit sine (ullo/ulla) kombinierten Begriffe in Grabinschriften

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Tabelle 3: Herkunft der mit sine (ullo/ulla) kombinierten Begriffe in Grabinschriften

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Tabelle 4: Geschlecht der Verstorbenen in mit sine (ullo/ulla) kombinierten Begriffen in Grabinschriften

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Tabelle 5: Häufigkeit der mit sine (ullo/ulla) kombinierten Begriffe in Grabinschriften für verstorbene Frauen und Männer in Bezug auf Ehe und Leben. Gelistet sind nur Begriffe, die insgesamt mindestens neun Mal (vgl. Tabelle 2) nachgewiesen sind.

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[1] Für eine kritische Durchsicht des Manuskriptes danke ich Rudolf Haensch, München, und Fritz Mitthof, Wien. Zu den Abkürzungen der Inschriftencorpora vgl. die Liste in der Epi­graphik-Datenbank Clauss/Slaby unter http://www.manfredclauss.de/abkuerz.html.

[2] Die grundlegende und bis heute in ihrer Differenzierung noch immer aktuelle Zusam­menstellung bei S.G. Harrod,Latin Terms of Endearment and of Family Relationship. A Lexi­cographical Study Based on Volume VI of the Corpus Inscriptionum Latinarum, Princeton 1909; ferner S. Treggiari,Roman Marriage. Iusti coniuges from the Time of Cicero to the Time of Ulpian, Oxford 1991, 231–232 und jüngst H.S. Nielsen, Interpreting Epithets in Roman Epitaphs, in: B. Rawson, P. Weaver (Hrsg.), The Roman Family in Italy: Status, Sentiment, Space, Oxford 1997, 169–204, hier 175–198; zur Übernahme in christliche Kontexte zuletzt C. Carletti, Epigrafia dei cristiani in occidente dal III al VII secolo. Ideologia e prassi, Bari 2008, 51–53.

[3] Bona concordia : CIL VI 9663 (p. 3895) = ICUR III 8773 = ILCV 677 = 2999d = 3387 (em.) = ILS 7518. CIL VI 21165. ICUR III 8992. ICUR VII 18510 (alle Rom);omni con­cordia: CIL VI 13300 (Rom); continua incomparabilis concordia: CIL IX 2603 (Trivento); iucunda vita aequabili concordia: CIL II 3596 = IRIlici 171 = IRPAlicante 50 (Ondara); concordia coniugalis: CIL XI 830 = ILS 1280 (Modena); inter se concordia: CIL VI 10215 (p. 3907) = ILS 6057 (Rom); animus concors/animae concordes: CIL VI 37556 (Rom). Zarker 88 = AE 1928, 108 (Roccagiovine); concordis vita: CIL VI 26926 (p. 3533) = 34175 = CLE 461 (p. 855) (Rom); viximus/vixit concordes: CEACelio 227 = AE 2001, 441. CIL VI 33087 (p. 3851) = CIL I 1220 (p. 970) = ILS 8401 = CLE 1563 = ILLRP 365. ICUR I 775 (p. 490) = ILCV 4317. ICUR I 1699 = ICUR VIII 22565 = ILCV 4316 (beide Rom). CIL IX 1837 = CIL I 1732 (p. 1030, 1031) = CLE 960 = ILLRP 985 (Benevent); concordissime vixit: ICUR IV 11310 (Rom); ferner auch ILAlg II 3, 8667 (Mila).

[4] CIL III 2480. 8726 (p. 2135). 8752 (p. 2261) = ILCV 280 = Salona IV 2, 411 = AE 1889, 52. CIL III 8938 (p. 2136) = Salona IV 2, 385. CIL III 12990. 14292 = CLE 2173 = ILCV 4318a = Salona IV 1, 224. CIL III 14738 = ILJug III 2305 = AE 1901, 7. CIL III 14910 = ILJug III 2689 = CLE 2172 = ILCV 4318 (em.) = Salona IV 2, 398. ILCV 3842 = ILJug III 2241 = Salona IV 2, 571 (alle cum quo/qua concorditer vixit); ebenso auch CIL III 4592 aus dem pannonischen Ebersdorf und CIL VI 9143 (p. 3469, 3895) = ILS 7498a aus Rom. CIL III 2406 (p. 1509, 2135) = Salona IV 1, 138 ( vixit mecum concorditer).

[5] Einführend und zum Verständnis von epigraphic habits R. MacMullen, The Epigraphic Habit in the Roman Empire, AJP 103 (1982) 233–246; E.A. Meyer, Explaining the Epigraphic Habit in the Roman Empire: The Evidence of Epitaphs, JRS 80 (1990) 74–96; D. Cherry,Re-figuring the Roman Epigraphic Habit, AHBull 9 (1995) 143–156; D.E. Trout, Inscribing Identity: The Latin Epigraphic Habit in Late Antiquity, in: P. Rousseau (Hrsg.), A Companion to Late Antiquity, Oxford 2009, 170–186; J.P. Sickinger, Nothing to Do with Democracy: „Formulae of Disclosure“ and the Athenian Epigraphic Habit, in: L. Mitchell, L. Rubinstein (Hrsg.), Greek History and Epigraphy. Essays in Honour of P.J. Rhodes, Swansea 2009, 87–102; C. Witschel, The Epigraphic Habit in Late Antiquity. An Electronic Archive of Late Roman Inscriptions Ready for Open Access, in: F. Feraudi-Gruénais (Hrsg.), Latin on Stone. Epigraphic Research and Electronic Archives, Roman Studies, Interdisciplinary Approaches, Plymouth 2010, 77–99.

[6] R.A. Lattimore, Themes in Greek and Latin Epitaphs, Urbana 1942, 275–280 § 78, speziell 279–280 Anm. 107 und 108.

[7] Lattimore (o. Anm. 6) 280.

[8] S. Collett, Epitaphs on Roman Wives, in: ders., Relics of Literature, London 1823, 261.

[9] J. Gruter, Inscriptionum Romanarum corpus absolutissimum, Heidelberg 1616; L.A. Muratori, Novus thesaurus veterum inscriptionum in praecipuis earundarum collectionibus hactenus praetermissarum, Mailand 1738–1742.

[10] Sine ulla querella (2), sine bile (4), sine discordia (5), sine ulla animi laesura (9).

[11] Collett (o. Anm. 8) 261.

[12] Harrod (o. Anm. 2).

[13] Harrod (o. Anm. 2) 66 und 71.

[14] G. Delling, Eheleben (RAC 4), Stuttgart 1959, 691–707; K. Thraede, Frau (RAC 8), Stuttgart 1972, 197–269. Gleiches gilt für C.H. Ratschow, J. Scharbert, Z.W. Falk, B. Reicke, H. Crouzel, L. Brink, M.E. Schild, H. Ringeling, A. Stein, Ehe/Eherecht/Ehescheidung (TRE IX), Berlin 1982, 308–362, v.a. 321–322.

[15] C. Pietri, Grabinschrift II (lateinisch) (RAC 12), Stuttgart 1983, 514–590, hier 527.

[16] Zuletzt etwa H.-U. Wiemer, Die gute Ehefrau im Wandel der Zeiten — von Xenophon zu Plutarch, Hermes 133/4 (2005) 424–446; M. Öhrmann,Varying Virtue. Mythological Paragons of Wifely Virtues in Roman Elegy (Studia Graeca et Latina Lundensia 15), Lund 2008; J. Weitbrecht,Keuschheit, Ehe und Eheflucht in legendarischen Texten: vita Malchi, Alexius, Gute Frau, in: W. Röcke, J. Weitbrecht (Hrsg.), Askese und Identität in Spätantike, Mittelalter und Früher Neuzeit (Transformation der Antike 14), Berlin, New York 2010, 131–154. Aber auch eine stark auf der Grundlage von Inschriften argumentierende Studie wie jene von B. von Hesberg-Tonn, Coniunx carissima. Untersuchungen zum Normcharakter im Erscheinungsbild der römischen Frau, Stuttgart 1983, thematisiert die hier untersuchten Wendungen nicht.

[17] P. Veyne (Hrsg.), Geschichte des Privaten Lebens. 1. Band: Vom Römischen Imperium zum Byzantinischen Reich, Frankfurt 1989, 52.

[18] B.D. Shaw, ‚With whom I livedʻ: Measuring Roman Marriage, AncSoc 32 (2002) 195–242. Shaw gründet seine Analysen auf 1.772 Grabinschriften, die zu 90 % aus Rom und Italien stammen. Anhand von Namen und Status der Verstorbenen und Dedikanten, der Art der For­mulierungen, der Datierungen sowie des Fundkontextes und des Monumenttyps teilte er sie in ‚vorchristlicheʻ und ‚christlicheʻ Zeugnisse ein. Shaw (204–206) spricht von „social status“ und fasst darunter „elite“, „free“ und „slave“. Die Begriffe beschreiben jedoch rechtliche Katego­rien; „elite“ meint die drei ordines der hohen Kaiserzeit. Über den sozialen Stand der betreffenden Personen geben sie primär keinen Aufschluss. Auf die Problematik der Begriffe ‚vorchristlicheʻ und ‚christlicheʻ Zeugnisse kann hier nur hingewiesen werden, dauerte doch die Christianisierung der Bevölkerung gerade im Westen des römischen Reiches auch nach der Hinwendung Konstantins zum Christentum noch Jahrhunderte. Zutreffender wäre eine zeitliche Einteilung der Inschriften unter Stichworten wie ‚High Empireʻ und ‚Late Antiquityʻ gewesen.

In beiden Gruppen, deren zeitliche Schwerpunkte Shaw im späten 1. bis frühen 3. Jahr­hundert sowie der ersten Hälfte des 4. und dem frühen 5. Jahrhundert erkannte, lassen die Daten durchschnittliche Ehedauern von 21 beziehungsweise 14 Jahre erkennen (200–202 und 223, Table 7). In der Studie wurden sie durch Eliminierung sogenannter „age-rounded numbers“ bereinigt, woraus mittlere gemeinsame Lebenszeiten von 18 respektive zwölf Jahren resultierten. Letztgenannten Wert erachtete er als repräsentativ für die Dauer römischer Ehen (227–229 mit Table 8 sowie 240–242). Wie diese Daten zustande kommen, erschließt sich letztlich jedoch nicht, insbesondere da in der bereinigten Version (Table 8: „All Data on Length of Marriage: Minus Age Rounding“) größere Werte, also mehr Inschriften für einzelne Ehe­jahre, aufscheinen, als in der Zusammenstellung aller Daten (Table 7). Von den insgesamt 19 Fällen (einer bei den nicht-christlichen, 18 bei den christlichen Zeugnissen) sei ein Beispiel genannt: Christliche Inschriften, in denen ein Partner nach zwei Ehejahren verstarb, kommen nach der allgemeinen Tabelle (Table 7, Spalte „Christ N“) 26 Mal vor. In der bereinigten Version (Table 8, Spalte „C/N“) sind es 33 Inschriften. Shaws Handhabung der Daten wurde an anderer Stelle bereits kritisch angemerkt, vgl. dazu den Kommentar von M.-Y. Perrin in AE 2002, 115.

[19] Speziell zu virtutes der römischen Frau in lateinischen Inschriften A. de Marchi, Le virtù della donna nelle iscrizioni sepolcrali latine, RIL 18 (1909) 771–786.

[20] Shaw (o. Anm. 18) 210–211 mit Table 3A und 3B.

[21] Primäres Sortierkriterium ist die verwendete Formulierung in alphabetischer Folge. Innerhalb dieser erfolgt die Reihung nach Fundregionen, beginnend mit Rom und den italischen regiones, dann nach Fundorten. Bei diesen ist unterschieden zwischen dem jeweiligen Bezug der Wendung: keine Markierung bedeutet, dass der Begriff die Ehe betrifft, * heißt, er charakterisiert das Leben der verstorbenen Person, mit ** sind im Bezug nicht eindeutige Inschriften gekennzeichnet. Innerhalb dieser Gruppen erfolgt die Auflistung nach den Edi­tionen. In zehn Fällen ist der Sachverhalt statt mit sine (ullo/ulla) mit numquam formuliert, in 15 weiteren mit nullus/nulla. Die betreffenden Epitaphe sind mit (n) gekennzeichnet. Handelt es sich bei der verstorbenen und der dedizierenden Person um Ehepartner, sind die Symbole ♀ und ♂ verwendet.

[22] Die Abfrage der Epigraphik-Datenbank Clauss/Slaby mit aktuell 420.000 Einträgen (326.000 ohne instrumentum domesticum) erfolgte im Dezember 2011. Letzte Überprüfungen fanden Anfang Juni 2012 statt. In den letzten drei Jahren wuchs die Datenbank um noch gerade 6.900 (2009), 4.400 (2010) und 4.100 (2011) neue Inschrifteneinträge (jeweils ohne instru­mentum domesticum). Für die freundliche Mitteilung danke ich Manfred Clauss.

[23] Konsuldatierungen liegen für die Jahre 163 (AE 1982, 83, Rom), 207 (CIL VI 37242 = AE 1901, 140, Rom), 352 (InscrAqu. III 2913 = AE 1982, 383 = AE 1991, 772, Aquileia), 362 (ICUR IV 9558 = ILCV 1563 = ICaRoma 85, Rom), 367 (ICUR I 3175 = ILCV 4311, Rom), 369 (ICUR II 4165 = ILCV 1603 (add., em.), Rom), 390 (ICUR VI 15546d, Rom), 447 (AE 1981, 373, Arezzo) und 469 (CLE 689 = ILCV 3114, Rom) vor.

[24] Die Tabelle ist absteigend nach der Zahl der sine (ullo/ulla)-Belege sortiert, die sich auf die Ehe beziehen.

[25] Die beiden Stücke aus Sicilia (CIL X 7173 = ILCV 1331 (add., em.) = ICUR I 2913 (p. 491) = IG XIV 45 und CIL X 7367 = ILTermIm 36) sind hier einberechnet.

[26] Praemium ILBulg 90 = AE 1957, 297 (Gigen); secessus IMS III 2, 46 = ILJug III 1303 = CLEMoes 18 (Ravna); inimicitia und maleficium (gemeinsam mit fraus) CIL VIII 1966 (p. 1576) = ILAlg I 3310 (Tebessa).

[27] Vgl. Tabelle 2.

[28] Vgl. schon Lattimore (o. Anm. 6) 279–280 Anm. 108.

[29] R. Friedl, Der Konkubinat im kaiserzeitlichen Rom von Augustus bis Septimius Severus (Historia Einzelschriften 98), Stuttgart 1996, 106–107 nennt 135:100 Grabinschriften für Männer und Frauen beziehungsweise ein Verhältnis von 1,5:1 bei jungen Personen.

[30] Zur Zahl der Gesamtnachweise vgl. dazu Tabelle 2.

[31] AE 2001, 552 (Rom).

[32] Im Zusammenhang mit der im englischen Carvoran gefundenen Grabinschrift für die in Salona geborene Aurelia Aia (RIB I 1828) hatte E. Birley zwar formuliert „sine ulla macula has a Christian flavour“. Zur Begründung verwies er auf vier weitere sine ulla macula-Epitaphe. Drei von ihnen enthalten die Wendung in pace (CIL VI 9663 (p. 3895) = ICUR III 8773 = ILCV 677 = 2999d = 3387 (em.) = ILS 7518. ICUR I 2198 = ILCV 4314, Rom; CIL XIV 1889 = ILCV 3331 (add., em.), Ostia), im vierten ist die Verstorbene als benedicta (CIL X 8418 = ILCV 768, Velletri) bezeichnet. Das Adjektiv benedictus aber fand epigraphisch auch in paganen Kontexten Verwendung, vgl. etwa CIL VI 16932 (p. 3520) = AE 2002, 187. CIL VI 25408 (p. 3918) = ILS 8426. CIL VI 29642 (p. 3536) = CLE 1292 sowie wohl auch CIL VI 12464 (p. 3511) (alle Rom). In der Mehrzahl der sine ulla macula-Inschriften — wie auch bei den übrigen Formulierungen — sind keine Hinweise auf einen ausschließlichen Gebrauch durch Christen auszumachen. Entsprechend problematisch ist die von Shaw (o. Anm. 18) vorgenommene Unterteilung der untersuchten Inschriften mit Angaben zu Ehedauern, darunter auch 175 sine (ullo/ulla)-Epitaphe, zu beurteilen.

[33] Shaw (o. Anm. 18) 211.

[34] Ein im Jahr 352 n.Chr. in Aquileia verstorbener Veteran besorgte sein Epitaph selbst: InscrAqu. III 2913 = AE 1982, 383 = AE 1991, 772. In der Grabinschrift der 33 Jahre alt gewordenen Matassa aus Rom ist kein Dedikant genannt: ICUR VI 15625 = ILCV 4312a. Für die Inschrift der Valeria Poppa in Lyon zeichnete ihr Bruder Decimius Marcus verantwortlich: CIL XIII 2297. In Rom und Corfino war es jeweils der Sohn, der die Mutter bestattete und mit entsprechenden Wendungen ihre Ehe beschrieb: CIL VI 19008 (p. 3523) = CLE 1571 = AE 1993, 161 (Rom); CIL IX 3271 (Corfino).

[35] ♀+Kinder: CIL IX 3438 (Prata d’Ansidonia); CIL XIII 2016 = AE 1945, 103 (Lyon); ♀+Söhne: CIL XIII 2018 = ILS 7530 (Lyon); ♀+Sohn: CIL VI 8438 (p. 3457). 8737. 22657 (Rom); CIL XIV 3806 = InscrIt. IV 1, 398 (Tivoli); CIL IX 1910 (Benevent); CIL IX 888 = ILS 8555 = AE 1990, 200 (Lucera); CIL XIII 1838 (Lyon); ♀+Tochter: CIL VI 35616 (Rom); CIL III 1884 (Lyon).

♂+Kinder: CIL V 3710 (Verona); SupIt 24 P 18 = AE 1981, 309 (Chienti); ♂+Sohn: CIL VI 8546 (p. 3890) = ILS 1763. CIL VI 33230. 35945. AE 1982, 83 (Rom); CIL XIII 1988 (Lyon); ♂+Töchter: CIL XIII 1902 (Lyon); ♂+Tochter: CIL VI 18449. 35987 (p. 3920) = ILS 8392 (Rom); CIL XIII 2264 (Lyon).

[36] ♀+Vater: CIL V 8608 (Aquileia); ♂+Mutter: CIL X 4132 (Capua); ♂+Bruder: IIBenevento 23 = AE 1968, 139 (Benevent).

[37] ♀+patronus: CIL IX 5470 (Falerone); ♂+liberta: CIL II² 7, 508 (Cordoba).

[38] ♀+Kinder: CIL XIII 2000 = ILS 7648 (Lyon); ♀+Sohn: CIL XIII 1891 = CLE 841 (Lyon); ♂+Sohn: AE 1975, 318 (San Benedetto dei Marsi); ♂+Tochter: CIL X 6344 (p. 1015) (Terracina); ♂+Mutter: CIL XIII 2074 = CIG 6793 = IG XIV 2530 = IGF 146 (Lyon).

[39] CIL XI 1751 (p. 1272) (Volterra).

[40] CIL XIII 7085 = CLE 1104 (Mainz).

[41] CIL XIII 2180 (Lyon).

[42] Conserva : CIL IX 3365 (Penne); conlibertus: CIL II 4319 = RIT 393 (Tarragona) – der Verstorbene war zugleich educator des Stifters; amicus, der den Verstorbenen wie einen Bruder liebte (quem fratris loco dilexit): AE 1957, 127 (Rom).

[43] CIL XIII 2007 (natione Graeca); CIL XIII 1897 (natione Graeca Nicomedea); CIL XIII 1856 = CLE 841 = CBI 31 und CIL XIII 1891 = CLE 841 (Philippopolis; sine crimine); CIL XIII 2000 = ILS 7648 (natione Afer civis Carthaginesis); CIL XIII 1998 = ILS 7035 (ex civitate Veliocassium); CIL XIII 1991 und CIL XIII 1983 = ILS 8158 (Leben sine ulla macula und Ehe sine ulla discordia bzw. Ehe sine ulla criminis sorde); CIL XIII 1988 (civis Viennensis und natione Trevero); CIL XIII 2009 (civis Viennensis); CIL XIII 2018 = ILS 7530 (civis Tribocus); CIL XIII 1904. 1905 (civis Agrippinensis); ferner CIL XIII 1880 (natione provin­cialis, d.h. der Lugdunensis).

Natione Graecus war auch der libertus und educator Lucius Aemilius Hippolytus, der nach einem langen Leben sine dolore mit 97 Jahren verstarb, CIL II 4319 = RIT 393 (Tarragona).

[44] CIL VII 793 = RIB I 1828. Aufgrund der starken Fragmentierung des Epitaphs aus Pitney bleibt CIL VII 64b = RIB I 183 in Lesung und Deutung unsicher.

[45] Auch in den übrigen Inschriften mit Herkunftsangaben beziehen sich diese fast ausnahmslos auf die genannten Gebiete: domo Altino CIL VI 25678 (Rom); Mevania natus CIL XI 5074 (p. 1380) = CLE 803 (Bevagna); civis Lugdunensis CIL XIII 2039 (Lyon); nata regione Hadrumeto CIL IX 3365 (Penne); Salditana CIL VIII 21032 = CLE 486 (Cherchell); natus in Dardania InscrAqu. III 2913 = AE 1982, 383 = AE 1991, 772 (Aquileia). Auf eine entsprechende Herkunft des Verstorbenen weist womöglich auch der Namenszusatz signo Dalmatius in InscrIt. X 1, 199 aus Pula. Die Ausnahme zu dem beschriebenen Befund stellt Conimbrica natus in CIL II 391 (p. XL, 815) = CLE 485 (Condeixa-a-Velha) dar.

[46] CIL X 1685 (p. 1009) = ILS 1397 (Pozzuoli); CIL V 4484 = InscrIt. X 5, 275 (Brescia); CIL VI 2160 (p. 864, 3295, 3826) = ILS 4947; CIL VI 31950 (p. 4795) = ICUR VIII 23101; VI 31956 (p. 4796) = ICUR IX 23826 = ILCV 155 (Rom).

[47] CIL V 3403 = Pais 618 = CLE 1004 (Verona); CIL XIII 1916 = CIG 6796 = IG XIV 2528 = SEG 43, 1993, 681. CIL XIII 1920 (Lyon). Weiterhin CIL III 2086 (Salona) ein decurio Patavissensis und negotiator ex provincia Dacia; IDR II 357 = AE 1957, 334 (Resca) ein Dekurio der colonia Romulensis, der ein Leben sine culpa geführt hatte; CIL IX 3438 (Peltuinum) eine Ehe sine ulla animi offensa — zu dem in der Inschrift genannten Amt des quaestor alimentorum G. Mennella, Il „quaestor alimentorum“, MGR 10 (1986) 371–419; W. Eck, LʼItalia nellʼImpero Romano. Stato e amministrazione in epoca imperiale (Documenti e studi 25), Bari 1999, 151–194; EE VIII 1, 140 (Sulmona) ein VIvir Augustalis und curator annonae frumentariae rei publicae Sulmonensium; als Überblick über die Forschung zur italischen Alimentarinstitution vgl. A. Weiß, Sklave der Stadt. Untersuchungen zur öffentlichen Sklaverei in den Städten des Römischen Reiches (Historia Einzelschriften 173), Stuttgart 2004, 92–98.

[48] Augustalis Polae CIL V 69 = InscrIt. X 1, 112 (Pula); VIvir Augustalis Coloniae Copiae Claudiae Augustae Lugduni CIL XIII 1967 (Lyon) und CIL XIII 2602 (Saint-Loup-de-Varennes); EE VIII 1, 140 (Sulmona); CIL V 5844 (Mailand) — seine verstorbene Frau war vermutlich die Tochter eines flamen in Mediolanum; CIL X 4647 (Calvi Vecchia); CIL XIV 316 (p. 482, 614) = ILS 6161 = CLE 1105 (Ostia); CIL XIII 1838 (Lyon); CIL II 4290 (p. 973) = RIT 408 (Tarragona) VIvir Augustalis et magister Larum.

[49] CIL V 4484 = InscrIt. X 5, 275.

[50] CIL X 1685 (p. 1009) = ILS 1397.

[51] CIL VI 2160 (p. 864, 3295, 3826) = ILS 4947.

[52] CIL VI 2204 (p. 3304, 3826) = ILS 4998.

[53] CIL VI 8878 (p. 3463, 3891) = ILS 1685; vgl. J. Rüpke, A. Glock, Fasti sacerdotum. Die Mitglieder der Priesterschaften römischer, griechischer, orientalischer und jüdisch-christlicher Kulte in der Stadt Rom von 300 v.Chr. bis 499 n.Chr. Teil 2: Biographien (Potsdamer Altertumswissenschaftliche Beiträge 12, 2), Stuttgart 2005, 733 Nr. 487.

[54] CIL XIII 2477 = ILCV 1075 (add.).

[55] ICUR VIII 22065.

[56] ICUR IV 11798 (p. 535) = ILCV 2159 (add., em.) cuius nunquam amaritudinem habui. Zur Diskussion um die Bedeutung von de fullonices im Sinne einer Titelkirche und ihrer Identifizierung mit der Basilika des Marcellus und Petrus oder der Wohngegend des Alexius nahe des Lateran vgl. Rüpke, Glock (o. Anm. 53) 749 Nr. 568.

Die dritte sine amaritudine-Grabinschrift ICUR III 8175 aus Rom steht ebenfalls in christlichem Kontext. Aufgrund ihrer Fragmentierung ist nicht zu entscheiden, ob auch sie von einem kirchlichen Amtsträger gestiftet worden war.

[57] ILCV 4902 (em.) = JIWE II 179 = AE 1920, 90 = AE 1922, 128. Zum Amt des Archonten kurz J. Rüpke, A. Glock, Fasti sacerdotum. Die Mitglieder der Priesterschaften römischer, griechischer, orientalischer und jüdisch-christlicher Kulte in der Stadt Rom von 300 v.Chr. bis 499 n.Chr. Teil 1: Jahres- und Kollegienlisten (Potsdamer Altertumswissen­schaftliche Beiträge 12, 1), Stuttgart 2005, 33, zu Aelius Primitivus Rüpke, Glock (o. Anm. 53) 732 Nr. 480.

[58] CIL VI 13299. 14771 (Rom); CIL XIV 963 (Ostia); CIL V 7763 (Genua).

[59] B. Kötting, „Univira“ in Inschriften, in: W. den Boer (Hrsg.), Romanitas et Christianitas — studia Iano Henrico Waszink a. d. VI Kal. Nov. a. MCMLXXIII XIII lustra complenti oblata, Amsterdam, London 1973, 195–206; R. Günther, Frauenarbeit — Frauenbindung. Untersuchungen zu unfreien und freigelassenen Frauen in den stadtrömischen Inschriften (Veröffentlichungen des Historischen Instituts der Universität Mannheim 9), München 1987, 285–288; H. Funke, Univira. Ein Beispiel heidnischer Geschichtsapologetik, JAC 8/9 (1965/66) 183–188; M. Lightman, W. Zeisel, Univira: An Example of Continuity and Change in Roman Society, Church History 46/1 (1977) 19–32.

[60] Lightman, Zeisel (o. Anm. 59) 26.

[61] CIL VIII 27139 (Dougga); CIL VIII 11294 = ILS 8444 (Jabal az Zaatli); CIL VIII 7384. 7537 = 19470 (Constantine); AE 1997, 1513 (Sadak).

[62] Sancta/sanctissima (7); casta/castissima, incomparabilis (je 6); piissima (5); bona/optima, carissima,dulcissima (je 3); pudica/pudicissima, rarissima (je 2); clarissima, desiderantissima,dilectissima, fecundissima, inaccusabilis, inextimabilis, invituperabilis, labo­riosa, pientissima, religiosa, reverentissima (je 1). Vgl. ähnliche Beobachtungen von Günther (o. Anm. 59) 287 für die römischen univira-Inschriften.

[63] Nauarchus Martis CIL X 3448 (p. 1008); trierarchus CIL X 3362.

[64] CIL X 3409 (Miseno). Zwei von vier weiteren Belegen für armicustodes stammen ebenfalls von Flottenstützpunkten: CIL XI 67 (Ravenna); AE 1905, 201 (Classe); weitere Nachweise aus der legio III Augusta Antoniniana CIL VIII 2564 = 18052 = ILS 470 = CBI 782 = AE 1947, 201 = AE 1978, 889 (Lambaesis) und der legio VII Gemina CIL II 3587 (p. LXXIX 711) = 4168 = CIL II² 14, 1059 = RIT 199 = CBI 846 (Tarragona).

[65] CIL VIII 21032 = CLE 486.

[66] Beneficiarius procuratoris CIL XIII 1856 = CLE 841 = CBI 31. CIL XIII 1880. 1905 (Lyon); miles legionis VIII Augustae beneficiarius tribuni sexmestris CIL XIII 1850 = ILS 2405 (Lyon); frumentarius legionis II Italicae AIIRoma IX 122 = AE 1968, 29; ex protectoribus InscrAqu. III 2913 = AE 1982, 383 = AE 1991, 772 (Aquileia); primus pilus legionis XIIII Geminae Victricis CIL II 3274 = CILA III 1, 95 (Cazlona); veteranus e legione tertia Italica [ex centuri?]one EA 50190 = AE 1992, 725 (Grado); centurio cohortis X urbanae CIL VI 37242 = AE 1901, 140 (Rom); veteranus ex decurione cohortis II Aureliae Dardanorum IMS III 2, 46 = ILJug III 1303 = CLEMoes 18 (Ravna).

[67] Legio VIII Augusta CIL XIII 1897 (Lyon); CIL XIII 2505 (Belley); legio XXII (Primigenia Pia Fidelis) CIL XIII 1838. 1851. 1902 (Lyon); legio XXX (Ulpia Victrix Pia Fidelis) CIL XIII 1884. 1891 = CLE 841. CIL XIII 1904 (Lyon); cohors VIII Praetoria CIL VI 2682 (Rom); cohors X Praetoria CIL X 4787 (Teano); veteranus Augusti AE 1980, 213 (Formia); veteranus CIL XII 682a (p. 817) (Arles); centuria CIL VII 793 = RIB I 1828 (Carvoran).

[68] Mit den in lateinischen Grabinschriften überlieferten partnerschaftlichen Beziehungen von Soldaten hat sich S.E. Phang, The Marriage of Roman Soldiers (13 B.C.–A.D. 235). Law and Family in the Imperial Age (CSCT 24), Leiden 2001, 142–196 auseinandergesetzt. Sine (ullo/ulla)-Epitaphe werden dort nicht diskutiert.

[69] Centuria Obsequentisdomo Salonas CIL VII 793 = RIB I 1828 (Carvoran); sesquiplicarius classisSalditana CIL VIII 21032 = CLE 486 (Cherchell); veteranus legionis VIII Augustaenatione Graeca Nicomedea CIL XIII 1897 (Lyon); miles legionis XXXcivis Agrippinensis CIL XIII 1904 (Lyon); beneficiarius procuratoriscivis Agrippinensis CIL XIII 1905 (Lyon); veteranus legionis I Minerviae Piae Fidelis missus honesta missione ex beneficiario procuratorisnatione provincialis CIL XIII 1880 (Lyon).

[70] Natus in Dardanialegio Moesiaca, ex protectoribus InscrAqu. III 2913 = AE 1982, 383 = AE 1991, 772 (Aquileia); veteranus legionis I Minerviae Piae Fidelis ex beneficiario procuratorisdomo Philippopoli ex provincia Thracia CIL XIII 1856 = CLE 841 = CBI 31 (Lyon); missus honesta missione ex legione XXX Ulpia Victrice Pia Fidelidomo Philippo­poli CIL XIII 1891 = CLE 841 (Lyon).

[71] Colonus fundi Pacciani CIL IX 888 = ILS 8555 = AE 1990, 200 (Lucera); venator CIL V 3403 = Pais 618 = CLE 1004 (Verona).

[72] Architectus CIL V 2095 (Asolo); tector CIL XIII 1983 = ILS 8158 (Lyon); capistrarius CIL XII 4466 = ILS 7651 = CAG 11,1, p. 282 (Narbonne); argentarius CIL VI 9160 (Rom); opifex artis vitriae CIL XIII 2000 = ILS 7648 (Lyon); pistor magnarius pepsianus(?) CIL VI 9810 (p. 3471, 3895) = ILS 7463 (Rom); fulloni vicaria CIL XI 6078 (Urbino).

[73] Educator CIL II 4319 = RIT 393 (Tarragona); medica CIL VI 7581 (p. 3852) = ILS 7804 (Rom); procurator CIL X 1951 (Pozzuoli); ex acta procuratoris CIL XIII 1822 (Lyon); vectigalis IIII publicorum Africae agens Thamugadi AE 2000, 1773 (Timgad).

[74] Gessit in canabis CIL XIII 2016 = AE 1945, 103 (Lyon); viae Appiae multorum annorum negotians CIL VI 9663 (p. 3895) = ILS 7518 = ICUR III 8773 = ILCV 677 = 2999d = 3387 (em.) (Rom); negotiator CIL XIII 1999 (Lyon); negotiator Laudecenarius CIL XIII 2003 = AE 1977, 536 (Lyon); negotiator ex provincia Dacia CIL III 2086 = IDRE II 299 (Salona); lintiarius ex civitate Veliocassium CIL XIII 1998 = ILS 7035 (Lyon); negotiator artis macellariae CIL XIII 2018 = ILS 7530 (Lyon); unguentaria CIL VI 10006 (p. 3896) = CLE 1133 (Rom); unguentarius CIL XIII 2602 (Saint-Loup-de-Varennes).

[75] Curator corporis nautarum Rhodanicorum praefectus corporis fabrorum tignorum CIL XIII 1967 (Lyon); nauta Araricus CIL XIII 2028 (Lyon); nauta Araricus, utricularius CIL XIII 2009 (Lyon); utricularius CIL XIII 1998 = ILS 7035. CIL XIII 2039 (Lyon).

[76] Nach S.R. Joshel, Work, Identity, and Legal Status at Rome. A Study of the Occupational Inscriptions (Oklahoma Series in Classical Culture 11), Oklahoma 1992, 53 enthalten etwa 10 % der Grabinschriften Angaben zur Tätigkeit der betreffenden Personen.

[77] Zur familia Caesaris und der Situation von servi Caesaris und liberti Augusti vgl. P.R.C. Weaver,Familia Caesaris. A Social Study of the Emperor’s Freedmen and Slaves, Cambridge 1972; G. Boulvert, Esclaves et affranchis impériaux sous le Haut-Empire romain. Rôle politique et administratif (Biblioteca di Labeo 4), Napoli 1970; ders., Domestique et fonctionnaire sous le Haut-Empire romain. La condition de l’affranchi et de l’esclave du prince (Centre de recherche d’histoire ancienne 9), Paris 1974; H. Pavis d’Escurac,La familia Caesaris et les affaires publiques: Discretam domum et rempublicam (Tacite, Annales, XIII, 4), in: E. Lévy (Hrsg.), Le système palatial en Orient, en Grèce et à Rome. Actes du Colloque de Strasbourg, 19–22 juin 1985 (Travaux du Centre de Recherche sur le Proche-Orient et la Grèce Antiques 9), Leuven 1987, 393–410; A. Winterling, Aula Caesaris. Studien zur Institu­tionalisierung des römischen Kaiserhofes in der Zeit von Augustus bis Commodus (31 v. Chr.–192 n. Chr.), München 1999; L. Schumacher, Hausgesinde — Hofgesinde. Terminologische Überlegungen zur Funktion der familia Caesaris im 1. Jh. n. Chr., in: H. Bellen, H. Heinen (Hrsg.), Fünfzig Jahre Forschungen zur antiken Sklaverei an der Mainzer Akademie 1950–2000. Miscellanea zum Jubiläum (Forschungen zur antiken Sklaverei 35), Stuttgart 2001,
331–352.

[78] Libertus Augusti CIL VI 10676 = AE 2001, 198. CIL VI 10717. 11373. 15634. 22423. AE 1957, 127 (Rom); CIL XIV 1040 (Ostia); CIL XIII 2189. 2238 (Lyon); libertus Augustorum CIL VI 29736 (Rom); liberta Augusti CIL VI 8737. 8789 (p. 3463) (Rom); serva Augusti nostri ERCanosa 212 = AE 1986, 209 (Cerignola); CIL IX 888 = ILS 8555 = AE 1990, 200 (Lucera); servus(?) Augusti nostri CIL X 8418 = ILCV 768 (Velletri); servus Caesaris (nostri) CIL VI 15615 (p. 3518) (Rom); CIL V 6140 (p. 1086) (Mailand); verna Augustorum CIL VI 9072 (p. 3464) (Rom).

[79] Zu den Aufgaben in der Hoforganisation vgl. insbesondere Winterling (o. Anm. 77) 83–116 sowie S. Panciera,Servire a Palazzo. Nuove testimonianze di officiales Augustorum da Roma, in: R. Haensch, J. Heinrichs (Hrsg.), Herrschen und Verwalten. Der Alltag der römischen Administration in der Hohen Kaiserzeit, Köln 2007, 60–79 mit weiterer Literatur.

[80] Ex dispensatoribus CIL XI 1359 (Luna); custos tabularii a rationibus CIL VI 8431 (p. 3457) (Rom); tabularius CIL VIII 12881 = ILTun 910 (Carthago);ex tabulario CIL VI 9072 (p. 3464) (Rom); adiutor tabulariorum rationis hereditatium Caesaris nostri CIL VI 8438 (p. 3457) (Rom); ab instrumentis tabularii CIL III 1315 = IDR III 3, 364 (Zlatna); ab ratione fisci CIL III 1992 (p. 1030) = CIL III 8574 = CLE 1465 (Salona); librarius notarius ratiocinator numerarius omnibus his consumptus IRT 657 (Al-Khums); a libris sacerdotalibus CIL VI 8878 (p. 3463, 3891) = ILS 1685 (Rom).

[81] Vilicus thermarum Neronianarum CIL VI 8676; ab auraturis CIL VI 8737; a veste Imperatoris privata CIL VI 8550 (p. 3459, 3890) = ILS 1756;praepositus vestis albae triumphalis CIL VI 8546 (p. 3890) = ILS 1763 — weiterer Stifter des Grabes war der gemeinsame Sohn, ein verna adiutor tabularii (alle Rom).

[82] Decurio ministratorum CIL VI 8914 (p. 3463, 3891) = ILS 1807; a frumento cubiculariorum Caesaris nostri statione I CIL VI 8518 — das Grab war zusätzlich für die Söhne des Stifters, unter ihnen ein adiutor offici commentariensis kastrensis und ein verna adiutor offici tabularii kastrensis; cubicularius ab aegris? CIL VI 8789 (p. 3463); a cura amicorum CIL VI 30557, 22 (p. 3751) = 33773 (alle Rom).

[83] Zu deren Tätigkeiten in Verwaltung, Ordnung, Handwerk und Kult vgl. Weiß (o. Anm. 47) 29–158.

[84] CIL VI 2351.

[85] CIL XI 1751.

[86] Domini CIL XIII 7085 = CLE 1104 (Mainz); domina CIL VI 20116 (p. 3915) = ILS 8430a (Rom); patrona CIL VI 15106 (Rom); CIL XIII 2180 (Lyon); patronus SupIt 2 V 43 = AE 1925, 92 (Velletri); vir et patronus AE 1992, 549 (Montefalco); alumnus CIL XIII 2180 (Lyon); alumna ILGLyonnaise p. 53 = AE 1976, 434 (Lyon); contubernalis CIL XII 4466 = ILS 7651 = CAG 11,1, p. 282. CIL XII 5295 (p. 855) (Narbonne); conlibertus CIL II 4319 = RIT 393 (Tarragona); libertus CIL VI 14233. 15696. 20116 (p. 3915) = ILS 8430a. CIL VI 25985 (p. 3532). 26281. 35933 (Rom); EE VIII 1, 140 (Sulmona); CIL IX 5470 (Falerone); CIL XIII 2009 (Lyon); CIL XIII 7085 = CLE 1104 (Mainz); liberta CIL VI 14233. 14930 (p. 3516). 15696. 16753. 23255 (p. 3529) = 34146. 25985 (p. 3532). 26281. 27523. 35933. 38565 (Rom); CIL X 4326 (Capua); SupIt 2 V 43 = AE 1925, 92 (Velletri); ELarino p. 334 (Montecilfone); EE VIII 1, 140 (Sulmona); CIL XI 6551 (p. 1400) = CLE 1088 (Sarsina); CIL XI 985 (Reggio nell’Emilia); CIL XIII 1902 (Lyon); servus CIL VI 17408. 30565, 1 (Rom); CIL IX 838 (Lucera); ELarino p. 334 (Montecilfone); serva CIL VI 17408. 30565, 1 (Rom); CIL IX 838 (Lucera); ancilla CIL VI 17777 (Rom); vicaria CIL XI 6078 (Urbino).

[87] Grundlegend zur römischen Gesellschaftsstruktur F. Vittinghoff, Gesellschaft, in: W. Fischer, J.A. van Houtte, H. Kellenbenz, I. Mieck, F. Vittinghoff (Hrsg.), Europäische Wirtschafts- und Sozialgeschichte in der Römischen Kaiserzeit. Band 1, Stuttgart 1990, 162–369 sowie G. Alföldy, Römische Sozialgeschichte, Stuttgart 42011, 118–217, speziell 204–206 mit Anm. 434–440 mit entsprechenden Literaturverweisen zur Diskussion um die Existenz eines römischen Mittelstandes.

[88] 14 Inschriften sind an der betreffenden Stelle so stark fragmentiert, dass keine Lesung möglich ist. Zu diesen Stücken ist auch CIL VI 30565, 1 (Rom) gerechnet, wo ein Alter von mindestens 25 Jahren angegeben ist. Ebenfalls ausgeschieden ist CIL XIII 2046 (Lyon) mit der Altersangabe minorem annorum XXX. Als Angabe von 68 und 70 Lebensjahren sind plus minus LXVIII in CIL VI 9663 (p. 3895) = ICUR III 8773 = ILCV 677 = 2999d = 3387 (em.) = ILS 7518 (Rom) und annus plus minus(?) septuagenta in CIL XIII 905 (4, p. 6) = ILCV 1463 (Bordeaux) gewertet.

[89] Zusammenfassung zur umfangreichen Forschungsliteratur und den methodischen Ansätzen finden sich u.a. bei: P. Erdkamp,Levensverwachting en mortaliteit in de Grieks-Romeinse wereld, Lampas 33 (2000) 164–178; W. Scheidel, Progress and Problems in Roman Demography, in: ders. (Hrsg.), Debating Roman Demography (Mnemosyne Suppl. 211), Leiden 2001, 1–81; ders., Death on the Nile: Disease and the Demography of Roman Egypt (Mnemosyne Suppl. 228), Leiden 2001; ders.,Roman Age Structure: Evidence and Models, JRS 91 (2001) 1–26; ders.,A model of demographic and economic change in Roman Egypt after the Antonine plague, JRA 15 (2002) 97–114; ders., Demographic and economic develop­ment in the ancient Mediterranean world, Journal of Institutional and Theoretical Economics 160 (2004) 743–757; ders., Roman Funerary Commemoration and the Age at First Marriage, CPh 102 (2007) 389–402; ders., Demography, in: ders., I. Morris, R. Saller (Hrsg.), The Cambridge Economic History of the Greco-Roman World, Cambridge 2007, 38–86; G. Stangl, Antike Populationen in Zahlen. Überprüfungsmöglichkeiten von demographischen Zahlen­angaben in antiken Texten (Grazer Altertumskundliche Studien 11), Frankfurt 2008, 19–27. Die regionalen Sterbetafelmodelle gehen zurück auf A.J. Coale, P. Demeny, Regional Model Life Tables and Stable Populations, Princeton 1966 und 21983.

Die Zweifel an Zuverlässigkeit und Repräsentativität von Altersangaben auf lateinischen Grabinschriften betreffen vor allem die vergleichsweise häufigen Vielfachen der Zahl fünf, die den Anschein gerundeter, nicht aber präziser Daten erwecken, ferner die im Vergleich zur hohen Kindersterblichkeit generell geringe Menge von Epitaphen für Kinder und die Über­repräsentierung von Männern. Der Quellengattung immanent ist der Befund, nicht alle (sozi­alen) Bevölkerungsgruppen in gleicher Weise zu repräsentieren; vgl. schon J. Beloch,Die Bevölkerung der griechisch-römischen Welt, Leipzig 1886, 50–51; insbesondere R. Duncan-Jones, Structure and Scale in the Roman Economy, Cambridge 1990, 79–92 und 101–103; T.G. Parkin, Demography and Roman Society, Baltimore 1992, 5–27; zusammenfassend auch Stangl (o. Anm. 89) 33–34 und M.G. Schmidt, Einführung in die lateinische Epigraphik, Darmstadt 2004, 70; zum sogenannten „age rounding“ vgl. die Literatur in Shaw (o. Anm. 18) Anm. 57.

[90] Dies gilt insbesondere für die anhand von Censuslisten aus dem römischen Ägypten errechnete mittlere Lebenserwartung von Frauen und Männern bei der Geburt von etwa 22–25 Jahren, dazu R.S. Bagnall, B.W. Frier, The Demography of Roman Egypt, Cambridge 1994, 75–110, im Ergebnis leicht revidiert in B.W. Frier, The Demography of the Early Roman Empire, in: A.K. Bowman, P. Garnsey, D. Rathbone (Hrsg.) The Cambridge Ancient History 11, Cambridge 22000, 787–816, speziell 794–797. Vgl. hier auch die Auseinandersetzung mit den Altersangaben in den Epitaphen von Nordafrika, in denen er „doubtless exaggeration“ erkennt. Nordafrika nämlich ist die antike Region, die nach der bis heute umfangreichsten Zusammenstellung epigraphisch überlieferter Lebensdaten durch A.G. Harkness, die er 1896 im Hinblick auf Eheeintritts- und Sterbealter ausgewertet hatte, ein durchschnittlich höheres Sterbealter (als in den sine (ullo/ulla)-Epitaphen) ausweist, vgl. A. Granger Harkness, Age at Marriage and at Death in the Roman Empire, TAPhA 27 (1896) 35–72, vor allem 55–64 die Listen. Anhand der dort gegebenen Daten läßt sich für verschiedene Regionen des römischen Reiches ein mittleres Sterbealter errechnen: Rom (CIL VI), anhand von 7.994 Inschriften 22,4 Jahre; übriges Italien (CIL V, IX–X, XIV) anhand von 5.112 Inschriften 27,3 Jahre; iberische Halbinsel (CIL II) anhand von 1.527 Inschriften 36,1 Jahre; Gallia Narbonensis (CIL XII) anhand von 422 Inschriften 27,1 Jahre; Britannien (CIL VII) anhand von 120 Inschriften 32,2 Jahre; Donau-/Balkanraum (CIL III) anhand von 2.350 Inschriften 32,3 Jahre; Nordafrika (CIL VIII) anhand von 11.056 Inschriften 46,8 Jahre. Bei der Rechnung sind nicht die von Harkness auf Seite 67 vorgelegten Durchschnittswerte verwendet, denn bei ihnen sind verstorbene Kinder bis zu einem Alter von zehn Jahren ausgeklammert.

[91] Zur ehelichen Eintracht zuletzt L. Larsson Lovén, Coniugal Concordia: Marriage and Marital Ideals on Roman Funerary Monuments, in: dies., A. Strömberg (Hrsg.), Ancient Marriage in Myth and Reality, Newcastle upon Tyne 2010, 204–220, dort jedoch ohne nähere Auseinandersetzung mit sine ulla querella.

[92] Iberische Halbinsel 3 von 5, Gallien/Germanien 35 von 70, Britannien 1 von 2, Donau-/
Balkanraum 9 von 15, Nordafrika 18 von 24, Rom 87 von 254, übriges Italien 45 von 146; zu den Gesamtzahlen vgl. Tabelle 3.

[93] 47 Inschriften sind an der betreffenden Stelle so stark fragmentiert, dass keine Lesung möglich ist. Ebenfalls ausgeschieden sind die Inschriften mit den Angaben [annis] pluribus CIL VI 21925; multis annis CIL VI 15696; per multos annos CIL VI 23255 (p. 3529) = CIL VI 34146; diu ICUR III 9170; a prima aetate CIL VI 18449 (alle Rom); a prima pueritia AE 1973, 231 (Novigrad); minus XXXV AE 1980, 466 = SupIt. 16 R 76 (Roselle). Plus minus XVI in ICUR IV 11791 (Rom) und plus minus XX in CIL X 5986 (Segni) sowie ICUR III 8535 = ILCV 4312 (em.) (Rom) sind als Angabe von 16 bzw. 20 Lebensjahren gewertet. Angaben zu zwei Ehen finden sich im Epitaph des mit 71 Jahren verstorbenen Publius Iulius Lysiponus CIL VI 20116 (p. 3915) = ILS 8430a (Rom).

[94] Rom 155 von 254, übriges Italien 94 von 146; iberische Halbinsel 3 von 5, Gallien/Germanien 40 von 70, Britannien 0 von 2, Donau-/Balkanraum 7 von 15, Nordafrika 1 von 24; zu den Gesamtzahlen vgl. Tabelle 3.

[95] CIL VIII 18823 = CLE 1831 = ILCV 3644 = ILAlg II 2, 4614 (Hammam Meskoutine).

[96] Shaw (o. Anm. 18) 223, Table 7. Shaw setzt für die 63 Epitaphe mit einer Ehedauer von unter einem Jahr in der Aufstellung einen Gesamtwert von 30 Jahren ein. 18 Inschriften, die ein Zusammenleben von mehr als 51 Jahren bezeugen, bezieht er nicht in die Berechnung ein. Auf diese Weise ermittelt Shaw eine durchschnittliche Ehedauer von 17,3 Jahren. Hier sind dagegen die Zeugnisse für nicht einmal ein Jahr verheiratete Personen mit null gleichgesetzt, die 18 Inschriften „51+“ mit 52 Jahren. Zur Problematik von Shaws Kalkulationen vgl. Anm. 17. Gleichwohl aber ist seine Materialbasis um ein Vielfaches höher und vor diesem Hintergrund generalisierbarer als jene der Studie von Harkness, der 1896 erstmals die mittlere Länge kaiserzeitlicher Ehen errechnete, vgl. dazu Harkness (o. Anm. 90) 49–51. Harkness bestimmte anhand von 384 Grabinschriften aus Rom eine durchschnittliche Ehedauer von 24 Jahren, also einen Wert, der auf den ersten Blick mit dem hier für die sine (ullo/ulla)-Epitaphe ermittelten übereinstimmt. Geht man allerdings davon aus, dass er in seine Berechnungen auch die 123 in CIL VI edierten sine (ullo/ulla) -Grabinschriften einbezog, verwundert das Ergebnis nicht. Allein sie erbringen eine durchschnittliche Ehedauer von 26 Jahren und tragen damit zu einem entsprechend hohen Gesamtdurchschnitt bei.

[97] Den Befund deutet bereits Larsson Lovén (o. Anm. 91) 216 an, dort aber ohne entsprechende Datenauswertung.

[98] Treggiari (o. Anm. 2) 247.

[99] E. Gebhardt-Jaekel, Mors omnibus instat. Die Vorstellungen von Tod, Jenseits und Vergänglichkeit in lateinischen paganen Grabinschriften des Westens, Dissertation Frankfurt 2006, 122, vgl. http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/files/1723 /Mors_omnibus_instat.pdf (Einsicht Oktober 2012).

[100] Zum Überblick vgl. die Ausführungen zu iniuria, delictum, crimen, maleficium, noxia, ferner iurgium und lis, dolus malus, culpa, iracundia, castigatio oder querella bei A. Berger, Encyclopedic Dictionary of Roman Law (TAPS 43/2), Philadelphia 1953.

[101] Vgl. zu den Quellen auch Aegidius Forcellini, Totius latinitatis lexicon 1, Schneeberg 1831, 406. — Die Formulierung sine ulla querella im Kontext von Ehescheidung überliefert Paul. D 24, 1, 57.